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Sep 2022

Fantasy Filmfest 2022, Tag 3, Film 1: FAMILY DINNER

Themen: Fantasy Filmf. 22, Film, TV & Presse, Neues |

Österreich 2022. Regie: Peter Hengl. Darsteller: Pia Hierzegger, Alexander Sladek, Michael Pink, Nina Katlein

Offizielle Synopsis: Die fünfzehnjährige Simi fährt über die Osterferien auf den entlegenen Bauernhof ihrer Tante, die sich als exzentrische Ernährungsberaterin in Print und Fernsehen einen Namen gemacht hat. Kaum in den Bergen angekommen, muss sich Simi nicht nur das Zimmer mit ihrem Cousin Filipp teilen (der noch von der Mama gefüttert wird), sondern sich auch den strikten Regeln unterwerfen, mit denen ihre Tante und deren Lebensgefährte das Gehöft führen. Was anfangs nur nach einer lästigen Marotte aussieht, entwickelt sich schnell zu einem perfiden Machtspiel, je näher der Karfreitag rückt. Mit jeder unheimlichen Nacht wird Simi klarer, dass auf dem Hof irgendetwas ganz und gar nicht stimmt…

Kritik: Endlich kann ich mal wieder an der Inhaltsangabe rumkritteln. Der Autor der obigen Zeilen möchte mir bitte EINEN Berg in FAMILY DINNER zeigen. Ja, der Film spielt in Österreich, aber auch auf dem eben sehr platten Land. Cousin Filipp wird auch mitnichten von der Mama gefüttert (sie schneidet nur sein Essen zurecht), und von den strikten Regeln habe ich auch nix gemerkt – Simi bekommt sogar hervorragendes Essen, während die Erwachsenen fasten. Ich habe das Gefühl, hier wurden mehr die Erwartungen als die tatsächlichen Entwicklungen niedergeschrieben.

Darüber hinaus kündigte Regisseur Hengl seinen Film als “slow burner” an – was man als Warnung verstehen konnte, denn Regisseure sind naturgemäß von der Sogkraft ihrer Werke überzeugt. Wenn so einer selber erkennt, dass der Film mit nicht gerade viel cineastischen PS gesegnet ist, dann muss man das ernst nehmen.

Und wahrlich, es stimmt: FAMIlLY DINNER (was soll eigentlich der englische Titel?) schlurft mit vagen Blicken und ausweichenden Gesprächen durch die Laufzeit, beobachtet die dicke Simi dabei, wie ihr die Verwandten immer komischer vorkommen. Die sich daraus entwickelnde Gefahr ist allerdings weitgehend theoretisch, denn Simi könnte jederzeit abreisen und entscheidet sich dagegen.

Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass FAMILY DINNER damit – fast – durchkommt. Wir entwickeln ein ungesundes Interesse daran, was im Haus der Familie vor sich geht, und die Protagonistin wird uns von Minute zu Minute sympathischer. Sie mag – dick und wenig attraktiv – so gar nicht den Klischees entsprechen und prädestiniert sein, das schwächste Glied der Kette zu bilden, aber das Gegenteil ist der Fall: Simi hat ihre Murmeln beisammen und wird stärker, je mehr Druck sie bekommt. Die Manipulationsversuche der Verwandtschaft greifen bei ihr nicht.

Wirklich ins Straucheln gerät FAMILY DINNER dann aber am Schluss, weil er statt einer interessanten Wendung oder einer überraschenden Enthüllung einfach genau auf das hinausläuft, was wir uns seit ca. einer Stunde schon gedacht haben. Gerade bei einem “slow burner” braucht es ein starkes, schockierendes Finale, das die angestaute Spannung entlädt. Das fehlt hier völlig – und genau das kreide ich dem Regisseur an. Es ist nicht genug.

Fazit: Schwarze Komödie und böses Drama über die Abgründe einer scheinbar perfekten Verwandtschaft – leider generell etwas zu langsam und nach hinten raus zu banal. Trotzdem mit 5 von 10 Punkten noch in Ordnung.

Der Frankster meint: “Stimmiges Regiedebüt aus Österreich mit hervorragenden Darstellern. Nur die Auflösung war dann doch sehr vorhersehbar.”

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4 Kommentare
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lostNerd
lostNerd
10. September, 2022 11:25

Lass mich raten:

Spoiler
Simi wird gemästet, um dann von ihrer bekloppten Verwandschaft verspeist zu werden.

Das wäre eine wirklich enttäuschende Auflösung.

Last edited 1 Jahr zuvor by lostNerd
Goran
Goran
10. September, 2022 13:53
Reply to  lostNerd

Es gibt vom Ausgangsszenario verschiedene Möglichkeiten, aber man weiß eben relativ schnell, welche der Film genommen hat und wartet dann nur noch auf die Abbarbeitung.

Last edited 1 Jahr zuvor by Goran
Goran
Goran
10. September, 2022 13:55

Spröde, durchmischte Schauspielerleistung, größtenteils aber noch gut.

Nur das Ende war denn Müll.

Kann man gucken, kann man weglassen.