First Look: STAR TREK: STRANGE NEW WORLDS (spoilerfrei)
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Vor zweieinhalb Jahren habe ich ein Plädoyer für STAR TREK: PIKE geschrieben, für eine Rückkehr zum klassischen Star Trek-Prinzip der Enterprise-Crew mit klarer Aufgabenteilung und wöchentlichen Missionen, zur Begeisterung für das “out there”, zur Suche nach “strange new worlds”. Ein Gegenentwurf zur unsäglichen “woke-ness” und aufgezwungenen Diversität von DISCOVERY, der weinerlichen Innerlichkeit, den ständigen all-umfassenden Melodramen, die am Ende zu nichts führen und nichts erreichen. Back to the basics.
It’s here. And I am home.
STAR TREK: STRANGE NEW WORLDS ist die Serie, auf die ich gehofft hatte. In ihrer Struktur und in ihren Konventionen vertraut wie ein alter Schuh – einer von der Sorte, bei denen man entspannt “ahhh…” flüstert, wenn man in sie reinschlüpft. Das Schiff, die Tecnik, die Uniformen, die Hierarchie – sogar die Dialoge und die Dramaturgie. Es ist, als hätte STAR TREK 1969 noch eine vierte Staffel bekommen, mit ein bisschen mehr Geld und ein paar Umbesetzungen in der Crew.
Und innerhalb dieser warmen Blase, dieser Gänsehaut erzeugenden Vertrautheit, lernen wir neue Gesichter kennen, treffen eine Besatzung, die uns während der ersten 50 Minuten mehr zu Freunden wird, als es DISCOVERY über vier Staffeln hinweg gelungen ist. Jeder mit einem Knacks und Marotten, aber entschlossen, gemeinsam mit uns das Weltall zu erforschen. Alle für einen, einer für alle. Die Sorte Loyalität, Neugier, Solidarität und Entschlossenheit, die im Star Trek-Universum zuletzt nur noch als kleines Licht in PRODIGY flackerte.
SNW (ich denke mal, das wird sich als übliche Abkürzung einbürgern) schafft es, alle Makel von DISCOVERY mit einer Leichtigkeit abzulegen, dass es dem bisherigen Dickschiff der Franchise noch mehr jede Entschuldigung nimmt. Auch 2022 gilt: STAR TREK kann mehr, geht besser. Was STAR TREK ausmacht, ist in 60 Jahren nicht gealtert, seine Werte und Ideen sind so valide wie damals, als Kirk das erste Mal auf dem Captain’s Chair Platz nahm.
Hier passt wirklich alles zusammen: Die Technik und die Effekte sind nicht aufdringlich und ordnen sich der Story unter, die Darsteller sind charmant und leicht zu unterscheiden, der Episodenkonflikt ist nachvollziehbar und sagt auch etwas über unsere eigene Haltung als lernfähige Menschheit aus. Gugge mal da, Schilde hoch, ein bisschen Plaudern, Ideenfindung, Lösung, Warp 5 bis nächste Woche. Vielleicht nicht die Sorte Fernsehen, die heute angesagt ist – aber die Sorte Fernsehen, die uns seit 50 Jahren zu Fans gemacht hat.
It’s…. perfect. Oder um es mit Uhura zu sagen: “Cool… Sir.”
Was immer Kurtzman, Goldsman und Paradise glaubten, STAR TREK antun zu müssen, um es vorgeblich für die neuen Sensibilitäten der aktuellen Zuschauergeneration fit zu machen – SNW lacht ihnen ins Gesicht uns beweist: alles Murks. STAR TREK musste nicht neu repariert werden, weil es nie kaputt war. STAR TREK hat längst den Sprung von einer Franchise zum Mythos geschafft. Man kann innerhalb des Mythos neue Gesichter und Geschichten erzählen, aber das, was STAR TREK bedeutet, ist sakrosankt, unantastbar.
Alles, was ich kritisch anmerken könnte – und es ist sooo wenig – kann warten, bis ein paar weitere Episoden das Konzept gefestigt haben.
Wenn es SNW gelingt, das Niveau der ersten Folge zu halten, dann ist STAR TREK wieder auf Kurs. Und ich bin mit der gleichen Begeisterung und dem gleichen Herzklopfen dabei wie 1972, als ich dreijährig auf dem Flokati vor dem Fernseher lag und mich fragte, ob Spocks Nackengriff wohl auch bei meinem Bruder funktionieren würde.
It’s good to have you back, STAR TREK. It’s been too long, old friend.
Das hört sich doch gut an.
Übrigens find ich, dass die Schlechtigkeit der zweiten Staffel “Picard” langsam kultige Züge annimmt. Man muss es gesehen haben, um es zu glauben, da reicht auch der grandiose Verriss auf “Red Letter Media” nicht…
Habe ich nicht mehr geschaut. Ich habe Schmerzgrenzen – und ein Zeitbudget.
Ja, das ist wirklich ein Absturz. Sie haben regelrecht die Zeit von Patrick Stewart verplempert – und unsere.
Ich bin mir noch ziemlich sicher, dass da viel von Patrick Stewart selbst kam. Der Herr kann zwar schauspielern, aber sein Geschmack ist Grütze. Siehe ST9+ST10 als QED.
Das ist leider so – er war damals sehr überzeugt, dass FIRST CONTACT ein Fehler war und der Nachfolger besser sei.
Ich war nach Folge drei oder vier raus – d.h. nach dem Staffel drei Akündigungsteaser, der signalisierte, daß nichts, was in Staffel zwei passieren wird, irgendwelche Relevanz in der nächsten Staffel haben wird.
So etwas ist mir komplett wurscht, solange das Entertainment stimmt.
Die Action-Version von Nurse Chapel irritiert mich noch ein wenig, aber der Lückenfüller “The Orville” wird sich warm anziehen müssen. Selbst schuld, welche Serie macht schon 2,5 Jahre Pause?!
Die haben es immerhin geschafft, aus Chapel keinen unwichtigen Nebencharakter zu machen wie in der Serie. Und sogar Uhura (!) bekommt eine kleine, aber wichtige Szene geschenkt. Das nenne ich Sorgfalt.
Ich glaube sogar, dass Uhura in Zukunft mehr zu tun bekommt, als je zuvor. Obwohl das schwer zu sein scheint für die Autoren, denn mit Hoshi Sato (ST:Enterprise) konnten sie ja auch nicht viel anfangen. Beide Charaktere sind zur Zeit sehr ähnlich (jung, unerfahren). Ich hoffe jedoch, dass Uhura nicht des Captains Kopf verdreht wie im Film von 2009 …
Das ist hier recht gut geregelt, denn Uhura hat als Kommunikationsoffizierin neben dem sprachlichen auch sehr viel kulturelles Fachwissen. Das wird in einer Szene sehr schön ausgespielt.
Wann hast du jemals so viel Hoffung gehabt, als eine Star-Trek-Serie neu gestartet ist? Ich: Nicht seit Voyager, und damals lag ich zur Hälfte falsch – leider.
Bei mir war das Enterprise – und trotz aller Probleme bleibt das für mich eine gute Serie und sicher die, die konzeptionell SNW am ähnlichsten ist.
Bei Stranger Things werden es fast drei Jahre sein. Es gibt Filmsequels, die schneller rausgehauen werden.
Was übrigens nicht als Kritik gemeint ist, sondern nur als Tatsachenfeststellung. Die Lücke zwischen Staffeln ist mittlerweile von vornherein länger: 1-1/2 Jahre sind bei teuren (Streaming)-Serien heutzutage eher die Norm, als die Ausnahme. Durch die Pandemie hat es sich aber halt bei einigen Serien noch einmal zusätzlich verzögert.
Wie lange hat es gedauert, bis aus der kindlichen Neugier ein Experiment am lebenden Objekt wurde, und hat er dich dafür verhaut?
Ich war damals schon schlau und habe es erst an einem gleichaltrigen Kumpel ausprobiert, der schwächer war als ich.
Mhm…das wäre ja fast zu schön um wahr zu sein. Ich bleibe skeptisch und bin mal gespannt, wie sich die Serie im weiteren Verlauf entwickelt. Nach der nicht allzu üblen ersten Folge der 2. PICARD-Staffel war ich ebenfalls vorsichtig positiv gestimmt – nur, um dann gleich in der nächsten Folge wieder auf den steinharten Boden der Tatsachen geschmettert zu werden. Man kann es sich nicht ausdenken. Ich gucke da mittlerweile nur noch die von dermax erwähnten RLM-Verrisse. Und von DISCO habe ich mich eh schon seit zwei Staffeln verabschiedet. Wenn SNW hier jetzt tatsächlich nachhaltig positiv herausstechen sollte, wäre ich bass erstaunt.
SNW ist auch im Vergleich mit den ersten Folgen von DISCO und PIC Gold. Die Serie kann nun gerne abschmieren – aber sie haben bewiesen, dass es GEHT.
Dass hier Galaxien (die nie ein Mensch zuvor gesehen hat) dazwischen zu liegen scheinen, habe ich mir aufgrund Deiner überschwänglichen Worte schon gedacht. Ich bin gespannt über die weitere Entwicklung. Vielleicht gibst Du ja nach ein paar Folgen mal ein Update.
Ich werde sicher am Ende der Staffel ein FINAL THOUGHTS machen.
Perfekt.
Woohoo!
Dumme Frage: lässt sich in D halbwegs legal schauen, bzw. wohin muss man den VPN richten?
Das ist die Sorte Frage, die hier nicht gestellt und nicht beantwortet wird.
Nun gut, ich hatte ja bewusst nach legalen Wegen gefragt…
Ich bin ja Willens, für Dinge, die ich mag, zu bezahlen. Halt nicht erst in drei Monaten
Ich halte zwar nix davon, aber so etwas kann man machen.
Ein Punkt, der mir in negativeren Kritiken aufgefallen ist: Wie in NuTrek mittlerweile beinahe üblich, soll (fast) jede Figur irgendein persönliches Trauma haben. Ich hoffe mal nicht, daß sich alles wieder hauptsächlich um die persönlichen Probleme der Crew dreht und in einer militärischen Organisation alle eine Umarmung und/oder eine Aufmunterung durch den Kapitän benötigen.
Das wird super “low key” gehalten – man merkt, dass die episodisch bleiben wollen und die Traumata der Figuren nicht zu hoch kochen. Bei Pike ist das allerdings ein Problem, zu dem ich vielleicht noch eine “Spoilerzone” machen werde.
Wird mit Pike eine Gratwanderung. Man kann die Figur kaum sehen, ohne das Ende im Blick zu haben. Wobei in der ersten Folge ja bereits angedeutet ist, dass er lernt, damit umzugehen.
Das G*** Retconning wird noch mal interessant. Aber deren First Contact wurde ja bisher schon eher inkonsistent behandelt.
In der Spoilerzone komme ich darauf noch zu sprechen. SNW hat jetzt schon Inkonsistenzen zu DISCO.
Die Anzahl der Leute, die sich an Inkonsistenzen zu DISCO Season 2 stören, sollte überschaubar sein.
Ich rede von den Inkonsistenzen zwischen DISCO und SNW, die SNW jetzt schon im eigenen Universum wackelig machen. Warte die Spoilerzone ab.
In der TNG Series Bible (mMn für jeden Star Trek Fan ein must read) plädiert Roddenberry dafür, daß Romulaner, Klingonen & Co. nicht vorkommen sollen. Man hat ja damals auch versucht, mit den Ferengi einen neuen mysteriösen Hauptgegner aufzubauen. Das ist komplett in die Hose gegangen, mit den Borg ist es gelungen, aber Klingonen und Romulaner spielten trotzdem eine große Rolle.
Trotzdem hatte Roddenberry in meinen Augen recht – das Universum ist so groß, daß man sich nicht andauernd auf dieselben Dinge konzentrieren muß.
Dem läuft leider der Memberberry-Kult, dem Star Wars und Star Trek leider verfallen sind, in meinen Augen zuwider. Immer dieselben Dinge, wenig Neues und immer muß irgendwer mit irgendwem verwandt sein. Was zumeist eben Kontinuitätsprobleme aufreißt.
Und die Borg kann man kaum Roddenberry auf die Fahne schreiben. Von den 6 TNG-Borg-Folgen sind 1, max. 2 noch unter Roddenberry Leitung entstanden.
Würde ihm da auch nur bedingt Recht geben wollen. Zwecks erzählerischer Freiheit und Innovation: ja, auf jeden Fall. Wobei ich einschränke, dass viele Geschichten mit Tiefgang auch erst auf einem guten Fundament möglich werden, das eben durch das etablierte Universum geboten wird. Und wirtschaftlich ist seine Aussage natürlich Unfug, da zieht Altbekanntes immer besser. Daher idealerweise eine Mischung aus beidem. Neues einführen, auf Altbekanntes aufbauen.
Bei DS9 hat es ziemlich gut geklappt (Bajor, Cardassia, Dominion inkl. Gründer, Jem’Hadar und Vorta neu eingeführt, Ferengi und Romulaner erweitert, bei den Klingonen gerade in den späteren Staffeln auf vieles aufgesetzt, das nicht neu erzählt werden musste). Besser als in TNG selbst. Bei VOY ist das mit Kazon und Vidiianern dann schon wieder in die Hose gegangen. Und dann kam der Prequel-Strudel.
Das war aber auch immer massiv “hit and miss” – die Ferengi mussten komplett neu gedacht werden, weil sie SO nicht als “super baddie” funktionierten, die Kazon hast du selber erwähnt, diese komische Spezies bei ENTERPRISE war auch Kappes, etc. Es ist nicht leicht, einen kultigen Bösewicht zu erfinden. Wirklich gelungen ist das in meinen Augen nur mit den Klingonen und den Borg, dahinter vielleicht noch die Cardassianer und die Romulaner, wobei ich die manchmal austauschbar finde.
Ganz so war das nicht, sonst hätte man nicht von Anfang an einen Klingonen auf der Brücke gehabt 😉 Vulkanier wurden wohl radikal ausgeschlossen (trotzdem schlich sich einer in “Conspiracy” ein) und erst wegen der Verfügbarkeit von Leonard Nimoy wieder eingeführt.
Habe nachgesehen und das exakte Zitat ist:
“No stories about warfare with Klingons or Romulans and no stories with Vulcans. We are determinednot to copy ourselves and believe there must be other interesting aliens in a galaxy filled with billions of stars and planets”
So gesehen paßt Worf da rein.
Ich frage mich auch, was die Klingonen eigentlich zu so kultigen Bösewichtern gemacht hat? Das Aussehen zumindest in TOS mal nicht. mMn lag es daran, wie die Protagonisten auf die Klingonen reagiert haben – da wußte man als Zuschauer, daß die ernstzunehmende Gegner sind.
Stimmt ja auch, die Borg verkamen bei Voyager deswegen zur Schießbudenfigur. In TNG noch Bedrohung für die Galaxis, nimmt es Captain Janeway mit begrenzten Phortonentorpedovorrat gegen das ganze Reich auf.
Bei TNG wurde ja auf die Klingonen und Romulaner als Gegner verzichtet. Die Klingonen waren nun schon fast Freunde, die Romulaner halt unliebsame Nachbarn. Durch Worf gabs dann eben mal Einblicke in deren Kultur und die Streitigkeiten bis zum Krieg gegen die Klingonen waren alles 100% intern mit der Föderation als Mediator. Von den Romulanern gabs dann später die Wiedervereinigungs-Bewegung mit den Vulkaniern. Das war auch weit weg von den verschlagenen Romulanern, die man bis dahin kannte.
Was ich enttäuschend bei Picard fand war, dass die Romulaner wieder als die bösen rausgeholt wurden und dann sogar noch als Illumninatenunterwandert. Durch die Zerstörung von Romulus (und Remus) hätten sich so viele gute Stories ergeben können. Aber nein, nix. Allein schon, was aus dem Reich der Romulaner geworden ist. Da wäre es interessant gewesen, was aus dem Machtvakuum wird. zB ein neues Volk, das nun aufsteigt.
Ich hatte die Hoffnung begraben, dass es da noch etwas Schönes gibt. Und jetzt belebst Du sie wieder.