11
Jul 2022

Kino-Kurzkritik: THOR: LOVE & THUNDER

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Die Pressevorführung habe ich wegen meines Urlaubs verpasst und die meisten von euch, die ihn sehen wollen, werden ihn vermutlich schon gesehen haben. Darum versuche ich ausnahmsweise mal, mich kurz zu fassen.

Eine Mega-Enttäuschung. Was zur Hölle ist in Waititi gefahren?! Wer bei Marvel hat das durchgewunken?! Thor wird endgültig zum Clown degradiert, der Film besteht zu gefühlten 90 Prozent aus CGI, und die Eckpunkte der "Story" werden ständig verschoben, bis wirklich gar nichts mehr Sinn macht.

THOR: L & T hätte ein MIGHTY THOR-Film sein müssen. Natalie Portmans Story Arc auf einen Nebenstrang zu reduzieren, statt ihn in den Mittelpunkt zu stellen, ist ein filmisches Verbrechen. Und weil dem Film sonst nichts einfällt, was er erzählen könnte, vertreibt er sich mit Kinderquatsch die Zeit bis zum Nachspann. Alles ist vollgepackt mit Gimmicks, Gadgets und Gestalten, die von seiner totalen emotionalen Leere ablenken müssen.

Wer (irrtümlicherweise) meint, THOR: TAG DER ENTSCHEIDUNG sein seelenloses Comic-Kino gewesen, der sollte sich den hier anschauen. Oder eben nicht.

Die Handlung lässt sich grob auf das ausgelutschte "Bösewicht A braucht Gegenstand B, um Event C auszulösen, damit er sein Ziel erreicht" reduzieren, aber selbst das wird nicht nennenswert verfolgt. Man könnte sogar argumentieren, dass Gorr mit seinem Feldzug gegen die Götter im Recht ist – vor allem, wenn man sieht, wie die Götter hier dargestellt werden.

Die Episode in der "Allmachtstadt" ist massives cringe, Russell Crowe sollte sich eine Runde schämen.

Nichts an der Story und den Beziehungen der Figuren funktioniert, und die launigen Sprüche und die relativ moderate Laufzeit können das nur so lange übertünchen, bis man anfängt, darüber nachzudenken.

Wie es aussieht, findet der Multiverse-Arc bei Thor gar nicht erst statt.

Bonus: Die Feigheit der Macher, ständig mit Göttern zu agieren, aber die tatsächlich existenten Großreligionen außen vor zu lassen (kein Yahwe, kein Jesus, kein Mohammed, kein Buddha), wird hier endgültig zur Farce.

Zugegeben, das hohe Tempo und die ständigen Ortswechsel sorgen dafür, dass THOR nicht so lahmarschig ist wie ETERNALS, aber es ist auch nur das. Die vorsichtige Balance der bisherigen THOR-Filme, den Asgardians trotz ihrer Pompösität eine menschliche Verletzlichkeit zu lassen, wird aufgegeben.

Nobody gives a shit.

Der MEN IN BLACK: INTERNATIONAL der THOR-Filme – mit dem selben Cast.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

P.S.: Der Fairness halber sei vermerkt, dass mein Freund Frank sich amüsiert hat.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

21 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Philipp Seeger
Philipp Seeger
11. Juli, 2022 12:50

Ich war beim Sehen davon ausgegangen, dass Natalie Portman die Rolle dauerhaft bekommt und hier nur eingeführt wird.
Da war ich dann doch sehr überrascht, als dem nicht so war.

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
13. Juli, 2022 09:42
Reply to  Philipp Seeger

Oha, hatte auch eine Staffelübergabe vermutet, weil Hemsworth vielleicht keinen Bock mehr hat.
Klingt ja alles nicht so prall, schlimmer als Shang Chi wird’s aber hoffentlich nicht werden…

jimmy1138
jimmy1138
11. Juli, 2022 13:05

Wird in ca. 45 Tagen auf Disney+ nachgeholt…
Hat Marvel – noch immer oder schon wieder? – ein "villain problem"?
(Shang Chi/Dr Strange Spoiler)

Spoiler

In Shang Chi ist großteils Wenwu der Bösewicht, der wird aber auch als "sympathetic villain" dargestellt und darf sich am Ende gegen den CGI-Obermotz aufopfern. Die Steigerung ist in Dr. Strange, wo Scarlet Witch, nachdem sie eigentlich schon in Wandavision der Bösewicht war, hier auch wieder entschuldigt wird und am Ende das Multiverse sogar retten darf.

Für mich klingt alles, was ich über den Film gehört habe, danach, daß man die falschen Lehren aus Ragnarok gezogen hat. In etwa nach dem Motto "Du ißt gerne Eis? Du kriegst nur mehr Eis zu essen!" Habe gleichzeitig auch gehört, daß Hemsworth den Kurs unterstützt, weil er sich angeblich selbst als Comedy-Schauspieler sieht. Bei Filmen wie Ghostbusters 2016 und MIB: International zweifle ich ein bißchen daran.
Und Waititi und sein Schaffen sind wohl das klassische Beispiel für "your mileage may vary". Was nicht unbedingt schlecht sein muß, aber ob das zu kommerziellen Marken wie dem MCU (oder gar Star Wars) paßt, sei dahingestellt.
Persönlich – und das mag vielleicht eine wenig geteilte Meinung sein – finde ich den ersten Thor Film noch am besten und obendrein sogar richtig gut.

Goran
Goran
11. Juli, 2022 14:26
Reply to  jimmy1138

Marvel hatte immer ein "villain problem". Loki und Thanos sind Ausnahmen.

Das simple Problem mit Waititi ist, das er eben kein Interesse daran hat, wie sich sein Film zu den bisherigen verhält und er keine Sympathie für den Charakter aufbringt.

Sein Humor funktioniert gut, wenn er in ein eigenes Projekt eingebunden ist, aber hier schert’s ihn halt nicht.

Thor wird für einen Wegwerfgag zum Kannibalen (Kinderfresser!), in New Asgard wird das "Infinity Cones" Eiscafe eröffnet (bischen so, als ob man das Aus-Schwitz Fitnessstudio in Jerusalem aufmacht), und den Guardians, dem Inbegriff der Aussenseiter Patchwork-FAMILIE, ist Thors offensichtliche Depression sowas von scheiss egal.

Ist ja auch viel lustiger den Verlust aller seiner Freunde, Familie, seines halben Vokes, seiner Heimat als Witz abzutun. Infinity War spielte mit genau dieser Tragik perfekt, hier ist’s: "Haha, alle tot!"

Mehr Verachtung, als dieses Drehbuch für seinen Helden und die Welt darum hat, geht kaum.

Last edited 2 Jahre zuvor by Goran
Goran
Goran
11. Juli, 2022 14:50
Reply to  Torsten Dewi

Ich denke, dass Ragnarok sehr spezifische Dinge abzuarbeiten hatte, sprich: mehr Oversight. Waititi war bis dahin ja auch noch nicht Disney erprobt.

"I’ll ruin your mythos in a minute, baby", ist eben nicht die witzige Replik auf einen "Hater", sondern Grundeinstellung zur Materie.

P.S.: Ragnarok fand ich damals aber auch schon tonal mislungen. Ich wollte entweder Thor Hulk buddy space movie, oder Ragnarok mit den emotionalen Punches, die das erfordert, die hat Waititi in dem Film nämlich auch schon unsicher gesetzt. Besser, aber nicht gut.

Was bemerkenswert ist, da er in den eigenen Filmen ja ein wirklich gutes Gespür für Tragik und Komik schon bewiesen hat.

Last edited 2 Jahre zuvor by Goran
DJ Doena
DJ Doena
13. Juli, 2022 19:14
Reply to  Goran

Gibts in dem Fitnessstudio auch Duschen?

Karsten
11. Juli, 2022 15:45

Die aktuelle MCU-Phase ist bisher sehr durchwachsen. Als wüssten sie nach Endgame nicht, wo sie als Nächstes hin wollen und wie der nächste, allumfassende Story-Arc aussehen soll.

petz
petz
12. Juli, 2022 10:18
Reply to  Torsten Dewi

Finde ich eigentlich nicht so schlecht. Vor Infinity War hatte ja auch nicht jeder Film mit den Infinity Stones zu tun.

Goran
Goran
13. Juli, 2022 23:07
Reply to  Torsten Dewi

MoM Spoiler:

Spoiler
Ich befürchte, aus Marvels Sicht ist der Multiverseplot eigentlich vorbei.

Das Darkhold ist vernichtet und die Bedrohung des gesamten Multiversums ist ja beendet: Wanda tot (bis auf Weiteres).
Hier lässt sich ja auch keine Bedrohungssteigerung mehr durchführen.

Loki Staffel 2 wird vermutlich wieder das Multiversum auf Kang und, effektiv, Zeitlinien mit gelegentlichem Alligator reduzieren, wenn man nen Gag braucht.
Oder nicht mal Kang und nur interne TVA-Probleme, trau ich den Machern zu.

Ausserdem betraf das Incursionproblem ja sowieso immer nur konkrete Universen und nicht das gesamte Multiversum, ist daher wohl eher nur der Teaser für Dr.S. 3.
Wenn die das dann nicht auch schon genauso vergessen haben, wie den Mordoplot.
Mal sehen, ob Waldron in L2 auch nur nen Pieps zu Incursions schreibt. Ich bin gespannt.

Vielleicht, vielleicht bekommen wir ein America Chavez Marvel Sliders, aber das hat Loki ja schon abgefrühstückt.

Wohl eher wird das Multiversum nur noch gelegentlich für Cameos herangezogen und ist ansonsten in der Schublade, für wenn man’s mal braucht.

Last edited 2 Jahre zuvor by Goran
S-Man
S-Man
11. Juli, 2022 19:09

Danke. Habe gestern sehr Ähnliches gedacht. In aller erster Linie: Wow, war der langweilig!

Ich habe bisher noch fast jeden (Eternals ist die Ausnahme) MCU Film verteidigt. Hulk, Thor 1 – 3, … Aber hier habe ich einen neuen Tiefpunkt gefunden. Den hier KANN man nicht mehr verteidigen. Nichts in dem Film ergibt irgendeinen Sinn. Gefühlt ist jede Szene unnütz für die Handlung und ja… das Götterding… Ach, ich geh Abendbrot machen.

PS: Es ist auch der erste schlechte Waititi-Film und das prangere ich an!

Last edited 2 Jahre zuvor by S-Man
S-Man
S-Man
11. Juli, 2022 20:49
Reply to  Torsten Dewi

Das hatte ich auch gedacht. Ich war gestern den ganzen Tag irgendwie totmüde. Aber meine drei Begleiter haben das mehr oder weniger bestätigt.

petz
petz
12. Juli, 2022 10:11

Zu "die tatsächlich existenten Großreligionen außen vor zu lassen"… wurde da nicht kurz mal der "God of carpentry" erwähnt, als die Götter vorgestellt wurden?

Matts
Matts
12. Juli, 2022 10:51

Mannomann…
Es ist nicht so, dass ich mich zumindest an ein paar Stellen nicht auch amüsiert hätte – aber: Hier wird wirklich so ziemlich alles, was an der Marvel-Formel schlecht ist, auf 11 hochgedreht. Manchmal kommt der nächste Gag schon, ohne auch nur darauf zu warten, ob der vorherige gezündet hat. Und dass die Mighty Thor Story so schnell und oberflächlich durchgenudelt wird, ist wirklich eine Sauerei. Daraus hätte man ne eigene Trilogie machen können. I thought you like money, Disney?
Anscheinend kann selbst Taika Waititi mal daneben langen.

Thomas G. Liesner
Thomas G. Liesner
13. Juli, 2022 08:52

Ich hatte Sorge, dass Thor durch female Thor ersetzt werden sollte, aber auf der Ebene war alles ok, female Thor funktionierte besser als erwartet und die Zukunft bleibt das Original. Allerdings ist das Original tatsächlich immer mehr eine Parodie seiner selbst und die Guardians waren noch nie so schlecht dargestellt wie hier. Bale als Bösewicht spielte intensiv, die B/W-Szenen hatten eine schöne Horror-Atmosphäre, aber dafür war der Götterhimmel Albernheit pur und wirklich zusammengepasst haben die Elemente wirklich nicht. Ich war auf jeden Fall deutlich weniger gelangweilt als bei Eternals, die Hauptakteure haben mich deutlich mehr interessiert als Shang-Chi in seinem Film, aber es ist ein sehr deutlicher Abstieg zu Strange 2, ganz unabhängig vom nicht erwähnten Multiversum.

Wobei das Multiversum für mich eh das Problem hat, dass dadurch die Welt eher noch kleiner wirkt – es geht um immer dieselben Terra-zentrierten Personen, die unendliche Weite des Universums geht da thematisch leicht verloren.

trackback

[…] weil WONDER WOMAN 1984 und THOR: LOVE & THUNDER es vorgemacht haben – böse Supervillains sind out. Die sind alle nur missverstanden, wie […]