Filmprogrammhefte: Ein Rückblick auch in dunkle Zeiten
Themen: Film, TV & Presse |Ich hoffe, ich kann diesen Beitrag schreiben, ohne dass er so ausartet wie das Essay über die Serials. Wie üblich ist der Aufhänger ein banaler: ich habe auf dem größten Trödelmarkt in Bayern vor drei Wochen einen aus der Leimbindung gerupften, ziemlich mitgenommenen Stapel an Filmkurier-Programmen gekauft.
Soweit es ging, habe ich die Heftchen getrennt und gescannt. Das brachte mich auf die Idee, mal etwas mehr über Filmprogrammhefte zu erzählen – kann ja sein, dass “junge Leute heutzutage” kaum mehr was darüber wissen.
Im Fall des ILLUSTRIERTEN FILM-KURIER ist das zudem auch ein Ausflug in das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte, wie man so sagt.
Fangen wir vorne an: Filmprogrammhefte waren zumeist vier- bis achtseitige, prospektartige Broschüren, verwandt den Programmen, die man noch heute bei arrivierten Theateraufführungen kaufen kann. Sie waren an der Kinokasse erhältlich und stellten üblicherweise den Film vor, der gerade gezeigt wurde. Stab, Inhalt, Bilder, gerne auch ein Liedtext – vergleichbar mit den Angaben in der IMDB. Keine Kritik, keine Wertung. Die Programmhefte waren als Werbung und ein Stück weit auch als Souvenir gedacht.
Aus Kostengründen waren die Hefte selten geheftet, nur gefaltet – und der Schwarzweißdruck wurde bis in die 50er durch leichte Einfärbungen in sepia, blau oder grün geschönt. Da Publikumszeitschriften in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher wenig Informationen über Filme enthielten, waren die Programmhefte eine wichtige Ressource und bei Kinofans beliebt. In Deutschland ging es ab 1919 los und nach ziemlich genau einem halben Jahrhundert war 1969 Schluss. In Österreich startete man früher (1911) und publiziert noch heute.
In Deutschland dominant war viele Jahre der ILLUSTRIERTE FILM-KURIER, ein Ableger der Branchenzeitschrift FILM-KURIER. Aus diesem Grund ist der IFK auch eine sehr solide Quelle für Informationen über Filme, die hierzulande während des Dritten Reichs liefen. An dieser Stelle geht es mir aber weniger um Stabangaben – die Filmprogramme vermitteln einen Eindruck von der Bandbreite, den Genres und der Atmosphäre in den Jahren 1933 bis 1945.
Ich habe euch aus dem gekauften Sammelband ein paar Beispiele rausgesucht. Machen wir uns auf eine nervöse Reise in die späten 30er, frühen 40er Jahre.
Keinen Mangel gab es damals an Schmonzetten – Historienschinken mit großem Kostüm- und Komparsenaufwand, die sich nur mehr oder weniger der geschichtlichen Authentizität verpflichtet fühlten und lieber dem “deutschen Genius” huldigten. Als Beispiel sei hier das “Biopic” FRIEDEMANN BACH von 1941 mit Gustaf Gründgens genannt:
FRAUEN FÜR GOLDEN HILL (1938) ist eines dieser Kolportage-Melodramen im Romanstil, die damals populär waren – es geht um “Katalog-Frauen”, die in Australien an Minenarbeiter vermittelt werden:
Typisch für diese Sorte Film waren die schwülstigen Gesangseinlagen, für die das Programmheft gleich die Refrain-Noten mitliefert:
Wollt ihr mal reinhören? Sicher wollt ihr:
Leichtere Unterhaltung gefällig? Was zum Lachen? Aus dem Jahr, in dem der große Krieg ausbrach?
Immerhin von Hubert Marischka, einem Experten für Humor und Musik, der auch nach dem Krieg bis zu seinem Tod Streifen wie LIEBE, SONNE UND MUSIK, WIENER MELODIEN und DU BIST DIE ROSE VOM WÖRTHERSEE kurbelte. Hauptdarsteller Wolf Albach-Retty war übrigens der Vater von Romy Schneider.
Inhaltlich geht es trotz der modernen Cover-Gestaltung bieder zu: das Liebesglück zweier braver Wiener Schneiderinnen steht im Mittelpunkt. Gesungen wird auch – das Lied “Drunt’ in der Lobau” war nach dem Krieg weiterhin populär:
Bei GASPARONE handelt es sich um die erste Verfilmung der gleichnamigen Operette, bei der vor allem die Besetzung interessant ist:
Rökk, Heesters, Platte – allesamt auch Stars des Nachkriegsfilms. Hört mal rein:
Es ist schwer vorstellbar, dass Heesters auch noch in OTTO – DER FILM und der Soap WEGE ZUM GLÜCK mitspielte, bevor er 2011 im Alter von 108 (!) verstarb.
Fällt euch schon was auf? Der deutsche Film der 30er Jahr war über weite Strecken erstaunlich unpolitisch, das Tagesgeschehen kam ebenso wenig vor wie Hitler an der Wand oder der Führergruß. Ich erinnere mich vage, in einem Buch über die Zeit (“Die Skandalchronik des deutschen Films”?) gelesen zu haben, dass Goebbels bewusst davon absah, außerhalb von Propagandafilmen das Dritte Reich zu thematisieren. Seine fast prophetische Prämisse: “Die Filme müssen das Reich überstehen.”. Der Mann wusste, wie Eskapismus funktioniert.
Moderner, düsterer, dramatischer – GLEISDREIECK von 1937:
Ein Moralstück, in dem eine braver Bahnangestellter eine junge Frau durch Liebe vor dem Absturz in die Kriminalität bewahrt. Hier macht das Setting den Unterschied. Regisseur Stemmle war als Autor noch produktiver als als Regisseur – ihm verdanken wir die Drehbücher u.a. zu OLD SHATTERHAND, DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE, DIE GRUFT MIT DEM RÄTSELSCHLOSS und DER HENKER VON LONDON. Ein Mann ganz nach meinem Geschmack.
Das Kriminalstück MORDSACHE HOLM von 1938 erzählt von der Fahndung nach dem Mörder einer Tänzerin:
Tatsächlich wird hier die Polizeiarbeit im Dritten Reich sehr anschaulich geschildert – deutsche Effizienz im Dienst:
Der Film gilt als ideologisch so sauber, dass es ihn sogar in DVD-Editionen gibt, zusammen mit einem Sherlock Holmes-Film des Regisseurs aus dem gleichen Jahr:
Eine True Crime-Geschichte ist IM NAMEN DES VOLKES von 1939 (Alternativtitel: AUTOBANDITEN), den ebenfalls der sehr umtriebige Erich Engels drehte:
Die Inhaltsangabe verrät uns:
Auch US-Ware wurde noch in den “Lichtspielhäusern” präsentiert – hier ein Reißer mit der ersten erfolgreichen asiatisch-stämmigen Schauspielerin, Anna May Wong:
Der Film basiert auf einem Theaterstück von Edgar Wallace und steht in mehreren Versionen auf YouTube bereit:
Aber Kino besteht nicht nur aus Geschichten, aus Genres und Spannung – es besteht auch und vor allem aus Stars. Kaum einer war in Vor-, Kriegs-, und Nachkriegszeiten populärer als er – vielleicht, weil er uns so harmlos, sympathisch und ungefährlich aussehen ließ:
Die federleichte Komödie wurde von Thea von Harbou geschrieben, der Ehefrau von Fritz Lang, die auch das Drehbuch zu METROPOLIS verfasste:
https://youtu.be/R5c8G_yQr1M
Regisseur Kurt Hoffmann sollte nach dem Krieg einer der erfolgreichsten Filmemacher alter Schule bleiben: ihm verdanken wir auch ICH DENKE OFT AN PIROSCHKA, SCHLOSS GRIPSHOLM, DAS FLIEGENDE KLASSENZIMMER und DAS SPUKSCHLOSS IM SPESSART.
Kurioses Detail: Bei einem US-Release des Films wurde der Ausruf “Jesus, Maria und Joseph!” angeblich rausgeschnitten.
Es ist schon seltsam, dass angesichts der Judenverfolgung, des drohenden Krieges und des täglichen Naziterrors derart charmante Filme gedreht wurden, die so tun, als hätten sie nichts mit der deutschen Wirklichkeit zu tun.
Zu Rühmanns Filmen, die auch noch problemlos im Fernsehen laufen, gehört die Krimikomödie NANU SIE KENNEN KORFF NOCH NICHT? von 1938, die auf dem Film-Kurier noch mit Ausrufezeichen geschrieben wurde:
Ich will die deutsche Filmindustrie mit diesen Beispielen nicht reinwaschen. Die heitere Kinofröhlichkeit war eine Fassade, eine Ablenkung, ein Taschenspielertrick. Der Deutsche sollte nicht sehen, was er problemlos hätte sehen können. Und er sollte eben auch sehen, was die Mächtigen zur Wirklichkeit zwingen wollten:
Es verbietet sich jeder Kommentar außerhalb einer filmhistorischen und politischen Betrachtung. Ebenso natürlich auch hier:
Dem Deutschen Angst zu machen vor dem Juden und dem Judentum generell, das war die Aufgabe dieser Machwerke. Das deutsche Wesen hingegen, das war rein und gut, bedroht nur von Untugend und Gier. Niemand drehte das naiver und gleichzeitig zynischer als Veit Harlan, niemand spielte das besser als seine Frau Kristina Söderbaum:
Die Unschuld, sie durfte in diesen Filmen nicht sein, musste zerbrechen an der hässlichen Gewalt der Welt:
Man beachte vor allem diesen Teil:
Solchen Melodramen verdankte Söderbaum den Spitznamen Reichswasserleiche.
Deutlich politischer wird die Propaganda da schon in DER FUCHS VON GLENARVON von 1940:
Hier wird zugunsten der Iren gegen die Briten geschossen, wie schon die Inhaltsangabe unmissverständlich klar macht:
Da weiß man gleich, woran man ist:
Damit lasse ich es aber auch gut sein. Zuviel Schmier bleibt irgendwann kleben.
Mit dem Ende des Dritten Reichs endet auch die Geschichte des ILLUSTRIERTEN FILM-KURIER. Aber man kann das Medium nicht für die Message verantwortlich machen und die Programmhefte haben ja durchaus ihre Berechtigung, weshalb nach dem Krieg noch sehr lange und sehr erfolgreich die ILLUSTRIERTE FILM-BÜHNE junge und alte Kinofans mit Informationen versorgte. In Vorbereitung zu diesem Artikel erinnerte ich mich daran, dass ich vor ein paar Jahren mal einen nachgedruckten Sammelband mit Genre-Heftchen zu dem Thema gekauft hatte:
Darin findet sich eine sehr eklektische Auswahl aus den Jahren 1945 bis 1968, als die Programmhefte einen leisen Tod starben:
Was sich in dem Band von 1978 auch findet – ein sehr hübsches Vorwort des deutschen Film-Kritikers und Funktionärs Joe Hembus:
Vor allem aber – und darüber möchte ich mich fast ärgern: Der Band enthält die Filmprogrammhefte von gleich drei der Serials, über die ich neulich geschrieben habe! Ich hätte mir einiges an mühsamer Recherche ersparen können, wenn ich zuerst einmal in meinen eigenen Bücherschrank geguckt hätte!
Eine Fußnote gibt einen interessanten Überblick über Angebot, Verfügbarkeit und Kosten der FILM-BÜHNE-Hefte:
Wie gesagt: Ende der 60er war Schluss in der BRD (in der DDR gab es die Heftchen noch zehn Jahre länger). Über Film wurde immer breiter berichtet, bald kam ja auch die CINEMA, und die Jugend hatte augenscheinlich kein großes Interesse an den immer noch recht billig zusammen geschusterten Programmen. Dafür entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte ein reger Sammlermarkt – so kann man heute gerne mal einen höheren vierstelligen Betrag für ein Konvolut hinlegen.
Wer sich speziell für die Bemühungen des real existierenden Sozialismus in Sachen Programmheft interessiert, für den gibt es bei der DEFA-Stiftung einen umfassenden Katalog zum Thema. Danke an Sven Borner für den Tipp.
Es gab immer mal wieder Bemühungen, das Filmprogrammheft neu zu starten – insbesondere, weil der Aufwand extrem überschaubar ist/war. Wenn der Verleiher einen Stapel Pressefotos und eine Mappe mit Informationen rausrückt, hat man alles beisammen, was man braucht. Es ist der CINEMA anzurechnen, dass sie bei ihrem Versuch wenigstens ein paar redaktionelle Begleittexte einbrachte:
Nach 32 Ausgaben wurde das Experiment allerdings beendet.
Ich selber finde das Thema – ähnlich wie die Serials – sehr spannend, weil es um Dinge geht, die Jahrzehnte lang selbstverständlich waren und sich dann irgendwann überholt hatten. Es ärgert mich nur, dass ich in meiner Zeit beim GONG noch in der Präsenz eines gigantischen Archivs an Programmheften war, das dann leichtfertig entsorgt wurde, als man das analoge Bildarchiv auflöste.
Oder doch nicht? Es ist ein wenig verdächtig, dass der von mir gekaufte Packen an Film-Kurier-Heften gelocht war wie einst in den GONG-Archiven, und dann händisch geleimt wurde wie in den GONG-Archiven. Und warum sollte jemand den Packen aus dem schützenden (und werterhaltenden) Hardcover rupfen, wenn es nicht darum ging, eine bestimmte Besitzer-Prägung auf dem Band zu entfernen?!
Nein nein. Das ist sicher nur Einbildung…
P.S.: Ich hab’s nicht geschafft. Es ist ausgeartet.
Ja, wenn man da erst einmal zu blättern anfängt, hört man meist nicht so schnell wieder auf.
Meine eigene Sammlung, die ich eigentlich veräußern will, umfasst über 2500 Stück aus den Reihen Illustrierter Film-Kurier, Illustriertes Film-Programm, Progress Film-Programm, Film für Sie, u.a.
Da schrecke ich wegen der schieren Menge vor einer Digitalisierung per Scan zurück.
Man muss wirklich “committed” sein (in jedem Sinne des Wortes), um sich das anzutun. Genau darum mache ich das auch. Aber hinterher ist man schon massiv stolz. Und diese ganzen Hefterl sollten halt wirklich der Nachwelt erhalten bleiben, wenigstens in digitaler Form. Das ist ja Kino-Kultur. Ich denke, wenn man einmal einen Prozess gefunden hat, mit dem sich die Hefte in Serie scannen lassen, ist das machbar.
Wie ist das in dem Falle eigentlich mit einer Archivierung im Internet Archive? Also gibt es noch entsprechende Rechtsnachfolger, die eventuelle Urheberrechtsansprüche geltend machen können? Den (film-)historisch gesehen ist das ja ein grandioser Fundus den es – so zumindest meine Meinung – der Nachwelt zu erhalten gilt.
Es gibt immer die Möglichkeit, dass Rechteinhaber aus dem Busch kommen und den Finger heben. Im Fall von archive.org muss das Zeug entlistet werden – dann ist es aber schon “in the wild” und man findet es praktisch immer auch an anderen Stellen im Netz, die keinen so hohen Maßstab anlegen. Ein gutes Beispiel ist die spektakuläre Filmbuch-Sammlung von Starbrite, die bei archive gelöscht wurde, aber in grauen Quellen noch vorliegt.
Hubert Marischka ist übrigens der Vater von Franz Marischka, dem wir unter Anderem die „Laß jucken, Kumpel“-Reihe, diverse „Lederhosen“-Filme und „Sunshine Reggae auf Ibiza“… ich sag mal: verdanken.
Jau, ich weiß. Angesichts des Oeuvres kann man durchaus unterstellen, auch der Papa hätte in Softsex gemacht, wenn das damals schon erlaubt gewesen wäre.
Grade die 30er Jahre ist wirklich eine interessante Zeit, als Hollywood noch nicht so absolut dominant war und Deutschland wirklich noch Top Produkte lieferte. Ich komme da eher vom Thema Synchronisation, wo natürlich die von “Schneewittchen und die sieben Zwerge” eine äußerst interessante und bedrückende Geschichte hat.
Jedenfalls bin ich dabei auch über das Disney war ein Antisemit Gerücht gestolpert, das hier wohl seinen Ursprung hatte. Walt Disney war ja bekanntlich damals immer kurz vorm Konkurs und wollte unbedingt sein Meisterwerk verkaufen. Deswegen hatte er dann auch noch nach der Novemberpogrom von 1938 immer noch Leni Riefenstahl umgarnt, die für ihn ein gutes Wort bei Goebbels/UFA einlegen sollte. Zur gleichen Zeit stellten aber eigentlich alle anderen Studios ihre Arbeit mit Deutschland komplett ein, und so entstanden die Gerüchte, dass Disney ein Nazifreund war. Dafür gibt’s aber meines Wissens keinen Beweis.
Ich habe in einer Filmvorlesung gehört, dass es unter den Nazis ungefähr 1000 Produktionen gegeben hat, von denen nur 40-50 zugänglich sind, der Rest sind sogenannte Vorbehaltsfilme. Mich würde das filmhistorisch wirklich interessieren: Was konnten diese Streifen, wie funkionierte die Propaganda? Das gehört endlich aufgearbeitet, die Programmhefte sind dazu ein wichtiges Puzzleteil. Im Giftschrank (wo ist der eigentlich genau, in Wiesbaden?) nützen die Filme nichts. Übrigens wäre die Beschäftigung mit Vorbehaltsfilmen auch deshalb wichtig, weil sie (& der Umgang mit ihnen) direkt damit zu tun haben, dass der Deutsche Film heute so ist wie er ist.
Ansonsten: Wann erhört Grimme endlich unseren Lobesgesang? Schon wieder ein filmhistorischer Hammerpost.
Du wirfst da einiges durcheinander – auch Vorbehaltsfilme können gezeigt werden, aber eben nur unter Auflagen, damit sie historisch einzuordnen sind. Und es sind wahrlich nicht nur 40-50 Filme zugänglich. Die Wikipedia erklärt das ganz gut.
Nicht ich, der Dozent! Aber gebe zu, hätte mein Wissen ruhig auffrischen können. Wie, wo, was zu sehen ist, ist jedenfalls deutlich komplexer, okay. Trotzdem fehlt, und das wünsche ich mir weiterhin, eine breiter angelgte Debatte über die Filme.
Ich empfehle dieses Buch zum Thema.
Der Klappentext klingt interessant, guter Ansatz. Hast du gelesen?
Ja. Etwas trocken, aber sehr kompetent. Siehe auch hier:
https://wortvogel.de/2013/10/book-porn-vom-charme-boeser-buecher/
Du bist viel tiefer im Thema als ich: es gibt diesen Vorwurf der mich nachhaltig fasziniert (Du kennst ihn bestimmt): Überspitzt gesagt: In welcher Zeit ein deutscher Film auch spielt, es ist immer 1933. Sprich, die Angst vor der Manipulation hat uns bis heute so zugesetzt, dass wir lieber kalte Realität verfilmen, von Intellektuellen gepriesen, von keinem geguckt – oder bedeutungslosen Nonsens (Till Schweiger). Dazwischen gibts (fast) nichts.
Interessanter Ansatz. Ich nehme das nur teilweise so wahr. Was wahr ist: Die Darstellung Deutschlands im Dritten Reich ist von unfassbaren Klischees geprägt und spiegelt kaum wider, dass das Land 1933 ein ganz anderes war als 1936 (Olympische Spiele) oder 1939. Ich bin bei den Versuchen, andere Aspekte als Nazis und Judenverfolgung in diesen Jahren zu thematisieren, vor erstaunliche Wände gerannt.
Wie wahr, wie wahr. Dazu passt, dass nicht mal Nazis selbst korrekt dargestellt werden. Mein Geschichtsprof wies mal daraufhin, bei einer Rezension von “Unsere Mütter, unsere Väter”: Im Film sind die Nazis immer die Anderen und fast immer Monster.
Dabei war das Schlimme an den Nazis, dass sie “wir” waren – und in der “Banalität des Bösen” völlig normal. Beamte der Brutalität.
Ganz Genau. Interessant hierzu: Wer waren die Nationalsozialisten?