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Nov 2021

Posh living – mit Überraschungen

Themen: Neues |

Wir haben im Sommer – vielleicht als eine Übersprungshandlung auf die Pandemie – einen Haufen Karten gekauft: Comedy, Theater, Konzerte. Auch deshalb waren wir ja nach München zurückgekommen. Unser “social calendar” hat damit Einträge bis Ende 2022. Man wird sehen. ob Corona mitspielt.

Letzte Woche war “Chopin by candlelight” dran, standesgemäß im Hubertussaal des Schloss Nymphenburg. Was soll ich als alter Synthwave-Fan sagen? Die LvA steht halt auf sanfte Klassik.

Nun sollte es kein Problem sein, einen Termin um 18.30 Uhr einzuhalten. Es trug sich aber zu, dass wir in der Woche auch noch den Nebenjob als Katzensitter bei zwei besonders putzigen Fellnasen übernommen hatten. Und wie das so ist: man verspielt und verknuddelt sich. Gegen 18.00 Uhr im Berufsverkehr auf der Prinzregentenstraße wird uns klar: das wird knapp. Sehr knapp.

Zu knapp.

Als wir in stockfinsterer Nacht um 18.37 Uhr am Schoss auflaufen, steht bereits eine junge Dame mit bedauerndem Gesichtsausdruck am Tor: “Es tut mir leid, das Konzert hat bereits begonnen, ich kann Sie nicht reinlassen”. Die LvA hatte mich gewarnt: bei Klassik ist das anders als bei Pop oder Kino.

Nun singe ich ja immer das hohe Lied der Eigenverantwortlichkeit und darum ist unser Problem in diesem Fall genau das: unser Problem. Kein Grund und keine Berechtigung, der Türsteherin ein Fass aufzumachen.

Das sieht allerdings eine aufgebrezelte junge Dame anders, die nun abgehetzt und schnaufend zu uns tritt und die auf die Information, dass kein Einlass mehr sei, mit bösem Fauchen reagierte: “Dann sollten Sie den Saal besser ausschildern. Ich bin hier eine Viertelstunde lang rumgerannt”. Als wäre es das Problem der Veranstalter, dass sie sich nicht schlau gemacht hat, wo veranstaltet wird.

“Jetzt lassen Sie mich halt rein!” spricht’s – und versucht allen Ernstes, sich gewaltsam an der Türsteherin vorbei zu drängeln. Daran scheitert sie allerdings. Ich werfe ein unspezifisches “kein Grund, unhöflich zu werden” in den Raum und wende mich an die Repräsentantin des Veranstalters: “Das ist natürlich super schade. Gibt es denn irgendwas, das Sie für uns tun können? Vielleicht eine Pause, in der wir reinschleichen können?”

Siehe da: “Um 20.30 Uhr gibt es die zweite Vorstellung, da kann ich Ihnen Plätze versprechen.”

Na also. Einfach zwei Stunden später ins Konzert. Kein großes Ding. Auf dem Rückweg zum Wagen bespreche ich mit der LvA, wie wir die Zeit rumbringen. Es reicht eigentlich für ein zügiges, aber nicht hektisches Dinner. Vielleicht zum Metzgerwirt gleich in der Nähe? Gute Idee. Aber wir schaffen nicht mal die 300-400 Meter, denn noch auf dem Schloss-Areal ruft die LvA plötzlich: “Da drüben ist doch auch eine Gastwirtschaft!”

In der Tat: In Gehweite befindet sich die Schwaige, ein legendäres Wirtshaus, das sogar älter ist als das Nymphenburger Schloss selbst. Man hat geöffnet, man lässt uns ein, man prüft neben dem Impfausweis sogar erstmals unseren Perso.

Was soll ich sagen? Es wird ein bezauberndes Abendessen mit der besten LvA der Welt, wir speisen gut und reichhaltig, und als wir die Rechnung bezahlen, bleibt noch eine perfekte halbe Stunde, um in den Hubertusssaal zur zweiten Vorstellung zu spazieren. Ich habe nur die Sorge, dass wir – mangels Platzkarten – sehr weit hinten verklappt werden.

Kein Grund für Pessimismus: Wir bekommen unsere Sitze genau dort, wo wir gebucht haben. Dritte Reihe direkt hinter der Pianistin.

Es wird ein tolles Konzert, auch wenn das mit dem “Candlelight” eher sinnbildlich zu verstehen ist – hier “brennen” nur Elektro-Kerzen. Wäre ja auch unschön, wenn die Besucher an Sauerstoffmangel ersticken oder das ganze Schloss abfackelt.

So wurde aus einem missglückten Einstieg doch noch ein wunderschöner Abend. Und ich fühle mich toll erwachsen, weil ich auch mal Contenance bewahrt habe. Vielleicht lag’s am Sakko, an den guten Schuhen – oder der perfekten Begleitung…



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2 Kommentare
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Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
11. November, 2021 09:22

Bin ja eigentlich auch eher auf der Seite der jungen Dame und hätte es bei wirklich grade geschlossenen Türen noch verstanden. Aber normalerweise weiß man ja, dass die Türen wirklich um Punkt zu gemacht werden. Dann ist das halt wirklich pP. Auch schön, dass ihr Glück mit der zweiten Vorstellung hattet, wäre selbst gar nicht drauf gekommen, sowas zu fragen (über meinen persönlichen Ärger, das verpasst zu haben). Merke ich mir für zukünftige Gelegenheiten.

Marcus
Marcus
11. November, 2021 21:27

Wer weiß, ob man um 18:30 nicht außerdem noch auf dem Platz neben einem Gewinner von einem Bratfettpreisausschreiben gelandet wäre. 😉