28
Mai 2022

Vespa Schlüsselkind: Original und Fälschung

Themen: Neues |

Bevor es richtig losgeht – ein kleines Update. Ich hatte ja über das Drama mit dem Autoschlüssel geschrieben, für den BMW knapp 500 Euro haben wollte. Gerechter Furor brachte mich dazu, Widerstand zu leisten und für 15 Euro bei Amazon ein Ersatzgehäuse zu kaufen, um den Transponder-Chip selber darin einzubauen.

Es stellt sich heraus, dass BMW mit so etwas rechnet – und einen Riegel vorschiebt. Den Transponder “sicher eingebaut” zu nennen, wäre eine Untertreibung. Er ist regelrecht ins Hartplastik eingebacken. Der “body” mit dem Transponder ist zäher als der Brustkorb einer Big Jim-Puppe (Jungs meines Alters wissen, was das heißt), Ich habe versucht, den Schlüssel aufzubrechen, mit der Rohrzange zu knacken, aufzusägen – keine Chance, vor allem dann nicht, wenn man den Transponder nicht beschädigen darf.

Aber ich kenne S. S ist Schrauber der osteuropäischen Sorte mit Goldzähnen und gerne mal einem halben Schwein am Spieß in der Werkstatt, die mit Praline- und Wochenend-Nacktpostern der 80er gepflastert ist. Als S neulich mal wieder einen Lackschaden am Wagen reparieren musste, zeigte ich ihm das Tütchen mit den Schlüsselresten und das Ersatzgehäuse von Amazon: “Kann man da noch was machen?”. S nahm die Tüte und grummelte nur “lass da”. Am nächsten Tag hatte ein Kumpel von ihm, dessen genaue Expertise in Sachen Auto-Türschlösser mir vermutlich suspekt sein sollte, den Transponder getauscht und neu programmiert:

Funktioniert perfekt und zeigt, dass die Preise von BMW sich an keiner Form von Wirklichkeit orientieren, die mir bekannt ist.

Aber es lag schon das nächste Drama an. Ich fahre ja eine sehr hübsche Vespa:

Leider fand ich kürzlich den Schlüssel nicht mehr – und meiner Erinnerung nach hatte ich beim Kauf von meinem Nachbarn in Baden-Baden auch nur ein Exemplar ausgehändigt bekommen. Was tun, sprach der Scheich?

Ich googelte mich erstmal durch das Internet und fand viele widersprüchliche Angaben, was auch mit der Zahl der Rollermodelle und der Schließsysteme zusammen hing. Klar war schnell: offiziell ist aufwändig und wieder mal teuer. Da muss man sich Bescheinigungen ausstellen lassen, Duplikate besorgen, etc. Nicht mein Lösungsansatz. Also weiter zum guten Geist Amazon:

Zwei Schlösser (Zündung und Helmfach mit Benzintank), zwei Schlüssel. Keine 13 Euro. Hätte ich mir teurer vorgestellt.

Nun kann ich weder das Originalschloss aus-, noch das neue Schloss einbauen. Die Nazis hatten ja den Spruch “Arbeiter der Stirn und Arbeiter der Faust”. Ich bin dann doch eher ein Arbeiter der Stirn. Also suchte ich mir eine Motorradwerkstatt in der Nähe und kontaktierte den ADAC, er möge meine Vespa doch bitte dorthin abschleppen, was nach kurzer Verwirrung auch stressfrei erledigt wurde. Meine neuen Nummernschilder für 2022 packte ich auch gleich mit ein.

Der Mechaniker, dem ich meine Vespa brachte, hatte zwar auch noch nie die Schlösser ausgewechselt, versprach aber, sich darum zu kümmern. Es schien ihm in keinster Weise verdächtig, dass da ein Typ vor ihm stand, der bei einer Vespa die Schlösser und die Nummernschilder ausgewechselt haben wollte…

Während der Wartezeit auf den Umbau musste ich zu Hause nach einem größeren USB-Stick suchen, um mein altes Macbook neu aufzusetzen. Und was fand ich dabei in der Schublade mit dem Krimskrams? Den zweiten Vespa-Schlüssel, von dem ich überzeugt gewesen war, dass es ihn nicht gab.

Schneller Anruf beim Mechaniker: Nein, das Schloss war noch nicht getauscht. Super Sache, konnte ich gleich hinfahren und den Roller wieder abholen. Nummernschild war netterweise bereits angebracht. Der Sommer kann kommen!

Das ist aber noch nicht die ganze Geschichte. Nun hatte ich zwar den Roller wieder, aber nur mit einem Schlüssel – und weil ich so ein Drama nicht noch einmal mitmachen wollte, entschied ich mich zur Beschaffung eines Ersatzschlüssels. Erneut googelte ich mich in das Thema ein und fand erneut widersprüchliche Angaben: da war von Chips in den Schlüsseln die Rede, von Genehmigungen durch Vespa, von einem Schlüsseldienst in der Münchner Innenstadt, der tatsächlich die Rohlinge vorrätig habe.

Der Schlüsseldienst stellte sich als Betrieb alter Schule heraus, konnte aber auch nicht helfen: die Rohlinge habe man nicht. Also doch Amazon: da fand ich zu meiner Überraschung einen Rohling für weniger als 10 Euro. Sofort bestellt und zwei Tage später im Briefkasten. Dann mit dem Rohling und dem Originalschlüssel zu einem Schlüsseldienst hier in Trudering. Begeisterung: In der Werkstatt hängen nicht nur lauter Promi-Autogramme, sondern diverse Exemplare, die ich ebenfalls habe. Da entspannte sich erstmal ein nettes Gespräch, während der Meister die Kopie anfertigte. Er warnte mich aber: “Der dicke Kopf des Schlüssels könnte bedeuten, dass da ein Chip drin ist. Wenn der Ersatz den Chip nicht hat, wird die Wegfahrsperre den Roller nicht starten lassen.”

Was es nicht alles gibt. Die Spannung war demnach groß, als ich heimfuhr, um den neuen Schlüssel an meiner Vespa zu testen. Klick, tschak, brrrt, rmmrmmrmm!

Läuft!

Mein Roller ist alt und einfach genug, um keine elektronischen Wegfahrsperren zu haben. Das ist sehr erfreulich. Nun habe ich wieder zwei Schlüssel:

Zwei Schlüssel für den Wagen, zwei für den Roller. So muss das sein.

Und eines Tages bekomme ich auch den Ersatz für den verlorenen Funkschlüssel meines Aygos. Da hat das Zweitexemplar nämlich seit zehn Jahren den Nachteil, dass es nicht funkt und ich wie 1990 meinen Schlüssel echt immer ins Schloss stecken und umdrehen muss. Mittelalter!



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6 Kommentare
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Lars
Lars
28. Mai, 2022 12:33

Du solltest das letzte Bild mit den Schlüsseln eventuell entfernen (oder zumindest den Schlüssel selber unkenntlich machen), da man damit Nachschlüssel anfertigen kann. Siehe z.B. hier: https://www.vice.com/de/article/qvvxv3/warum-du-niemals-bilder-von-flugtickets-oder-schlusseln-posten-solltest

Lars
Lars
28. Mai, 2022 13:17
Reply to  Torsten Dewi

Ahhhhhh – ich hatte nur die sichtbaren Zacken gesehen. Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil!

Raphael
Raphael
28. Mai, 2022 23:19
Reply to  Torsten Dewi

Die Schlüssel sind nicht symmetrisch? Interessant.