Filmverbrechen-Fotostory:
DIE SCHULMÄDCHEN VOM TREFFPUNKT ZOO oder: Flotte Teens mit Heroin in den Jeans
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Ersparen wir uns die übliche Einleitung, warum ich mir so etwas antue. Ich bin sehenden Auges in dieses Screening gegangen, hatte eine ziemlich präzise Vorstellung, was mich erwartet – I have no one to blame but myself.
Das Thema Otto W. Retzer hatten wir ja schon mehrfach, allerdings meistens im Kontext seiner harmlosen Bums & Blödel-Filme, die zwar gerne subkutan unfassbar menschenfeindlich und zynisch sind, nach außen jedoch nur spielen wollen. Das deckt aber lediglich eine Seite von Retzers Schaffen ab – der Mann hat rührselige TV-Filme ebenso produziert wie Asia Trash:
Es gab letztlich keinen cineastischen Zaster-Zug, auf den Retzer nicht aufgesprungen wäre – was uns zu DIE SCHULMÄDCHEN VOM TREFFPUNKT ZOO bringt. Dazu etwas Kontext: Ich hatte immer gedacht, es handele sich bei diesem Sittenreißer um einen Abklatsch von Uli Edels offizieller Adaption WIR KINDER VON BAHNHOF ZOO. Dem ist aber mitnichten so. Die Chronologie ist komplizierter.
1978 erschien im STERN eine Fortsetzungsreihe über die Erlebnisse eines minderjährigen Junkie-Mädchens in Berlin. Der Widerhall in der Bevölkerung war groß, das Thema wurde in Schulen und Talkshows breit getreten. Auch der dazu erschienene Tatsachen-Roman "Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" wurde ein Bestseller. Ich bin mir nicht sicher, ob heutige Generationen das nachvollziehen können, aber die Geschichte von Christiane F. definierte für uns, wie die Welt von Bahnhofsklo und Babystrich aussah. Nicht anders, als die Miniserie HOLOCAUST das Grauen der Judenvernichtung in unauslöschliche Bilder gefasst hatte, THE DAY AFTER den nuklearen Holocaust, ROOTS die Sklaverei in den USA und UNSER WALTER das Leben mit einem behinderten Kind. Diese fiktionalen Werke prägten unsere Sicht auf die historische "Wahrheit".
Es sollte noch drei Jahre dauern, bevor Uli Edel mit der Constantin Film eine durchaus schonungslose packende Kino-Adaption des Romans realisieren konnte. Was auch bedeutet: zwischen 1979 und 1981 gab es ein einen Bedarf, ein Interesse, eine Nachfrage zu diesem Thema, aber kein konkretes Angebot über den tausendfach gelesenen Roman hinaus.
Enter Otto W. Retzer. Nur ein Mann wie er kann darauf kommen, einen der profiliertesten Softsex-Filmer und eine zwölfeinhalbjährige Hauptdarstellerin (!) anzuheuern, um im aller Eile die beiden Genres Schulmädchen-Report und Drogen-Drama unter einen Hut zu bringen. Junkie-Elend und Pennäler-Streiche – er würgt zusammen, was nicht zusammen wachsen will. Oder um im Bild von Christiane F. zu bleiben – er ist der schnauzbärtige Zuhälter, der seine Nutten-Genres brutal in ein Bett prügelt.
Und so kam DIE SCHULMÄDCHEN VOM TREFFPUNKT ZOO nach rekordverdächtiger Produktionszeit bereits im Sommer 1979 in die deutschen Kinos – fast zwei Jahre vor den KINDERN VOM BAHNHOF ZOO. Nicht gut, aber schnell, das muss man Retzer (und seinem Chef Karl Spiehs) lassen. Mit 350.000 Zuschauern dürfte der Film seine Kosten mehrfach wieder eingespielt haben. Die spätere offizielle Verfilmung der Vorlage spielte allerdings mit 4,7 Millionen Zuschauern noch mal in einer anderen Liga.
Ich habe DIE SCHULMÄDCHEN bisher weiträumig umfahren, weil ich als Trypanophobiker jede filmische Darstellung von Heroinsucht und/oder Diabetes meide und seit der Erkenntnis, dass Katja Bienert (hier als Katja Caroll) bei den Dreharbeiten 12 Jahre alt war, auch keinen wirklichen Spaß an ihren Nacktszenen entwickeln kann. Letzteres ist auch der Grund, warum ich in dieser Fotostory alle freizügigen Darstellungen von ihr außen vor lasse.
Steigen wir also mit dem Vorspann ein – erfreulich frei von österreichischem Urlaubsflair, dem Schloss am Wörthersee oder pinkfarbenen Käfer Cabrios:
Ja, so grau und trostlos sah es aus, das geteilte Berlin Ende der 70er. Wenige Jahre später war ich mit der Schulklasse da und habe in dem Gebäude in der Bildmitte (dem Europa-Center) ein Foto von mir machen lassen. Augen zu und durch:
Ich war jung, dumm und hatte keinen Geschmack. Aber einen Hut. Sue me.
Man kann sich nur vorstellen, wie schwer es Retzer gefallen sein muss, diese Milieustudie nicht auch wieder in sein Revier an den Wörthersee zu verlegen. Aber wer 1979 Spritzen und Nutten suchte, schaute nach Berlin und Hamburg, nicht nach Konstanz und Klagenfurt.
Und da sind die üblichen Verdächtigen auch schon:
Hübsch hässlich war Berlin damals, das habe ich schon erwähnt. Man war ja auch noch von der DDR umzingelt. Aber bei diesem Shot habe ich mich eher gefragt: "Ach ja, Cosy Wash – gibt es die eigentlich noch?"
Ja, die gibt es noch – sogar mit dem alten Logo.
Und nun rein in die Vollen – den Bahnhof Zoo zeigt man zwar, in den Titel wollte man ihn aber aus Gründen der Abmahnbarkeit wohl lieber nicht nehmen:
Während dieser elend langen Kamerafahrten ertönt übrigens ein geschmachteter Disco-Soul-Song namens I NEED IT, der ständig "Ohhh, I need a shot" versichert – und ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser "Schuss" bei den Amerikanern doch eher "fix" heißt. Enjoy:
Nein, das ist weder Katja Bienert noch "Katja Caroll". Das ist eine quasi-dokumentarische Aufnahme des "street scum" von Berlin anno 1979 – oder das, was Regisseur Boos dafür hielt.
Wir wissen ja nun, dass "Katja Caroll" in Wirklichkeit Katja Bienert ist. Aber auch "Benjamin Carwath" ist ein Pseudonym – dahinter verbirgt sich Synchron-Legende und "Sohn von Wolfgang" Benjamin Völz!
Der nächste Synchron-Tausendsassa ist nicht weit. Machen wir uns nichts vor: es wäre kein echter Retzer-Film ohne Tobias Meister als dumm-geiler Depp vom Dienst:
Erfreulich zu sehen: die teilweise wohl "wild" gedrehten Szenen fallen dadurch auf, dass immer wieder kleine Rotzlöffel grinsend in die Kamera stieren:
Und da ist er – der Mann, der Mythos, das Monster:
Walter Boos ist in seiner langen, langen Karriere sehr spannend zweigleisig gefahren: er war ein beliebter "assistant director" für große und seriöse Serien wie "Der Kommissar", "SOKO" und "Derrick", als Regisseur aber primär bekannt für Schweinkram. Der Mann war kein Vertreter der Report-Welle der 70er – er WAR die Report-Welle der 70er:
- Schulmädchen-Report 3, 5, 9, 10, 12 und 13
- Krankenschwestern-Report
- Sex-Träume-Report
- Ausreißerinnen-Report
- Bettgeheimnisse junger Lippen
- Urlaubsgrüße aus dem Unterhöschen
- Liebe in drei Dimensionen
Und viele, viele mehr.
Nun kann man natürlich monieren, dass "so einer" kaum dazu taugt, den moralischen Verfall der orientierungslosen Jugend in der RAF/Ölkrisen/Punk-Ära zu dokumentieren, aber da sollte man nicht zu schnell urteilen. Boos drehte, wie ich schreibe – schnell, vielleicht nicht brillant, aber unterhaltsam und im Zeit- und Budget-Rahmen. Ein Profi durch und durch, auf den sich Produktionsfirmen wie die LISA-Film verlassen konnten. Und damit nicht besser und nicht schlechter als andere, die sich seriöser geben.
Aber bevor ich mich ablenken lasse – da kommt ja schon unsere Protagonistin aus dem Bahnhof und bleibt neben einem Plakat stehen, das die Phase der Dreharbeiten zeitlich schön eingrenzt:
Ich sag’s nochmal: Katja Bienert ist hier 12. Zwölf. Ein Dutzend Jahre alt. Eins mehr als 11 und eins weniger als 13. Zwölf. Und der etwas hilflose rehäugige Blick ist 90 Prozent dessen, was ihr an Schauspielerei abverlangt wird, das kann ich schon voraus schicken.
Katja ist Petra und Petra ist ein "girl on a mission" – Kohle ranschaffen. Also nix wie in die Peep-Show. Teilzeit in der Bäckerei aushelfen war wohl keine Option.
Sie kommt aber erstmal nicht weit, denn die Freundin Doris, die sie besuchen möchte, hockt gerade "auf der Scheibe", wie die bezaubernd spießige Angestellte erklärt. Sie solle warten, bis Doris frei ist.
Auf Ver- und Gebote gibt Petra allerdings nix uns schleicht sich in eine der kleinen Kabinen – was uns die Möglichkeit gibt, etwas mehr über die Abläufe und Preisstrukturen solcher Etablissements zu erfahren:
Ich gestehe allerdings, etwas verwirrt zu sein – wenn alle 5 Minuten eine neue Tänzerin auf die Scheibe robbt, dann müsste Petra es nicht sonderlich eilig haben. Lange kann die "Schicht" der üppigen Doris ja nicht mehr gehen:
Es gehört übrigens zum Fluch des Bumsfilms, dass man viele Darsteller jenseits der Hauptfiguren nicht identifizieren kann. So ist Doris durchaus ein wiederkehrender Charakter, aber die Aktrice bleibt namenlos.
Petra klopft derweil an die Scheibe, um Doris auf sich aufmerksam zu machen:
Weil das nachfolgende Gespräch eher langweilig und für Petra fruchtlos verläuft, spiele ich an dieser Stelle das Peepshow-Video von Madonna ein:
Doris kann Petra nix leihen, schlägt ihr aber vor, einfach zum Termin bei ihrem nächsten Freier mitzukommen, da würde für das Mädchen sicher ein Honorar abfallen, auch wenn sie dem Treiben nur nackig zuschaut.
Ahhh, der Freier im Nachkriegsfilm. Immer deckungsgleich mit dem geilen Spießer, der alles, was ihm zustößt, irgendwie auch verdient.
Bei der nächsten Szene musste ich einsehen, dass DIE SCHULMÄDCHEN offensichtlich in Sachen Sex mit bewusst reduziertem Dampf fährt – Doris reitet ihren Freier nämlich wortwörtlich, mit ein bisschen Lack und Leder:
Who knows what evil lurks in the hearts of men? Petra ist entsetzt – ENTSETZT! Was angesichts dieser albernen Fetisch-Nummer etwas überzogen wirkt.
Tatsächlich greift sie sich eilends Kohle und Klamotten und gibt Fersengeld:
Was ist es denn nun, was Petra dazu drängt, derart moralbefreit dem schnöden Mammon hinterher zu eilen? Sehet – hier ist ihr Grund, die Nase frisch im ungesunden Pulver:
Das ist Mick und Mick wird beim Trip fast von einer pädagogisch empathischen Lehrerin erwischt. Man merkt gleich: diese Frau Jakobs empfiehlt nicht nur die Krönung, sondern hat ein Herz für die Probleme der modernen Jugend.
Marco Kröger wird übrigens auf dem Plakat und im Vorspann an erster Stelle genannt, obwohl eindeutig Katja Bienert die Hauptfigur darstellt und Kröger eher sekundär ist. Immerhin hat er nach DIE SCHULMÄDCHEN so etwas wie eine Film- und TV-Karriere gemacht und ist auch eine gefragte Stimme in den Synchronstudios der Republik:
Petra hat nun Geld, also braucht sie einen Dealer, um an Stoff für Mick zu kommen. Das erlaubt Walter Boos den vielleicht einzigen tatsächlichen Kunstgriff des Films: während wir Petra über den Bahnsteig folgen, gleitet die Kamera an diversen leeren Gesichtern vorbei, während im Off ihre Stimmen vom täglichen Kampf mit den Drogen und der Polizei erzählen:
Waiting for my man – da ist Freddy, der Mann für das kleine Glück aus der Alu-Folie. Ihn haut Petra um Stoff für Mick an, und sichtlich nicht das erste Mal.
Man darf durchaus annehmen, dass Boos es als schönen Kontrast gesehen hat, Bienert in dieser Szene ausgerechnet neben diesem Plakat zu platzieren. Ich sagte es ja schon: Profi.
Der schmierige Freddy hat den Stoff tatsächlich in der Klampfe hinter einem "Atomkraft – nein danke!"-Aufkleber versteckt. Manche Menschen machen vor nichts halt.
Die Transaktion wird allerdings von einem entgeisterten Schrei empfindlich gestört – auf der Toilette hat sich mal wieder ein Junkie den "goldenen Schuss" gesetzt:
Freddy kommentiert das mit dem denkwürdigen Satz:
"Hätte er den Stoff bei mir gekauft, wäre er jetzt breit und nicht tot"
Auf jeden Fall müssen Petra und er nun die Düse machen, denn die Zivilbullen sind im Bahnhof Zoo nie weit.
Zurück in die Klasse, wo einer der Pennäler sich den dollen Streich erlaubt, das "Blut", das an der BILD-Zeitung klebt, in Form von Ketchup zu verspritzen. Fast möchte man es für Systemkritik halten – bis man sich fragt, in welchem Kontext das hier steht. In keinem, stellt sich heraus. Irgend jemand hielt das wohl für eine gute Idee.
Den Schabernack genau im Auge behält diese Schülerin, deren Nahaufnahme zu implizieren scheint, dass sie im Laufe des Films noch eine nennenswerte Rolle spielen wird. Dem ist allerdings nicht so – one and done:
Petra steckt Mick den Stoff zu und dieser sucht auf der Schultoilette sein Glück in einer warmen Spritze:
Das war dann so der erste Moment, wo ich fürchtete, vorspulen zu müssen – aber um das Klientel nicht zu vergraulen, ist das auch schon das Maximium an Junkie-Horror, das man dem Zuschauer zumutet:
Yeah, that’s the stuff:
Und was würde besser zu einem frischen Schuss Heroin passen als Tobias Meister, der einer Mitschülerin das Sommerkleidchen aufzieht?! Nix, und so passiert es denn auch:
Freischwinger Nummer 2 (bzw. 4, je nach Zählweise). Da lacht er, der "Toni". Das entblößte Mädchen ist "Gaby" alias Martina Engel, deren Filmkarriere hier begann und endete.
Von der pubertären Möpse-Phantasie zurück in die raue Wirklichkeit: Doris trifft sich mit ihrem neuen "Freund", der einen granatenstarken Weg gefunden hat, wie man schneller das Geld für die erträumte Boutique und damit den Ausstieg aus der Szene verdienen kann.
Der granatenstarke Weg? Er verhökert Doris auf 10 Minuten-Basis an eine ganze Kolonie von Gastarbeitern, die in einem Wohnwagen ran dürfen:
So hatte Doris sich das augenscheinlich nicht vorgestellt und DIE SCHULMÄDCHEN ist nicht die Sorte Film, in der irgendeine Frau aktiv gegen ihr Schicksal ankämpft:
Das ist euch zu depressiv für einen Streifen, der doch ordentlich Backfisch-Erotik versprochen hat? Lasst euch von Tobias Meisters Turnschlüpfer aus dem Jammertal reißen – Sportunterricht!
Selbstverständlich ist der Sportunterricht primär dazu gedacht, junge Mädchen bei mehr oder weniger reizvollen Streckübungen zu beobachten. Hier lernen wir auch Petras beste Freundin kennen, die nicht versteht, was das junge Gör mit dem kaputten Mick will.
Katja Bienert ist hier 12 Jahre alt. Zwölf.
Wir treffen die üppige Tina, eine Freundin der entblößten Gaby, die mit ihren mangelhaften Leistungen beim Sport- und Mathelehrer Steinberger hadert:
Und weil die Tina ein ganz ausgefuchstes Biest ist, schmiedet sie mit Gaby einen Plan, wie man den Steinberger zu besserer Notengebung nötigen könnte – wer ahnt, dass dabei Jungmädchen-Brüste ins Spiel kommen werden, verdient kein Fleißkärtchen.
Der dick-dumme Toni ist übrigens der beste Freund des schlaksig-tapsigen Udo, und beide würden zu gerne mal bei den Klassenkameradinnen in die Dusche schauen. Wie praktisch, dass gerade zufällig ein Trampolin herum liegt:
Ich habe einen gewissen Respekt vor Schauspieler Fritz Hammer (!), dass er es tatsächlich schafft, von einer Bank auf das Trampolin und auf den Durchbruch zur Dusche zu springen. Das ist Einsatz, den nur pubertäre Hormone erlauben.
Und siehe, die jungen Damen sind empört. EMPÖRT, wenn ich’s doch sage!
Zur "Strafe" kommt Udo unter die Dusche. Sexuelle Belästigung ist ja auch total witzig.
Kumpel Toni wundert sich derweil mit dem patentierten Tobias Meister-Blick – es ist fast ein Lapsus, dass ihm nicht mal wieder die Brille beschlägt:
Spätestens an dieser Stelle muss man konstatieren, dass die Ehe von Teenager-Komödie und Drogen-Melodram keine glückliche ist. Die Szenen mit Meister und die Szenen mit Bienert scheinen verfeindet, liegen tonal im Clinch und verweigern sich derart einer Zusammenarbeit zugunsten einer Story, dass die Figuren aus den Strängen oft genug keine einzige Szene miteinander haben. Entweder wirkt DIE SCHULMÄDCHEN wie ein halbgarer Report-Streifen, dem man ein paar "Relevanz-Szenen" untergeschoben hat, oder wie ein Milieufilm, der mit Softsex ungut gestreckt wird.
Zurück aus der Dusche auf die Straße. Es fällt auf, dass DIE SCHULMÄDCHEN in einem durchaus authentischen Beton-Berlin spielt, das keinen Raum für grüne Vorstädte hat. Es regiert Brutal-Architektur, erdrückend und kalt und unmenschlich. Die Tatsache, dass man aus Kosten- und Zeitgründen immer direkt vor Ort und nicht im Studio gedreht hat, ist sicher einer der wenigen Pluspunkte.
Die Schule ist aus, Petra schwingt sich auf Micks Feuerstuhl und man rauscht ab:
Wir treffen Dirk (den schon erwähnten Benjamin Völz), der unglücklich in Petra verliebt ist, aber auch mit ihrer Freundin vorlieb nehmen würde, falls es sich ergibt. Diese hat das allerdings schon gespannt und findet es eher weniger gut.
Riding through suburbia on my moped with my girl…
Es ist an dieser Stelle mal wieder Zeit für einen privaten Einschub, wenn ihr gestattet. Sofern ich mich nicht irre, fährt Mick hier eine Solo. Das war ein recht schickes, aber auch sehr preiswertes Mofa dieser Ära, das man sich vornehmlich anschaffte, wenn man sich die ähnlich aussehende Qualitätsmaschine Hercules Prima 5 nicht leisten kosten. Und es wird niemanden wundern, dass ich 1983 oder 84 natürlich eine Solo 712 oder 713 mein eigen nannte:
Ahhh, der schmierige Duft der alten Zweitakter…
Mathe/Sportlehrer Steinberger treibt sich derweil bei der Mädchendusche herum und hört Geräusche. Nun wäre "Geräusche aus der Mädchendusche hören" für keinen Mann, der seine Murmeln beisammen hat, ein Grund zur eigenmächtigen Vor-Ort-Recherche. Aber Steinberger sieht sich in der erzieherischen Verpflichtung.
Und da sitzt Gaby, zur Gänze nackend und eine Fußverletzung simulierend:
"Wo tut’s denn weh?!" fragt er, die Hand an der Titte.
Den Versuch Steinbergers, der Schülerin medizinische Ersthilfe zu leisten, wird von Tina fotografisch festgehalten und sofort auf Instagram… ach ne, Quatsch, falsches Jahrzehnt.
Jetzt haben die Früchtchen den ollen Pauker im/am Sack, auch wenn Gaby nicht sicher ist, ob Erpressung und Nötigung der Weg zu besseren Schulnoten sind.
Zur gleichen Zeit an einem anderen Ort: Dirk und Petras Freundin hotten in einer Disse ab. Der Herzensbrecher in Ausbildung sammelt Punkte, weil er eine kleine Flasche Hochprozentiges dabei hat, um aus schnödem Blubberwasser "Rum Cola" zu mixen, ohne das Taschengeld-Budget zu sprengen. EINSTIEGSDROGE! EINSTIEGSDROGE!
Auch Petra möchte abhotten, aber Mick ist schon wieder scheiße drauf und denkt nur noch an den nächsten Schuss. So wird das nix mit dem Kuschelrock-Abend.
Love is in the Air 1: Toni und Udo sind entschlossen, die Altlast "Jungfernschaft" abzulegen und sich dafür professionelle Hilfe auf dem Ku’Damm zu holen.
Das Angebot ist… begrenzt. Und wenig appetitlich. Auch hier kann ich aus eigener Erfahrung berichten: Ja, an dieser Stelle auf dem Ku’Damm standen damals die Nachtschwalben. Was wirklich kein schöner Anblick.
Man wird sich augenscheinlich einig und die Tatsache, dass wir von der "Dame" nur die Beine sehen, lässt Retzer-erfahrene Trashfans schon die folgende Pointe erahnen.
Love is in the Air 2: Dirk hat sich eine ganz romantische Baustelle ausgesucht, um noch mal bei Petras Freundin auf Tuchfühlung zu gehen, aber diese lässt ihn – freundlich, aber konsequent – abblitzen. Ein Fingerhut Rum ist nicht der Preis, für den sich ihre Liebe kaufen lässt!
Petra und Mick debattieren in der Zwischenzeit weitere Möglichkeiten, an Geld zu kommen. Auf den Strich gehen? Sie? Er? Beschaffungskriminalität? Bitcoin?
Wir erfahren auch, was Micks Sucht angeblich kostet: 4000 Mark pro Monat. Das mag ich kaum glauben, denn Freddy hat Petra schließlich zwei Schüsse für 100 Mark verkauft und 80 Schüsse im Monat würde vermutlich nicht mal Keith Richards überleben. Überhaupt: gibt es da keinen Mengenrabatt? Großhändler? Abo-Modelle?
Love is in the Air 3: Nun kriegen wir auch mal Petras Mama zu sehen, eine nur auf das eigene Vergnügen bedachte verblühende "Schönheit", die sich zum Entertainment einen besoffenen Lüstling heim gebracht hat, dessen Interesse sehr offensichtlich Mutter und Tochter gilt. PFUI!!!
Petra hat so langsam von allem die Schnauze voll. Rotz und Wasser fließen.
Im Puff der "Nutte", die Toni und Udo aufgegabelt haben, kommt es zu Streitereien, wer denn nun den ersten Schuss abfeuern soll. Da will jeder Gentleman sein. Nach Ihnen, werter Kollege!
Ein Stecher aus einem anderen Zimmer fällt ohne weitere Erklärung in Ohnmacht:
Udo kann sich mangels Ersthelfer-Kenntnissen nur bekreuzigen. Thoughts and prayers.
Toni hat derweil herausbekommen, was wir schon seit fünf Minuten geahnt haben: die "Bordsteinschwalbe" ist ein Bordsteinschwalberich. Chaos bricht aus. Eines Tages werden wir darüber lachen. Nicht heute, aber eines Tages.
Die Nacht ist wohl ohne weitere dramatische Ereignisse zu Ende gegangen, denn wir schalten nun um zum nächsten Tag – Petra macht sich Sorgen, denn Mick ist nicht zu einer wichtigen Mathe-Arbeit erschienen. Ein Anruf bei Micks Eltern endet im Schock: diese haben heraus gefunden, dass ihr Sohn drogenabhängig ist! Man sollte echt keine Spritzen und Löffel mit der Jacke in die Schmutzwäsche werfen. Petra entscheidet sich, Mick zu suchen.
Die Schlinge um Lehrer Steinberger zieht sich mittlerweile zu – Gaby und Tina haben der Mathe-Arbeit die Abzüge von der Dusch-Szene beigelegt, samt erpresserischer Notiz.
Pro-Tipp: Erpresserbriefe nie mit dem eigenen Namen unterschreiben! Steinberger ist erschüttert, dass die Mädchen so weit gehen, nur um sich mit guten Noten die Chance auf eine Frisösen-Ausbildung nicht zu versauen.
Ist Mick vielleicht am Bahnhof? Petra bleibt fast das Herz stehen, als eine Ambulanz jemanden davon trägt. Aber hurra – es ist nicht Mick, nur irgendein namenloser anderer Junkie. Glück gehabt! Also Petra, nicht der Junkie.
Nächste Station: Micks Bude. Und man muss sich wieder mal wundern, wie assig Berlin in den 80ern noch aussehen durfte. Hier hätte man auch locker Lovecraft-Filme drehen können.
Eine "Zimmerwirtin" macht Petra die Tür auf – und das etwas schlamperte Weib ist niemand anders als die Mutter der Darstellerin höchstselbst, die ihr rät, so schnell wie möglich den Absprung aus der toxischen Gesellschaft der Junkies zu suchen.
Wie patent dieser Hinweis ist, sieht Petra nur Sekunden später, als sie ihre Freundin samt Zuhälter trifft – Doris ist augenscheinlich bis unter die Augenlider mit Heroin vollgepumpt und wird mittlerweile für ein paar Mark an jeden menschlichen Abschaum vermietet.
Gaby und Tina setzen Steinberger weiter unter Druck, aber dieser weicht aus – und ich bin nun doch ein wenig enttäuscht, dass die patente Lehrerin Dr. Bauer nicht den pinken Retzer-Käfer fährt.
Von Dealer Freddy hat Petra den Tipp bekommen, es doch mal im SALAMBO zu versuchen:
"Da hängen nur Stricher und Lesben rum."
Sahne Idee, Stricher und Lesben in eine Schublade zu legen – da wird es auch nicht mehr schäbiger, dass im SALAMBO ein Kleinwüchsiger den Türsteher macht:
Und wahrlich, die Bar ist Saddam & Gonorrhoe, ein Flokati gewordener Alptraum, in dem die legendäre Lotti Huber auf der Tanzfläche schwooft…
… und nackte Menschen beiderlei Geschlechts emotionslos auf einer Art Spiegelkarussell die Wand entlang gefahren werden:
Petra kann es kaum fassen – was für ein Sündenpfuhl! Und ja, Sündenpfuhl gehört zu den Worten, deren nachlassende Verwendung zu tadeln ist.
Tatsache: Da hockt Mick mit einem älteren Herrn im Dreiteiler, der ganz augenscheinlich sodomitische Absichten hat. Sex für Geld ist eine Sache, aber mit einem Schwulen? Es passt in das Weltbild von Retzer, Spiehs & Boos, dass DAS noch mal ein ganz anderes Level an Erniedrigung darstellt.
Und NATÜRLICH versucht eine der anwesenden, verwelkenden Lesben sogleich, bei Petra zu landen – weil so sind sie, die Lesben. Immer auf der Suche nach Zwölfjährigen.
Erwartungsgemäß verläuft das Schäferstündchen mit dem gut betuchten Gönner nicht ganz so, wie Mick sich das erhofft hatte. Angedeutet wird genug:
Aber dann geht’s – RATSCH!!! – an den Hosenstall und Mick geht die Muffe.
Ist es Glück oder Pech, dass in diesem Moment der schwule Lover des Freiers herein platzt und eine Szene macht?
Egal, der Freier ist nun gierig und es heißt nicht umsonst in Goethes "Erlkönig":
"Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt."
Als Mick die Flucht versucht, greift der Schmutzfink gar zur Peitsche wie weiland Indiana Jones:
Mick macht "aaarghhh…!!!" und greift seinerseits zu einem schweren Kerzenständer.
BONK!!!
Nichts wie weg aus diesem argen Hause, wo Gewalt des Abends Speise und Blut in den Kelchen schwappt wie Wein. Fort, FORT, guter Mick, in deiner zarten Geliebten Arme musst Trost und Erlösung du suchen.
Petra bringt währenddessen nur mäßige Begeisterung für Dirks neues Moped auf – wenn man mit seinem Feuerstuhl keine 12jährige beeindrucken kann, hat man was falsch gemacht.
Anderswo: Alle Masken sind gefallen – der Zuhälter hat Doris zur süchtigen Nutte in seiner Gewalt erzogen und bringt sie nun zur Verklappung in einen Puff, damit er sich nach einem neuen Pferdchen umsehen kann.
Der erste Freier lässt echten Champagner springen, entpuppt sich darüber hinaus jedoch als Schwein, das auf unter Entzug leidende Junkie-Mädels steht. Jedem Tierchen sein Pläsierchen, möchte man an dieser Stelle auf keinen Fall sagen.
Hiermit endet übrigens die Geschichte von Doris. Wir werden sie nie wiedersehen. Dabei ist der Film gerade mal halb rum.
Petras Mutter möchte mit ihrem Stecher in Urlaub fahren und ihre Tochter dafür alleine lassen. Aus Petras Verständnis entwickelt sich fast so etwas wie ein ehrliches Mutter/Tochter-Gespräch…
… allerdings nur, bis die Mutter heraus findet, dass Petra die 750 Mark Reisegeld aus der Keksdose längst für Micks unerfreuliches Heroinhobby auf dem Kopf gehauen hat.
Petra schüttet ihren Freunden das Herz aus – wenn sie das Geld ihrer Mutter nicht beibringt, kommt sie ins Heim. Und weil das im Grunde furzlangweilig ist, klinken wir uns damit für satte 10 Minuten aus dem Drogen-Plot aus und konzentrieren uns auf COMEDY!!!
Tina und Gaby verabreden einen Termin mit Steinberger, um die künftige Notenvergabe verbindlich zu regeln. Ihre kriminelle Energie ist beachtlich.
Udo trifft derweil in der Disse auf "the one and only" Otto W. Retzer, der hier die Sorte Schmiercasanova gibt, die EAV in ihren Songs "Ich bin der Märchenprinz" und "Küss die Hand, schöne Frau" besungen haben:
Es kommt zu einer interessanten Dopplung mit einer fast identischen Szene aus ZÄRTLICH ABER FRECH WIE OSKAR: Retzer redet Udo ein, man könne jede Ische klar machen:
"Musst nur rangehen ohne genieren."
So eine These schreit nach Feldversuch:
Leider reagiert die junge Dame stark angewidert und Udo spürt plötzlich den Drang, ihre Ehre gegen den tumben Aufreißer zu verteidigen:
In der Welt von Retzer & Co. verdient jede Ehrentat die willenlose sexuelle Hingabe der betroffenen Dame und auch Lilli hier fühlt sich Udo nun verpflichtet:
Udo führt die Eroberung des Abends in seine Bude, die verdächtig nach einem Atombunker aussieht: schwere Stahltüren und keine Fenster. Ist Udo gar ein Fritzl?
Da weder Udo noch Lilli wirklich was von körperlicher Liebe verstehen, schlägt Udo die relevanten Details mal lieber im Wälzer "Lustgewinn" nach:
"Habe ich von den Roten Falken zur Konfirmation bekommen."
Nach ein wenig Fummelei möchte Udo gerne zur Sache kommen – und an der entspannten Haltung von Lilli kann man gut erkennen, dass sie den ersten Koitus ebenfalls kaum erwarten kann.
Allein, es soll nicht sein – ein unachtsam herunter gerissener Farbeimer macht die romantische Stimmung zunichte. Aber statt der spermischen Erlösung hat Udo etwas viel Wichtigeres gefunden: eine Seelenverwandte.
Am nächsten Tag – so müssen wir es uns zumindest zusammen reimen: Gaby und Tina besuchen Steinberger daheim. Weil Gaby immer noch Bedenken hat, gibt die forsche Tina ihr einen handfesten Ratschlag:
"Du hältst den Mund und machst sinnliche Nasenlöcher."
Aber siehe: Steinberger ist weder dumm noch allein. Wie ein Bond-Bösewicht dreht sich plötzlich und unerwartet Frau Dr. Bauer in die Konversation:
BUSTED!
Dirk versucht in der Zwischenzeit, die Probleme der verehrten Petra zu lösen, in dem er sein flammneues Mofa gleich wieder in Zahlung gibt. She likes you as a friend, dork!
Tina und Gaby müssen einsehen, dass sie den Erpressungsversuch nur so mittelprächtig durchdacht hatten. Erfreulicherweise tut Herr Steinberger nicht, was angemessen wäre – nämlich die Bullen rufen. Stattdessen einigt man sich darauf, dass Gaby und Tina künftig etwas mehr für den Unterricht lernen müssen. Und dann lachen alle herzlich drüber.
Dirk legt Petra heimlich einen Umschlag mit Geld vor die Tür – und angesichts des Wohnblocks, in dem sie lebt, verzeiht man jeden Drogenmissbrauch, mit dem ein zumindest temporärer Ausbruch aus dieser Trostlosigkeit möglich wird:
Wenden wir uns aber wieder dem Plot "Mick steckt in der Scheiße" zu – das (fiktive) ABENDBLATT kann sich augenscheinlich eine reißerische Schlagzeile, nicht aber einen Lektor leisten, der noch mal drüber liest:
Auf den Schreck braucht Mick erstmal lecker Heroin. Freddy kann aushelfen, denn der sympathische Engel des Todes ist immer für seine Kundschaft da:
Das romantische Stelldichein zwischen Feuerzeug, Löffel und Spritze wird empfindlich gestört von einem Zivilbullen, der den zappelnden Mick unverrichteten Trips davon schleift.
Petra macht sich derweil für einen Party-Abend fertig – auf andere Gedanken kommen und so. Auf andere Gedanken kommt auch ihre beste Freundin, die aus heiterem Himmel gleichgeschlechtliche Tendenzen bei sich entdeckt und gleich an Petra ausprobiert:
Ich darf schon mal um des Jugendschutzes willen einwerfen, dass auch dieser Plot nicht wieder aufgegriffen oder gar zu Ende erzählt wird.
Auf der Party geht es schon wild einher, wobei die Tatsache, dass sowohl Tina als auch Toni indiskutable Overalls tragen, eine weitere romantische Verwicklung androht:
Mick genießt derweil die Freuden des Entzugs in seiner Einzelzelle, in die man ihn als mutmaßlicher Mörder gesteckt hat.
Spielen wir ein Spiel: Wie geht dieser Teil der Handlung wohl aus? Ist Mick ein Mörder und muss auf ewig im Kittchen schimmeln? Oder kommt jemand anders als Täter in Frage? Schreibt eure Antwort auf einen Zettel, schluckt ihn runter und lest weiter.
Was nun folgt, ist vermutlich meine Lieblingsszene, weil sie in ihrer komplett hanebüchenen Doofheit so typisch ist für die Gewalt, die sich die Realität in den LISA-Filmen antun lassen muss. Ihr meint, das Trampolin neben der Mädchendusche wäre an den Haaren herbei gezogen gewesen? Ihr Narren! An den Haaren herbei gezogen ist, dass Tina plötzlich die Aufgabe zufällt, inmitten der Party einen Frankfurter Kranz mit Spritzguss zu verzieren, während daneben eine junge Frau topless pooft. What to do? What… to… do…?!
Es kommt, wie es kommen soll: Der Spritzguss landet auf den Nippeln, jeder darf mal kosten, und besonders Toni tut sich als Sexualstraftäter hervor. Es ist witzig. Glaube ich.
Weil nun auch den anderen "Schulmädchen" schwant, dass Tina ein manipulatives Miststück ist, wird sie mit Toni zusammen in ein Schlafzimmer gesperrt. Das wird sie lehren!
Petra hat sich indes die Kante gegeben, um das Unglück mit Mick zu vergessen. Dirk sieht seine Chance, sie abzuschleppen – also ganz im Sinne des ADAC.
Toni und Tina machen sich Gedanken, wie sie die Nacht in dem Schlafzimmer mit dem riesen Bett rumkriegen sollen. Man kann ja nicht… oder vielleicht doch?!
So kommt auch Toni zum gänzlich drogenfreien Schuss und das Publikum zu einem soliden Lacher, weil die Darstellerin von Tina sehr offensichtlich in die Kamera schaut, um sich einen Hinweis zu holen, wie weit sie die Decke noch runter ziehen soll, damit ausreichend was zu sehen ist.
Petra erwacht am nächsten Morgen mit einem Monster-Kater und Dirk, der ihr ein Frühstück macht. Angesichts seiner penetranten Freundlichkeit erklärt sich Petra endlich bereit, mit ihm ein paar Tage in ein Ferienhaus am Meer zu fahren.
Frau Dr. Bauer nutzt inzwischen ihren intimen Kontakt zu einem Anwalt, um Mick vor einem längeren Aufenthalt im Knast zu bewahren.
Zur Überraschung aller Beteiligten scheint die Auszeit Petra gut zu tun und Dirk macht sich Hoffnungen, doch noch bei der Klassenkameradin landen zu können. Was für ein Opfer! Die Ausgabe der "Blitz" (ähem) über die Verhaftung von Mick lässt er stickum verschwinden.
Der Anwalt versucht, den mittlerweile entgifteten Mick rauszuhauen – ob er sich erinnern könne, wer vielleicht noch am Tatort gewesen war? Wer jetzt aufgeregt auf und ab hüpft und "Der Lover von dem Schwulen war’s!" schreit, sollte sich was schämen. Ich habe Wollpullover, die das früher rausgefunden haben.
Die Rückreise nach Berlin steht an. Dirk denkt sich "jetzt oder nie!" und wir nicken bedächtig: nie it is, loverboy.
Petra lässt sich pflichtschuldig ein wenig knuddeln, aber man kann es nicht bestreiten: mit Freundlichkeit und Gartenarbeit bringt man keine Schlüpfer zum Kniefall. Kein Wunder, dass sich dieses obskure Objekt der Begierde relativ gut jeder Begeisterung enthalten kann.
Es ist ein verbranntes Essen, das Petra die Ausrede liefert, den Koitus mit Dirk nicht zu vollziehen, ohne ihm eine schmieren zu müssen.
Happy End an der Mick-Front. Geläutert, clean und frei wird der Junge aus dem Knast geholt und entgegen alle Erfahrung bittet er seinen Anwalt nicht, ihn mal "kurz bei meinem Kumpel Freddy vorbei zu fahren".
Die Ferien sind rum, die Schule geht wieder los. An der Lesbenfront hat sich scheinbar nichts getan, aber für 1000 Mark und Urlaub am Meer lässt sich Petra von Dirk die Hand um die Schulter legen. Ein Fortschritt, mag er denken.
Aber da ist Mick. Mick ist clean, Petra ist doof – die perfekten Zutaten für ein Happy End in einer Welt, in der ein paar Nächte im Knast den Junkie wieder zum Musterschüler machen, Erpressungsversuche keine Konsequenzen haben und drogenabhängige Freundinnen einfach vergessen werden. Hach…
Dirk bleibt nur die Einsamkeit des Großstadtcowboys, die etwas cooler wäre, wenn er noch sein Moped hätte. Es wird ein langes Schuljahr werden…
Wenigstens bleibt uns das Schulgraffiti "Unser Lachen wird euch begraben". Es klingt wie eine böse Drohung aus dem Retzer-Stall, in dem schon Hengst Ohrner wiehert und Stute Langer schnaubt. Bald, bald kommt ihre Zeit…
The End
Oookay… harter Stoff, möchte man um der Pointe willen sagen, aber es wäre gelogen: unter den Drogendramen der 70er und 80er ist DIE SCHULMÄDCHEN VOM TREFFPUNKT ZOO eher der harmlose Joint, der bei einer Teenager-Party rumgereicht wird und zu 80 Prozent mit Basilikum gefüllt ist. Der Sex nicht anstößig, das Drogenleid nicht abstoßend genug. Weder besonders lustig noch besonders schockierend. Zu professionell, um wirklich schlecht zu sein. Zu banal, um wirklich gut zu sein.
Natürlich passt da nix zusammen, natürlich sollte man ein Junkie-Schicksal nicht im Kontext einer Pennäler-Klamotte erzählen. Aber Walter Boos hält die Inszenierung straff, es gibt häufige Szenenwechsel und dramatische Wendungen, und wenn mal gar nix mehr geht, zieht eine der jungen Aktricen blank. Ein Großteil des seriösen deutschen Kinos anno 1979 hatte erheblich weniger Unterhaltungswert: DIE BLECHTROMMEL, DIE EHE DER MARIA BRAUN, WEHE WENN SCHWARZENBECK KOMMT, ARABISCHE NÄCHTE.
Hinzu kommt, dass Boos die Drogen-Plots nicht einfach in die Story dengelt – die Verlegung des Schulmädchen-Reports vom sonnig-bunten München ins trist-deprimierende Berlin erzeugt tatsächlich eine trostlose Atmosphäre, die den dramatischeren Elementen durchaus Stimmung verleiht. Die Kehrseite der Medaille ist, dass der Softsex freudlos und wirklichkeitsfremd daher kommt.
Dass die Macher sich mit Brüsten wohler fühlen als mit Bahnhofsklos, bemerkt man dann wieder daran, dass es die banalen "Toni und Udo" und "Gaby und Tina"-Plots sind, die einen Anfang, einen Twists und ein Ende haben, während die Drogenszenen völlig in der Luft hängen. Wie Mick überhaupt an die Nadel gekommen ist? Warum Petra ihn liebt? Was nach dem kurzen Entzug aus der Scene wird? Wie es mit Doris weiter geht? Völlig wurscht. Das, was den SCHULMÄDCHEN den schmierigen Reiz an der Kinokasse verleihen soll, ist letztlich Schaufensterdeko und nicht wirklich Kern des Films. Darum kann er es sich auch leisten, so harmlos zu sein – ein bisschen mit Spritzen fuchteln und beim Entzug schwitzen, das reicht dann schon als Schockwert.
Diese Light-Einstellung überträgt auch auf die Rolle von Katja Bienert: Petra bleibt klinisch sauber, nimmt selber keine Drogen, hat keinen Sex (es wäre unterstellbar, dass sie noch Jungfrau ist), begeht keine nennenswerten kriminellen Taten. Sie schlafwandelt durch das drogenverseuchte Berlin wie eine traurige Märchenprinzessin. Und damit ist ihr "Bluse runter, Baby"-Anteil trotz des Alters gerade noch verkraftbar.
Der POP – Melody Maker war der Film sogar einen Fotoroman wert:
Drogen – Penne – Babystrich
Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass der Babystrich eigentlich gar nicht vorkommt – ein derart heißes Eisen wollte wohl am Ende doch niemand anfassen.
So ist DIE SCHULMÄDCHEN VOM TREFFPUNKT ZOO zwar reines Exploitation-Kino, aber von der harmloseren Sorte und damit durchaus ins Portfolio der LISA-Film passend. Die geschmacklichen Aussetzer sind vorhanden, halten sich aber im Rahmen.
Die Frage, ob man sich den Film angucken sollte, ist ungefähr so schwer zu beantworten wie die Frage, ob man Drogen probieren sollte. Ich verstehe die Neugier, der Erfahrung nach kommt aber selten Gutes dabei rum.
Über die Jahre wurde DIE SCHULMÄDCHEN von ein paar interessanten Postern und Covern geziert – mein Favorit ist das aus Italien:
In den USA nannte man den Film für die Kinos zuerst TRAIN STATION PICK-UP:
Auf Video ging man zum Plural über, ließ aber den Bindestrich weg:
In schrabbeligen Neuveröffentlichungen auf Scheibe müht man sich gar nicht mehr:
Ich möchte an dieser Stelle um eure Mithilfe bitten – es ist mir trotz erheblicher Mühen nicht gelungen, die junge Dame in der Mitte des deutschen Plakatmotivs im Film zu finden. Wer ist sie? Warum die komische Haltung? Was hält sie da in der Hand? I need answers!
Einen deutschen Trailer konnte ich übrigens nicht auftreiben, aber die US-Version entpuppt sich also solide Zusammenfassung des Geschehens:
https://www.youtube.com/watch?v=wovhhkiqxa8
.. Das liest sich wieder sehr viel unterhaltsamer, als es sich guckt.
Der Schluss des Madonna Videos verstört mich.
PS und ot :
Gibt es die Sonnenbrille auf deinem Bild noch?
Die war nicht von mir, sondern kurzfristig von einem Klassenkamerad geliehen.
Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn es da keinen Zusammenhang gäbe.
Da steckt nicht wenig Arbeit drin. Ok, nicht von den Produzenten aber von dir. Trotz allem finde ich es aber immer wieder erstaunlich wie du nach fachgerechter Zerlegung einzelner Szenen, der Schauspielkunst der Akteure und der grundsätzlichen Einstellung von Retzer wieder zu einem fast versöhnlichen Renomee des Films kommst. Ohne ihn gesehen zu haben (ich weiß, großer Fehler) wäre ich anhand deiner Beschreibung nicht so gnädig gewesen.
Du verwöhnst uns mal wieder! Tausend Dank für Deine Mühen, Deine Foto-Reviews sind immer wieder ein Riesenspass. Ein extra-Sahnehäubchen oben drauf ist auch die Erwähnung von "UNSER WALTER", ein Titel, den ich seit Jahrzehnten nicht mehr gehört habe, aber an den ich mich aus meiner frühen Kindheit noch ganz vage erinnern kann. Super! Die 70er waren schon irgendwie trostlos und optisch geradezu gruselig, aber als kleines Kind nimmt man das zum Glück nicht so stark war. Ich bin jedenfalls froh, dass meine Einschulung erst 78 war und ich meine Jugend hauptsächlich in den wesentlich cooleren 80ern verbringen durfte.
Uff! Das war eine seltsame Mischung von deprimierend und bizarr. Aber immerhin aufgelockert mit den üblichen Schmankerln:
"So! Und jetzt, Drogen-Drama und Teenie-Klamotte, küsst euch! KÜSST EUCH!!!"
Was das Rätsel vom Poster betrifft: Was das Mädel in der Hand hat, sieht mir wie der typische Einweg-Plastikbecher aus, den man auf jeder Party kriegt. Aber wer sie ist? Keine Ahnung. Die einzigen prominenten Blondinen in dem Film scheinen ja die Mutter und die Lehrerin zu sein. Tauchte sie vielleicht in einer der Party-Szenen auf?
Ich habe den Film durchgespult und sie nicht finden können.
Ad "Asia Trash": Der arme Raimund Harmstorf. Der hätte etwas Besseres verdient gehabt als sein Schicksal.
Das war wieder mal ein toller Bericht. Ich leide übrigens auch unter Trypanophobie. Ausgerechnet bei der obligatorischen Vorführung von "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" in der 9. Klasse. bekam ich einen Kreislaufzusammenbruch.
Ich packe es mal hier hin, auch wenn es mit diesem Artikel nur am Rande zu tun hat:
In meinem News-Reader wird mir der Artikel "CHRISTIANE F. – WIR KINDER VOM BAHNHOF SOAP" angezeigt und ich kann ihm im Reader auch lesen. Im Browser öffnen kann ich ihn nicht, da erscheint nur "Datei nicht gefunden". Und auf der Startseite wird er auch nicht angezeigt.
Nicht funktionierender Link:
https://wortvogel.de/2020/09/christiane-f-wir-kinder-vom-bahnhof-soap/
Der sollte erst morgen freigeschaltet werden. War ein Fehler.