08
Jul 2022

B-Film Basterds 2022 Nürnberg: Wahnwitz und Wehmut

Themen: B-Film Basterds, Film, TV & Presse, Neues |

Ich konnte dieses Jahr nur an den zwei Haupttagen beim Festival dabei sein – der Urlaub mit der LvA auf Mallorca ging vor. Aber im besten Spirit der Basterds raste ich vom Flughafen aus heim, schmiss die Gattin und das Gepäck ab und drehte gleich wieder in Richtung A9, um so schnell wie möglich in Nürnberg zu sein. Und tatsächlich: rechtzeitig zum 21.30 Uhr-Screening von MAGNUM 45 konnte ich gut gebräunt die Badmovies-Veteranen fäustens begrüßen:

Es geht nicht alles, aber was geht, das mache ich möglich. Diverse der Filme hatte ich außerdem schon vorab gesehen, weil ich am Programmheft beteiligt gewesen war. Darum kann ich hier auch eine weitgehend vollständige Retrospektive liefern.

Man erinnere sich: Das Programm war von Markus Nowak schon für das Festival 2020 zusammen gestellt worden. Leider kam erst Corona dazwischen – und dann der plötzliche Tod meines guten Freundes. Es ist den Jungs der Badmovies-Community hoch anzurechnen, dass sie sich schworen, das Festival in seinem Sinne nachzuholen. Und wie es aussieht, wird das hier auch kein Requiem bleiben. Die Planungen für 2023 laufen schon.

Es hätte Markus gefallen: Die Auswahl der Filme in seinem Sinne ist mit “fast perfekt” gut umschrieben. So viele obskure Streifen, so viele obskure Genres, so viele schrabbelige Zelluloid-Kopien. Kino, wie es sein soll. Es fehlte nur der Kessler.

Diesmal hatten die Jungs sogar einen echten Vorspann für das Festival in verschiedenen Varianten gebastelt:

Es liegt in der Natur der Sache, dass viele der Filme, die bei Festivals wie diesem laufen, auch in legalen oder grauen Quellen online zu finden sind. Das schmälert nicht den Spaß und entwertet auch nicht die Eintrittskarte – das soziale Erlebnis des Festivals ist im Heimkino einfach nicht replizierbar. Das wurde auch diesmal sehr deutlich, denn die B-Film Basterds sind bekanntermaßen das einzig explizite “audience participation”-Festival der Republik.

Tag 1

Für mich als “Düsseldorfer Jung” der perfekte Einstieg: der obskure Independent-Actioner DER VIDEOPIRAT. Ein extrem amateurhafter Versuch eines Milieu-Reißers, der Video-Raubkopien mit milliardenschwerem Drogenhandel gleichsetzt, fast komplett mit Jungs aus der Muckibude besetzt ist und von den tatsächlichen Mechanismen der Justiz ungefähr so viel Ahnung hat wie ich von der Atomphysik. Ich hätte mir aber mehr Sightseeing gewünscht – außer einer Szene auf der Königsallee wird die NRW-Hauptstadt kaum in Szene gesetzt.

Ich vermute, dass die 2016 viel zu früh verstorbene Maja Maranow auf den hier nicht gerne angesprochen wurde:

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Mein Text für das Programmheft lautet übrigens:

Das Subgrenre „Düsseldorfer Action-Film“ ist vergleichsweise überschaubar: „Die Katze“ mit Götz George, „Die Diebin“ mit Sandra Speichert, „Vollgas“ mit Jan Sosniok. Die Metropole am Rhein eignet sich nur sehr bedingt für hartgekochte Dialoge, wie Harald Alexanders Regionalkracher auch gleich beweist: „Das hier ist doch nicht Chicago!“ – „Nein, aber Düsseldorf!“. Muskelbepackte Jungs gehen sich an den Kragen, eine Videothek geht zu Bruch, die Kinokopie von „Rambo II“ wird geklaut. So, wie sich Klein-Hänschen und die bürgerliche Presse in den 80ern die „Videomafia“ vorstellten. Trotz internationalen Anspruchs bezaubernd provinziell. Man hätte Nicolas Shopp, der als Schurke „Helmut Huthmacher“ wie ein rheinischer Charles Bronson wirkt, eine größere Karriere gewünscht. Seit 30 Jahren notorisch schwer zu bekommen, ist „Der Videopirat“ (Alternativtitel „In den Krallen des Syndikats“) gerade auf der Kinoleinwand ein großartiges Stück 80er-Zeitkolorit.

Es wäre kein Basterds-Festival ohne Schweinkram. Der Schmuddellegende Erwin C. Dietrich (der auf dem diesem Blog tatsächlich mal kommentiert hat) verdanken wir einen Einblick in die fleischlichen Freuden der noch ausnehmend knackigen Ingrid Steeger. Damit hat es sich aber auch schon, denn trotz schöner Locations und vieler Kostüme ist DIE SEX-ABENTEUER DER DREI MUSKETIERE eine eher dröge Angelegenheit mit lustlosem Gefummel und wenig Witz. Schade, denn man hatte augenscheinlich alles, was zu einer pralleren Parodie nötig gewesen wäre.

Tag 2

Es geht los mit harter Kost. Wer sich auf einen Andy Milligan-Film einlässt, der weiß gewöhnlich, auf was er sich einlässt: Nonsens-Plots, Non-Acting, und armselige Wasser & Brot-Inszenierungen auf niedrigstem Niveau. Was erwartet man auch von einem Regisseur, der DEPRAVED!, THE GHASTLY ONE, THE FILTHY FIVE, THE WEIRDO und BLOODTHIRSTY BUTCHER gedreht hat? Aber selbst mit reduzierten Erwartungen ist THE BODY BENEATH eine extrem mühsame Affäre, die aus der Story von einem Vampirclan, der im wahrsten Sinne des Wortes frisches Blut braucht, keinen Saft ziehen kann. Seeehr lange 80 Minuten…

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Der schrottige Prä-Star-Wars-Film aus den späten 60ern und frühen 70ern ist ein Standard bei den Basterds. Ich erwartete also von QUEEN OF BLOOD einen Heuler im Stil von RAUMSCHIFF ALPHA. Weit gefehlt: Curtis Harrington hat hier zwei aufwändige russische SF-Filme genommen und mit Darstellern wie Basil Rathbone, John Saxon und Dennis Hopper einen neuen Plot über eine grünhäutige Alien-Frau drumherum gezimmert. Das Ergebnis kann nach keinem Maßstab als “gut” bezeichnet werden, dafür ist die Dramaturgie zu lahm, zu dialoglastig und teilweise zu kindisch. Aber die Bauten, Spezialeffekte und Locations des russischen Materials sind spektakulär, farbsatt und von einer Begeisterung für die Raumfahrt geprägt, wie man sie von alten Perry Rhodan-Covern kennt. Das ist nachgerade überwältigend und allenfalls noch mit Mario Bavas PLANET OF THE VAMPIRES vergleichbar. Ein Fest für die Augen.

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Zum Abend gab es den Festivalknaller zu sehen, der nicht ohne Grund den Publikumspreis gewinnen sollte – der österreichische VAMPIRE VIENNA ist zwar sehr mager in Sachen Handlung, aber reich an Exzentrik und bezauberndem Overacting. Genau die Sorte Nachwuchsfilm, die ich mir häufiger wünschen würde:

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Auch hier mein Text aus dem Programmheft:

Stoffpinguine, Exorzisten, Dämonen, Stummfilme, Zeitraffer, Badewannen-Suppe und Blutorangen – für seine launige, teils improvisiert wirkende Vampirfarce setzt Mike Lomoz auf kontrollierten Wahnsinn. Die Idee, den Vampir auf die Couch zu legen, hatte vor ein paar Jahren erst der ebenfalls österreichische „Therapie für einen Vampir“ mit Tobias Moretti, in dem Dominic Marcus Singer sogar eine kleine Rolle spielte. Und tatsächlich wirkt „Vienna Vampire“ wie der räudige kleine Bruder der erfolgreichen Kostümkomödie. Wenig Aufwand, viel Eier – was gerne und oft schiefgeht, addiert sich in diesem Fall zu einem Gute Laune-Garanten für die Midnight Crowd und wir können der Titeleinblendung zu Beginn des Films nur zustimmen: „Bitte öffnen Sie jetzt Ihre Bierflasche“…

Mein persönlicher Festivalhit folgte im Anschluss – MAGNUM 45 ist trotz des Titels kein typischer Polizeifilm seiner Zeit, trotz diverser bizarrer “kills” kein Giallo, und trotz der Nacktszenen mit Corinne Clery kein Softsexfilm. Er ist… alles. Sex, Crime, Comedy, Science Fiction, Horror. Die vermutlich krudeste Melange des gesamten italienischen Kinos der 70er, derer ich je ansichtig wurde. Hoch unterhaltsam auch auf Darstellerseite: Michele Placido als Weichei-Bulle, Eli Wallach als futuristischer Detektei-Chef, Tom Skeritt (?!) als schlau daher redender Bürokollege. Wer ein Herz für den ruppigen 70er-Reißer hat, wird hier reich beschenkt:

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Von dem (deutschen) Titel SECRET OF THE LOST EMPIRE darf man sich nicht täuschen lassen, ebenso wenig vom Original NINJA OPERATION 7 aka ROYAL WARRIORS – dieser Film ist eine der typischen Godfrey Ho-Leichenfleddereien, die aus alten Reißern und ein paar drum herum gebastelten Kampfszenen zu einem “Ninja-Superhit” umgebaut wurden. Trotz allen Irrwitzes hält sich das Entertainment in Grenzen, weil der “Basisfilm” zwar eine Art Dschungelkönigin und ein paar Kannibalen mitbringt, der Ninja-Anteil mit Richard Harrison und Mike Abbott aber untypisch wenig Raum bekommt. Es bleibt ein Verhau:

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Tag 3

Die FWU-Kurzfilme zu Schulungs- und Lehrzwecken sind ein USP des Basterd-Festivals. Diesmal kamen zwar keine Computer-Aliens oder Bauern-Selbstmorde vor, aber die Auswahl war wieder unschlagbar: der Pubertät des Knabenkörpers durften wir (in Zeichentrickform) ebenso beiwohnen wie der Attacke auf den Zahnschmelz durch zwei freche Marionetten (mit Hans Clarin erstmals als rothaarigem Kobold!). Wir erlebten eine Kindesentführung zum Missbrauchszweck und die Behandlung von Tollwut durch Fanta. Highlight zweifellos: MAMA UND PAPA, ein unfassbarer Filmbericht über ein zutiefst rassistisches Seniorenpaar, das “Neger” aufnimmt und ihnen das deutsche Verständnis von Recht und Ordnung beizubringen versucht. Wir wollten hinterher duschen.

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WEISSE SKLAVIN DER GRÜNEN HÖLLE hat eigentlich alles zum feisten Kracher: eierschaukelnde Helden, knapp bekleidete Amazonen, Kannibalen, verborgene Schätze, Massaker und Mark PHANTOM KOMMANDO Lester auf dem Regiestuhl. Leider sind alle vielversprechenden Elemente familientauglich kastriert, denn der Film wurde für den amerikanischen TV-Sender NBC produziert (man hat augenscheinlich auf Fortsetzungen oder eine Serie spekuliert). Auf Splatter, Sex oder wenigstens menschenverachtende Missetaten hofft man also vergebens. Trotzdem haben wir uns gut amüsiert, weil Bo Svenson als B-Movie-Ausgabe von Nick Nolte einfach immer alles rausreißt und weil Donald Pleasence als Bösewicht sichtlich Spaß hat.

Der lief hier 1981 im Kino – im KINO!!!

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Ach ja, und dann der Auftritt unseres “spiritus rector” im bezaubernden Kurzfilm SACKAFFEN. Ein deutliches Seufzen ging durch die Reihen. So behalten wir ihn gerne in Erinnerung, unseren Badmovie-Gottvater, der da ist im Himmel, geheiligt werde sein Name:

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Ist TROLL 2 zeigen noch in irgendeiner Form “hip”? Der Film wurde von so ziemlich allen YouTube-Rezensenten verrissen, es gibt eine Dokumentation, die ihn als “best worst movie” würdigt, und mit TROLL’S WORLD gab es sogar einen spirituellen Nachfolger. Hat diese Leiche noch Fleisch, das man abnagen kann? Steckt da noch untotes Leben drin? Es zeigt sich: schon. Wir haben viel gelacht und viel gelästert. Aber ich neige mittlerweile dazu, Drehbuchautor/Regisseur Fragasso Recht zu geben: abgesehen von allen Defiziten sollte TROLL 2 immer schon komödiantische Untertöne haben und ist damit deutlich weniger verunglückt, als gerne unterstellt wird. Unbestreitbar ist allerdings, dass Deborah Reed als “Creedence Leonore Gielgud” mit Angelika Jäger aus ROBOT HOLOCAUST in den Ring steigt um den Titel “übergeigteste Gaga-Performance in einem Genrefilm”.

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Schluss mit lustig! HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT ist einer dieser “verbotenen” Filme, über die man als Teenager immer gelesen hatte und die man sich deshalb unfassbar grausam und blutig vorstellte. In unseren Köpfen waren sie die Maßstäbe für sadistischen Selbstzweck-Splatter wie die Zombiefilme von Lucio Fulci. Kein Wunder, wenn man dergestalt belehrt wurde:

Tatsächlich ist der erste der beiden HEXEN-Filme das genaue Gegenteil. Er ist eine politische Parabel, die von der totalen Korruption des Adels und Obrigkeit im Mittelalter erzählt und die tatsächlich sehr schockierenden Grausamkeiten nicht überzieht, sondern lediglich nachvollziehbar abbildet. Am Schluss revoltiert das Volk, wird dadurch aber selbst zum blutdürstenden Mob. Von der unsäglich suppigen Musik von Michael Holm (!) abgesehen ein absolut stimmiger Historien-Reißer, den man im Kontext seiner Entstehungszeit sehen muss.

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All das, was ich über HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT positiv zu sagen habe, muss ich dem nachfolgend gezeigten HEXEN GESCHÄNDET UND ZU TODE GEQUÄLT allerdings absprechen: Der ist tatsächlich nur zynisch, brutal, hingerotzt und menschenverachtend. Jeder Versuch einer politischen Einordnung wird aufgegeben zugunsten eines Folter-Melodrams aus der untersten Schublade.

Es ist der Hysterie der Ära und dem Marketing von Produzent Adrian Hoven geschuldet, dass die Filme im Vorspann frech behaupten, es seien in Europa 8 Millionen Menschen als Hexen hingerichtet worden. Damit wäre das Heilige Römische Reich Deutscher Nation im 16. Jahrhundert fast entvölkert gewesen. Tatsächlich reden wir von (immer noch unfassbaren) 40.000 bis 60.000 Opfern.

Tag 4

Manche Filme sind auf dem Papier besser als auf der Leinwand. Bei UND DIE BIBEL HAT DOCH RECHT hatte ich auf pseudowissenschaftlichen Hokuspokus gehofft, der zu beweisen trachtet, was nicht zu beweisen ist. Stattdessen bekommen wir elend lange Szenen irgendwelcher Nahost-Ruinen zu sehen, zu denen der Sprecher versichert, dass es sich dabei um Locations aus der Bibel handelt – was dann irgendwie den ganzen anderen Humbug in dem Buch belegt. Das ist natürlich nicht korrekt. Ich reise nicht mit Studiosus – darum brauche ich auch solche Lehrstunden (Leerstunden?) nicht.

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Ich versuchte im Programmheft, mit dem stoffeligen Filmvortrag gnädig zu sein:

Harald Reinl kann mit Fug und Recht als der erfolgreichste deutsche Regisseur des Kommerzkinos bezeichnet werden. Ihm verdanken wir Filme mit Winnetou und Dr. Mabuse, mit Kommissar X und Jerry Cotton, die Nibelungen ebenso wie Edgar Wallace. Was trieb ihn dazu, ab 1970 diverse „Dokumentationen“ zu teils spirituellen, teils pseudowissenschaftlichen Themen zu drehen? Wir wissen es nicht. Seine Verfilmung von Werner Kellers gleichnamigem Nachkriegsbestseller wird vom Lexikon des Internationalen Films nicht falsch als „Kulturfilm mit schönen Bildern“ bezeichnet. Menschen kommen praktisch nicht vor, die beiden großen Synchronsprecher Manfred Seipold und Holger Petzold sind unsere einzigen Reisebegleiter. Zuckerl für die Badmovie-Gemeinde ist dabei die Präsenz von Walter Boos am Schneidetisch, dem umtriebigsten Sexreport-Filmer der 70er Jahre. Ob er durch seine Mitarbeit der ewigen Verdammnis entgehen wollte?!

Spaß macht der Film, dessen tatsächlicher wissenschaftlicher Wert rückblickend als extrem beschränkt betrachtet werden muss, primär als Relikt einer Zeit, in der man erstmals versuchte, sich komplexen Themen populärwissenschaftlich zu nähern. Zuschauern, die aus den präsentierten „Fakten“ einen tieferen Glauben an die biblische Wahrheit ziehen möchten, sei das Gleichnis des Spider-Man ans Herz gelegt: dessen Comics spielen in New York. New York gibt es wirklich – aber das beweist nicht die Existenz von Spider-Man…

Und dann ist da noch SALON KITTY, ein Film, der nur Mitte der 70er entstehen konnte, als für eine kurze Zeit die Verquickung von Nazi-Sadismus und Erotika als “schick” galt. Der Aufwand des teilweise in Deutschland und mit Bauten von Bond-Architekt Ken Adams gedrehten schwülstigen Melodrams ist beträchtlich, aber das gesamte Subgenre wirkt heute unter der gelackten Oberfläche schmierig und voyeuristisch. Ich bevorzuge zudem die Tinto Brass-Filme der 80er und 90er, die sich klarer im Softsex positionierten. Da bleibt der Mann unübertroffen.

Luchadores als Rausschmeißer: Kein Basterds-Festival ohne mexikanischen Wrestlerfilm. Der war eine Leidenschaft des Herrn Nowak. Diesmal machen die speckigen Ringer der Marke Santo und Blue Demon einer Dame Platz, die ganz dem Zeitgeist von 1968 gemäß als “Batwoman” auftritt. In den eingestreuten Wrestling-Szenen ist aber sehr deutlich zu erkennen, dass sich die Darstellerin von einer “kompakteren” Dame vertreten lässt. Inhaltlich ist mal wieder “science humbug” angesagt mit dem fast schon zwangsläufigen wahnsinnigen Wissenschaftler, dessen Experimente zu Weltbeherrschung auch die Erschaffung eines Fischmenschenmonsters bedingen. Der übliche Kappes halt – leider nie so gut, wie es dem Poster nach sein müsste.

Komplett aus der Spur schmeißt mich allerdings, dass der Film tatsächlich unter einem komplett bananen Titel Anfang der 70er in Deutschland rauskam:

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Das hier war das nicht minder groteske Poster – man beachte die Abwesenheit von Batwoman in dieser Artwork:

Aus die Maus. Schicht im Schacht. Ende Gelände. Klappe zu, Affe tot. Wir haben das B-Film Basterds Festival gleichermaßen erlebt und durchlebt, weil zu echten schlechten Filmen eben Langeweile und Ärgernisse dazu gehören. Asylum gucken kann jeder. Das hier trennt die Spreu vom Weizen, die Jungs von den Männern.

Es war kein normales Festival, konnte keines sein. Man hört ja selten genug, dass ein Veranstalter verstirbt und die Zuschauer den Event dann selber durchziehen. Es gehört zu den großen Leistungen des Wochenendes, dass wir fröhlich sein konnten, ohne die Trauer zu verleugnen. Das hier war und ist sein Festival:

Im Kino und in unseren Herzen – dein Platz bleibt unbesetzt.



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5 Kommentare
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Markus
8. Juli, 2022 09:41

Nur ein Hinweis: Maja Maranow ist 2016 verstorben.

Reini
Reini
8. Juli, 2022 19:37

Vielen Dank für den schönen Bericht! Mit dem Faustfoto sollten wir uns für ein Bud Spencer / Terence Hill Remake bewerben… 🙂

trackback
11. Juli, 2022 10:08

[…] weise auch noch einmal darauf hin, dass Holm im Jahr davor den Soundtrack zu HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT geschrieben […]

trackback

[…] hatten wir ja neulich schon – Hahn und Jansen zeigen keine Gnade, obwohl der Film als historische Horrorparabel […]