03
Apr 2022

Fantasy Filmfest Nights XL 2022: SHE WILL

Themen: FF Nights XL 2022, Neues |

UK 2021. Regie: Charlotte Colbert. Darsteller: Alice Krige, Kota Eberhardt, Rupert Everett, Malcolm McDowell, Olwen Fouéré

Offizielle Synopsis: In einer abgeschiedenen Residenz im ländlichen Schottland sucht die ehemalige Schauspiel-Ikone Veronica Erholung nach einer Operation. Begleitet wird sie von der jungen Pflegerin Desi. Während die exzentrische Diva versucht, die Dämonen vergangener Tage zu bändigen, tritt Desi ihr mit liebevoller Bodenständigkeit entgegen. Ob die Gerüchte um einstige Hexenverbrennungen im Ort wirklich wahr sein können? Gleichzeitig erwacht in den dichten Wäldern ringsum eine mysteriöse Macht, die langsam auf Veronica übergeht und ihr erlaubt, in das Hier und Jetzt, aber auch in die Vergangenheit einzugreifen.

Kritik: Der letzte Satz der Inhaltsangabe ist mal wieder an den Haaren herbei fabuliert. Aber Schwamm drüber.

Und jetzt alle: Die Protagonisten kommen zu einem alten Haus. Dort ist nicht alles, wie es scheint. Alte Geheimnisse und Urkräfte brechen sich Bahn.

Ja, es ist SCHON WIEDER so einer. Grob gerechnet besitzt das Subgenre des “limitierter Cast in großem Haus”-Gruslers aktuell tatsächlich die regierungsfähige Mehrheit auf dem Festival. Einerseits versteh’ ich es, andererseits nervt es.

Nun ist SHE WILL (vermutlich nicht als “sie wird”, sondern als “weibliches Wollen” zu verstehen) ein durchaus interessant gefilmter “slow burner”, der seine beiden Protagonistinnen von der Zivilisation abkoppelt, um sie dann in archaische Zeiten zurück zu führen, in denen Frauen noch sehr exklusive Möglichkeiten der Vergeltung zur Verfügung hatten. Die Idee, eine alternde Filmdiva und ihre Pflegerin in den Mittelpunkt zu stellen, stellt auch eine willkommene Abwechslung zur ewigen “Familie mit leichten Eheproblemen” dar.

Leider hadert SHE WILL schon sehr früh mit der internen Logik. So hat Veronica angeblich ein Luxusresort gebucht, aber die zur Verfügung stehende Location sieht eher nach runter gekommener Jagdhütte aus. Alice Krige soll (ihrem wahren Alter gerecht) auf Ende 60 zugehen, spielt Veronica aber wie deutlich über 80, was so gar nicht zu Malcolm McDowell passt, der für sie ja eine Vaterfigur gewesen sein soll. Man hätte vielleicht das Skript noch mal den Realitäten anpassen sollen.

Vor allem aber schadet sich SHE WILL mit genau dem, was er sehr stolz zur Schau trägt, nämlich dem feministischen Blick. Er kann es nicht lassen, jeden Mann als entweder feminin/schwul oder potenziellen Vergewaltiger darzustellen, während die Bande zwischen den Frauen die einzig ehrlichen und fruchtbaren sind. Mehr noch: Die Hexenkraft, die Veronica für sich entdeckt, dient einzig der Rache am Penis – und ist natürlich als “female empowerment” auch absolut gerechtfertigt. Dieses Weltbild durchzieht den Film wie Schimmel und macht auch Stellen ungenießbar, die als durchaus atmosphärisch deutlich besser funktionieren könnten. Veronicas Brustamputation, Desis augenscheinlich lesbisches Interesse an der Verwalterin, Hathbournes Polanski-eske Verführung Minderjähriger – der Film ist angefüllt mit einem Schwarzweiß-Weltbild, dem ich nicht folgen mag.

Versteht mich bitte nicht falsch: Ich habe nichts gegen die Idee eines feministischen Horrorfilms. Es stört mich nur, wenn die Dramaturgie gekapert wird, um sehr offensichtlich mit dem männlichen Geschlecht abzurechnen. Dafür ist ein Horrorfilm die falsche Plattform – ebenso wie für Kapitalismuskritik.

Generell ist SHE WILL weder besonders zügig noch besonders handlungsstark erzählt, aber damit hätte ich leben können. Es ist der Feminismus, der mir die Suppe versalzen hat. Andererseits: müsste ich dann nicht um den stolz präsentierten “male gaze” wegen dem Eröffnungsfilm X auch wieder mindestens einen Punkt abziehen?

Fazit: Ein etwas vager “Hexenkraft gegen toxische Männlichkeit”-Okkultfilm, der für sich genommen ganz gut funktioniert, sich aber immer dann verstolpert, wenn er seine sehr offensichtlichen genderpolitische Tagesordnungspunkte abhakt. 5 von 10 Punkten, wo mit weniger Feminismus auch 7 oder 8 möglich gewesen wären.

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P.S.: Schlimmer als Asia Argento in DARK GLASSES – what the fuck happened to Rupert Everett?



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