16
Jul 2021

Pronto-Print-Porto: Eine Geschäftsidee

Themen: Neues |

Ich gestehe, dass ich ein Fan vom Handy-Porto bin, bei dem man über die App der Post eine Frankierung (keine Briefmarke!) in Form eines Codes kauft, den man auf den Umschlag schreibt. Nicht mehr in die Filiale latschen, keine Wertzeichen ausdrucken und aufkleben, kein Ärger mit Marken von vor der letzten Preiserhöhung, Man möchte fast ausrufen “vorbildlich!”.

Natürlich ginge es noch besser. Schließlich muss man zusätzlich zum Porto immer noch Adresse und Absender auf die Umschläge schreiben oder ausdrucken und dann aufkleben. Das nervt. Und die einzelnen Codes in der App kaufen ist eigentlich auch nicht wirklich komfortabel.

Als ich neulich so darüber nachdachte, kreuzten sich mehrere meiner Synapsen und formten eine Geschäftsidee, mit der man reich werden könnte. Vielleicht. Nicht ich. Ich bin viel zu wurstig und alt, um ein Startup zu gründen.

Die Idee basiert auf einem neuen Produkt, das Amazon im letzten Jahr angetestet und angesichts der positiven Reaktion tatsächlich ins Programm aufgenommen hat – ein winziger Drucker nur für Postit-Notizen:

Für sich genommen ist das eine depperte Idee – fast 110 Euro für ein derartiges “single use”-Gerät? Ich glaube, es hackt. Auch ökologisch nicht vertretbar.

Aber da hat man in meinen Augen nur auf das falsche Geschäftsmodell geschielt. Der Label-Drucker (von denen es ja genug gibt) ist letztlich nicht das Produkt – es ist der Service dahinter. Genau da versteckt sich das bessere Geschäftsmodell.

Kurz gesagt: Amazon sollte einen von der Post subventionierten Minidrucker herausbringen, der gerade mal 30 Euro kostet (oder 40 oder 20) und nur eine Sorte Etiketten druckt: Versandetiketten. Standardformat 10 mal 7 Zentimeter, also halbe Postkarte. Auf dem Etikett: Absender, Adresse und Portozeichen. Für Postkarten, Briefe, Päckchen und Pakete. Für alles.

Dafür muss man das Rad nicht neu erfinden – die in viele DHL-Packstationen integrierten Drucker spucken sowas ja heute schon aus:

Ein einziger Aufkleber, direkt aus der App zu drucken, für die Sortiermaschinen der Post problemlos elektronisch ablesbar. Diese Label sind obendrein mit einem Tracking-Code ausgestattet, wie ihn die Post sowieso gerade testet – damit wäre auch jeder Brief und jedes Päckchen künftig problemlos verfolgbar.

Tatsächlich gibt es so etwas für UPS und FedEx schon:

Aber das ist nur ein “single purpose”-Drucker. Um so ein Produkt muss man eine eigene Biosphäre bauen, von der Amazon, die Post und andere beteiligte Unternehmen profitieren, während der Kunde vom Komfort gelockt wird: So könnte man in digitale Rechnungen einen Button für Retouren einbauen, der auf Klick das Etikett für die Rücksendung ausspuckt. Firmen könnten kostenlose, aber an ihre Adressen gebundene Frankierungen für Infoschreiben anbieten.

Wem das zu vage klingt: Meine private Krankenversicherung hätte die Möglichkeit, auf ihrer Webseite einen Button anzubieten, mit dem ich Absender, Adresse und Porto auf einem Label ausdrucke, um dann Arztbelege einzuschicken.

Im Idealfall sollte das Gerät natürlich über WLAN angesprochen werden, um unabhängig vom Arbeitsplatz unauffällig im Regal stehen zu können. Die LvA und ich sind das perfekte Szenario dafür – aktuell muss ich ins Büro der Gattin, wenn ich Label für Pakete drucke, die ich dann noch ausschneiden (Papiermüll!) und aufkleben muss. Hier käme der Portodrucker auf das Schränkchen neben der Eingangstür.

Über eine eigene App könnte man nicht nur selber Label erstellen – meistens muss man das gar nicht. Bekommt man nicht “von extern” die notwendigen Daten, kann man per drag & drop aus den eigenen Datenbanken Etiketten zusammen klicken, kombinieren und speichern. Das Porto wird vom PayPal-Konto abgezogen. Und im “History”-Reiter kann man alles abrufen, was man in diesem Jahr an Etiketten gedruckt und versandt hat, ideal für die Buchhaltung und die Steuer. Es wird sogar rechtssicher abgespeichert, wenn eine Sendung ihren Zielort erreicht hat.

Alles, was fehlt, ist der Standard, ist das vereinheitlichte Porto-System.

Es wäre eine win-win-win-Situation:  dem Kunde bleiben Schreiberei, Tipperei, Druckerei, Kleberei und Sammelei erspart. Amazon & Partner würden tonnenweise Hardware verkaufen und Retouren vereinfachen. Die Post könnte immer mehr auf sichere maschinelle Sortierungen zurück greifen. Etikettierung und Porto wären so, wie sie sein sollten – komplett digitalisiert. Der Drucker übernimmt nur noch den Schritt in die physische Welt, den Print.

Das Homeoffice wird zur besseren Postfiliale. Ich würde so ein Gerät – die komfortable Biosphäre vorausgesetzt – sofort kaufen. Und ihr?

P.S.: Proteste von Briefmarkensammlern zwecklos. Ihr seid raus.



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PabloD
PabloD
16. Juli, 2021 09:22

Also ich bin noch nicht so wohlstandspervertiert, als das ich die Beschriftung eines Briefes ernsthaft als lästiges Problem ansehe.
Damit bin ich wohl auch raus.

Und erspare der Welt darüberhinaus noch mehr Plastik- und Elektroschrott.

Selle
Selle
16. Juli, 2021 10:27

Ich glaube, wer technikaffin genug für so einen Würfel ist, adressiert keine Briefe mehr. Ich war auch völlig begeistert vom Handyporto und habe es seitdem zwei Mal genutzt, einfach weil es keine Briefe gibt. Bei meiner Krankenversicherung kann ich z.B. Rechnungen per App einreichen (und bevor es die gab schon per Mail), PDFs lassen sich mit Handys so schnell und gut erzeugen und sind so universell akzeptiert (selbst bei denen, die das nicht explizit sagen) dass Briefe einfach absolute Exoten sind. Und das Paket muss ich ohnehin irgendwo abgeben, und egal ob Bote, Packbox oder Schalter, die drucken da das Label für mich gegen Vorlage des QR-Codes. Das wäre also wenn dann was für den (klein-)gewerblichen Bereich.

Lothar
Lothar
16. Juli, 2021 10:34

Einen eigenen Drucker dafür anschaffen (am besten noch pro Logistiker einen eigenen), braucht es wirklich nicht. Jeder hat schon einen Drucker im Haus und das dort ausdrucken, passend ausschneiden und aufkleben, ist kein Aufwand.

Papiermüll ist dafür kein Argument. Da muss schon viel Papier ins Recycling, dass es ökologisch einen vergleichbaren Impact hat, wie die Produktion eines kompletten Druckers.

Lothar
Lothar
16. Juli, 2021 15:45
Reply to  Torsten Dewi

Wenn das Volumen für sowas hoch genug ist, nehme man für den Drucker passende Etikettenbögen und drucke auf diese. So habe ich das jedenfalls früher gemacht, als ich noch Vereinspost adressieren durfte. Für deine Porto+Adresse-Idee braucht es halt in der Abmessung größere; meine Lösung an sich, ohne Bedarf für einen komplett neuen Drucker (der letztlich auch nur Etiketten bedruckt), bleibt aber valide.

jimmy1138
jimmy1138
16. Juli, 2021 14:21

Da hätte ich eine andere Idee: ein Gerät, das QR Codes stempeln kann. D.h. man übermittelt (entweder per Bluetooth oder USB) einen QR Code und er stellt dann (so ähnlich wie bei der kryptonischen Technologie in Man of Steel) ein Stempelmuster ein, das man dann auf den Brief draufstempeln kann.
Und wie kann’s nicht anders sein: Da hatte schon jemand vorher die Idee https://ifworlddesignguide.com/entry/192018-at-any-time-printing

Lothar
Lothar
16. Juli, 2021 15:48
Reply to  jimmy1138

Die Adresse muss menschenlesbar auf dem Umschlag vorhanden sein, damit er zugestellt werden kann. Von daher könnte so ein QR-Code nur eine zusätzliche Lösung sein, damit’s im Verteilzentrum vielleicht eine Millisekunde schneller geht.

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
24. Juli, 2021 06:04

Wieso reicht sowas nicht aus?
https://www.avery-zweckform.com/blanko-etiketten/rechteckig-94×140-mm

Bevor ich mir einen extra Drucker anschaffe für sowas, müsste ich schon sehr viel versenden. Ansonsten sind doch solche Etiketten viel praktischer.
Aber ja, eine ordentliche Software für solches Etikettendrucken dürfte die Post gerne anbieten.

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
29. Juli, 2021 05:04
Reply to  Torsten Dewi

Wenn ich nur einmal im Jahr koche, reicht der riesige Topf voll aus!
Da kauft man dann vielleicht 10 Bögen im Fachhandel für 5-10€ und ist dann eben abgedeckt für die nächsten 1-2 Jahre. Wenn man das bequem mit der Software im Drucker auswählen kann, ist das für Otto Normal definitiv die günstigere und einfachere Lösung.

Das Problem ist halt, dass es dafür – meines Wissens nach – keine einfache Lösung gibt, sondern nur mit Sonderwissen schaffbar ist. Aber erst wenn ich diesen speziellen Drucker mehr als zweimal im Monat nutzen würde, würde ich bei ner preisgünstigen Alternative nachdenken. Bezweifle aber, dass das die Post überzeugen würde. Die arbeiten ja jetzt schon am Limit (mit all den negativen Konsequenzen für die Dienstleister) und so etwas würde ja noch mehr die Situation fördern.