Streaming-Kritik: JUSTICE SOCIETY – WORLD WAR II
Themen: Film, TV & Presse |USA 2021. Regie: Jeff Wamester. Sprecher (Original): Stana Katic, Matt Bomer, Elysia Rotaru, Chris Diamantopoulos, Omid Abtahi, Matthew Mercer, Armen Taylor, Liam McIntyre
Story: Als er Superman bei einem Kampf gegen Brainiac beisteht, wird Flash von einer geheimnisvollen Kraft in der Zeit zurück geschleudert und landet mitten im Versuch der gerade erst gegründeten Justice Society, den Zweiten Weltkrieg zu beenden. Eine Schlüsselrolle fällt dabei dem seltsam unberechenbaren Aquaman zu – und einem Kriegsreporter mit dem Spitznamen "Shakespeare"…
Kritik: Der FLASHPOINT-Arc ist ja spektakulär abgeschlossen worden, nun kann sich das DC Animated Universe wieder auf freistehende (und oftmals auf erfolgreichen Graphic Novels basierende) Scheiben/Streaming-Releases konzentrieren. Über den Inhalt hinaus bedeutet es auch, dass man bei der Gestaltung wieder freier agieren kann, denn es muss kein etablierter Look der Figuren und der Animation beibehalten werden. JS:WWII ist ein gutes Beispiel dafür, warum das Segen und Fluch zugleich ist.
Fangen wir erstmal damit an, dass der 90minüter relativ gut aussieht, seine Helden mit klaren Strichen im Stil von ARCHER zeichnet und durch Computerhilfe eine erstaunliche Dynamik in den Actionszenen erreicht – man geht in die Tiefe, inszeniert räumlich und stellt Figuren nicht bloß wie auf einer Theaterbühne hin:
Das reduzierte, aber auch sehr schlanke und elegante Charakter-Design gibt den Helden einen attraktiven Silver Age-Look, den ich mir z.B. für Superman öfter wünschen würde:
Und so war ich guter Hoffnung, dass JS:WWII ein brauchbarer "one-shot" aus der Elseworld-Ecke sein würde, in der große Geschichten außerhalb des Kanon erzählt werden.
Leider nein. JS:WWII ist trotz fast pausenloser Action einer der langweiligsten DCAU-Releases der letzten Jahre. Hier wird so viel falsch gemacht, dass man durchaus die Frage stellen kann, ob DC es nach mehr als 40 animierten Filmen in den letzten Jahren nicht deutlich besser wissen müsste.
Das fängt schon beim Voice Casting an: Stana Katic war in SUPERMAN: UNBOUND eine ziemlich gute Lois Lane und Matt Bomer war im selben Film ein guter Superman. Hier sprechen sie verwirrenderweise Wonder Woman und Flash. Katic gibt ihrer Amazone obendrein einen seltsam affektierten Gal Gadot-Akzent, als müsse sie sich nicht der Figur, sondern der gerade aktuellen Darstellerin anpassen. Und natürlich klingen die Nazis mal wieder allesamt so:
Seufz…
Wo wir gerade bei Wonder Woman sind – es ist sehr offensichtlich, dass die Macher sich bemühen, die Amazone als stark und unabhängig darzustellen. Das geht leider völlig daneben, weil ihr emotionaler Bogen eben doch der ist, dass sie am Ende Steve Trevor heiraten will. Das Lasso, das sie an der Hüfte trägt, kommt KEIN EINZIGES MAL zum Einsatz. Und die Animation gönnt der Heldin dann auch wieder mal ein paar Frames, die man den männlichen Protagonisten nicht zumuten würde:
Vor allem aber: JS:WWII hat keine nachvollziehbare Story. Warum Flash aus unserer Gegenwart in den Zweiten Weltkrieg der Parallel-Erde gezogen wird, bleibt ebenso vage wie der Konflikt, den es zu lösen gilt. Der Kampf gegen Hitler und die Wehrmacht? Nach den ersten Szenen schon vergessen. Der Konflikt mit Aquaman? Läuft letztlich auf ein paar Kaiju-Fights in einer gesichtslosen Hafenstadt hinaus. Der finstere Bösewicht hinter Aquaman? Undefiniert. Der Verweis auf okkulte Artefakte in Hitlers Besitz? Wird nicht mehr aufgegriffen.
Wo wir nicht verstehen, was der Einsatz ist, da können wir auch keine Emotion investieren, wenn Versionen von Helden, die wir bis dato gar nicht kannten, ins Gras beißen:
Und so wird am Ende auf weniger etwas erreicht als abgehakt – Aquaman befreit sich aus der mentalen Kontrolle der Figur, deren Namen ich mir nicht mal merken konnte, und Flash kehrt mit Hilfe von ein wenig Technobabble zum Thema Speedforce in seine Zeit und seine Welt zurück. Dort macht er Iris einen Heiratsantrag, weil das bei aller vorgeheuchelten Diversität halt doch die Aufgabe des Mannes ist und die Größe des Rings zählt.
Es ist mir lange nicht mehr passiert, dass ich solche Mühe hatte, mich auf einen Film zu konzentrieren und nicht ständig meine Emails abzufragen.
Fazit: Ein konfuser und an keiner Stelle packender Film über die Helden einer DC-Parallelwelt, die uns nicht schert. Schade um den Animationsstil, den ich gerne in einer besseren Produktion wiedersehen würde.
Mal eine Frage, da ich in Sachen Superhelden nicht so trittfest bin: Der Flash links auf dem Cover (der mit dem tellerförmigen Helm als Kopfbedeckung) ist der Flash aus einer DC-Parallelwelt? Der ist mir auch schon in YouTube-Schnipseln aus der Flash-Serie untergekommen, konnte den aber nie zuordnen.
Das ist der erste Flash des DC-Universums gewesen. Ähnlich wie Green Lantern hat man für das Silver Age ja diverse Figuren neu erfunden, inkl. Kostüm und Backstory.
Ah, danke für die Aufklärung. Ich wusste nicht, dass die Figur in den 40ern noch anders aussah. Dachte, der hätte schon immer Maske getragen.
Die alte Variante orientierte sich natürlich vom Look her an Hermes. Und die erste Green Lantern hatte keine Schwäche bei der Farbe Gelb, sondern beim Baustoff Holz (!).
War mir ebenfalls nicht bekannt. Aber gut zu wissen, momentan muss ich mich nämlich mehr mit der Materie beschäftigen, also mir lieb ist. Habe vor ein paar Wochen ganz unbedarft den 6-jährigen Sohn einer Freundin gefragt, ob er denn wisse, was das für Figuren auf seinem Pulli sind (es waren Batman, Superman, Wonder Woman, Flash und Green Lantern als Lego-Figuren). Als er verneinte, gab ich ihm eine laienhafte Einführung in die Welt der Superhelden. Da ihn das zu faszinieren schien, zeigte ich ihm noch ein paar YouTube-Clips von diversen Marvel- und DC-Filmen. Da war’s dann gänzlich um ihn geschehen. Flash hat’s ihm besonders angetan. Laut seiner Mutter bewegt er sich im Haus aktuell nur noch rennend fort, während er flash-artige "Swush"-Geräusche von sich gibt. Diese kindliche Begeisterung hat mich jetzt direkt selbst ein wenig angesteckt.
Zeig ihm mal die hier.
Ach wie cool, danke! Mir war nur der LEGO Batman Movie ein Begriff. Von den LEGO DC Super Heroes wusste ich nichts. Das wird ein Spaß. 🙂
In der Tat trotz famoser Optik eine recht enttäuschende Angelegenheit.
Drei (spoilerfreie) Ergänzungen:
Der Film vergisst, neben all deinen Punkten, auch eine Erklärung dafür zu liefern, was Doctor Fate eigentlich hier soll bzw warum er das macht, was er macht.
Der komplette letzte Akt mit dem Kampf gegen die Atlanter ist ja eigentlich nur ein schlechter begründeter Neuaufguss des DCAU-Films THRONE OF ATLANTIS.
Der Typ, der Aquaman manipuliert? Das ist Psycho-Pirate. Aber das hast du nicht vergessen; sie haben das gar nicht gesagt. Ich weiß das auch nur, weil Wikipedia das so verlinkt. Dass sein Shtick traditionell nicht ganz so funktioniert wie hier gezeigt und er auch die Medusa-Maske, die ihm erst seine Fähigkeiten verleiht, nicht hat, kommt noch in top.