01
Mai 2020

Pop wie guter Wein

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Ich habe in den letzten Tagen auf Facebook vermehrt meine liebsten Pop-Klassiker gepostet, naturgemäß meist aus den 80ern. Es heißt ja nicht ohne Grund

die beste Musik ist die, die du zwischen 14 und 21 gehört hast

Bei mir wären das also die Jahre 1982 bis 1989. Und das kommt erstaunlich gut hin. Was mich geprägt hat und was ich schamfrei bis in die Gegenwart hören kann, das ist die Musik der 80er. Vielleicht auch, weil sie so aufgeladen ist mit Erinnerungen an Partys, erste Liebe, Tanzschule, und lauter Gefühlen “auf 11”. Es ist keine wertfreie Musik, sondern ein Set an Legobausteinen, aus denen mein Leben gebaut wurde.

Nun bin ich nicht mehr 16. Ich bin 52. Ich habe Zipperlein, brauche eine Brille, fahre ein zu großes Auto gehe nicht mehr auf Partys – ich “treffe mich zum Essen”. Statt mich zu fragen, ob die Klassenkameradin wohl mal mit mir ins Kino gehen würde, sitze ich zufrieden mit meiner Frau auf dem Sofa und schaue neue Folgen “Endeavour”.

Ich bin fest überzeugt, dass man sich mit zunehmendem Alter das Recht auf Nostalgie und Melancholie verdient. Weil man auf einmal mehr hinter sich als vor sich hat und weil die prägenden Momente so lange her sind, dass man sie erst herauskramen und abstauben muss, bevor man sie seufzend betrachtet.

Der “süße Schmerz” ist ein wichtiger Teil der Nostalgie. Sich an etwas zu erfreuen und gleichzeitig diesen kleinen Stich zu spüren.

The rain was never cold when I was young
I’m still young 

Ain’t I?

Nun ist es eine Sache, sich die alten Videos anzuehen von a-ha, Spandau Ballet, Depeche Mode. Das sind Konserven, die den Moment festhielten, aber ihn eben auch einfroren. Sie sind perfekt und ihnen fehlt genau die Eigenschaft, die uns alle auszeichnet – sie altern nicht. Zur Nostalgie gehört aber die Erkenntnis, dass Altern kein Malus ist, kein Stigma – die sich addierenden Jahre waren für mich immer ein mehr, kein weniger.

Und darum habe ich heute und zum Wochenende einen Haufen Videos aus den letzten 10, 15 Jahren rausgesucht, die beweisen – nicht nur WIR sind noch hier, SIE sind es auch. Etwas mehr Falten, Brille, Bauch. Eine andere Definition von sexy vielleicht. Sie sind – wir. Und das addiert zu der Nostalgie noch eine Schaufel Beruhigung.

Ohne besondere Reihenfolge oder damit verbundener Wertung.

Den Anfang macht Paul Weller, aka Mr. Style Council, aka Mr. Jam. Immer noch drahtig und stylish unterwegs, ein unkaputtbarer Gottvater des Britpops. Wem bei “Shout to the top” nicht die Füße zucken, der sitzt vermutlich (leider) im Rollstuhl:

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Die Königin. Sie repräsentiert nicht nur die Musik, sondern auch das Ambiente der 80er. Jazzpop für rundergedimmte Wohnzimmer und Ledersofas. Niemand trinkt zu Sade Bier. Long live the Queen:

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Der einzige Grabstein dieser Liste, aber ich muss ihn trotzdem bringen, weil er für die 80er wichtig war, für mich. Und weil Colin unfassbar gut alterte, bevor er starb:

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In den 80ern war australische Popmusik global erstaunlich präsent. Ich hatte keine Ahnung, ob Icehouse noch auftreten. Tun sie. Die Songs – immer noch Ohrwürmer:

https://www.youtube.com/watch?v=bl8p2iAy2ec

Hatten wir neulich schon. Ich weiß. Aber ohne geht ja auch nicht:

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Es ist einer der ultimativen Mitgröhl- und Fußstampf-Songs. JEDER versucht, den drolligen Akzent der Schotten dabei halbwegs zu treffen. Und jetzt alle:

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Billy Idol dürfte nach keinem Maßstab der Welt noch leben. Er ist der Keith Richards des 80er-Glamrocks. 64 Jahre alt. Und ein Duett mit Miley Cyrus unpeinlich durchzuziehen, daran würden selbst jüngere Stars scheitern – er nicht. Big fun:

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Dieser Song war eigentlich in Kommerz gegossener Zynismus – im Akkord produziert, weil Woolworth angekündigt hatte, bei einem Kylie/Jason-Duett 250.000 Singles blind zu ordern, und mit Hochdruck zur Weihnacht ’88 in die Plattenläden gepumpt. Und dennoch – einer der Kuschelrock-Klassiker der Dekade. Ach, Kylie…:

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Das hier ist (nicht nur) für Danielle. Sie weiß warum. Ein großartiges Album voller Pop-Meisterstücke mit exorbitanten Gitarren-Soli – ich freue mich auf diese Neuauflage:

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Style-Kings, neben Depeche Mode und Spandau Ballet sicherlich die “Pop-Supergroup” der frühen 80er. Lassen es heute entspannt angehen, was sich auf den Zuschauer überträgt. Deswegen auch dieser extrem smoothe Song:

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Der Mann, der augenscheinlich in der Tupperware-Schale übernachtet, weil er seit 30 Jahren nicht altert. Und weil er augenscheinlich Spaß an seinem Legenden-Status hat, hier mal ein Besuch von Rick Astley bei einem Chor, der das unvermeidliche “Never gonna give you up” einstudiert hat:

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Was für eine tolle Frau. Alison Moyet sieht besser aus als vor 30 Jahren und diese Stimme – da macht sich die klassische Gesangsausbildung bezahlt:

https://www.youtube.com/watch?v=PHISaPkPagU

Nie ein Superhit, die Band ein One Hit Wonder, aber in den 90ern gab es keine Pop-Radiowelle, die “Mary’s Prayer” nicht mindestens einmal am Tag spielte. 2014 hat sich Band für den Ryders Cup zu einer einmaligen Reunion überreden lassen – und die Magie des Liedes ist augenblicklich wieder spürbar:

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Es ist immer schön, wenn Stars selber ihre Songs neu interpretieren und nicht nur wie auf Platte nachsingen. Hier gönnen sich Howard Jones und Nik Kershaw, die in den 80ern als verfehdet galten, ein paar entspannte Minuten mit “Wouldn’t it be good?”:

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Diese Stimme. Diese unfassbare, unverwechselbare Stimme. Unverkennbar Jimmy Somerville, aka Mr. Bronski Beat, aka Mr. Communards. Auch hier eine hypnotische, reduzierte Version, die beweist, dass gute Musik keinen Studio-Pomp braucht:

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Ich war nie der große Tears for Fears-Fan, aber die musikalische Lebensleistung der Band (bzw. des Duos) erkenne ich neidlos an. Curt Smith hat die Corona-Krise genutzt, um mit seiner bezaubernden (und augenscheinlich talentierten) Tochter eine neue Version von “Mad World” zu performen:

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Und weil es eigentlich in die 90er gehört, stelle ich Lisa Loebs “Stay” an den Schluss. Nach dem Original-Video (gedreht von Ethan Hawke in Ethan Hawkes Apartment) waren wir 1994 alle ein bisschen verknallt in das Mädchen mit der Brille und der zarten Stimme. 26 Jahre später kann das durchaus wieder passieren:

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Das mag alles lange her sein – aber damn, we’re still here. And we’re gorgeous.



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Dietmar
1. Mai, 2020 15:36

Ich habe es leider nirgends wieder gefunden: Im Stern war mal eine Zeichnung von Haderer. Man sieht an der Wand in gelangweilter Haltung Pflegeschwestern stehen, auf Stühlen davor alte Menschen, die begeistert mitsingen, auf der Bühne ein Mann mit einem Kranz aus schulterlangen Haaren, ein Bein auf einem Stuhl, die Gitarre dadrauf, und er singt: “We all live in a yellow”. Das Publikum singt enthusiastisch: “Fubmarine”, während die Gebisse unter entsetzter Beobachtung der Schwestern Richtung Bühne fliegen.

Meine emotionalen Musikwurzeln spannen sich von den 60-ern bis in in die 80-er. Das liegt daran, dass ich als Kind viel von meinen Geschwistern mithörte, bevor ich mich musikalisch selbst definierte. Wenn ich beispielsweise Neil Diamond höre, werde ich zuverlässig sentimental.

The Dude
The Dude
1. Mai, 2020 15:44

Es lohnt sich, neben den großen Hits auch die Alben vieler Bands aus dieser Zeit zu entdecken. Gerade Icehouse und Men at Work haben eine Menge toller Songs produziert, die nicht ganz so bekannt sind. Auch das Album “So Red The Rose” vom Duran Duran-Ableger Arcadia ist grandios.

Ich habe vor einiger Zeit auch wieder angefangen, Mixtapes auf MCs aufzunehmen – ganz einfach weil es ein netter Zeitvertreib ist und die Musik heute aus unendlichen Quellen verfügbar ist. Und dank Synthwave gibt es ja auch wieder ganz moderne Musik im Stil der 80er.

Thies
Thies
1. Mai, 2020 18:14

Bei Depeche-Konzerten fühle ich mich regelmäßig 20 Jahre jünger als ich bin, da sie immer noch neue Fans gewinnen. Etwas anders ging es mir vor zwei Jahren bei U2 wo der Altersdurchschnitt bestimmt bei 45 lag. Und hinter mir stand auch noch das A-Loch das während einer von Bonos längeren pathetischen Ansprachen “Play some music” schrie.

Dieses Jahr hatte ich mich eigentlich auf die Gelegenheit gefreut Heaven 17 und Howard Jones live zu sehen, aber ein kleiner Virus machte mir einen Strich durch die Rechnung. Dafür hatte ich die letzten Jahre ein paar andere Helden sehen dürfen. Immer noch tolle Stimmen hatten Claudia Brücken und Susanne Freitag von “Propaganda”. Ebenfalls eine tolle Show hatten Human League auf die Beine gestellt. Die Stimme von Phil Oakley hatte nichts von ihrem Schmelz verloren und seine beiden Damen tanzten an seiner Seite als wären sie immer noch 20. Aber der beste Nostalgieschub war für mich das Konzert der Hooters. Wie der (kleine) Saal bei “Karla with a K” abging ist eine Erinnerung die mir hoffentlich noch viele Jahre ein Lächeln aufs Gesicht malt.

Thies
Thies
1. Mai, 2020 18:16
Reply to  Thies

PS: “Stay” hatte ja letztes Jahr einen unerwarteten Auftritt beim Fantasy FIlmfest.

Kai
Kai
1. Mai, 2020 23:39

Gary Numan tourt auch noch, sogar mit Töchterchen: My Name Is Ruin

Kai
Kai
1. Mai, 2020 23:44

…und wenn wir uns mal abseits des ganzen Mainstreams begeben, Bob Mould von den legendären Hüsker Dü macht auch noch Musik und altert sehr, sehr gut: Lost Faith.

Wer möchte, kann ja mal googlen wie er in den 80ern aussah. Jedenfalls bekommt ihm das Alter und er wird auch nicht leiser oder langsamer.

takeshi
takeshi
2. Mai, 2020 08:08

100% ins Schwarze getroffen.
Ich bin Jahrgang ’66 und ich sehe und höre hier keinen Song, den ich nicht auch in die Auswahl genommen hätte.
Bei mir wären nur noch der leider vergangenes Jahr verstorbene Mark Hollis mit Talk Talk und dem song “Such a shame”, Stuart Adamson mit Big Country und “In a Big Country” und Robert Smith mit The Cure und “Boys don’t cry” dazugekommen.
Vielen Dank für diese Zusammenstellung.

MinkyMietze
MinkyMietze
2. Mai, 2020 10:15

Also mir fehlt da unbedingt noch OMD; aber würde ich so eine Liste aufstellen würde die wahrscheinlich doppelt so lang wie deine Torsten… und irgendwo muss man da auch mal einen Punkt machen.

sergej
sergej
10. Mai, 2020 15:22