29
Apr 2021

Streaming Kritik: MORTAL KOMBAT (2021)

Themen: Film, TV & Presse |

USA 2021. Regie: Simon McQuoid. Besetzung: Lewis Tan, Jessica McNamee, Josh Lawson, Tadanobu Asano, Mehcad Brooks, Ludi Lin, Chin Han, Joe Taslim u.a.

Story: Cole Young ist ein Ultimate Fighter, dem irgendwann der Spirit abhanden gekommen ist. Den wird er aber brauchen, als Donnergott Raiden ihn aufsucht und ihm mitteilt, dass er als Nachfahre von Hanzo Hasashi auserkoren ist, mit einigen anderen Kämpfern für die Erde gegen die Krieger von Outworld anzutreten. Leider sind weder Sonja Blade noch Kano noch Jax ausreichend vorbereitet, und unter der Anleitung der erfahrenen Kung Lao und Liu Kang beginnt erst einmal das Training für den Mortal Kombat. Doch Schurke Shang Tsung hat kein Interesse, sich auf den Sieg bei einem fairen Turnier zu verlassen…

Kritik: MORTAL KOMBAT ist eine Franchise, die mir fast schon leid tut. Als Prügelspiel-Reihe legendär, wenn auch mit einer Reihe Gurken gesegnet – als Kino-Property “of diminishing returns”, wie man so sagt. Ich kann mich gut erinnern, was für ein Rocker der erste Film war. Dumm wie Stulle, aber geil wie Gummibärchen. Ein Prügel-Comic, das trotz aller Defizite knallbunt das einlöste, was die Spielautomaten uns jahrelang versprochen hatten – MORTAL KOMBAT!!! Und dazu immer und immer wieder dieser Hammer-Titeltrack:

https://www.youtube.com/watch?v=ZOytoGkzLps

Lacht nicht – wir hatten nix anderes!

Über den katastrophalen zweiten Film kann man nur den Mantel des peinlich berührten Schweigens decken, ebenso wie über die TV-Serie, bei der ich 1999 die Dreharbeiten besuchen durfte – FINISH HIM:

Es gab dann immer mal wieder Versuche, auch mit Hilfe von Web-Serien, der Franchise neue Lebenskraft einzuflößen:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Aber letztlich hat MORTAL KOMBAT niemals die multimediale Größe erreicht, die man dem Kult zugetraut hatte – ein Schicksal, dass er mit sehr vielen Videospiel-Properties teilt (Streetfighter 2, Max Payne, Doom, etc.).

Nun hat sich Horror-Megaproduzent James Wan (SAW, CONJURING, THE NUN) erbarmt und einen neuen, echten Kinofilm gestemmt, der allerdings wegen Corona auf den meisten Märkten wieder direkt in die Streams geht.

MORTAL KOMBAT can’t catch a break, it seems.

Beim Budget ist man angesichts der Erfahrungen der letzten MK-Produktionen vorsichtig geblieben: 40-50 Millionen Dollar werden kolportiert, das ist bestenfalls ausreichend für einen derart effektlastigen, von komplexen Kampfchoreographien lebenden Film.

Fangen wir – wie so oft – mit der Haben-Seite des Films an. Er sieht gut aus, die CGI ist weitgehend (auch angesichts des Budgets) gut gelungen, die Kostüme sind sehr schick, die Kampfchoreographie ist ordentlich. Also alles das, was man für einen guten Trailer braucht, wie ihr auch am Ende dieses Beitrag sehen könnt.

Damit kommen wir aber schon zur Soll-Seite von MORTAL KOMBAT, also den Defiziten. War der erste MK-Film schlau genug, nach kurzen Einführungen der Figuren sehr schnell in die Fights zu gehen und dann durchweg das Tempo hoch zu halten, versucht MK 2021 leider, seine Figuren ordentlich einzuführen, ihnen Background und Motivation zu geben, damit sie uns scheren. Allen Ernstes: die Autoren glauben, dass MORTAL KOMBAT eine richtige Geschichte erzählen sollte, einen plausiblen Rahmen braucht. Die nehmen diesen Prügelautomaten, dessen größter Reiz in den ultrabrutalen Fights lag, tatsächlich ernst. Das hat niemand gewollt, niemand gebraucht, und das regt auch mehr zum Schmunzeln als zum Mitfiebern an.

Dafür, dass man mehr Augenmerk auf die Story legt, ist selbige erschreckend unausgegoren: wir verstehen nie wirklich, was das Turnier soll, was die Regeln sind, und um welche Prophezeiungen es da bitteschön geht. Genau genommen kommt es ja gar nicht zum Mortal Kombat, weil sich alle Beteiligten schon vorher bei Kämpfen im Rahmen ihrer Intrigenspiele aufreiben. Das hat so gar keinen Flow, läuft auf so gar keinen Höhepunkt im dritten Akt hinaus.

Vielleicht würden uns die Charakter-Entwicklungen von Cole, Kano und Sonja auch mehr scheren, wenn man sich wenigstens ein paar bekannte Darsteller hätte leisten können, aber besonders der Cast verrät das mangelnde Budget des Films. Alles Neulinge, die sich mehr schlecht als recht schlagen (pun intended). Während Lewis Tan, Jessica McNamee und Josh Lawson noch auf solidem B-Niveau spielen, muss man das Casting von Ludi Lin (Liu Kang) und vor allem Tadanobu Asano (Raiden) als komplett vergeigt betrachten.

Bei den Fights funktioniert die Kombi aus klassischer Martial Arts, Wire Work und CGI-Splatter ganz ordentlich, auch wenn in jeder Szene offensichtlich ist, welcher der Darsteller Vorkenntnisse mitgebracht hat.

Nun könnte man – nicht zu Unrecht – einwenden, dass das alles traditionelle MK-Probleme sind. Miese Darsteller, Fake-Fights, holperige “Story” – das sind Standards dieser Franchise. Aber zumindest der erste Kinofilm war seinerzeit in der Lage, alle Defizite mit einer großen Freude an Action und buntem Remmidemmi wettzumachen. Der war Popcorn im besten Sinne und eine Form von Fight-Film, die wir so noch nicht gesehen hatten.

Genau daran scheitert MORTAL KOMBAT 2021 letztlich mehr als an allem anderen: er erzeugt keine Begeisterung, reißt nicht mit, lässt einen nie begeistert “wooohooo!” rufen. Da fehlt das Adrenalin, der Hunger – und die wenigen Splatter-Finishes der Kämpfe kommen zu sporadisch und berechnend. Sie sind Trailer-Futter und nicht wirklich Teil einer rotzigen Punk-Attitüde.

Und schließlich die schimmelige Kirsche auf dem säuerlichen Sahnehäubchen: der Film verzichtet in den Fights komplett (bis auf ein paar Anlehnungen) auf das legendäre MORTAL KOMBAT-Theme und verbannt es in den Nachspann. So dämlich muss man erstmal sein.

Mortal Kombat 1995 hatte viel weniger – und hat einfach mehr draus gemacht.

Fazit: Ein optisch ansprechender Fantasy-Prügler, der sich ohne Story zwischen Comic-Action und halbgarem Drama aufreibt und nie die nötige Energie, den Vorwärtsdrang oder die kindliche Begeisterung des ersten MK-Films erreicht.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

8 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Teleprompter
Teleprompter
30. April, 2021 10:06

Alles Neulinge ? Ich entdecke da in der Castliste und im Trailer u.a. Kultprügler Joe Taslim – zuletzt ja über die MA-Grenzen hinaus durch “Warrior” bekannt geworden, sowie Hiroyuki Sanada, der ja nun wirklich dauerpräsent ist im westlichen Kino (Westword, Last Ship, Wolverine). Ansonsten ist das vermutlich (noch nicht gesehen, die Startangebote sind mir idR zu teuer) das, was man aus der Richtung “Wan, Blumhouse” und Co erwarten darf. Die beherrschen noch die selten gewordene Kunst, ihre Filme – auf überschaubarem Niveau – teuer aussehen zu lassen als sie sind. Sollte in diesen Tagen eigentlich ausreichen fürs Sofakino.

Matts
Matts
1. Mai, 2021 11:16

Zu schade. Allerdings, so wie es klingt rangiert er damit unter den (größtenteils nicht sehr guten) Videospielverfilmungen immer noch im oberen Drittel.

DSFARGEG
DSFARGEG
2. Mai, 2021 01:26

“Über den katastrophalen zweiten Film kann man nur den Mantel des peinlich berührten Schweigens decken”
Ich möchte widersprechen: Annihilation ist ein spektakulär scheißiger Scheißfilm, ABER er macht eine Sache so gut, wie ich es bei fast keiner Videospielverfilmung bislang gesehen habe – er liefert hundertprozentigen Fanservice, ohne Rücksicht auf irgendjemandes Großhirnrinde. Ich müsste noch mal in die Cast-Liste gucken, aber ich glaube, dass auch noch jeder hinterletzte Hidden Character der ersten beiden MK-Spiele wenigstens einen kurzen Auftritt samt ein paar Special Moves hat. Natürlich ist der Film unglaublicher Müll, wenn man ihn als autarkes Werk betrachtet, aber als MK-Quasi-Fanfilm, der einfach nur das Spiel stumpf in Kinobilder umsetzt, ist er ein ziemlich großer Spaß – zumindest, wenn man, wie ich, damals eine ungesunde Anzahl Stunden in die Perfektion sämtlicher Finishing Moves in MK2 gesteckt hat.

Eugen
Eugen
2. Mai, 2021 01:39

Kano war sehr unterhaltsam. Alle anderen haben nur genervt. Vorallem Cole als nicht MK char war sowas von unnötig. Und nur 2 Kämpfe würde ich als gelungen ansehen. Und zwar beide mit Sanada und Taslim. Alle anderen wurden durch die schrecklichen cuts zerstückelt. Mir kam das eher als ein Billiger Superheldenfilm als ein hochbrutaler dunkler MK film. Na vielleicht klappt es ja mal wieder in 25 Jahren…..

Thies
Thies
2. Mai, 2021 17:09

Schade, denn ich hatte mich nach dem Trailer schon ein wenig auf den Film gefreut. Ich habe sicherlich kein Meisterwerk erwartet, aber eine ähnlich unterhaltsame Mischung aus Action und Käse wie der erste Film, hätte bei mir offene Türen eingerannt.