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Okt 2021

Fantasy Filmfest 2021 Tag 3, Film 1: THE SPINE OF NIGHT

Themen: Fantasy Filmf. 21, Film, TV & Presse, Neues |

USA 2021. Regie: Philip Gelatt, Morgan Galen King. Sprecher: Richard E. Grant, Lucy Lawless, Patton Oswalt, Betty Gabriel

Offizielle Synopsis: Eine letzte Zauberblüte ist Sumpfhexe Tzod noch geblieben. Sie kämpft sich in eine totenkopfförmige Höhle auf einen schneeumtosten Berg, um gemeinsam mit einem unsterblichen Wächter zu rekapitulieren, welches (Un-)Heil das Blattwerk über die Jahrhunderte hinweg über die Welt gebracht hat. Eine Welt voller Korruption, Machtgier, Verrat, Wahnsinn, Rebellion, aufopferungsvollen Held*innen, blutigen Schlachten, grauenvollen Massakern und unbeherrschbarer Magie.

Kritik: Ja, ist denn schon 1977? Ich habe selten einen Film gesehen, der so sehr aus der Zeit gefallen und einer längst vergangenen Ära verhaftet ist wie SPINE OF THE NIGHT (vermutlicher Arbeitstitel NIGHT OF THE THOUSAND SUNS). Reist zurück in die 70er, als Plattencover phantastische Fantasy-Welten versprachen, SCHWERMETALL-Magazine die heimliche Wichsvorlage von Mathematik-Studenten waren und grunzende Barbaren die Schwerter auf kargen Planeten kreuzten. Eine Zeit vor Kinderkram wie HE-MAN. Eine Zeit, in der es eher die Regel als die Ausnahme war, dass die Heldinnen trotz eisiger Temperaturen obenrum nackig waren und die meisten erfolgreichen Zeichner sich ihre Models in Bodybuilding-Studios mieteten.

So was halt:

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Und so was:

Wer sich an diese Zeit erinnert, wer sie schätzt oder wenigstens ironisch nostalgisch sehen kann, der wird an SPINE OF THE NIGHT seinen Spaß haben, denn hier wird wirklich nichts ausgelassen: Tzod (passenderweise von “Xena” Lucy Lawlass gesprochen) ist nicht nur obenrum, sondern auch untemrum nackig, es gibt viele Richard Corben-Gedenkdödel, größere Menschengruppen werden in sorgsam getakteten Abständen abgeschlachtet und die Menschheit ist in leicht unterscheidbare Fraktionen aufgeteilt (Krieger, Hexen, Gelehrte) wie bei einem Dungeons & Dragons-Spiel, bei dem man verdammt noch mal die Karten noch selber auf Millimeterpapier gekritzelt hat. Mit zunehmender Laufzeit wird es immer trippiger und es gibt durchaus Andeutungen, dass wir uns gar nicht auf einem fremden Planeten oder in der Vorzeit befinden, sondern auf der Erde nach einem nuklearen Holocaust – eine Idee, die ungefähr jede zweite Fantasy-Story damals für einen mächtig innovativen Twist hielt.

Das bedeutet natürlich auch, dass Kinofans unter 40 oder mit wenig Verständnis für die “fighting fantasy” mit SPINE OF THE NIGHT (gemeint ist die Milchstraße) vermutlich wenig anfangen können, zumal der Film auch die Schwächen seiner Inspiration mitbringt. Die eher grob rotoskopierten Figuren wirken wie auf die prächtigen Hintergründe aufgeklebt, die Dialoge sind in ihrem bemühten Pathos gerne mal etwas albern und generell wurde hier halt nicht mit dem ganz großen Budget gearbeitet.

Ich? Ich verstehe nicht, warum jemand so etwas im Jahr 2021 produziert – find’s aber gut. Retro-Fantasy for the win! Mit allen Ecken und Kanten.

Fazit: Ein anachronistischer Rückfall in die pubertären Gewaltphantasien der 70er-Fantasy mit all den dazugehörigen Schwächen und Albernheiten. Muss man nicht mögen, ist aber ziemlich gut für genau das, was es sein will. 7 von 10 Punkten.

Der Trailer sollte euch von jedem Zweifel befreien, ob ihr das sehen wollt:

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2 Kommentare
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S-Man
S-Man
20. Oktober, 2021 21:47

Die Backgrounds! Ich erwarte einen dicken Artwork Bildband in Überübergröße!

Matts
Matts
27. Oktober, 2021 13:31

Ich muss gestehen: Obwohl ich großer Fan von Animationsfilmen im Allgemeinen bin, werde ich einfach mit diesem Rotoskop-Stil nicht warm. Aber für Fantasy-Geschichten kann ich mich fast immer irgendwie begeistern, und darum hat mir auch THE SPINE OF NIGHT insgesamt gut gefallen.