03
Mai 2020

Filmverbrechen-Fotostory: TIME TROOPERS aka MORGEN( )GRAUEN oder: Die österreichische Apokalypse aus den USA (NSFW)

Themen: Film, TV & Presse, Fotostory, Neues |

Zuerst wollte ich es mir einfach machen und wieder eine launige Teenie-Softsex-Komödie besprechen. Die sind immer williges Futter und kommen auch allgemein recht gut an. Aber dann entschied ich mich, die Level-Auswahl meiner Fotostory von “easy” auf “hard” zu setzen. Keine Komödie, sondern ein düsteres dystopisches Drama. Aus Österreich. In einer völlig verschandelten US-Videoversion.

Nun ist der österreichische Science Fiction-Film kein Subgenre, das der Entdeckung durch eine Kritiker-Elite harrt – spontan fällt mir da gerade mal der hier ein:

Aber wenn man lange genug sucht, findet man bekanntlich alles. Und darum geht es heute um MORGENGRAUEN, wie die IMDB versichert. Oder um MORGEN GRAUEN, wie das Filmprogramm-Heftchen und Hauptdarsteller Fortell (auf seiner Webseite) tapfer behaupten. Oder um TIME TROOPERS – die Version, die in den USA erschienen ist.

Wir reden hier von einem Film, über dessen angeblichen Kinostart in Österreich nichts herauszufinden ist, der von der IMDB als TV-Movie bezeichnet wird, der in Deutschland keinen Vertrieb fand und der in seiner ursprünglichen Fassung wohl weder auf Videokassette noch auf Scheibe jemals veröffentlicht wurde.

Ein Film, der zuerst einmal so aussah:

Ein spanischer (südamerikanischer?) Vertrieb jazzte das schon ein wenig auf:

Die Killer haben das Land übernommen.

Niemand kann sie abschütteln.

Es beginnt der endgültige Terror.

ZUR AUSROTTUNG FREIGEGEBEN

Aber erst die Amis sprühten die Sahne drauf und setzten eine Kirsche dazu:

MAD MAX much?

Und das ist mitnichten nur Kosmetik in Sachen Artwork – für die US-Fassung wurde der Film komplett neu geschnitten, neu synchronisiert und mit einem neuen Soundtrack versehen. Nicht auszuschließen, dass man sogar ein wenig neue Footage gedreht hat. Abgesehen von den zwei genannten Darstellern sind ALLE Personen auf dem VHS-Cover für die US-Version zuständig gewesen. Man hat sogar den Original-Regisseur und den Autor ausgelassen!

Natürlich würde ich für euch gerne beide Filmfassungen nebeneinander besprechen, aber wie gesagt – die ursprüngliche deutsch/österreichische Fassung ist nicht mehr auffindbar. Die US-Fassung ist auch schon ein Sammlerstück.

Habt Mitleid – ich schaue den Film jetzt mit euch zusammen zum ersten Mal. Die Chancen stehen gut, dass er sich als totale Gurke entpuppt…

Pssst! Film fängt an! Pssst dich selber! Klappe! Ich sag’ gleich Bescheid! Blödmann…

Das Logo der Firma, die den Film für die USA hat umschneiden lassen – ich bin ziemlich sicher, hier schon den besten Trickeffekt des gesamten Films zu sehen:

Da möchte man denken, es gehe um Zeitreisen, aber das ist ein Irrtum – obwohl der Titel streng genommen korrekt ist und mehr Sinn macht als der deutsche Originaltitel:

Während der “Centron”-Computer mechanisch relativ unverständliche Exposition absondert, sehen wir – THE FUTURE!!!

Näher ran gezoomt leider nur eine Neubausiedlung der frühen 70er Jahre – das ist das Level an futuristischem Ambiente, auf das wir uns einstellen müssen, permanentes beige inklusive. War die Apokalypse ein Sandsturm oder ist der Film vergilbt?

“Walking with purpose” – die Computerstimme verkündet, wegen eines Energie-Defizits müsse das Ableben einer  Zielperson von einem “Exit-Man” geprüft werden. Ballistische Beihilfe vermutlich nicht nötig.

Und siehe – es lassen sich ausschließlich die Amerikaner im Vorspann auflisten. Ein paar Steloffs und Ahmed Agrama gehören zu Heritage Entertainment, einer Firma, die wie Harmony Gold (von Frank Agrama, dem Vater von Ahmed) primär davon lebt, ausländische Nischenprodukte umgearbeitet in den engllischsprachigen Markt zu pressen. Fun Fact: Ich habe Agrama mal in seiner Firma in LA besucht. Katusin auch.

Die neuen Credits der Amerikaner sorgen für ziemliche Verwirrung – selbst Quellen, die die originale österreichische Fassung listen, verweisen mitunter auf Michael Bishop als Komponisten. In Wirklichkeit stammt die Musik, die wir hier leider nicht mehr zu hören bekommen, ursprünglich von Willi Resetarits und Georg Herrnstadt.

Drei Leute sind gelistet, die für den Neuschnitt und die neue Synchro-Fassung zuständig waren. Ich kann mir kaum vorstellen, dass MORGENGRAUEN derart hingebogen werden musste, zumal sich die Laufzeit von gut 90 Minuten nicht verändert hat.

Auch ein Credit, den man nicht allzu häufig sieht:

Neiman? Niemand? In der IMDB hat Neimann KEINEN Regie-Credit, selbst bei diesem Film ist er nur als Producer gelistet.

Nun haben wir also unseren Helden im Bild, der sich selbst als der “Number One Exit Man” vorstellt bei der Dame, die mangels “Lebenscredits” bevorzugt freiwillig aus dem Leben scheiden soll. Sie ist darüber nicht gerade erfreut. Auf seine Standardfrage “Are you prepared?” antwortet sie ausweichend:

Derweil vereidigt Meglo (Miglow? Der Name wird nirgendwo gelistet), der “First Citizen” dieser Welt, die neue Elite. Dabei erklärt er netterweise den Plot: Welt nach einem Feuersturm im Eimer, die letzten Überlebenden mussten ein Populationshilfe-Programm mit Computereinsatz entwickeln, jeder bekommt eine “Lifecard” mit Energiekonto und muss abtreten, wenn sein Kredit erschöpft ist.

So sieht die Lifecard aus – verwunderlich, dass es sich dabei ernsthaft noch um einen physischen Gegenstand handelt:

Meglo (Miglow?) verrät auch gleich, dass die Eliten natürlich Wege haben, um ihre Karte aufzuladen und so ihr Leben zu verlängern – ZU gleich sollen die Menschen ja auch in der paradiesischen Zukunft nicht leben.

Das ist übrigens die Elite, von der wir hier sprechen:

Ich sag’s immer wieder gern: SF-Filme tun sich notorisch schwer, die Welt der Zukunft nicht EXAKT so aussehen zu lassen wie das Jahr, in dem sie entstanden sind.

Derweil scheint die Zielperson, um die sich Exit-Man Len Varta kümmern muss, freiwillig abtreten zu wollen. Sie nimmt eine entsprechende Pille.

Darf ich an dieser Stelle mal Fragen, warum die Menschen auch immer gleich futuristische Namen haben müssen? Warum kann der Exit-Man nicht Anton Heuberger heißen? Len Varta. Das ist doch Kappes!

Noch ein letztes Schlückchen vor dem Exitus:

Währenddessen kümmert sich der zweitbeste Exit-Man um einen alten Mann, der nicht ganz so freiwillig abtreten will:

Jacob (geht doch!) hat deutlich weniger Skrupel, seinen Job eiskalt und mit ballistischer Beihilfe zu erledigen.

Und es hat boom gemacht!

Schon an dieser Stelle lässt sich nicht mehr bestreiten, dass die amerikanische Synchro des Films totaler Schrott ist – die Stimmen passen nicht zu den Darstellern, sind hölzern und oft genug nicht den Gefühlen auf dem Bildschirm angepasst. So klingt der großartige Charakterschauspieler Hans Georg Panczak, den ich das erste Mal 1974 in der Serie “Der kleine Doktor” gesehen habe, als Jacob wie ein russischer Kleinkrimineller:

Bei Exit-Man Len ist die Zielperson ohne nähere Erklärung nicht an der Tablette verstorben, sondern vom Balkon gesprungen. Egal, das Ergebnis zählt – zwei alte Energieverschwender können aus der Bilanz gestrichen werden. Oder wie man aktuell ja gerne sagt: früher oder später wären die doch eh gestorben.

Einer der vielen, vielen Establishing Shots trostloser Neubausiedlungen, die in den Augen der Macher irgendwas Futuristisches haben:

Es handelt sich dabei wohl um die Siedlung Schöpfwerk, wie mir ein österreichischer Leser freundlicherweise mitgeteilt hat.

Len trifft sich mit Jacob und Rena. Ich greife jetzt mal vor, damit ihr sofort versteht, was ich erst (in relativer Filmzeit) in einer halben Stunde kapiere: Die Männer dieser Welt haben keine Ehefrauen oder Freundinnen, sondern “Kontrakte”, mit denen sie den Planeten neu bevölkern sollen. Diese Kontrakt-Beziehungen dürfen maximal zwei Jahre dauern. Jacob ist aktuell mit Rena zusammen, die vorher der Kontrakt von Len war und ihm augenscheinlich immer noch verbunden ist.

Mit Jacob ist Rena nicht so doll glücklich, denn der ist ein oller Stinker und total eifersüchtig auf den super-tuffigen Len. Außerdem will er wie einst Isnogud irgendwann “Exit-Man Number One” werden anstelle des “Exit-Man Number One”.

Dank meiner mauen Videokopie erkenne ich es erst in der Nahaufnahme: die junge Barbara Rudnik! Die war auch in “Das Biest im Bodensee” dabei!

Wir sehen – eine Dusche. Das droht eigentlich zuverlässig mit einer Nacktszene:

Leider nein – der olle Len wuschelt sich die Haare. Wer will denn DAS sehen?!

Wir sollten diese Szene jedoch vielleicht als Anlass nehmen, um in unserer Gesellschaft endlich mal das Problem “Männer, die unter der Dusche ihre Uhr nicht ausziehen” auf breiter Front zu thematisieren. Das. Muss. Aufhören!

Aber da – wir haben Elsner! Gut sah sie aus, und dieses Mona Lisa-eske sanfte Lächeln war ja so etwas wie ihr Markenzeichen. Sie spielt Sarah, den aktuellen Kontrakt von Len:

Und da bin ich nun doch baff – für diesen Schrabbel lässt sich Madame Elsner tatsächlich aus dem Pulli pellen:

Mehr noch – Nippelplay!

Und wollüstiges Rumgerolle auf dem beleuchteten Bett! Skan-da-lös!

Im postkoitalen Gespräch deutet Sarah an, dass sie mit Len gerne mehr Zeit hätte. Nicht nur über die zwei erlaubten Jahre hinaus – vielleicht sogar ein ganzes Leben.

Checkt mal, wie sich dieses romantische Bettgeflüster nachsynchronisiert anhört:

Schau-der-haft. Nun denn: Len ist systemtreu und hält nichts von derart kritischem Geplauder. Das könnte Ärger geben. Lieber gleich nochmal pimpern:

Der Exit-Man wird von seiner “Alexa” geweckt, die in dieser Welt wie ein Fernseher mit permanentem Bildschirmschoner aussieht. Das hatten wir ja so ähnlich neulich beim GOLEM. Die Miniaturisierung schien die Vorstellungskraft der Macher zu überfordern.

Len bekommt einen neuen Auftrag rein – schwarzweiß und ausgedruckt in einem Plastik-Cliphefter. Auch hier scheint man sich vom Jahr 1984 nicht konsequent zu entfernen:

In der Zentrale besprechen Meglo (Miglow?) und die Exit-Men das Aufkommen einer Rebellengruppe, die sich nicht an die Energieordnung hält. Jacob möchte die “non compliants” natürlich gleich kalt machen, aber der First Citizen verlangt mehr Informationen über den Widerstand.

Und da haben wir den Widerstand auch schon – und wenn ihr an dieser Stelle überrascht seid, dass Sarah dazu gehört, dann habt ihr im Leben nicht mehr als 3 Filme gesehen:

Len auf dem Weg zur Arbeit – wir sehen eines der wenigen Beispiele “futuristischer” Technologie im Film. Eine Aerobic-Projektion an der Wand. I shit you not.

Ich wiederhole mich, aber es ist wirklich erstaunlich, zu wie wenig Extrapolation Autoren fähig sind. Hat man 1984 echt noch gedacht, in der Postapokalypse wäre Aerobic (nur echt mit Stirnband!) angesagt?!

Len nimmt vom Balkon einer Wohnung aus ein älteres Ehepaar ins Visier, das nicht “nach Kontrakt” lebt, weil es tatsächlich noch verheiratet wurde. Sie sind die letzten “natürlichen” Liebenden dieser Welt:

BAMM! Zwei mit einem Schuss (was aus der Perspektive nicht möglich sein dürfte). Das Prinzip Ehe kann nun aus den Datenbanken gelöscht werden.

Ich darf an dieser Stelle mal fragen, warum die beiden alten Leute nicht freiwillig aus dem Leben scheiden durften und warum die Charakterisierung von Len als sympathischer Exit-Man aus dem Prolog damit komplett zunichte gemacht wird.

Daheim sucht Sarah erneut das Gespräch mit Len – erneut erfolglos. Zwar findet er auch nicht alles super, was so abläuft, aber als Exit-Man hat er ja auch Privilegien.

Im Fernsehen läuft derweil eine Werbung für ein Gift, das man für ein paar Energie-Credits kaufen kann. Oooohhhh, schwer gesellschaftskritisch!

Es macht halt nur nicht viel Sinn, genauso wie die ganze Exit-Man-Einheit: diese Welt rühmt sich, friedlich und gerecht zu sein. Demnach wäre es erheblich vernünftiger, Menschen mit abgelaufener Lifecredit-Karte sanft und schmerzlos zu beseitigen. Eine kostenlose Giftpille wäre da die einfachste Lösung. Leute öffentlich abknallen kann dem zivilen Frieden nicht förderlich sein.

Ihr habt es natürlich schon gemerkt und deshalb sage ich es nun gerade heraus und offiziell: TIME TROOPERS klaut auf breiter Front den Plot der ersten Hälfte von FLUCHT INS 23. JAHRHUNDERT (LOGAN’S RUN). Len ist Logan, so wie Jacob Francis ist und Sarah Jessica. Die Lifecard ist der Leuchtstein in der Hand und die Exit-Men sind die Sandmänner. Viel Mühe hat man sich nicht gegeben, das zu tarnen.

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Allerdings hat TIME TROOPERS die Vorlage wieder mal nicht verstanden. Dort waren die Sandmänner eine Spezialeinheit, die nur dafür da war, Flüchtlinge zu stellen, die sich dem Freitod widersetzten. Analog müssten die Exit-Men hier keine normalen “abgelaufenen” Bürger jagen, sondern exklusiv die Rebellen. Aber soweit hat man nicht gedacht – weshalb auch die moralische Dimension der Exit-Men vage bleibt.

Egal, erstmal weiter im Film – Len bespricht mit Rena die Situation der Rebellen. Nichts genaues weiß man nicht. Für ein System, in dem der Computer “Centron” quasi allmächtig und allgegenwärtig ist und die Bürger dank ihrer Lifecard problemlos tracken könnte, zeigt sich Big Brother in diesem Film sehr  impotent.

Len soll einen alten Mann vom Leben in den Tod befördern. Doch er trifft nur auf Sarah – sie ist des alten Mannes Enkelin und hat ihm zur Flucht verholfen. Len weiß, dass gleich die Säuberer der Einheit mit dem Sarg kommen und schafft es gerade noch, Sarah rechtzeitig aus dem Haus zu schleusen.

Nun kommt’s drauf an: Len lügt Rena an, dass er niemanden angetroffen hat. Eine Spezialeinheit soll untersuchen, wie der Mann fliehen konnte.

Hier sehen wir vier der vielleicht sechs oder sieben Exit-Men, die der Film insgesamt aufzuweisen hat. Mehr war im Budget einfach nicht drin.

Gerade noch davon gekommen, trifft sich Len noch mal mit Sarah, die die Stadt verlassen und in einen anderen Sektor ziehen will, damit ihre Verbindung zu Len nicht zu einer Gefahr für das Leben des Exit-Man wird. Dabei fällt auf, dass in TIME TROOPERS zwar alles deutsch beschriftet ist, wir aber nie gesagt bekommen, in welcher Stadt, in welchem Land, auf welchem Kontinent der Film spielt.

Len und Jacob geraten wieder einmal aneinander – es ist sehr offensichtlich, dass Meglo (Miglow?) Len für einen potenziellen Nachfolger als First Citizen hält. Das überrascht wenig, denn gefühlt besteht diese Welt aus 500 Leuten. Da ist jeder mal dran.

Offiziell sucht Len die Person, die dem alten Mann zur Flucht verholfen hat, aber in Wirklichkeit hängt er in einer Bar herum und trinkt “blau”.

Auch hier ist bei der Ausstattung wieder Schmalhans Küchenmeister: in der kargen Location hängen einfach ein paar Plastik-Kanister von der Decke. Science Fiction!

Len ist deprimiert – und erinnert sich daran, wie toll es war, mit Sarah zu pimpern.

Kurz darauf erinnert er sich daran, wie toll es war, mit Sarah zu pimpern.

Und wie toll es ist, dass Frauen in der Zukunft keine BHs tragen (eine Erkenntnis, die wir schon STAR WARS und DER GOLEM GEHT RUM verdanken).

Jetzt wird es etwas wirr – Len bekommt wieder einen Auftrag. Er soll einen eitlen Dandy ausschalten, der mit 31 Jahren bereits allen Lebenscredit aufgebraucht hat.

Weil die Amerikaner die deutschen Texteinblendungen irgendwie plausibel erklären mussten, wird aus “Elektr. Himmel” auf einmal der Dandy “Elektrudo Himmel”, der drei Romane namens “Deep Down”, “Kaputt” und “Monoton” geschrieben hat. Das ist natürlich Kappes, denn “Monoton” ist eine Bar, die wir später noch aufsuchen werden.

“Elektrudo Himmel” hat keine Probleme, terminiert zu werden, er möchte es nur gerne vor Publikum als letzte Performance geschehen sehen. Len tut ihm den Gefallen:

Danach schwingt sich Len auf sein (?) Motorrad und fährt durch die nächtliche City.

Len ist deprimiert – und erinnert sich daran, wie toll es war, mit Sarah zu pimpern.

Er landet schließlich in der oben schon als “Roman” angekündigten Bar “Monoton”, die überraschenderweise wie eine New Wave-Disco der frühen 80er aussieht:

Jacob und Rena sind da und sogar der erstaunlich nahbare Meglo (Miglow?) schaut vorbei. Man bespricht dies, aber auch das.

Rena macht wieder mal deutlich, dass sie trotz ihres Kontrakts mit Jacob immer noch Gefühle für Len hegt.

Aber da ist Sarah wieder! Sie konnte sich nicht überwinden, Len zu verlassen – und scheint eine Begegnung mit ihm DIREKT NEBEN dem First Citizen und weiteren Exit-Men für keine schlechte Idee zu halten. What could go wrong?!

Len ist dennoch erfreut, Sarah wiederzusehen – weil: wahre Liebe.

Fest steht, dass TIME TROOPERS mehr Sexszenen hat als so manches Nachtprogramm von RTL2 in den 90er Jahren. Man muss allerdings auch im Kopf behalten, dass Diva Elsner damals selten Probleme mit der Freizügigkeit hatte:

Jacob geht Rena hart an und verspricht ihr, eines Tages der Beste in seinem Job zu sein – es ist sehr offensichtlich, dass sie ihn für eine Waffel hält:

Endlich haben die Computersysteme die Person identifiziert, die dem alten Mann zur Flucht verholfen hat, und die Exit-Men wissen nun, was wir schon lange wissen:

Drolligerweise dreht auch hier die Synchro wieder am Rad, denn Len löscht den Mordauftrag, weshalb die Anzeige lautet, dass “morgen” keine Mission bevorsteht.

Um das aufzufangen, redet Rena plötzlich von einem “Fall Morgan”, der nix mit nix zu tun hat und nur dazu dient, irgendeinen Bezug auf den Bildschirm zu nehmen.

Nach dem Motorrad besteigt Len nun einen (seinen?) Wagen und fährt durch die Stadt, um Sarah zu warnen, dass die Exit-Men sie enttarnt haben. Ich kann nur von der Zukunft träumen, in der wir alle so heiße Schlitten fahren:

Jacob bekommt derweil heraus, dass Lens Verhalten nicht ohne Grund so fischig ist – und sein dummer Gesichtsausdruck bei dieser Erkenntnis ist sehenswert:

Wie das bei Alpha-Konkurrenten so ist, verlangt Jacob die Genehmigung, Len mit ballistischer Beihilfe zur Rechenschaft zu ziehen. Aber Meglo (Miglow?) möchte schon wieder nur “mehr Informationen”. Sind wir sicher, dass er der Bösewicht ist?!

Mit sexy Ausdrucken in der Hand fragt Jacob im “Monoton” die Barkeeperin, ob sie weiß, wo sich das Paar versteckt hält – jene Barkeeperin, von der er seit dem Vorabend weiß, dass sie eine gute Freundin von Len ist und ihn nie verraten würde. Was sie auch nicht tut. Ein großer Ermittler wird aus Jacob auch nicht mehr.

Len und Sarah beschließen, zu fliehen (wohin?) und Len ist überzeugt, einen Weg aus dem System zu finden, der narrensicher ist: “Direkt durch die Stadt”. Und nein, ich weiß auch nicht, was das bedeuten soll. Das Ziel unserer Protagonisten bleibt den gesamten Film über extrem vage. Weder wissen wir, was das “draußen” bedeuten soll, was sie dort erwartet, warum sie dort hin wollen, etc. pp. Utopie light.

Verdammt! Zu lange gewartet! Der schurkische Jacob hat unser Pärchen gestellt!

Der zugegeben einzige Überraschende Moment von TIME TROOPERS: Sarah wird sang- und klanglos von Jacob über den Haufen geschossen. No Happy End, I presume?

Die weibliche Roboter-AI von Len ballert Jacob auch gleich weg:

Nur leider ist Len verletzt entkommen und in den nächsten wirren Szenen fährt Jacob mit Lens (?) Wagen ins Hauptquartier zurück, wo man durch Lens Lifecard zu wissen meint, dass dieser heimlich im Kofferraum mitgefahren ist, um mit Jacob abzurechnen:

Jacob durchsiebt den Kofferraum mit Kugeln, aber da ist nur Lens Lifecard:

Weil Sarah mittlerweile tot ist, muss nun Rena noch mal unter die Dusche, damit die Zuschauer was zu gucken haben:

Weil’s doch damals unvermeidlich war:

Jacob kommt frustriert heim und läuft Len direkt in die Faust:

Bossfight! Len und Jacob rangeln und schießen, aber keiner hat die Oberhand, weil Len halt mit der Kugel (?) im Bauch nicht ganz so dolle kämpfen kann:

Ihm gelingt die Flucht durch ein Loch in der Wohnungswand, dessen Entstehung und Zweck sich mir völlig verschließt:

Zugegeben, das ist nicht unclever: um Jacob abzuschütteln, setzt Len eine ganze Fußgängerbrücke  unter Strom. Woraufhin Jacob das Treppenhaus nebenan nimmt.

Auf einem Hausdach im Morgengrauen (title drop!) kommt es zum finalen Showdown. Jacob hat die Waffe, Len keine Chance – das war es dann wohl, oder?

Nochmal: wer in seinem Leben mehr als drei Filme gesehen hat, den wird nicht wundern, dass der folgende Schuss nicht aus Jacobs Waffe kommt. Und dass Jacob mit verblüfftem Gesicht tot zusammen sackt:

Denn:

Es brauchte keinen Poirot, um DARAUF zu kommen. In wie weit das jetzt die Probleme löst, ob Rena nun mit Len flüchtet oder Len von Meglo (Miglow?) rehabilitiert wird? Ich weiß es nicht: der Streifen kopiert ja nur die erste Hälfte von FLUCHT INS 23. JAHRHUNDERT, deshalb müssen wir uns den Rest vermutlich dazu denken.

Im Nachspann werden dann übrigens endlich die österreichischen Filmemacher korrekt kreditiert und es folgt auf meiner Kassette ein Trailer für ALIENATOR, der bekanntermaßen Schrott ist, aber schon mit einem einzigen Screenshot mehr Entertainment bietet als TIME TROOPERS in 90 Minuten:

Alter Falter. Jetzt muss ich mich erstmal sammeln.

Vorweg: ich bin beeindruckt, dass das amerikanische VHS-Covermotiv anscheinend tatsächlich für diesen Film gepinselt wurde, denn es zeigt die typische Oberbekleidung der Exit-Men. Das ist mehr Aufwand, als ich erwartet hatte.

Und nein, es sieht nicht so aus, als hätte man neue Footage für den Film gedreht. Das Material von TIME TROOPERS stammt in toto aus MORGENGRAUEN. Man hat ihn lediglich (vermute ich) ein wenig straffer geschnitten und neu synchronisiert.

Die Seite Film.at beschreibt TIME TROOPERS in einer knappen Kritik so:

ein Achtziger-Unikum, klirrend-cool wie ein Blue-Curacao-Cocktail auf Eis

Dem möchte ich widersprechen: was für ein Schnarchsack vor dem Herrn. Man kann Science Fiction eben nicht nach dem Motto drehen “Wir machen einfach LOGAN’S RUN noch mal, zwar nur die erste Hälfte, dafür aber auch nur halb so schnell, dann passt das schon”. Über weite Strecken wirkt TIME TROOPERS wie ein Studentenfilm von der Akademie, der zur Unterrichtseinheit “Utopie/Dystopie” an Wochenenden gedreht wurde. Gegen die Studentenfilm-Theorie spricht allerdings, dass allen Ernstes der Original-Soundtrack zum Film auf LP veröffentlich wurde und sogar ein “Buch zum Film”, bzw. laut Eigenbeschreibung eine “Collage zu einem Film” in Druck ging.

Regisseur Peter Sämann war außerdem 1984 schon ein paar Jahre im Geschäft und dreht seither Seichtware: “Schlosshotel Orth”, “Julia – eine ungewöhnliche Frau”, “Die Landärztin”, “Kurhotel Alpenglück”, “Afrika im Herzen”, etc. Er ist – und ich weiß nicht, wie man das bewerten soll – der Stammregisseur von “Vollweib” Christine Neubauer.

Aber zurück zu meinem Fazit. Dass irgend jemand irgendwann irgendwo gedacht hat, es handele sich bei diesem anämischen Gehampel um einen kinotauglichen SF-Reißer, verblüfft mich über Gebühr.

Hier passt wirklich gar nichts. Die Figuren sind nicht entwickelt, keiner hat klare Ziele, nicht mal der Bösewicht ist über weite Strecken ersichtlich. Das bisschen, was der Autor sich an “world building” erlaubt, ist nicht stimmig und ärgerlich unausgegoren. Und wenn man das bisschen Science Fiction, was man erzählen möchte, nicht mal angemessen visualisieren kann, dann sollte man es vielleicht lassen.

Nun ist es gerade in Amerika nicht unüblich, mangelndes Budget und mangelnde Möglichkeiten durch nackte Tatsachen auszugleichen – boobs are the cheaapest special effect. Darum gehen die Cyborg-Cops in Corman-Streifen der 90er zu Recherchen auch so gerne in Strip Clubs. Aber bei TIME TROOPERS funktioniert das trotz des vollen Körpereinsatzes von Frau Elsner nicht, weil der Film einfach nicht die nötige Energie, die Farbe oder die Ironie besitzt, um zwischen den Sexszenen zu unterhalten. Beamtenkino wird auch durch Quotenbrüste nicht besser.

Es tut mir leid um diverse wirklich gute Schauspieler, die sich redlich mühen: Panczak, Rudnik, Elsner. Es tut mir sogar ein bisschen leid um Fortell, der wahrlich nicht für Shakespeare geboren wurde, aber sich als schauspielerisches Leichtgewicht hier wenigstens nicht blamiert.

Natürlich kann man wieder über das Frauenbild des Films diskutieren. Zwar wird hier versuchte Vergewaltigung nicht als großer Spaß verkauft, aber natürlich haben auch in dieser Zukunft die Männer vollumfänglich das Sagen und die Frauen haben sich zu prostituieren. Das gilt auch auf der Meta-Ebene, denn sowohl bei Elsner als auch bei Rudnik sind die Nacktszenen nur Köder, weil für die Handlung komplett irrelevant. Am Anfang werden “Exit-Women” erwähnt, aber der Film löst auch das nicht ein. The Force is not female. Es war halt damals so. Beim Sex mussten die Darstellerinnen blank ziehen, damit die männlichen Zuschauer was zu gucken hatten. Es war der “Kontrakt”.

Leider kann ich nicht beurteilen, wie viel “Schuld” die US-Fassung an dem Debakel trägt. Ja, die Synchro ist banane, aber vielleicht ist TIME TROOPERS etwas straffer als MORGENGRAUEN? Und der Score von Michael Bishop ist angemessen synthie-schrabbelig mit ein paar schlechten 80er-Popsongs, das passt eigentlich ganz prima.

Es hilft alles nix: you can’t polish a turd. TIME TROOPERS ist genau die Sorte dröges Möchtegernkino, das die Kritiker monieren und von dem die Industrie behauptet, es sei ein verleumderisches Klischee. Ein Film als abschreckendes Beispiel.

Anders als beim KAKTUS oder bei TERMINUS kann ich euch nicht ernsthaft raten, euch den Film auch mal anzuschauen, wenn ihr die Chance habt. Dafür ist er zu lethargisch und – beige. Für mich funktioniert er nur als eine Leerstelle meiner filmischen Bildung, die ich nun als gefüllt betrachten kann. Eine magere Ernte.

Abschließend ist es vielleicht noch eine Erwähnung wert, dass TIME TROOPERS heute aktueller ist als 1984 – denn er handelt von einer Gesellschaft, die von den Alten fordert, gefälligst freiwillig zu sterben, damit das System überleben kann. Wie Mark Tinta jetzt schreiben würde: “Note to Donald Trump: that’s supposed to be a bad thing”.

Ich brauche jetzt wieder eine Teenager-Komödie.

P.S.: Ja, das Logo des Vertriebs war der aufwändigste Trickeffekt des Films.



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Dietmar
3. Mai, 2020 10:01

Checkt mal, wie sich dieses romantische Bettgeflüster nachsynchronisiert anhört:

O.O Nie wieder, ich schwöre, beschwere ich mich über deutsche Synchro!

comicfreak
comicfreak
4. Mai, 2020 13:05
Reply to  Dietmar

Wirst du doch 🙂

Dr. Acula
3. Mai, 2020 10:37

Boris Palmer gefällt das.

Schade, ich hatte den ja auch gerade erst ergattert. Dann schiebe ich den sichtungstechnisch doch erst mal weit nach hinten..

Gregor
5. Mai, 2020 18:17

Wenn “Elektrudo Himmel” kein fantastischer Figurenname ist, dann weiss ich auch nicht.

Matts
Matts
11. Mai, 2020 14:29

Alter Schwede! War der nicht auch mal in einer Folge “Best of the Worst”?
In jeden Fall: Das hier ist für mich inzwischen die Blog-Version dieses großartigen Formats von Redletter Media. Genau was ich in diesen schweren Zeiten brauche!