First Look: HAWKEYE
Themen: Film, TV & Presse |Das Jahr geht zu Ende, wie es begonnen hat – mit einer neuen Marvel-Serie auf Disney+. Ob man WANDAVISION, FALCON & WINTER SOLDIER, LOKI, WHAT IF? und nun HAWKEYE mag oder nicht – die Leistung, fünf verschiedene und sehr effektlastige Properties mit insgesamt 36 Episoden in nur 12 Monaten in den Markt zu pumpen und dabei eine derartige Qualität zu halten, ist beispiellos. Zumindest im Bereich Fernsehen gilt die paraphrasierte Prämisse aus aus INNER SPACE: “Die Marvel-Maschine – null Defekte.”
Es verwundert daher auch nicht, dass man für HAWKEYE erneut einen frischen Ansatz wählt, der sich von allen bisherigen Serien unterscheidet – und ihn dann perfekt in die Vorweihnachtszeit einpasst. Das hier soll ein Action-Comedy-Abenteuer mit Herz sein, nicht schräg wie LOKI, nicht so pathetisch wie FALCON & SOLDIER, nicht so experimentell wie WANDAVISION – HAWKEYE ist die kleine Geschichte des unauffälligsten Avengers, der nach den großen Schlachten keinen Heimatplaneten hat, zu dem er zurück kehren kann, keine Villa am Meer und kein Labor der Regierung. Aus HAWKEYE ist wieder Clint Barton geworden, der sich schwer tut, in der Post-Thanos-Welt seinen Platz zu finden. Eigentlich möchte er einfach langsam aus dem Rampenlicht rutschen, Zeit mit seiner Familie verbringen und das Trauma seiner RONIN-Identität vergessen. Aber das Auftauchen eines neuen perfekten Bogenschützen zwingt ihn, sich noch einmal mit alten und neuen Gegnern auseinander zu setzen – und der Tatsache, dass man nicht zum Helden geboren sein muss, um doch irgendwie immer einer zu bleiben.
“Can I speak to your manager? This is like talking to furniture.”
Das ist in groben Zügen die Geschichte, wie sie sich nach den ersten beiden Episoden umreißen lässt. Und doch ist das… falsch. Weil HAWKEYE nicht primär aus der Sicht von Clint Barton erzählt wird, sondern von Kate Bishop handelt, die sich seit der New Yorker Schlacht in AVENGERS ASSEMBLE darauf vorbereitet hat, selber eine Helden zu werden. Sie ist das Zentrum der Miniserie, sie reißt die alten Wunden auf und Clint Barton aus seiner Lethargie.
Das ist sehr amüsant, sehr elegant inszeniert, mit einer herzigen Form von Humor, der seine Hauptfiguren offensichtlich ins Herz geschlossen hat.
“Jesus – a twenty-two year-old vigilante.”
Zumindest für die ersten zwei Stunden muss man sich allerdings auf einen gänzlich anderen Rhythmus als bei den bisherigen Marvel-Serien einstellen. HAWKEYE ist eine sehr klassisch erzählte Geschichte, die sich Zeit nimmt, ihre Figuren und ihr Umfeld einzuführen. Wir bekommen Einblicke in das New York der Post-AVENGERS und Post-Thanos-Ära, lernen Kate und ihre Familie kennen, erleben eine Reihe von “side quests”, die erst langsam zu einem größeren Bild verschmelzen. Humor, aber keine Brüller. Action, aber kein Spektakel. Spannung, aber kein Thriller. Es ist fast anrührend und dem Advent wie der Figur Hawkeye angemessen, dass nicht gewaltsam das große Rad gedreht wird, sondern der Einsatz zum Helden passt. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass auch BLACK WIDOW eine reduzierte Miniserie besser zu Gesicht gestanden hätte als das etwas überblasene Spektakel, mit dem sie im Sommer reüssiert hat.
“Oh wow, I didn’t realize we were supposed to bring guns.”
Wenn die HAWKEYE-Miniserie Ton, Geschwindigkeit und Humor halten kann, wird sie vermutlich die softeste Story im Reigen der Marvel-TV-Produktionen sein. Aber das ist auch gut und richtig so. Clint verdient sein Solo-Abenteuer – und Hailee Steinfeld als Kate Bishop ist die perfekte Partnerin dafür.
Stimme zu. Ja, andere Serien waren mutiger und origineller, aber in punkto Unterhaltungswert sticht die Serie – nicht zuletzt dank des coolen, spielfreudigen und perfekt miteinander harmonierendes Gespanns Steinfeld/Renner – die früheren Serien (bislang) aus.
Ich wäre dankbar, wenn man diese Chance nutzen würde, das Ronin-Intermezzo aus ENDGAME genauer zu erklären, da viele Zuschauer (wie ich) den Graphic-Novel-Hintergrund nicht kennen werden. Es sieht ja eigentlich recht gut dafür aus, aber es gibt leider nur noch 4 weitere Episoden.
Also das ist jetzt die erste Serie aus dem Marvel-Universum, die mich nach dieser Rezension interessiert.
Ich habe “Loki” versucht und fand das ent-setz-lich!
Also wem die Serie gefällt der sollte unbedingt den Hawkeye Run von Matt Fraction lesen. Tonal ist der auf jeden Fall ein sehr großes Vorbild und auch der Hund hat da sein Debut.
https://www.marvel.com/comics/collection/51940/hawkeye_by_matt_fraction_david_aja_hardcover. Und wie man dort am Cover sieht ist auch der Vorspann mehr oder weniger direkt von dieser Ästhetik übernommen worden.
Heute gebingewatched, ist bei bisher zwei Episoden ja auch nicht schwer: Sehr unterhaltsam! Die Nachwuchs-Hawkeye finde ich wahnsinnig sympathisch, sehr glaubhaft und auch lustig. Der Einstieg war toll. Das Chaos im Kampf um New York aus der Sicht von Normalbürgern, das Entsetzen und die Hilflosigkeit des Mädchens, das alles ist beeindruckend. Gut finde ich auch, dass die Action Menschen mit Normalkräften zeigt. Wenn sie Mauern erklimmt, ist das eindrucksvoll, eben weil sie da nicht leichtfüßig wie ein CGI-Elf hoch fliegt, sondern eher parcourmäßig hochkommt.
Bei “Loki” dachte ich noch, ja, warte mal paar Folgen ab, gib dem ‘ne Chance. Tat ich, ist nichts für mich. Hier überzeugt es von Anfang an.
Schön, denn “Better Call Saul” ist gerade im Staffel-Ende. Da füllt dies hier gut aus.
Empfand die ersten zwei Folgen erfrischend anders als der Rest der Serien. Falcon war für mich fast ein Totalausfall, vermutlich größtenteils wegen des miesen Rewrites dank Corona. Wandavision war faszinierend anders, aber das Ende war dann doch wieder nur ein 08/15 Marvelende. Und Loki hatte auch seine Hochs und Tiefs, mochte aber den eingeschlagenen Weg nicht so sehr.