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Apr 2022

Fantasy Filmfest Nights XL 2022: THE CELLAR

Themen: FF Nights XL 2022, Neues |

Irland 2022. Regie: Brendan Muldowney. Darsteller: Elisha Cuthbert, Eoin Macken, Dylan Fitzmaurice Brady, Abby Fitz

Offizielle Synopsis: Karrierefrau Keira Woods zieht mit ihrem Mann und zwei Kindern in ein ehrwürdiges Gemäuer auf dem Land. Doch Teenagerin Ellie kann dem Kasten mit dem gruseligen Keller nichts abgewinnen und dass die Eltern die Kids jobbedingt gleich am ersten Abend allein lassen, ist die Höhe. Als die Lichter plötzlich ausgehen, ruft Ellie panisch ihre Mutter an. Natürlich ist der Stromkasten ausgerechnet im Keller. Mit Keira in der Leitung steigt das Mädchen, die Stufen voller Angst zählend, die Treppe hinab: 1 – 2 – 3, gleich ist es geschafft! Doch bei 10 ist Ellie spurlos verschwunden.

Kritik: Ich hatte es vorab ja bereits angedeutet: es ist ein Festival der Festival-Traditionen. Und dazu gehören die mit Fördergeldern aufgepäppelten irischen Grusler, die mehr als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen dienen und im Programm als Füller die sehr frühen und sehr späten Slots füllen. Meist erkennt man diese Streifen an den Dutzenden von Fördertöpfen, die im Vorspann genannt werden, an den offensichtlich beschränkten Locations – und an der Präsenz eines amerikanischen “Stars”, der diese Bezeichnung vor ca. 10 Jahren das letzte Mal verdient hat.

Kommen wir also zu THE CELLAR  mit Elisha Cuthbert. Und meine Fresse, es ist schon ein kalter Eimer Wasser für die Hormone, wenn man das Leckerchen aus 24 und THE GIRL NEXT DOOR plötzlich als Mama mittleren Alters und streng hergerichtetem Gesicht sieht. Die war schließlich mal ein echter Pubertätsbeschleuniger:

Aber gut, das ist 18 Jahre her und auch mein Hintern hat gelitten. Emile Hirsch ist mittlerweile ebenfalls ein fetter Sack. Time is not kind.

Cuthbert ist tatsächlich in THE CELLAR nicht nur die weibliche Hauptfigur – sie spielt im wahrsten Sinne des Wortes die Hauptrolle. Ihre Keira ist Dreh- und Angelpunkt des Films, eine erfreulich kopfgesteuerte Karrierefrau, die sich nicht mit vagen Antworten abspeisen lässt und konsequent beginnt, das Verschwinden ihrer Tochter zu recherchieren. Aus offenen Fragen werden Unstimmigkeiten, aus Rätseln werden Geheimnisse, und aus Puzzeln werden Formeln.

Über weite Strecken bleibt der Film damit ziemlich genau in den erwartbaren Grenzen seines Genres des Festival-Förderfilms. Der Großteil spielt in der alten Villa, der Cast ist auf ein halbes Dutzend Darsteller beschränkt (vielleicht auch der Pandemie geschuldet), und pflichtschuldig werden die Tropen des Spukhaus-Gruslers abgehakt – inklusive der fast unausweichlichen Frage “WARUM HAUEN DIE NICHT EINFACH AB?!”.

Das ist solide inszeniert, ebenso solide gespielt, atmet auf Lunge den Geist der Schauerromane der 70er Jahre und einiger früher TV-Filme, und zeigt vor allem Cuthbert als erstaunlich gereifte und disziplinierte Darstellerin, die ihre Figur auch deutlich schwächer und hysterischer hätte anlegen können.

In seiner ganzen Solidität ist THE CELLAR aber auch sehr vorhersehbar, durchschaubar und ohne jegliche Frische. Wir haben das schon so so so oft gesehen. Türen knallen, Bällen hüpfen Treppen runter, das Kind scheint plötzlich in Trance, in der Enzyklopädie wird eine Zeichnung eines alten Dämons entdeckt, etc. pp. Man kennt die Mechanismen, kennt das Personal, kennt die Requisiten.

Ich war schon darauf eingestellt, dem Film maximal fünf, eher vier Punkte zu geben, gerade weil er eierlos nur die Versatzstücke präsentiert – bis er im Finale dann dreht und erfreulich konkret wird, was die Visualisierung des Bösen angeht. Da sind wir auf einmal in Fulci/Coscarelli/Lovecraft-Territorium, was eine erfreuliche Schundroman-Schaueratmosphäre erzeugt. Versteht mich nicht falsch: es ergibt keinen Sinn und erklärt auch nix, aber das offene Ende war zumindest etwas, das ich SO nicht erwartet hatte. Und dafür war ich dann doch dankbar.

Fazit: Ein klassischer Grusler ohne richtige Highlights, aber auch ohne krasse Fehler, der mit einem überdrehten Finale den Zuschauer fast noch mal für sich gewinnt. 6 von 10 Punkten.

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Thies
Thies
2. April, 2022 02:10

Mir stieß nach einer Weile die Diskrepanz zwischen Tonspur und Bebilderung sauer auf. Der Film bemüht sich jedes Geräusch zu einem akustischen Peitschenhieb zu machen und dröhnt im Soundtrack, als sollte das Publikum glauben in “Das Omen” zu sitzen. Und was bietet es an gruseligen Effekten? Flackernde Lichter, Wind der Staub durch den Raum weht, mathematische Gleichungen, Abakus-Steine die sich von alleine bewegen – schweig still mein klopfend Herz. Ich bin auch mit den Hauptfiguren nie richtig warm geworden – meiner Meinung nach hätte eher der weitgehend ausdruckslos agierende kleine Junge verschwinden sollen – weswegen ich irgendwann nur noch geduldig das Ende abwartete. Und das hatte es dann tatsächlich in sich. Eine Vision der Hölle die ich in dieser Deutlichkeit und Qualität nicht mehr erwartet hatte. Es war trotzdem nicht genug um den Film für mich zu retten, aber man sollte auch einem Schnarcher seine Verdienste nicht absprechen.