Fantasy Filmfest 2020 (5): SPUTNIK
Themen: Fantasy Filmf. 20, Film, TV & Presse, Neues |Russland 2020. Regie: Egor Abramenko. Darsteller: Oksana Akinshina, Peter Fyodorov, Fyodor Bondarchuk, Anton Vasiliev, Pavel Ustinov
Offizielle Synopsis: 1983 stürzt ein russisches Raumschiff auf Heimatboden ab. Einen Tag zuvor hatte man jeglichen Kontakt zur Crew verloren. Der einzige Überlebende der Mission ist der Kommandant des Schiffes. Nach dem Absturz leidet er an episodischer Amnesie und kann sich nur an wenig erinnern. Im Gegensatz zu seiner geistigen Verfassung, regeneriert sich sein Körper aber überraschend schnell. Die Psychologin Tatiana Yurievna soll den Mann in einem geheimen Forschungslabor untersuchen. Doch gleich in der ersten Nacht wird sie Zeuge einer unfassbaren Transformation: Aus dem Körper ihres Patienten bricht etwas hervor, fast so groß wie der Wirtskörper selbst. Ein Wesen windet sich durch den Raum und zieht sich wieder in seine menschliche Schutzkapsel zurück, als wäre nichts gewesen.
Kritik: Schaut man sich das Plakat und den Trailer an, dann hat man das Gefühl, dass die Russen mal wieder das große Rad in Sachen Effektfilm drehen wollen. Leider ist das ein Irrtum. SPUTNIK (der Titel ergibt übrigens keinerlei Sinn) ist schlicht der Versuch, bzw. der schlichte Versuch, einen ALIEN/SPECIES-Ripoff im Umfeld der Sowjetunion Anfang der 80er zu konstruieren.
Das macht zuerst einmal trotz der begrenzten Locations optisch viel her, weil wir uns in einer Ära der schnörkellosen Haptik befinden. Maschinen haben schwergängige Knöpfe, alles ist analog. Schlösser knacken, Schlüssel knirschen, Fernseher rauschen. Es ist eine fühlbare, er-fühlbare Welt, kalt und hart, in der sich Menschen bewegen, die sich dieser Kälte und Härte angepasst haben. Sie sind nicht nur äußerlich, sondern auch emotional ganz anders aufgestellt als das Personal in amerikanischen Filmen dieser Art. Man hält Abstand und die größtmögliche Verbindung zwischen zwei Menschen ist nicht die Freundschaft, sondern die Loyalität.
Das gibt SPUTNIK in der ersten Hälfte trotz des abgelutschten Setups (Kosmonauten landen, einer ist tot, der andere hat einen Alien-Parasiten in sich, eine Expertin wird dazu geholt, etc.) einen beträchtlichen Reiz, denn wir wollen diese Menschen und diese Welt genauer kennen lernen. Aber dann wird relativ schnell klar, dass der Film über sein frisches Setting hinaus keine Trümpfe ziehen kann: das, was SPUTNIK anders macht als die US-Vorbilder, das macht er leider konsequent falsch.
Ich könnte jetzt monieren, dass die Beziehungen der Figuren nicht ordentlich gebaut werden, dass die internen Konflikte mit den externen Konflikten nicht ausreichend verzahnt werden. Aber das ist alles Schall und Rauch, denn sämtliche Defizite des Films lassen sich auf einen Kern zurück führen: das Alien ist keine Bedrohung.
Klar, es sieht aus wie ein Monster, es frisst Menschen, es hat den Kosmonauten vollständig übernommen. Aber seit der Landung haben die Forscher es unter Kontrolle. Es ist erkannt, eingesperrt und untersucht worden. An keiner Stelle geht von ihm eine Gefahr aus: es hat keine unerwarteten Fähigkeiten, es bricht nicht aus, es vermehrt sich nicht. Die Protagonisten haben alle Zeit der Welt, es zu erforschen und können es auch jederzeit töten. Wie soll daraus Spannung entstehen?
Mehr noch: es wird nie wirklich klar, warum die Machthaber den Kosmonauten nicht gleich samt dem Alien ermorden. Sie sind wahrlich nicht zimperlich, was Menschenleben angeht. An keiner Stelle wird plausibel erklärt, warum man sich überhaupt die Mühe macht, das Alien am Leben zu lassen. Damit tritt der Film auf der Stelle und im zweiten Akt dreht er sich noch dazu im Kreis. Ähnlich wie INHERITANCE ist das Ende dann mehr ein "Deckel drauf" als eine tatsächlich befriedigende Auflösung.
Es zeigt sich erneut, was wir in den letzten 10, 15 Jahren immer wieder erlebt haben: die Russen beherrschen mittlerweile die Technik des Filmemachens nicht weniger gut als die Amerikaner – aber in Sachen Story hinken sie weiter massiv hinterher. Das greift alles nicht packend ineinander. Ausnahmen ausgenommen.
Fazit: Was als atmosphärische Soviet-Variante sattsam bekannter Monster-B-Movies beginnt, kommt nie wirklich über das Setup hinaus und schleppt sich in ein unterwältigendes Finale. Gerade noch 6 von 10 Punkten.
Hier würde ich vielleicht noch 1-2 Punkte oben drauf legen. Zum einen, weil ich echt ziemlich von der in der Kritik erwähnten Welt, die der Film aufbaut, angetan war. Dieser Alien-Horror im Russland des kalten Krieges hatte was für mich. Und zum anderen war ich auch vom Ende nicht ganz so enttäuscht. Für mich ging es zum Schluss mehr darum, wohin die Beziehung zwischen der Psychologin und dem Kosmonauten geht, als was das Alien tut.
Was die Intentionen der Hintermänner angeht, hatte ich das so verstanden, dass sie das Alien als Waffe nutzen wollen. Was dieselbe strunzdumme Idee wie in JURASSIC WORLD wäre: Lasst uns Velociraptoren für den Krieg trainieren! … WHAT??
Was ich nicht kapiert habe, ist, was die wiederholten Einschübe mit dem Kind sollten. Selbst mit der Auflösung am Ende hat das für mich keinen Sinn ergeben…
Der Name macht durchaus Sinn, wenn man ihn einfach vom Russischen ins Deutsche übersetzt 😉
Der deutsche Titel ist aber nicht übersetzt – und hierzulande identifiziert man damit lediglich den ersten Satelliten.