15
Okt 2020

Britische Kult-Momente im Schnelldurchlauf

Themen: Film, TV & Presse |

Ich gestehe: das hier ist schon sehr speziell. Andererseits: WENN ihr drauf anspringt, ist euer Wochenende gerettet.

Dass ich das britische Fernsehen liebe, ist bekannt. Ich habe in den 70ern mit “Das Haus am Eaton Place” angefangen, mit den “Profis”, später mit “Der Doktor und das liebe Vieh”. Vor der Jahrtausendwende war das englische Fernsehen allerdings oft eine Geduldsprobe: billig produziert, mit grausamen Frisuren, schlechten Zähnen und viel beige, orange und braun. Eine TV-Kultur wie der Gelsenkirchener Barock. Die deutliche Verbesserung in Sachen Budgets und Inhalte ist der zunehmenden Internationalisierung in den letzten 30 Jahren zu verdanken.

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Trotzdem hat mich das “klassische” britische Fernsehen seit jeher fasziniert. In den 80er und 90er Jahren habe ich auf meinen Reisen nach London immer mal wieder Sammeltapes gekauft, die z.B. sechs Episoden von sechs verschiedenen Kult-Sitcoms enthielten. Das war mein Einstieg in die britische TV-KULTur. Teuer, begrenzt, platzraubend – aber wir hatten ja sonst nix.

Heute ist das alles viel einfacher. Das Internet macht’s wieder mal möglich. So vieles, was wir früher mühsam und in miserabler Qualität aufwändig sammeln mussten, steht heute kostenlos und aufpoliert parat. Man muss auch keine endlosen Stunden mehr in dröge Dramen und stoffelige Sitcoms investieren: Die Briten lieben Clip-Shows und Dokumentationen, in denen altes Archivmaterial thematisch zusammen gestellt und mit erklärendem Kommentar versehen wird.

Die Deutschen lieben das auch – können es nur nicht so gut. Bei uns labern die immer gleichen Comedy-Pappnasen die Laufzeit voll, so dass es am Ende vielleicht für “Die zehn peinlichsten TV-Momente” reicht. Die Briten reden weniger, blasen die Laufzeit auf – und schon sind drei Stunden (inkl. Werbung) mit zehn Mal soviel Clips rum. Ein preiswerter Programmfüller, sicher – aber ein sehr unterhaltsamer.

Die Clip-Shows sind dabei Segen und Fluch zugleich: Klar kann man durch sie einen vergleichsweise schnellen und pointierten Einblick in das Thema bekommen. Aber es ist eben auch nur ein Einblick und ersetzt nicht die tatsächliche “experience”. Der Ausschnitt repräsentiert nicht das Ganze. So legitim die Frage ist, ob das wirklichen Mehrwert besitzt, so legitim ist natürlich die Gegenfrage, was denn die Alternative wäre.

Zu meiner Freude gibt es aktuell auf YouTube wieder mal ein paar echte Delikatessen, wenn man auf britische Clip-Shows und Dokus steht. Der Kanal von “cleops” ist ein unfassbares Füllhorn an Raritäten und Obskuritäten. Vieles, was in den Clip-Shows nur angesprochen wird, ist hier auch in voller Länge zu sehen. Wer sich diese Knaller nicht jetzt, aber irgendwann mal ansehen will, der sollte sie auf seine Festplatte sichern – die Dinger werden notorisch gelöscht, weil sie gegen irgendwelche Rechte verstoßen. Was ich albern finde.

Fangen wir mit den “100 greatest TV moments from hell” an, einer Kompilation aus dem Jahr 2000. Klar bezieht sich das fast ausschließlich auf den britischen Markt, aber es schmälert den Unterhaltunsgwert nur mäßig:

https://youtu.be/UTdc3eC9s_c

Wer mehr über britische Fernsehserien wissen will. der kann sich hier fast drei Stunden lang erklären lassen, was Kult ist – und warum.

https://youtu.be/qSk_Pz7_chU

Keine Zeit fürs Bingewatching? Dann schaut euch doch nur das Ende an:

https://youtu.be/c3FwTEtqolI

Darf es ein anderes Genre sein – wie wäre es mit Gameshows?

https://youtu.be/SENMY5yVi6k

Nun sind die Briten besonders für ihren Humor bekannt – kein Wunder, dass es gleich mehrere Retrospektiven zu dem Thema Comedy/Sitcom gibt:

https://youtu.be/c_6OExg0hAs

https://youtu.be/2akaTW8NPVA

https://youtu.be/SHDFXktWZkU

https://youtu.be/uWJP_0TtQ6c

Und noch enger: es gibt großartige Dokus über Sendungen wie “Not the nine o’clock news”, die Inspiration für “Rudis Tagesshow”:

https://youtu.be/hXxVSMD2pwA

Wer sich mehr dafür interessiert, was die Briten statt “Sendung mit der Maus” und “Neues aus Uhlenbusch” angeschaut haben, der wird hier umfangreich informiert:

https://youtu.be/WMA8caQUCHw

Wer noch tiefer in das Thema einsteigen will, kann sich eine Doku-Reihe über die Kontroversen anschauen, die das britische Kinderfernsehen immer wieder ausgelöst hat:

https://youtu.be/dwzSMu6Ix-g

Wer generell mal wissen will, was die Briten in Massen vor die Bildschirme lockt, bekommt hier eine leicht verdauliche Übersicht:

https://youtu.be/2bYgjJUuS6I

Natürlich überschreitet das Fernsehen gerne mal die Geschmacksgrenzen, ob geplant oder ungeplant:

https://youtu.be/rCKTW68-OOE

Und es geht ja auch immer mal was schief:

https://youtu.be/pjZotxaQ1tw

Eine wirkliche Schande ist, dass man diese Sammlung von Film-Bloopern nicht mehr zur Gänze auf YouTube finden kann:

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Euch mangelt es an Ernsthaftigkeit, an britischer “stiff upper lip”? Dann schaut euch mal an, wie das britische Fernsehen mit dem Thema Krieg umgegangen ist:

https://youtu.be/p9ribXTtSu8

Oder mit Behinderten  im TV-Formaten:

https://youtu.be/VlhoUoeRUTU

Kurzum: Dieser YT-Kanal ist eine umfangreiche Sammlung von großartiger Archiv-Zweitverwertung, wie ich sie vom deutschen Fernsehen immer wieder einfordere. Es kann nicht so schwer sein, weil es offensichtlich nicht so schwer ist. Zumindest für die Briten.

Zum Abschluss noch ein Leckerli, das genau genommen nicht zum Thema gehört, aber mich einfach zu sehr begeistert, als dass ich es unter den Tisch fallen lassen möchte. Das Beitragsbild zu dieser Übersicht zeigt Jonathan Ross, einen der erfolgreichsten britischen TV-Talkmaster und Late Night Moderatoren. Was heute nur noch wenige Leute wissen: Ross hat seinerzeit als Film-Nerd begonnen und sein “The Incredibly Strange Film Book” war eines der ersten englischsprachigen Psychotronic-Bücher in meinem Billy-Regal. Mir war vage bewusst, dass Ross auch eine Doku-Reihe dazu moderiert hatte. Bei Cleops kann man sie nun endlich anschauen – und es ist eine Schatztruhe voller Kultfilm-Diamanten:

https://youtu.be/COEY6lxvlM4

Ich fühle mich an Roger Willemsen erinnert, den ich folgendermaßen paraphrasieren möchte:

“Die Briten haben das beste und das schlechteste Fernsehen der Welt.” 

Ich gebe die Hoffnung auf, dass die Deutschen jemals in der Lage sein werden, Vergleichbares zu produzieren. Ich würde mir aber wünschen, dass man zumindest die wichtigsten Personen, Events und Produktionen endlich mal mit eigenen Retrospektiven würdigt.



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4 Kommentare
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Petz
Petz
15. Oktober, 2020 14:00

Apropos britische Comedy… Schon “Taskmaster” gesehen? Der offizielle Youtube-Kanal bietet die ersten 7 Staffeln gratis zum Anschauen an. Hat mich im Frühjahr durch den Lockdown gerettet: https://www.youtube.com/channel/UCT5C7yaO3RVuOgwP8JVAujQ/playlists

Stefan
Stefan
19. Oktober, 2020 21:12

Hilarious, indeed…

you definitely made my day 🥰