31
Aug 2020

Der Wortvogel kocht – und kriegt was gebacken

Themen: Neues |

Ich hatte ja schon erzählt, dass ich mich in letzter Zeit (und eigentlich erstmals in meinem Leben) mit richtigem Kochen & Backen beschäftige. Es ist nicht so, dass ich als Single-Mann (bevor ich eine Frau heiratete, die sowohl kochen als auch backen kann) nur von LIDL-Pizza gelebt habe: Kartoffeln, Frikadellen, Spaghetti Bolognese, Fisch und ein paar Kuchen – ich kam klar. Das meiste war allerdings Fertigfutter. Neue Sachen nach Rezept – da fehlte mir immer die Geduld und vor allem die Gesellschaft, in der ich das genießen konnte.

Das hat sich auch deshalb geändert, weil wir so begeistert Back-Shows schauen und ich ein paar Food-Kanäle auf YouTube abonniert habe. Das inspiriert. Nun ist mein Geschmackssinn weder besonders entwickelt noch exotisch geprägt, ich bleibe also immer bei sehr gutbürgerlichen Klassikern. Aber ich gestehe, dass es ein tolles Gefühl ist, ein Gericht “from scratch” selber gemacht zu haben – besonders, wenn es tatsächlich schmeckt. Es ist ein Erfolgserlebnis, gerade weil es nicht zu den Dingen gehört, dir mir liegen. Es ist eine Herausforderung.

Heute erzähle ich euch von meinen aktuellen Fortschritten.

Ihr erinnert euch sicher an meinen “japanese jiggly cake”, der zwar nicht ganz so monströs aufgeblasen war wie die Vorlage, aber dennoch geschmacklich überzeugen konnte:

Danach wollte ich mal was Herzhaftes probieren. Es traf sich gut, dass die LvA und ich uns gerne bei den Pasta Grannies Inspiration für unsere Nudelabende holen. Und da stolperte ich irgendwann über dieses Video:

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Spinatlasagne mit sieben Schichten? Das sah nicht schön, aber echt wow aus. Ich bekam sofort Hunger, obwohl die holde Gattin mich warnte: wirklich ALLES selber zu machen, ist ein ziemlicher Akt. Wir reden ja nicht nur vom Hackfleisch, sondern auch von der Pasta und der Béchamelsauce. Aber ich habe vor Jahren in der fast unbekannten Krimiserie REPUBLIC OF DOYLE den Satz gehört: “Too late – now I’m committed!”

Tatsächlich gelang es mir, das Rezept relativ authentisch und mit nur zwei Mängeln nachzubacken: meine Lasagne-Blätter waren etwas zu dick und wellten sich sehr stark. Da ich sie bewusst nicht präzise ausgeschnitten hatte, sieht das Ergebnis vielleicht etwas wild aus, aber ich kann euch versichern – es war eine absolute Delikatesse:

Das klingt vielleicht jetzt ein bisschen anmaßend, aber ich habe auf Anhieb die leckerste Lasagne gebacken, die ich je gegessen habe.

Weil der permanente Wechsel Spaß macht – zurück zu den Süßspeisen!

In den englischen Backshows wird immer gerne was mit Custard gemacht, einer beliebten Art Vanillecreme, die – wenn man den Dreh raus hat – nur wenige Zutaten braucht und sehr einfach herzustellen ist. Das wollte ich auch mal probieren und dabei gleich meine Fähigkeiten im “blindbacken” trainieren – und das ist nicht, was ihr meint.

Bei der Suche nach dem richtigen Rezept für eine Custard Tart stieß ich auf den Kanal von Louis Troyano, einem sehr sympathischen Bäcker, den wir in unserer ersten Staffel Bake Off 2014 gesehen hatten. Seine Variante der “egg custard tart” sprach mich sofort an – vor allem wegen der kuriosen Idee, ihr eine relativ dicke Schicht von Muskatnuss mitzugeben:

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Da ließ ich mich nicht zweimal bitten! Allerdings halbiere ich die Rezepte immer, weil die LvA und ich keine Bäckereien beliefern müssen. Es reichte dennoch für zwei kleinere “pie tins”. Ich gestehe, dass ich mich mit dem Mürbeteig etwas schwer tat, weil ich ihn zu kurz blind backte und er zwar extrem dünn, aber dennoch dicht ausgelegt werden muss. Bei der runden Form gelang mit das gut, bei der quadratischen suppte der Custard etwas durch. Der bei den Bake Offs gefürchtete “soggy bottom”!

Dennoch schmeckte die Tart – und ich verwende den Begriff nicht leichtfertig – sensationell und kam auch bei Freunden, die wir eingeladen hatten, gut an. Tatsächlich verleiht die Muskatnuss dem Kalorienbomber eine ganz eigene Note, ein weiteres Level.

Reportagen trieben mich in den Wochen danach durch die Republik, ich aß zwar viel – aber nichts, was ich selber gekocht hatte. Dennoch war es kulinarisch eine echte Erlebnisreise:

Marillenknödel, falls es wen interessiert. Gibt’s hier. Und Weißbierknödel. Und Käseknödel. Und Spinatknödel. Und. Und. Und.

An diesem Wochenende reizte es mich, nach einer Staffel GREAT IRISH BAKE OFF selber wieder zu Mehl und Zucker zu greifen. Das Rezept war einfach und mir halbwegs bekannt: ich hatte total Lust auf einen Streuselkuchen mit einer Puddingfüllung. Den hatte nämlich meine Mutter immer gemacht, als ich noch klein war. Für mich das perfekte “comfort food”. Und ich fand auch schnell eine vertrauenswürdig klingende Version beim Club of Cooks.

Ich halbierte wieder die Mengen und holte eine kleinere Backform heraus. Es zahlt sich aus, dass die LvA exzellente Vorratshaltung betreibt und wir praktisch alle Zutaten und Utensilien griffbereit haben. Die Zubereitung dauerte kaum 15 Minuten, danach musste der Teig 30 Minuten in den Kühlschrank, bevor er mit Pudding und Streuseln kombiniert für 35 Minuten in den Backofen ging.

Weil ich hoffte, dass meine Mama sich freuen würde, ihr Rezept noch mal nachgebacken zu sehen, habe ich das Ergebnis nicht fotografiert, sondern gleich gefilmt und in iMovie aufgehübscht, um es ihr per Whatsapp schicken zu können:

Und ich möchte nicht wie eine Schallplatte mit Sprung klingen, aber: sensationell ist das richtige Adjektiv für diesen Kuchen. Natürlich sehr süß, aber aber prima krümelig im Streusel, fest im Boden und erfrischend im Pudding. Da bin ich gleich wieder zehn Jahre alt.

Okay, what’s next? Es steht wieder was Herzhaftes an. Ich habe mir auch schon ein paar Ideen geholt. Diesmal werde ich mich jedoch aus dem Fenster lehnen: ein Grundrezept wird von mir frei abgewandelt. Ich habe keine Ahnung, ob das funktioniert oder ob die Kombination der Zutaten sich gegenseitig aufhebt. Ich weiß nur: es ist was, das ICH sofort essen wollen würde. Und nur darauf kommt es letztlich an.

Das erste Fazit kann demnach nur lauten: Ich hätte mich früher damit beschäftigen sollen, was unser Kühlschrank, unser Herd und unser Backofen so hergeben. Gerade mit YouTube-Videos als Hilfestellung ist es gar nicht so schwer, etwas Schmackhaftes zu zaubern. Und es ist ein tolles Erlebnis, selbst für einen Anfänger wie mich.

In Zukunft also häufiger: Can you smell what the Vogel is cooking?!



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4 Kommentare
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Kerstin Ludwig
Kerstin Ludwig
31. August, 2020 19:23

Am Wochenende gabs Kesselgulasch – stilecht von der Feuerschale im Kessel gekocht. Auch sehr lecker 🙂

AlphaOrange
AlphaOrange
1. September, 2020 10:59

Das ist einfach nur wirklich schön zu lesen! 🙂
Mich freuen diese Geschichten immer, wenn sich jemand an den unliebsamen Herd/Ofen stellt und merkt, wie einfach man damit Erfolg und Spaß haben kann.

Rezepte nutze ich quasi nie. Vielleicht der Grund, warum ich auch nahezu nie Kuchen oder so backe. Mit Topf und Pfanne, Auflaufform und Gemüse kann man recht frei experimentieren ohne was total falsch machen zu können (bin Vegetarier – die Gefahr, Fleisch zu verhunzen, besteht also nicht). Aber wenn der Kuchen ein trockener Ziegel wird oder aus dem Ofen fließt, ist halt blöd.
Daher: frei abwandeln und herzhaft ist schon mal eine ganz gute Entscheidung!

Thomas
Thomas
2. September, 2020 10:44

Ich bin kein großer Bäcker. Erstens ist es in einem Single-Haushalt schwer selbst ein halbes Rezept rechtzeitig zu essen – bevor es einem über wird oder die Qualität zu stark nachlässt. Zweitens komm ich nie an die Qualität der Damen in meiner Familie ran… Hab mich jetzt nur in der Isolation mit Sauerteigbrot beschäftigt und das funktioniert überraschend gut. Man braucht halt Zeit und wenn man eh weiß, dass man das WE zuhause verbringt, dann kann man das mal versuchen.

Aber ich koche sehr gerne, da kann man meistens auch am Ende noch was rausholen, wenn es noch nicht so gut schmeckt.

Auch ich steh sehr auf YouTube-Videos. Neben den bekannten großen Channels gibt es immer wieder kleinere Goldstückchen über die man so nebenbei stolpert. Herausheben möchte ich hier “Internet Shaquille”, dessen Videos schön kurz sind (ausreichend lang aber nicht so aufgeblasen, dass man unbedingt auf über 10min kommt) und sehr informativ.

Und wenn man auf schräge Videos mit hochwertigem Inhalt steht kann ich “You suck at cooking” empfehlen, wobei der schon zu den bekannteren Channels gehört.

Martin Däniken
Martin Däniken
2. September, 2020 21:01

Habe Tastatur vollgesabbert…Danke 😉