Raus die Maus: Meine Immobraut für den Immoscout
Themen: Neues |Die Wortvogel-Veteranen werden sich erinnern: vor ziemlich genau 13 Jahren habe ich eine Zweizimmer-Wohnung, die ich in Düsseldorf 2006 gekauft hatte, mit großem Aufwand – und einigen Problemen – renovieren lassen.
Um es mit den Fanta 4 zu sagen: sie ist weg.
Die 13 Jahre zwischen Sanierung und Verkauf lassen sich extrem fix rekapitulieren: Die erste Mieterin blieb auch die einzige, über zwölf Jahre gab es keine Probleme – außer dem, dass sie zwei Kinder bekam und die Wohnung damit überbeanspruchte, was nach ihrem Auszug auch deutlich sichtbar wurde: der Kernsanierung hätte nun eine gründliche Renovierung folgen müssen.
Damit hatte die Wohnung in 45 Jahren gerade mal zwei Mieterinnen. Gut gelaufen. Irgendwas haben wir offensichtlich auch als Vermieter richtig gemacht.
Aber bleiben wir bei der notwendigen Renovierung. Wer sich etwas auskennt, der weiß: Handwerker sind aktuell praktisch nicht zu kriegen. Sind sie zu kriegen, sind sie nicht zu bezahlen. Sind sie zu bezahlen, taugen sie nix. Es zeigte sich rasch, dass eine schnelle Renovierung aus einer Hand im Jahr 2021/22 illusionär war. Es drohten Monate Mietverlust und ein Einsatz von ungefähr 10.000 Euro obendrauf. Und so brachte meine Frau irgendwann die Frage auf, um die ich mich offensichtlich drücken wollte: “Willst du die Wohnung nicht lieber verkaufen?”
Das Haus gehört seit 1957 der Familie. Damals sah es so aus:
Mein Großvater hat mehr als 30 Jahre damit verbracht, es aus- und umzubauen, um seiner Familie in den verschiedensten Konstellationen ein Heim zu bieten. Ein Zimmer in der Wohnung war der erste Unterschlupf meiner Eltern nach der Hochzeit gewesen, hier war mein Bruder geboren worden. Our house in the middle of our street.
Ein Verkauf würde meine Wohnung aus der Einheit heraus brechen. Es wäre nicht mehr der Familienstammsitz, sondern ein klassisches Mehrfamilienhaus.
Andererseits: Ich war nie ein Freund von Immobilien gewesen, hatte nie aus finanziellem Kalkül gekauft, sondern immer nur aus dem Wunsch, anderen Leuten zu helfen – im Fall dieser Wohnung meiner Mutter, die sich von dem Eigentum überfordert fühlte. Ich werde nicht bestreiten, dass es letztlich ein lohnenswertes Investment war: den fairen Kaufpreis und die Sanierung habe ich über die letzten 15 Jahre fast vollständig wieder reingeholt, die Zahlen sind schwarz.
Mieterwechsel sind allerdings immer der perfekte Moment für grundlegende Entscheidungen – und so traf ich die Entscheidung: die Wohnung wird – vielleicht noch ein wenig aufgehübscht – verkauft. Was weg ist, ist weg.
Es war wieder meine Frau, die mir dringlich riet, einen Makler anzuheuern, um den Verkauf nicht selber zu organisieren. Die Gründe liegen auf der Hand: ich bin organisatorisch miserabel, juristisch unbeleckt, leicht nervös, und 620 Kilometer vom Objekt entfernt stationiert. Man mag von Maklern halten, was man will, aber in diesem Fall war der Berufsstand genau das, was ich brauchte.
Anfang Dezember fuhren wir nach Düsseldorf – Weihnachtstreffen im kleinen (geimpften) Familienkreis und vor Ort-Besichtigung mit zwei Maklern. Sucht die fünf größten und bekanntesten Firmen aus dem Segment, ihr werden die beiden darunter finden. Warum zwei? Weil meine Frau meinte, ich solle mir unbedingt meine Optionen offen halten.
Tatsächlich verliefen die Termine sehr freundlich und erfreulich: die Wohnung war zwar etwas abgewohnt, aber für knapp 50 Quadratmeter hervorragend aufgeteilt und in einem extrem soliden (und zeitig renovierten) Haus gelegen.
Dazu ein trockener Keller, Benutzung des Gartens, angenehm ruhige Gegend – einer der Makler meinte: “Sie brauchen uns theoretisch nicht: setzen Sie die Wohnung bei Immoscout rein, dann werden Sie die auf jeden Fall los. Aber wenn Sie jemanden brauchen, der Ihnen allen Stress abnimmt, bin ich Ihr Mann.”
Und so machten wir das dann auch. Besonders erfreulich fand ich nicht nur den projizierten Preis für die Wohnung, der meine eigenen Erwartungen deutlich übertraf, sondern auch die Aussage, dass eine Renovierung absolut unnötig sei. Wer die Wohnung kauft, wird sie sich eh wieder nach eigenem Geschmack herrichten.
Die Präsentationen der Makler, mit denen sie mich von ihren Qualitäten überzeugen wollten, waren sehr beeindruckend und ich habe sehr viel über Immobilien und den aktuellen Markt gelernt. Z.B., dass letztlich Lage und Größe entscheidend sind, alles andere wirkt sich nur wenig auf den Preis aus. Der Unterschied zwischen Makro- und Mikro-Lage. Und die Haifisch-Atmosphäre in einer Zeit, in der Leute viel Geld in Immobilien anlegen wollen, um auf dem Konto keine Minuszinsen zu zahlen, in der aber auch kaum jemand Immobilien verkaufen will, weil die Wertsteigerung so enorm ist. Ich bekam eine Zahl zu hören, die mich regelrecht schwindelig machte: in ganz Düsseldorf-Eller (was ein ziemlich großer Ort ist) wurden 2020 gerade mal 13 Eigentumswohnungen verkauft. Daraus ist ersichtlich: was auf den Markt kommt, geht auch weg.
Beide Makler gaben ungefähr den gleichen Preis als Ziel aus und ich entschied mich für einen, weil ich es musste – nicht, weil ich den anderen nicht gemocht hätte. Er bekam alle Schlüssel zum Haus zugesandt, um die Besichtigungen arrangieren zu können. Ich teilte außerdem den Cloud-Ordner mit allen gescannten Unterlagen zur Wohnung mit ihm, damit er sich die benötigten Verträge, Pläne und Fotos heraussuchen konnte.
Ein paar Tage später bekam ich ein beeindruckendes 20seitiges Exposé vom Makler – er hatte die Wohnung von einer Profi-Fotografin ablichten lassen, deren Bilder die Räumlichkeiten tatsächlich im bestmöglichen Licht erscheinen ließen:
Das wurde von mir abgesegnet und damit wurde die Wohnung erstmal per Newsletter den Premiumkunden des Maklers vorgestellt. Das hat einen ganz speziellen Hintergrund: gibt es bei den internen Präsentationen extrem hohes Interesse, kann der Preis noch mal nach oben geschraubt werden. Ist das Interesse praktisch nicht vorhanden, korrigiert man nach unten. Aber es schien alles gut austariert zu sein – die Wohnung tauchte ein paar Tage später und damit kurz vor Weihnachten auf den großen Immobilienportalen des Landes auf.
Ich war sehr aufgeregt. Mit so etwas habe ich ja üblicherweise nix zu tun. Meine Frau bereitete mich darauf vor, eventuell 10-15 Prozent Abschlag einzurechnen, die ein Käufer das Objekt runterhandeln könnte. Ich selber hätte vorgeschlagen, sowieso erst Anfang Januar mit den Besichtigungen zu beginnen – wer kauft schon um Weihnachten und Neujahr rum eine Wohnung?
Falsch gedacht. Schon beim ersten Besichtigungstermin waren 20 Interessenten vor Ort. Es gab schnell die ersten Angebote für die von meiner Frau prognostizierten “10 Prozent unter Vollpreis”. Der Makler meinte aber, das werde man aussitzen. Ich lernte auch, dass Interessenten erst dann in die engere Auswahl kommen, wenn sie eine Finanzierungsgarantie ihrer Bank beibringen. Hilft ja nicht, wenn der Käufer beim Notar auf einmal kein Sparschwein dabei hat.
Was mich besonders begeisterte: alles lief praktisch geräuschlos. Ich bekam einmal die Woche ein Update vom Makler, musste noch zwei oder drei Fragen beantworten, dann meldete er Anfang Januar bereits Vollzug: zwei Interessenten mit Finanzierungsgarantie waren bereit, den vollen Preis zu zahlen. Er nannte mir seine Empfehlung von den beiden. Meine Einverständnis vorausgesetzt könne er sofort den Kaufvertrag aufsetzen und einen Notartermin ansetzen lassen.
Das war überraschend. Schnell, effizient und lukrativ. Auch wenn ich Maklergebühren generell für obszön und eine rechtlich geregelte pauschale Entlohnung für angebracht halte, kann ich zumindest nicht bestreiten, dass der Mann seinen Job bestmöglich gemacht hat und ich dem Anteil, den ich an seinem Honorar zahlen muss, nicht nachweinen werde.
So bin ich dann am Sonntag mit dem Zug erster Klasse nach Düsseldorf gefahren und habe gestern beim Notar die neuen Besitzer der Wohnung erstmals getroffen. Ein nettes Paar. Sie haben die Immobilie wohl für die Tochter erworben. Wir haben uns den Vertag vorlesen lassen und ihn dann unterschrieben. Keine Einwände. Ich kam mir sehr erwachsen vor.
Angesichts der guten Erfahrungen ist das auch sicher mein Einstieg in den Ausstieg. Ich habe keine Kinder, ich muss niemandem was vererben. Und ich schlage mich nicht gerne mit Mietern, Eigentümerversammlungen und Nebenkostenabrechnungen rum. Im Idealfall werde ich in den nächsten Jahren meine Besitztümer wieder in Kapital umwandeln und für die zweite Lebenshälfte stapeln. Für einen Geldspeicher reicht’s zwar nicht, aber für die Matratze. Einem Geldkoffer muss ich nicht das Bad sanieren.
Was ich konkret mit dem Geld mache? Hypotheken vorzeitig ablösen, Konten ausgleichen, hohe Kante einrichten. Es wird alles ein wenig einfacher.
Es ist ein Zufall und doch keiner, dass die Fahrt von der Wohnung meiner Eltern zum Hauptbahnhof immer am Haus der Familie in der Richardstraße vorbei führt:
Das Ende einer Ära. Bye bye, Familienstammsitz.
Dieser Beitrag soll übrigens auch ein klein wenig dazu beitragen, den ewigen Klischees von blutsaugenden Maklern und skrupellosen Vermietern etwas entgegen zu setzen. Ich kenne beide Seiten. Und ehrlich? Auf Seiten der Mieter habe ich nicht weniger Arschlöcher kennen gelernt als auf Seiten der Vermieter.
13 Jahre? Ach komm, das ist doch maximal 3 Jahre her…
… holy shit.
Die Dame wohnte mit zwei Kindern auf 50qm? Respekt, Spaß macht das nicht (selbst wenn Sie alleinerziehend ist, mit Mann wirds ja nochmal enger)…
Der Vater der Kinder war auch semi-permanent da. Ich habe ihr mehrfach vorgeschlagen, sich eine größere Wohnung zu suchen. Hat sie dann am Ende ja auch getan. Andererseits: Meine Familie hat in den 60ern da noch unter deutlich schwierigeren Umständen gewohnt.
Sehr freundlich von dir die Wohnung nicht im Bieterverfahren zu veräußern. Bei den besonders beliebten Häusern, als wir auf der Suche waren, wurde desöfteren der Preis nachträglich angehoben. Auch steht oft Bieterverfahren gar nicht dabei und der attraktive preis entpuppt sich nachträglich als Mindestgebot.
“Im Idealfall werde ich in den nächsten Jahren meine Besitztümer wieder in Kapital umwandeln”
Sind damit weitere Immobilien, Mobiliar oder allgemein deine Vielzahl an Medien gemeint?
Immobilien. Medien sind ja schon weitgehend weg und meinen Fernsehsessel brauche ich zum arbeiten.
Ich hab ja während meiner Suche ein paar Erfahrungen mit Maklern gemacht und es waren erfreulicherweise über die Hälfte, die mich selbst auf versteckte Mängel aufmerksam gemacht haben und bei meinem knappen Rahmen von einigen Objekten abrieten