Filmverbrechen-Fotostory: ZÄRTLICH ABER FRECH WIE OSKAR oder DER GENDARM VOM WÖRTHERSEE oder: die Renate Langer Bikini-Show (NSFW)
Themen: Film, TV & Presse, Fotostory, Neues |Beginnen wir mal wieder mit der Beichte: Das hier ist NICHT der Film, den ich besprechen wollte. Es gab nach der Übersicht meiner bisherigen Fotostory-Reviews zwei Wege – tiefer in das Oeuvre von Tommi Ohrner oder tiefer in die Suhle der Retzer-Softsexkomödien. Ich wollte brav sein, ich wollte mir erneut den Tommi vornehmen. Als sich allerdings nach einer Viertelstunde heraus stellte, dass EIN DICKER HUND auch von Retzer-Komplizen durchseucht war, riss ich den Karren herum und legte ZÄRTLICH ABER FRECH WIE OSKAR ein. Der “bietet” mehr, wenn ihr versteht, was ich meine…
Keine Angst, EIN DICKER HUND kommt auch noch – und danach geht es wieder in die Kunst. KUNSCHT!
Ein bisschen Kontext: ZÄRTLICH ABER FRECH WIE OSKAR gehört in das Genre der Strand/Ferien/Disco-Komödien der späten 70er, die eine Brücke schlugen zwischen den Altherren-Schwänken mit Peter Alexander, Hansi Kraus und Heintje und den albernen Musik-Teenie-Streifen wie SUNSHINE REGGAE AUF IBIZA und GUMMIBÄRCHEN KÜSST MAN NICHT. Beeinflusst sicher von der Liberalisierung der 70er und den EIS AM STIEL-Filmen, wurden hier die Plotten der Nachkriegsklamotten mit neuen Darstellern und vielen Brüsten erneut hochgekocht.
Es war ein fruchtbares Genre, da sollte man sich keinen Illusionen hingeben:
- COLA, CANDY, CHOCOLATE
- SUMMER NIGHT FEVER
- POPCORN UND HIMBEEREIS
- AUSTERN MIT SENF
Es gibt Dutzende dieser Streifen und je mehr man sich davon antut, desto offensichtlicher wird, dass nur eine Handvoll Leute dahinter standen, die in immer neuen Konstellationen mit den immer gleichen Mitarbeitern nur marginal unterschiedliche “Komödien” in die Kinos pumpten.
King und Strippenzieher ist dabei Otto W. Retzer, über den ich auch schon mehrfach geschrieben habe. Er hat die meisten dieser Filme produziert, hat oft selber kleinere Rollen übernommen und dabei auf eine genaue Balance aus Altstars und Jungtalenten geachtet. So frisch, frech und frei sich seine Filme auch geben – sie sind durchzogen von zotigem Altherrenhumor und einem frauen- wie menschenfeindlichen Weltbild. Und vielleicht macht gerade das sie im Rückblick so spannend.
Aber das wisst ihr ja alles schon. Warum also heute ZÄRTLICH ABER FRECH WIE OSKAR? Weil es eine Art “Prequel” zu EIN KAKTUS IST KEIN LUTSCHBONBON ist, mit einem Großteil der gleichen Crew. Nur vier Monate lagen zwischen den Startterminen der beiden Filme. Das machte mich neugierig – der KAKTUS ist ja so etwas wie die Messlatte für diese Sorte Film.
Steigen wir also wie immer mit dem Vorspann ein:
Hierzu zweierlei: Der Pfaffe am Flugdrachen ist ein wiederkehrendes Motiv in der Artwork des Film und ich möchte wetten, dass Retzer ursprünglich vorhatte, daraus den “großen Stunt” zu machen, mit dem diese Sorte Film gerne im Trailer ködert. Letztlich kam die Szenen aber augenscheinlich nicht zustande und das Plakat verspricht nun, was der Film nicht halten kann/will.
Und warum eigentlich der Titel ZÄRTLICH ABER FRECH WIE OSKAR? Auch hier nur eine Spekulation: Hauptdarsteller Régis Porte war im Jahr davor im französischen Überraschungshit VERDAMMT NOCHMAL!… WO BLEIBT DIE ZÄRTLICHKEIT? aufgefallen, und die namentliche Verwandtschaft empfand Retzer wohl als hilfreich. Dafür spricht auch, dass der Film schon bei der nächsten Veröffentlichung (und dann auf DVD) in DER GENDARM VOM WÖRTHERSEE umbenannt wurde – was natürlich auch Kappes ist, weil Heinz Eckner (siehe KAKTUS) bestenfalls eine Nebenrolle hat. Aber hatt’s den Retzer je geschert? Ach was!
Also, wen haben wir denn da?
Wie gesagt – Porte hatte in einem Überraschungshit gespielt, verschwand aber nach dem hier und DIE SCHÖNEN WILDEN VON IBIZA (coming soon) relativ schnell wieder in der Versenkung. Noch schneller in der Versenkung landete die sehr hübsche und üppige Patricia Zenker, die von der CINEMA seinerzeit als 17jähriges Nachwuchstalent angekündigt wurde, die es aber nach diesem Film nur noch zu einer Nebenrolle in einer Fernsehserie 1983 brachte. Um es mit Drosten zu sagen: Sie hatte Besseres zu tun.
Tatsächlich wurden ihr in Erwartung der großen Karriere für ZÄRTLICH aber schon mal Autogrammkarten gedruckt:
Zu früh gefreut, kann man da nur sagen.
Aber das ist nicht alles, was ZÄRTLICH an “Comedy”-“Veteranen” aufbietet:
Renate Langer? Hatten wir im KAKTUS – kommen wir noch zu.
Werner Röglin? Hatten wir im KAKTUS – kommen wir noch zu.
Ebenso zu Marie-Luise Lusewitz, die eine GANZ schräge Karriere hatte. Um den Vorspann nicht ins Endlose zu ziehen, werde ich das alles im Verlauf des Films abhaken.
Rosl Mayr ist eine echte Legende. Ester Do Sica? Nicht Ester Do Sica.
Babsi May? Hatten wir im KAKTUS – kommen wir noch zu.
Corinna Gillwald? Hatten wir im KAKTUS – kommen wir noch zu.
Gesa Thoma. Ihr werdet lachen.
Und da ist er – der unvermeidliche Retzer. Lässt ihn diesmal der kleine Ziesemann an die Bümpi ran? Wir werden es sehen…
Die “Speedys”? Ich musste auch googeln. Zumindest ist es keine Stunt- oder Stock Car-Truppe, die den Film mit ein wenig Blechschaden actionmäßig aufmöbeln soll…
Heinz Eckner? Hatten wir im KAKTUS – kommen wir noch zu.
Franz Xaver Lederle ist ein Kameramann, der neben ein paar hochkarätigen deutschen Freitagabend-Serien (DERRICK, DER ALTE, SISKA) primär für den B-Film hinter dem Objektiv stand – und es wird sich kaum eine für Trash- und Actionfreunde beeindruckendere Filmographie finden:
1966: Die Rechnung – eiskalt serviert
1967: Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn
1967: Necronomicon – Geträumte Sünden
1967: Dynamit in grüner Seide
1969: Das Go-Go-Girl vom Blow-Up
1971: Rudi, benimm dich!
1971: Käpt’n Rauhbein aus St. Pauli
1972: Blutiger Freitag
1974: Bohr weiter, Kumpel
1974: Ein toter Taucher nimmt kein Gold
1975: Reise ins Jenseits – Die Welt des Übernatürlichen
1977: Drei Schwedinnen in Oberbayern
1977: Sylvia im Reich der Wollust
1978: Cola, Candy, Chocolate
1979: Nackt und heiß auf Mykonos
1981: Manche mögen’s prall
1983: Plem, Plem – Die Schule brennt
1983: Rasputin – Orgien am Zarenhof
1983: Babystrich im Sperrbezirk
1984: Zwei Nasen tanken Super
1986: Die Schokoladen-Schnüffler
Und das ist nur ein kleiner Aussschnitt! Aus seinem Schaffen allein könnte ich meine Fotostorys bis ins nächste Jahrtausend bestücken!
Ähnlich sieht es mit dem Regisseur aus:
1963: Der schwarze Abt
1964: Die Gruft mit dem Rätselschloß
1965: Durchs wilde Kurdistan
1965: Ferien mit Piroschka
1967: Mister Dynamit – Morgen küßt Euch der Tod
1967: Oswalt Kolle: Das Wunder der Liebe
1969: Auf Sch**ßer schießt man nicht
1970: Wenn die tollen Tanten kommen
1971: Tante Trude aus Buxtehude
1975: Lady Dracula
1978: Hurra, die Schwedinnen sind da
1982: Manni, der Libero (Tommi Ohrner!)
1986: Der Stein des Todes – Death Stone
1987: Zärtliche Chaoten
Ein König. Ein KÖNIG! Wenn ich es euch doch sage!
Und da frage mich noch einer, warum ich heute DIESEN Film besprechen muss…
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass zu den launigen Titel-Cartoons ein denkbar unpassender Song läuft, so eine Art “Another brick in the wall”, light und koffeinfrei. Ein Kinderchor wiederholt dabei immer die Zeile “Total television – we are easy prey”. Ist es nicht DAS, was wir in einer Sommer/Sonne/Softeis-Komödie hören wollen?!
Wir steigen ein – ist es der Ammersee? Ist es der Starnberger See? Ist es der Wannsee?
Nein, es ist der Wörthersee, an dem Otto Retzer eine nicht geringe Menge seiner Produktionen kurbeln ließ – und an dem er noch mal spätes Gold finden sollte. Mehr dazu gleich.
Es lassen sich auch hier wieder Querverbindungen ziehen, die nicht so offensichtlicher Natur sind. So drehte Retzer u.a. mit Sibylle Rauch den GURU JAKOB. Diese verdingte sich vor ein paar Jahren in einem Bordell in Klagenfurt – am Wörthersee.
Hängt das alles nicht nur zufällig zusammen? KANN das noch Zufall sein? Findet sich unter der Oberfläche ein unsichtbares Netz, das Menschen, Orte und Ereignisse verbindet, das auf einen größeren Zusammenhang, ein Ziel gar verweist? Ich komme mir vor wie einer dieser besessenen Ermittler in Serienmörder-Filmen:
Nun aber mal ran an den Film. Es lungern Polizisten vor der Gendarmerie herum. Das wird sich schnell als symptomatisch erweisen – aus Kostengründen spielt der Film sehr viel VOR Gebäuden statt IN Gebäuden, für die man Genehmigungen gebraucht hätte und die man noch dazu hätte ordentlich ausleuchten müssen. Wenn die Sonne scheint, ist es draußen allemal billiger:
Und wen haben wir denn da mit seinem weich-wackeligen Handgelenk?
Jawoll, Werner Röglin, Münchner Kult-Schwulette und im KAKTUS die Tunte, die den lustig-doofen Bruno anbaggert. Hier darf er die Tunte in Uniform geben – nicht bös sein, aber das ist die komplette Bandbreite seiner Figur.
Heinz Eckner ist auch dabei, denn Heinz Eckner ist IMMER dabei – ob als tumber Pfarrer im KAKTUS oder als tumber Polizist hier. Er gibt halt bevorzugt die Autoritätsfigur, die es zu veralbern gilt.
Mit großem Getöse fällt nun der Piefke-Karawan in die Ortschaft ein. Den Österreicher verbindet gerade mit seinem deutschen Urlaubsgast ja eine besondere Hassliebe:
Kein Wunder also, dass der Kellner schnell überall noch mal eine 1 vor die Preisangaben schreibt. Übrigens alles in Schilling, also bitte durch 7 teilen für die Mark und dann durch 2 für den Euro. Oder gleich durch 14.
Dem teutonischen Sonnensucher ist natürlich daran gelegen, das Bergbauern-Volk sittlich zu verrohen. Und so kommt es augenblicklich zur ersten Konfrontation des feinen Herrn Pfarrer mit den hervorstechendsten Merkmalen von Renate Langer:
Herbert Fux, Knittergesicht, Polit-Aktivist und neben vielen anspruchsvollen Rollen auch gerne präsent in Streifen wie LADY FRANKENSTEIN, BLUTJUNGE VERFÜHRERINNEN 2, DER TEUFEL IN MISS JONAS und LIEBESBRIEFE EINER PORTUGIESISCHEN NONNE. Man muss ihn lieben. Keine Alternativen.
Renate Langer hatte im KAKTUS ja nur eine winzige (angezogene) Nebenrolle. Aber auch wenn Régis Porte und Patricia Zenker nominell die Hauptrollen in ZÄRTLICH spielen, so ist der Film doch ganz Langers Show. Auffällig in der Eleganz und der leicht hochnäsigen Arroganz des High Society-Schneckchens, paradiert sie eine Reihe von Bikinis und weniger mit einer lässigen Selbstverständlichkeit, die beeindruckt. Sie weiß, warum man sie angeheuert hat – und sie liefert.
Langer war damals in der Tat neben der Schauspielerei und den Model-Aufträgen primär als “arm candy” in den Klatschpostillen bekannt:
Ihre Fotostrecken wurden auch international vermarktet, allerdings nicht notwendigerweise unter ihrem Namen. Über die schwiemeligen Texte kann man mehr lachen als über Filme wie ZÄRTLICH, das steht mal fest:
Mit den Jahren endete auch ihre Karriere. Allerdings schaffte sie es 2017 noch einmal in die Schlagzeilen, als sie mit 45jähriger Verspätung Roman Polanski der Vergewaltigung bezichtigte, die sie im Gegenzug für eine Rolle damals hatte unter den Teppich fallen lassen. Classy. Der entsprechende Artikel zeigt ein aktuelles Fotos von ihr.
Alter, es tun sich Abgründe auf! Ich dachte, es sollte hier um eine launige Bumskomödie gehen! Ich sollte echt nicht so neugierig sein…
Zu den Urlaubern am Wörthersee gehören Peter und sein Kumpel Freddy. Peter ist ein derart potenter Aufreißer, dass er nur seinen Wagen abstellen muss, um Mädels einzufangen, die mit dem Fahrrad hinten drauf fahren;
Große Stunts – das Markenzeichen der Retzer-Produktionen:
So liegt die brave Billi schon in der korrekten Position im Cabrio:
Peter so:
Und Billi so:
Und Freddy so:
Tobias Meister – TOBIAS MEISTER! Der lustig-doofe Bruno aus dem KAKTUS darf hier den lustig-doofen Freddy geben. Unterschätzen sollte man ihn deshalb nicht, immerhin ist er heute die Synchronstimme von Brad Pitt, Sean Penn, Gary Sinise, Kiefer Sutherland, Tim Robbins, Jack Black, Forest Whitaker und Gary Oldman. Und in Oliver Krekels unfassbaren GHOSTS OF SHERWOOD spricht er den ollen Robin Hood!
Egal, zwischen Peter und Billi ist es die große Liebe, wie uns der Weichzeichner und eine Collage von kitschigen Wald & Wiesen-Motiven einbleuen wollen:
Koitus wird auch versucht, denn Papa hat Dienst und die Tochter eine Couch. Hier gönnen wir uns schon mal einen Einblick in die Qualität der zu erwartenden Dialoge:
Peter: Ist es hier immer so dunkel?
Billi: Am Tag nicht.
Das junge Glück wird aber empfindlich gestört von Billis Vater, dem schon kurz gezeigten Dorfpolizisten. Er möchte sein Mädchen nicht “rummachen” sehen.
So heißt es nach nur einer Nacht Abschied nehmen, denn Peter muss zurück nach München. Doch er wird ihr schreiben! An sie denken! Im nächsten Jahr wiederkehren!
Billi bleibt mit gebrochenem Herzen und roter Rose zurück:
Peter eher so: “Ciao, Schneckchen!”
Deine Spuren im Sand…
Wir springen nun ein grobes Jahr und bevor ich mich erneut auf die “Handlung” konzentriere, muss ich eine Niederlage eingestehen. Ich war entschlossen, diesen Flipper in Peters Wohnung für euch zu identifizieren, aber es ist mir angesichts der Teil-Ansicht und der niedrigen Auflösung leider nicht gelungen. Kann einer von euch es besser?!
Wie dem auch sei, an der nackten Ische, die bei Peter aus dem Bett hüpft, kann man bereits ablesen, wie ernst er seinen Liebesschwur genommen hat:
Dem Freddy beschlägt’s angesichts dieser nackten Tatsachen glatt die Brille:
Die Qualitäten von “Mijou” sind ja auch nicht zu verachten:
Das hier soll laut des Vorspanns “Ester Do Sica” sein. Es ist allerdings Esther Studer. Sie ist der Lederle und der Gottlieb unter den Darstellerinnen, denn ihre komplette (!) Filmographie strotzt vor “Perlen”:
Mad Foxes – Feuer auf Räder
Mädchen nach Mitternacht
Frauen für Zellenblock 9
Frauen ohne Unschuld
Frauen im Liebeslager
Tänzerinnen für Tanger
Nach Bangkok, der Liebe wegen
Die Liebesbriefe einer portugiesischen Nonne
Greta – Haus ohne Männer
In 80 Betten um die Welt
Jack the Ripper
Mädchen, die am Wege liegen
Mädchen, die sich selbst bedienen
Heißer Mund auf feuchten Lippen
Natürlich zog sich sich auch für Postillen wie “Sexy” und den australischen Playboy aus, aber mein ungeschlagener Favorit ist dieses Cover:
“Hinternationale Hitporade” – wir verleihen den Ingeborg Bachmann-Preis immer an die Falschen…
Ich will keine Gerüchte in die Welt setzen, aber das hier könnte ihr Pinterest sein…
Es stellt sich heraus, dass Peter und Freddy nach Italien möchten, um scharfe Bräute zu treffen. Wobei Freddy nur der Wingman ist, denn Mijou stellt die berechtigte Frage:
“Kann er denn überhaupt bumsen?”
Kann er nicht, weil hat er nicht. Es kommt zum Streit, weil Mijou auf Peter nicht verzichten möchte, während Freddy versucht, sich im Vordergrund einen Lolli aus der Kauleiste zu pulen (ihr wollt keine Details):
Schlimm genug, dass Peter Billi fast augenblicklich mit Mijou betrogen hat, aber da ist ja auch noch Mathilde, aka Corinna Gillwald. So etwas nannten wir in den 80ern “ein heißes Gerät”, was natürlich heutzutage gar nicht mehr geht. Aber es wäre zumindest legal, weil Gillwald bei den Dreharbeiten zu ZÄRTLICH gerade 18 geworden war.
Mathilde meldet ebenfalls Anspruch auf Peters Potenz an.
Und damit hat Bruder Leichtfuß daheim gleich drei bebrüstete Probleme – Mathilde:
Mijou:
Und die frisch hinzu gekommene Helga:
Bei der handelt es sich übrigens um Gesa Thoma, die nach einer begrenzten Karriere im Retzer-Umfeld aus der Schauspielerei ausstieg und heute bei einem Home Shopping-Sender arbeitet. Und bevor jemand behauptet, ich würde mir so etwas ausdenken:
Was macht man, wenn einem willige Weiber die Bude einrennen? Türmen natürlich, um andernorts willige Weiber kennen zu lernen:
Die Tatsache, dass Peter ein Serien-Stecher ist, der keiner treu sein kann, scheint die Damen nicht groß zu stören, sie laufen ihm im wahrsten Sinne des Wortes hinterher:
Die Autofahrt gen Italien gibt den beiden Freunden Zeit zur Exposition. Wir erfahren, dass Peter endlich mal seine Ruhe vor dem ewigen Frauenfanatismus sucht und Freddy in der Tat noch Jungmann ist. Das soll sich natürlich baldigst ändern.
Auch hier kann ich einen Querverweis zum KAKTUS ziehen, denn in der dortigen Kritik wies ich darauf hin, dass die “coolen Jungs” in solchen Filmen immer entsprechende KFZ der 70er fahren: bunte Käfer oder Enten, gerne Cabrio, ab und an auch mal mit Airbrush verzierte Chopper. Es markierte die Linie zwischen Hipster und Spießer. Ein weiteres beliebtes Merkmal: unordentliche Buden mit Matratzen auf dem Boden.
Der Weg von München nach Italien führt fast zwangsweise durch Österreich. Und wer arbeitet dort an einer Tankstelle? Na, wenn das nicht mal die süße Billi ist, die angesichts von Peter und Freddy gleich mal den Scheibenschwamm ins Gesicht des lüsternen Industriellen Bronzky drückt.
Und der schmeißt das Ding gleich mal weiter in den Ausschnitt seiner Frau:
Ich tue euch das ungern an, weil’s gerade so spannend ist, aber ich muss wieder ein paar Sachen einfügen. Ähnlich wie beim Stolperdraht im KAKTUS ist mal wieder sehr auffällig, wie armselig und mühsam der Slapstick herbei fabuliert wird. Der Autofahrer muss seinen Kopf unnatürlich seitlich aus dem Fenster hängen, damit der “Witz” mit dem Schwamm überhaupt funktioniert. Es wird mir ewig ein Rätsel bleiben, warum man das nicht etwas authentischer inszenieren konnte.
Aber wie viel Fantasie kann man von Leuten erwarten, die einen Industriellen hier Bronzky nennen und den Butler in EIN DICKER HUND dann Bronski? Der Butler wird übrigens von Rainer Basedow gespielt, den wir ja auch schon in IS WAS, KANZLER!?! gesehen haben und der…
AAAAARRGGHHHHH!!!! Ich muss damit aufhören. AUFHÖREN!!!
Konzentrier dich, Torsten, du schaffst das. Beim Film bleiben. Immer beim Film.
Die Industriellengattin wird gespielt von Marie Luise Lusewitz, was mir primär deshalb auffiel, weil sie in den meisten anderen Retzer-Filmen eher für das Makeup zuständig ist. Ich bohrte also ein wenig nach und stellte fest, dass Lusewitz in den 70ern nicht nur ihre Runde im Softsex, sondern auch im Hardcore-Porno gedreht hatte und nebenbei als Maskenbildnerin gefragt war. Auch die zeitgenössische Presse war baff:
Was? Wieder Hintergrund? Der Film? Welcher Film? Ach so, ja…
Nun hat Peter Billi ja komplett hängen lassen, nie geschrieben, nie angerufen, etc. Weil wir um das Frauenbild dieser Sorte Film wissen (siehe Sonja Martin in GURU JAKOB), nimmt Billi ihm das natürlich nicht krumm. Sie ist ja sooo verliebt in diesen süßen Typen. Und Peter entscheidet sich spontan, das auszunutzen und mit Freddy erstmal am Wörthersee zu bleiben.
Wo steigen die beiden ab? Natürlich im SCHLOSS AM WÖRTHERSEE!
Das hier ist das Schloss Velden, eine Art Dauer-Location für Retzer und eine echte Goldgrube, als er 1990 bei RTL die Serie DAS SCHLOSS AM WÖRTHERSEE unterbringen konnte. Ein echter Quotenkracher, der ihn reich machte und noch heute laufen würde, wäre Hauptdarsteller Roy Black nicht 1991 vor seiner Zeit verstorben.
Im SCHLOSS AM WÖRTHERSEE hat übrigens auch Heinz Eckner mitgespielt, und Marie Luise Lusewitz durfte dort…
AUFHÖREN! AUFHÖREN! HÖRT DAS DENN NIE AUF?!?!
Zurück. Zum. Film.
Man könnte meinen, der Rahmen sei gesetzt für eine brauchbare romantische Komödie: Peter lernt bei Billi nun die wahre Liebe. Aber weil er ein Arschloch ist wie Tommi im GURU JAKOB und Alex im KAKTUS, achtet er erstmal auf andere lokale Schönheiten.
Ich würde übrigens Geld darauf wetten, dass Renate Langer hier den gleichen Schlübber trägt wie auf dem Bild mit dem “schönen Konsul” weiter oben:
Nun bringen die auch noch Kinder ins Spiel! Warum bringen die Kinder ins Spiel? Das wird böse enden, auch wenn es hier harmlos mit einem Furzkissen beginnt:
Bronzky möchte sogleich mal der flotten Marie Luise ein Gläschen Schampus ausgeben, was sie zu einer Flasche erweitert – sie ist als “gold digger” nicht billig, hoffentlich ist sie wenigstens preiswert.
Dem geilen Sack wird das Furzkissen untergeschoben. Keine Beschwerden bitte – was seit der Erfindung des Tonfilms lustig war, funktionierte auch 1980 noch.
Und so machen alle “huch!” und “empört”:
Der Subplot von Bronzky und Marie Luise ist natürlich nur der genre-üblicher Füller, weil die tatsächliche Geschichte nicht genug Fleisch hergibt.
Wo wir gerade von Fleisch reden: Peter erklärt Freddy, dass man die Mädels einfach nur frontal angehen muss: “Zärtlich – aber frech wie Oskar!”. Title drop!
Weil er eine miese kleine Type ist, behauptet Peter, diese These bei Marie Luise beweisen zu können, reisst diese aber mit bewährt hoher Liebeslyrik auf:
“Der Name klingt nach Zärtlichkeit, nach Romantik, und nach Liebe. Oh, und dein Haar riecht nach Sehnsucht.”
Man verabredet sich für den Abend, denn wahrlich, es ist hier einiges geboten:
“Es gibt zwei dufte Discos und einen urigen Nachtschuppen.”
Freddy kann aus der Ferne nur staunen und so langsam macht mich sein oraler Fetisch etwas nervös:
Freddy soll nun seinerseits die Unfehlbarkeit der “Willste ficken?”-Methode testen – am besten bei der süßen Christl, die Peter dergestalt beschreibt:
“Die ist überreif – du brauchst sie nur anzustupsen und sie fällt in dein Bett!”
Das bringt so nix. Und weil diese Sorte Film es nicht mit sorgsamen “scene transitions” hat, schalten wir gleich mal ins Abendprogramm und zu Freddy, dem Lutscher:
Hier treten dann auch die im Vorspann genannten “Speedys” auf, so eine Art B-“Teens” mit begrenzter Karriere zu einer Zeit, als man für ein paar Monate Boy Bands süß fand:
Der Song ist gar nicht mal so scheiße wie “Total television” – beide werden im Film aber immer und immer wieder gespielt, weil für einen vollen Soundtrack wohl nicht genug Geld zur Verfügung stand oder weil das Sponsoring der Plattenfirma es so verlangte.
Hier tanzt Marie Luise völlig deplatziert, als wäre sie in einer Sylter Promi-Disco, während Peter seinen Kumpel Freddy bittet, sie zu “übernehmen”, weil er doch ein Date mit Billi hat.
Freddy ist der richtige Mann für den Job und entsorgt erstmal den Lolli:
In der zweiten Disse des Ortes wird geschwooft, aber es dürfte niemanden überraschen, dass Peter nicht mal jetzt bei der Sache bleiben kann:
Das dritte parallele Date mit der süßen Christl scheitert dann allerdings daran, dass Christl a) Jungfrau und b) sehr anhänglich ist:
In dieser Sequenz holen die Macher endlich mal die RICHTIG ekligen frauenfeindlichen Hammer heraus, wenn sich Christl wie folgt beschreibt:
“Ich bin noch wie eine Feige in der Dose.”
Was sie in den Augen von Peter zur idealen Gespielin für Freddy macht:
“Ich bin gleich wieder da, ich hole nur einen Dosenöffner”
Überhaupt frage ich mich, wie Babsi May solche Zeile ohne Kotzen rausbekommen hat:
“Ich bin wie’n Brett im Bett, du kannst mit mir alles machen. Ich lass mir alles gefallen.”
Mal abgesehen davon, dass hier ein seltsamer Widerspruch installiert wird, an dem der Film noch zu arbeiten hat (Jungfrau vs. willig im Bett), möchte man ab diesem Moment, dass Christl einen Therapeuten findet und keinen Freund.
Marie Luise hat sich ebenfalls wütend davon gemacht, weil Peter sie versetzt hat, was dieser mit folgendem charmanten Satz kommentiert:
“Sauer macht geil.”
Peter also wieder zurück zu Billi, die ihn mit heim nimmt, wo die nächtliche Fummelei allerdings von der alten Tante gestört wird, die vermutlich eher Urgroßtante ist (dazu später mehr):
Das Ergebnis des Abends: drei Girls, kein Stich. Was für ein Opfer!
Am nächsten Morgen treffen Peter und Freddy am See auf Marie Luise und Christl, die sich als Freundinnen entpuppen. Und das nötigt mir mal wieder ein paar Randnotizen ab:
- Wer sind diese Leute?
- Wie alt sind sie?
- Was machen sie beruflich?
- Woher kennen sie sich?
Das sind alles für Komödien keine unverzichtbaren Fragen, aber so richtige Drehbuchautoren verwenden derlei Informationen gerne, um die Charaktere zu formen und ihr Verhalten plausibel zu gestalten. In Filmen wie ZÄRTLICH scheint das unnötig. Aber es scheint eben nur so. Billi, Peter, Christl, Freddy – alle leben in einem luftleeren Raum. Weil wir sie nicht kennen, können wir auch nichts von ihnen erwarten und uns nichts für sie wünschen. Sie bleiben Pappe.
ZÄRTLICH muss auch ein paar sehr dumme rhetorische Pirouetten drehen, um nicht zu thematisieren, dass beiden Mädels auffallen müsste, dass sie am Vorabend mit dem selben Mann geflirtet haben. Man blendet es aus – irgendwie.
Freddy versucht es noch mal bei Christl, die wieder darauf besteht, dass sie einerseits total scharf ist und andererseits total desinteressiert. Als Figur funktioniert sie null, weil damit Freddy die Möglichkeit genommen wird, EIN Problem zu identifizieren und zu lösen:
Peter geht derweil mit Marie Luise segeln – und ja, mit segeln meine ich pimpern. Gezeigt wird natürlich nix und der abnehmende Reiz der ständig nackten Renate Langer zwingt mich, meine Aufmerksamkeit einer seltsamen Narbe (?) zwischen ihren Wirbeln zu schenken:
Weil ja auch mal irgendwas Lustiges ™ passieren soll, muss Herbert Fux wieder ran – der Pfarrer empört sich erneut über die allgegenwärtigen “Nackerten”:
Er macht sich auf die Suche nach der Staatsmacht, die mit dem Verteilen von Knöllchen beschäftigt ist – und jawoll, rechts seht ihr den schnauzbärtigen Retzer persönlich.
Nackerte? Ein Fall für Blaulicht, Sirene und einen sehr unglaubwürdig zum Polizeiwagen umgepinselten VW Golf:
Oh Gott, der Balg wieder! Jetzt geht die letzte Scham flöten, oder?
Vom Dreikäsehoch alarmiert, bedecken sich die Sonnenfreunde eilends:
Nur seine eigene Freundin beruhigt der kleine Sepperl:
“Du kannst ja so bleiben, wie du bist – du hast ja noch nichts!”
Alder, Pädowitze und minderjähriges Oben Ohne mit 12er-Freigabe. Pfui Deibel.
Auf jeden Fall schaut die versammelte Sittlichkeit doof, weil alles verhüllt ist:
Derweil ist Christl, bei der Freddy nicht voran kommt, frustriert, weil Freddy nicht voran kommt:
Sie: “Du kommst mir vor wie ein Torero.”Er: “Weil ich so stürmisch bin?”Sie: “Weil du so stierst!”
Ich sagte ja, dass dieser Konflikt NULL Sinn ergibt. Aber ich habe jetzt wenigstens noch mal die Möglichkeit darauf hinzuweisen, wie sehr sehr SEHR hübsch Babsi May war:
Und weil ich das beim KAKTUS versäumt hatte, gönne ich den Lesern an dieser Stelle die Collage aus dem Playboy Mai 1983:
Das muss reichen, denn in diesem Film – wie schon im KAKTUS – zieht sie sich nicht aus.
Billi hat derweil Ärger mit dem Papa, der scheinbar als Einziger Peter richtig einschätzt:
“Eingeseift hat er dich, dieser Misthammel!”
Zwei Gedanken dazu: Es mag erstens dem Alter geschuldet sein, dass ich mehr auf Seiten des Vaters stehe als auf der des Stechers, aber diese Figur scheint die einzige zu sein, die das Verhalten der Personen richtig einordnet. Zweitens: Heinz Eckner war ein richtig guter Schauspieler und in solchem Trash verschenkt. Er spielt die Vaterrolle komplett “straight” und gibt ihr damit mehr Glaubwürdigkeit und Tiefe, als sie verdient.
Billi will sich natürlich nicht belehren lassen und tritt die Flucht aus dem Fenster an:
In einem der Nachtclubs des Ortes sitzt das Ehepaar Bronzky (ihr erinnert euch vielleicht), und ich frage mich, warum da Nacktbilder an die Wand geworfen werden.
Papa Polizist und seine Gendarmen suchen derweil überall nach der ausgebüxten Billi, als sie von einem aufgeregt hechelnden Kellner aufgebracht werden:
Was er zu sagen hat klingt bedenklich, nicht nur für heutige Ohren:
“In der Schlossbar, da prügeln sich drei Mädchen – mit sechs Schwulen!”
Der Homo-Bulle ist natürlich voll begeistert – da muss er hin!
Man kann wirklich nur mit dem Kopf schütteln, was die “gay clichés” angeht.
Peter und Billi frönen derweil der Leibeslust bei Billi daheim, weil Billi korrekterweise angenommen hat, dass Papa DORT nicht suchen würde. Beim intimen Bettgeflüster wird dem Hallodri Peter nun klar, dass Billi ihn wirklich liebt – und er sie auch.
Leider ist das auch der Moment, in dem Papa schwant, wo er die beiden suchen muss:
Es kommt zu der üblichen “lover muss halb angezogen die Flucht antreten”-Szene:
Fast erwischt, ist es die greise Tante, die Peter bei sich im Bett versteckt:
Rosl Zech. Eine Art weiblicher Peter Steiner. Seit der Gründung der Bundesrepublik 1949 eine gefragte Schauspielerin, wann immer man eine “zünftige Bayerin” brauchte. Und wie Steiner hatte sie keine Probleme, in den 70er Jahren als grantelige Oma / Nachbarin / Bäuerin neben den Nackerten aufzutreten: DAS GASTHAUS DER STRAMMEN MÄDCHEN, MÄDCHEN DIE IN MÜNCHEN KOMMEN, MASSAGESALON DER JUNGEN MÄDCHEN und MÄDCHEN KOMM DIE LIEBE JUCKT. Sie war dabei nie das titelgebende Mädchen.
Freddy, mittlerweile ziemlich frustriert, lässt sich nun von dem kleinen Mädchen in Sachen weiblicher Libido aufklären. Und 2020 alle so: iiihhh….!!!
Ab jetzt wird wieder Laufzeit geschunden mit einer Sackladung kurzer, erwartungsgemäß begrenzt komischer Szenen. So nutzt Freddy falsche Beine, um im Halteverbot parken zu können:
Damit kommt er durch, doch kurz darauf fallen dem Pfarrer die Orangen aus der Hand und er kriecht unter das Auto, um sie zu sammeln:
Das wiederum sieht der Polizist und will sich kein zweites Mal veräppeln lassen:
Und so verpasst er dem Pfarrer einen ordentlichen Tritt…
… wofür er von diesem eine Orange ins Maul bekommt:
Das ist das Beste, was den Machern zum Thema “lustig” eingefallen ist…
Marie Luise möchte wieder mit Peter flirten, erkennt jedoch, dass dieser sein Herz verloren hat. Sie kann damit leben.
Kurios ist hier nur, dass sie mit einer banalen Frage ungefähr eine halbe Stunde Handlung elliptisch überspringt:
“Stimmt es, dass du drüben an der Tankstelle arbeitest?”>
Nach unserem Wissen? Nein. Aber wir werden gleich sehen, dass Peter irgendwo zwischen den Szenen bei der Tankstelle angeheuert hat, bei der auch Billi jobbt. Arbeitserlaubnis? Bewerbung? Wird ausgelassen.
Derweil präsentiert Frau Bronzky dem Gatten ein neues Kleid, was zum zugegebenermaßen einzig brauchbaren (wenn auch abgestandenen) Gag des Films führt:
Er: “Es gibt Weiber, die können anziehen, was sie wollen – denen steht doch gar nichts.”
Sie: “Und es gibt Männer, die können ausziehen, was sie wollen – denen geht’s genauso.”
Har. Har. Har.
Und weil la Langer seit zehn Minuten nicht mehr präsentiert hat, bekommen wir als krassen Kontrast nun ihren Luxuskörper in einem… ich weiß nicht… kann man das Bikini nennen?… zu sehen:
Vorne fast nix und hinten gar nix:
Nur selten wird in solchen Filmen die Wahrheit gesprochen, doch es folgt diese unbestreitbare Tatsache:
“Klasse Weiber kommen immer aus Düsseldorf.”
Der schwule Polizist muss nun den Kellner bitten, ihm eine Übernachtungsmöglichkeit zu vermitteln, da bei ihm renoviert wird. Wir sehen die zwangsläufige Verwechslung wie die Ahnung eines Sommertags am noch dunklen Horizont herauf ziehen.
Es stimmt tatsächlich: Peter arbeitet an der Tanke. Warum? Braucht er Geld? Will er bei Billi sein? Ist das so eine Art Buße? Wird halt auch nicht erklärt.
Freddy sieht es mit Missfallen, denn als “ehrlichen, treuen Typen” kennt er Peter ja nicht. Hat ihre Freundschaft da überhaupt noch eine Basis?
Alle drei (Freddy, Peter und Billi) sind sich zumindest einig, dass Christl ein Schockerlebnis braucht, um aus der erotischen Sackgasse herauszukommen (in der sie sich augenscheinlich nicht befindet, aber wer will da penibel sein?).
Freddy ruft bei einem befreundeten Friseur an, um sich ein Buch über erogene Zonen aus München schicken zu lassen. Vor Amazon hat man das wohl so gemacht – zumal bekannt ist, dass es in Österreich keinerlei Buchläden gibt. Es ist mal wieder eine dieser Szenen, die keinerlei innerer Logik folgen, die aber existieren müssen, weil sie mit einem absurden Zufall den dritten Akt einleiten.
Denn siehe, beim Friseur sitzt gerade Mijou unter der Haube:
Und Helga:
Und Mathilde:
Mittlerweile scheint den Autoren aufgegangen zu sein, dass die Idee mit dem Buch über erogene Zonen hirntot war, weil die Handlung keine drei Tage warten kann, bis es am Wörthersee aufschlägt. Also neue Idee – beim Date haut Christl Freddy aufs Bein, um seine Reflexe zu testen. Dabei zerspringt es wie Porzellan:
Nein, ich weiß nicht, wo Freddy in kürzester Zeit ein perfektes Porzellanbein herbekommen hat (vielleicht von seinem Park-Mannequin?). Ich weiß auch nicht, wie damit ein erotisches Trauma aufgelöst werden soll. Ich weiß ja nicht mal, WELCHES erotische Trauma da aufgelöst werden soll. Christl reagiert jedenfalls angemessen:
Und damit darf ihr Freddy endlich an die Möpse fassen.
Das ist ein anderer Planet. Das sind alles Aliens. Anders ist das nicht zu erklären.
Peter und Billi sind fürs Erste zufrieden – noch ein glückliches Paar!
Ein ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende zu – Marie Luise und Peter wollen “als Freunde” ins Kino. Es läuft der Retzer-Fetzer POPCORN & HIMBEEREIS. Ich rate ab. Marie Luise nimmt deshalb auch lieber einen hergelaufenen Galan mit aufs Zimmer.
Der Galan verschwindet nach erfolgtem Koitus durch einen Sprung vom Balkon (warum?) und sieht sich nur als Teil einer Schlange um die Gunst der Schönen:
Denn siehe, da kommt Bronzky mit der Leiter, um Marie Luise zu freien:
Eine Umplatzierung der Leiter später landet er beim schwulen Polizisten.
Wahrlich, der deutsche Humor ist ein hartes Brot, das trocken gegessen wird.
Das einen weiteren Koitus vorbereitende Date zwischen Christl und Freddy verläuft ebenfalls suboptimal, denn der strullende Freddy sieht im Schattenriss dank Baumstamm aus wie John Holmes selig:
Christl mag ja scharf sein – aber DAS ist ihr zu viel! Sie flüchtet von dannen.
Bei Marie Luise weint sie sich aus – eine SO GROSSEN kann sie doch unmöglich… das geht doch nicht… wie geht das überhaupt? Marie Luise, in Sachen Penisgröße ungleich erfahrener, ist ziemlich sicher, dass Christl einem Irrtum aufgesessen ist.
Am nächsten Morgen hat der Pfarrer eine Begegnung mit einem sprechenden Papagei – weil halt zwei weitere Minuten irgendwie gefüllt werden müssen.
Christl hingegen will mit Marie Luise in die Damensauna, wo sie den nackten Freddy entdeckt, der sich hier zum Schlafen gebettet hatte.
Ein Anblick von Tobias Meister, den uns die Macher hätten ersparen können:
Christl kümmert sich um den von der Hitze fast komatösen Boyfriend, was zur Entdeckung seines normalgroßen Gemächts und zum Geschlechtsverkehr führt. In ist, wer drin ist.
Billi und ihr Papa sprechen sich aus und tatsächlich – sollte der Peter ein anständiger Junge sein, steht einer gutgeheißenen Dauerbeziehung nichts im Wege.
Noch mal fünf Minuten Füller – mangels anderer Handlung kommt es an mehreren Tischen im Restaurant zu “lustigen” Ereignissen, wie hier bei den Bronzkys.
“Morgen wird es wieder gefährlich für dich, wenn du ohne BH rumläufst – weil Bodenfrost angesagt ist!”
Für die asiatischen Gäste ist noch eine Portion Rassismus übrig:
“Ihr chinesischen Saupreissn!”
Und klar – der Teller Spaghetti landet auf dem Kopf des schwulen Polizisten:
“Herr Ober, haben Sie Zucker? Nein, Gicht!”
Zeit, ins Finale zu kommen. Während Freddy und Christl glücklich turtelnd am Steg sitzen, taucht Mijou auf und will wissen, wo Peter ist:
Dann taucht Mathilde auf und fällt vor lauter Doofheit ins Wasser:
Dann taucht Helga auf und verlangt Antworten:
Alles wollen Peter. Und Peter? Würde jetzt gerne mal eine (ruhige) Nummer mit Billi schieben, weil doch endlich alles geklärt ist.
Da kommt die nackte Mijou im Bett natürlich gar nicht gut.
Die nackte Mathilde auf dem Bett könnte der jungen Liebe nicht minder schaden:
Und die wuschige Helga gibt Abzüge in der B(eziehungs)-Note. Peter verfrachtet die drei Grazien fix unter das Schlafgestell.
Wir sollen glauben, dass die Hörspiel-Teilnahme am folgenden Koitus das Trio überzeugt, dass Peter nun die Richtige gefunden hat.
Und so entspannen sich die jungen Damen, bedanken sich artig bei ihrem Besteiger und geben ihm ihren Segen. So, wie das im wahren Leben ja auch laufen würde.
Zwei glückliche Paare hat der Film also zusammen gebracht: Peter und Billi, Christl und Freddy. Christl ist zudem auch gleich schwanger. Ich stelle mir vor, dass einem Jungmann nichts Besseres passieren kann. Ein Schuss, ein Treffer.
Eigentlich ist die Rückfahrt der beiden Jungs nach München angedacht, aber kurzfristig entscheidet sich Peter, für immer bei Billi zu bleiben, die er sicher nie, nie, NIE mit einer der billigen Ischen betrügen wird, die jedes Jahr am Wörthersee Urlaub machen…
The End
Die CINEMA schrieb anno 1980:
“Sexlustspiel, das wahllosen Sexkonsum als bewundernswerte Lebenshaltung darstellt und durch Nuditäten und geschmacklose Witzeleien zu unterhalten versucht.”
Das ist korrekt. ZÄRTLICH ist letztlich ein Produkt von der Stange wie KAKTUS oder GURU JAKOB, in Sachen Story aber erheblich banaler. Es fehlt die zündende Idee, der witzige Aufhänger. Dafür wird in Sachen nackte Tatsachen massiv zugelegt: durchschnittlich alle zehn Minuten muss Renate Langer mit mehr oder weniger Bikini durchs Bild laufen und auch Corinna Gillwald weiß, was die Zielgruppe sehen will:
Das macht NATÜRLICH aus ZÄRTLICH noch keinen besseren Film – dem steht die letztlich spießige und verklemmte Weltsicht im Wege, die Peter als Stecher zum Helden stilisiert, am Ende aber die monogame Liebe zur ultimativen Erfüllung erklärt. Dass die Frauen dabei nur dumm, geil und bestenfalls meinungslos sein dürfen? Geschenkt.
Die CINEMA hatte den Film seinerzeit auch vorgestellt, aber offensichtlich nicht gesehen, denn die Inhaltsangabe und die Bildunterschriften sind vielfach schlicht falsch und eines Urteils enthält man sich sowieso:
Das Fazit kann nur sein: Eine weitere Retzer-Runterrotz-Produktion, im Humor armselig und in der Handlung dürftig, bei der lediglich die Schauwerte der hübschen Damen Zuschauer ins Kino getrieben haben dürften. Schon die offiziellen Promo-Bilder zeigten ja, worauf man besonderen Wert legte:
Komplett unerklärlich wird mir auf ewig bleiben, warum die männlichen Protagonisten in diesen Filmen immer so unfassbare Arschlöcher sein müssen. Hat man in den 70er Jahren wirklich geglaubt, Mädels fänden Typen süß, die nach Strich und Faden lügen und betrügen? War das mal der Maßstab für Männlichkeit? Es ist ja nicht mal so, dass Peter wegen seiner Umtriebe auch nur minimalen Ärger mit Billi bekäme – seine Seitensprünge werden mit der festen Beziehung quasi gelöscht. Und kamen sich die Mädels im Publikum nicht doof vor, wenn ihre Geschlechtsgenossinnen auf der Leinwand grundsätzlich als strunzdumm und/oder notgeil dargestellt wurden?
Es lässt sich allerdings nicht bestreiten, dass ZÄRTLICH ABER FRECH WIE OSKAR ein weiteres spannendes wie aufschlussreiches Puzzleteil im Rätsel Retzer darstellt – je mehr dieser Filme man gesehen hat, desto mehr profitiert man von den Querverweisen.
Der Streifen wurde übrigens auch schon u.a. von Bastian Pastewka in der “hr latelounge” auseinander genommen, was teilweise auf YouTube besichtigt werden kann:
Und hier noch der Trailer unter dem Alternativtitel – mehr braucht ihr euch nicht antun.
P.S.: Hier noch gänzlich kontextfrei eine Doppelseite aus einem Fotoroman in der “Wochenend” mit Renate Langer, den ich momentan keinem Film zuordnen kann. Ich würde allerdings schwören, dass der männliche Held in der unteren Hälfte verdächtig nach dem Fisch bratenden Jüngling aus den SCHULMÄDCHEN 84 aussieht:
Sehe nur ich das oder habe ich mittlerweile schon retzersche Halluzination?!
Vielen dank für diesen Fotoroman. Ich denke aber es muss nicht mal 2 für Mark zu Euro genommen werden sondern es muss nochmals durch ~ 2 geteilt werden => Umrechnungskurs von 1 Euro = 1,95583 D-Mark.
Es ist schön, wenn man sich drauf verlassen kann, dass die Leser zu immer erst mal mit der Lupe nach Fehlern suchen, statt sich am Gesamtwerk zu ergötzen.
Wieso bist du der Meinung, dass ich mich nicht am Gesamtwerk ergötzt habe? Nur weil es am Anfang steht?
Die Fehler sollten irrelevant sein angesichts der Schönheit des Ganzen!
Schreiben dir das die Bento Leute auch immer? 😉
Diese Lektüre war sehr unterhaltsam, aber das war mir auch zuerst aufgefallen. Danke für die Sisyphus-Arbeit.
Danke, das war wieder ein grosser Spaß.
Bei dem Flipper scheint es sich übrigens um “Sheriff” von 1971 zu handeln.
Sehe ich es falsch, wenn ich hauptsächlich zwei Gründe für die Existenz solcher Filme ausmache: 1. Irgendwelche Vorwände zu konstruieren, um junge, schöne Mädchen nackt zu sehen. 2. Irgendwelche Vorwände zu konstruieren, damit der “Regisseur” junge, schöne Mädchen nackt sieht.
Ich habe nichts gegen schöne, erotische Filme. Und gar nichts gegen schöne, junge Mädchen. Aber das da ist so … so … ich glaube, “schwiemelig” nennst Du das. Dieser Retzner ist mir so widerwärtig!
Ich könnte den Film nicht sehen. Um so lieber lese ich so ein Review. Danke!
Das klingt plausibel, lässt aber den wichtigsten Faktor aus: Die Macher wollten Geld verdienen, und dafür möglichst wenig Geld ausgeben. Als Teenager hatte man ab den späten 70ern erstmals die Möglichkeit, für sein Taschengeld LEGAL Brüste im Kino zu sehen. Da saß die Mark locker. Und die Produzenten haben das weidlich ausgenutzt. Abgesehen davon glaube ich durchaus, dass diese Filme Teile von Netzwerken waren, in denen Society-Größen ihre “Freundinnen” verklappen konnten, die im Gegenzug behaupten durften, “Schauspielerinnen” zu sein. Das war ein Geben und Nehmen.
“Ein Dicker Hund” kenne ich noch aus meiner Kindheit, da war das ein launiger Film für einen Unter-10-jährigen und es gab sogar Krankenschwesterbrüste zu sehen. Ich bin gespannt auf deine Demontage, immerhin habe ich den Streifen seit Jahrzehnten nicht gesehen und hatte ihn eigentlich in guter Erinnerung… Der hatte doch sogar sowas wie einen Plot!
Ein Kinderchor wiederholt die Zeile “we are easy prey”??
AYAYAY!
Aber “Wahrlich, der deutsche Humor ist ein hartes Brot, das trocken gegessen wird.” ist mal ein Zitat für die Ewigkeit!