30
Mai 2020

Ein paar Gedanken zur “Bitch Bibel”

Themen: Film, TV & Presse |

Ich sehe das Plakat überall, der Verlag hat augenscheinlich richtig Geld in die Hand genommen – es geht um die “Bitch Bibel” der Influencerin Katja Krasavice, über die eine Google-Bildersuche mehr aussagt als der Wikipedia-Eintrag.

Normalweise meide ich diese Form von Prekariats-Promi, die ganze Influencer-Kultur aus moralfreien Markenhuren und Maulaufreißern ist mir zuwider – ich gestehe ohne Scham ein, dass ich vielleicht schlicht die falsche Zielgruppe bin und das falsche Alter für derartiges Rammel-Remmidemmi habe. Andererseits – welche Entschuldigung hat Oliver Pocher?

Angesichts des Plakats möchte ich allerdings zwei oder drei weiterführende Gedanken loswerden. Der erste lautet:

Die Überlegenheit des (gedruckten) Buches gegenüber anderen Medien und Konsumformen ist überholt und aktuell nur noch behauptet. Content ist King und eine Wertigkeit des Papiers gegenüber der Datei (ebook oder audio) ist eine Illusion. Bücher wie dieses sind der Beweis, dass auch große Verlage schon immer und wenigstens längst im “Promis unter Palmen”-Sumpf mitwaten. Jede aus dem Argument “wir machen in Papier” erwachsene Arroganz ist zu hämen.

Daraus folgt:

Der Wert des aktuellen Buches als Kulturgut ist mit dem anderer Kulturgüterwagen gleichzusetzen. Dazu gehören auch Fernsehen, Kino, Theater, etc. Die Buchpreisbindung hat sich überlebt, weil sie keinen erkennbaren kulturellen Mehrwert erbracht hat. Das ist auch im internationalen Vergleich evident. 

Daraus folgt:

Förderung und besonderen Schutz verdienen und genießen nicht die Medien, sondern die Inhalte, die sie transportieren. Staatsknete künftig nur für zumindest erwartbare überdurchschnittliche kulturelle Leistungen (eine niedrige Messlatte, ich weiß).

Ja, ich mache am Buch “Bitch Bibel” den Untergang des Kulturgutes Buch fest. Isso. Aber ich gehe noch weiter – und das wird besonders Leser schockieren, die meinen konsequenten Atheismus schätzen:

Der Missbrauch von Begriffen wie Bibel und Koran für niedere Zwecke sollte zumindest klar eingeschränkt werden. Eine Religion mit mehreren hundert Millionen Gläubigen sollte sich nicht gefallen lassen müssen, dass Menschen wie Krasavice sich ihrer Begrifflichkeiten und Bildersprache bedienen. Zumal unterstellt werden darf, dass es hier nur um billige, aber letztlich feige Aufmerksamkeitsheischerei geht – kaum anzunehmen, dass Krasavice (auch bei fremdsprachigen Ausgaben ihres Buches in mehrheitlich islamischen Ländern) den Begriff “Bitch Koran” wagen würde. 

Und schließlich:

Ja, ich bin mir bewusst, dass ich mit diesem Beitrag auch nur die PR-Maschine des Verlages bediene und mich damit  genau genommen mitschuldig mache. Es ist ein Streisand-Effekt, mit dem ich leben muss/kann.



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Kaio
Kaio
30. Mai, 2020 12:39

Förderung und besonderen Schutz verdienen und genießen nicht die Medien, sondern die Inhalte, die sie transportieren. Staatsknete künftig nur für zumindest erwartbare überdurchschnittliche kulturelle Leistungen (eine niedrige Messlatte, ich weiß).”

Uff, ne also da kann ich nicht mitgehen. Durch genau diese Art von Gedanken haben wir jetzt die Misere mit der deutschen Filmförderung wo Arthouse Studenten mit den richtigen Connections sich ihre Kunstfilmchen risikolos finanzieren lassen die dann 20 Leute sehen sollen während dass deutsche Genrekino tot ist. Am Ende entscheiden wieder verrentnerte Politiker und deren dickste Kumpels im Feuilleton komplett an den tatsächlichen Lesern vorbei.

Dann lieber konsequent gar nix fördern und den Markt einfach machen lassen. Finde ich generell am fairsten.

Marko
30. Mai, 2020 13:00
Reply to  Kaio

Zumal “kulturelle Leistung” ja auch kein genormter Wert ist – wer soll denn bitte entscheiden, was kulturellen Wert hat und was nicht?

Dietmar
30. Mai, 2020 14:47
Reply to  Marko

Meinst Du, dass man kulturelle Leistungen in ihrer Qualität nicht unterscheiden und vom Niveau her wenigstens grob einordnen kann?

Marko
30. Mai, 2020 16:31
Reply to  Dietmar

Es geht mir nicht darum, ob man kulturelle Leistungen beurteilen KANN. Ich möchte nur nicht, dass irgendjemand das tut und dadurch entscheidet, was kulturell wertvoll IST (und was nicht). Denn woher soll ich wissen, ob dieser Entscheider in meinem Sinne entscheidet?

Dietmar
30. Mai, 2020 22:50
Reply to  Marko

Verstehe ich Dich richtig, dass Du sagst, wenn etwas als wertvoll gefördert wird, bedeutet das, alles andere ist wertlos?

Marko
30. Mai, 2020 23:04
Reply to  Dietmar

Nein, da verstehst Du mich falsch. Ich formuliere es mal so: Ich möchte nicht, dass Leute entscheiden, was ihrer Meinung nach kulturell wichtig ist (und was nicht), und ich möchte ebenso nicht, dass deren Meinung entscheidender ist als meine.

Dietmar
30. Mai, 2020 23:59
Reply to  Marko

Okay, verstehe. Ich will Dich nicht nerven und weiter ausquetschen. Wenn es in Ordnung ist, sage ich mal, wie ich das sehe: Im Idealfall entscheiden kompetente Leute über kulturelle Fragen, die nicht aus dem kulturellen Mainstream, der sich selbst finanzieren kann, erwachsen. Ich habe über viele Dinge eine Meinung, aber bin überzeugt, dass andere höher qualifiziert sind und deshalb in der Lage sind, eine fundiertere Aussage zu treffen, als ich das könnte.

Ich sehe ein erhaltenswertes kulturelles Erbe, das uns Identität gibt. Dieses Erbe ist aus einem Zeitgeschehen heraus erwachsen, deren Umstände nicht mehr der heutigen Realität entsprechen. Deshalb muss, will man dieses Erbe erhalten, Förderung stattfinden.

Ein Beispiel dafür aus meinem früheren Beruf: Um die Orchestermusik des Barock oder der Romantik zu verwirklichen, braucht man eine Infrastruktur, in der es den Handelnden möglich ist, Höchstleistungen zu entwickeln und dabei davon auch leben zu können. Gibt es diese nicht mehr, bricht die Fähigkeit der Orchester sofort ein. Ohne Zeitverzug unmittelbar. Um davon leben zu können, müssten die Preise für Konzerte gewaltig höher sein. Das geht einfach nicht mehr.

Jetzt habe ich mehr gequatscht, als vielleicht gut ist. Ich will Dich damit nicht ärgern oder so.

Marko
31. Mai, 2020 13:18
Reply to  Dietmar

Du hast mich weder genervt noch geärgert. 🙂

Ich bin bei Dir, wenn Du sagst, dass es ein erhaltenswertes kulturelles Erbe gibt. Ich glaube, wir sind nur unterschiedlicher Meinung, was in dieses Erbe gehört (und was nicht). Und genau deswegen bin ich froh, wenn man kulturelle Leistungen gar nicht erst bewertet.

Kultur ist für mich alles, was der Mensch auf künstlerischer Basis (er)schafft. Das schließt für mich eine fein konstruierte Fuge von Bach ebenso mit ein wie die “Bitch Bibel” einer popkulturellen Trash-Ikone. Wenn dadurch Begriffe “missbraucht” werden und/oder gar ganze Kulturgüter untergehen, dann ist das nun mal so – es ist in meinen Augen Zeichen der menschlichen Kultur, dass sie sich durch Prägung stetig verändert. Solange dabei kein Wissen verloren geht, sehe ich da kein Problem. Man kann mMn kulturelles Erbe bewahren, ohne zeitgenössische (oder andere) Kultur wertend dagegen zu stellen.

Das bedeutet übrigens nicht, dass ich handwerkliche Leistungen nicht bewerte – natürlich war Bach ein musikalisches Genie, während die gute Katja musikalisch allenfalls einer Tüte Fertignudeln entspricht. Aber so gern ich das musikalisch auch unterscheide, so sehr verteidige ich trotzdem die Meinung, dass beide Zeichen ihrer Zeit sind, was beiden kulturell (!) weder zum Vorwurf gemacht noch als Leistung angerechnet werden sollte, damit es, wie gesagt, nicht zu einer Bewertung kommt, die dann schlußfolgernd behaupten will, was kulturell wertvoll ist (und was nicht).

Dietmar
31. Mai, 2020 14:51
Reply to  Marko

Wenn ich wirklich nicht nerve, gehe ich später darauf noch einmal ein, weil Du viel Diskussionswürdiges angesprochen hast. Aber jetzt haben wir etwas vor, und ich bin offline.

Dietmar
31. Mai, 2020 21:02
Reply to  Marko

Ich will vorwegschicken, dass ich mir vorgenommen habe, mich aus Internet-Debatten herauszuhalten, als mir klar wurde, wie sehr sie mich im Leben beeinträchtigten (Details spare ich jetzt aus) und wie sehr Facebook, Twitter und Co. auf Konflikt basieren. Außerdem hatte ich zu oft den Eindruck, dass gerade sorgfältig durchdachte und formulierte Beiträge mit Belanglos-Kommentaren weggewischt werden. Ein echter Meinungsaustausch ist einfach zu selten, um den Einsatz zu lohnen. Dass ich aus solchen Debatten viel gewonnen habe (gerade beim und durch den Wortvogel wurde mein Weltbild deutlich umgekrempelt), steht einem ziemlichen tatsächlichen und im Grunde sogar bezifferbaren Schaden gegenüber. Das kann durchaus wenigstens teilweise mein eigenes Verschulden sein, weil ich klare Worte und Positionen weichgespültem Schönreden vorziehe. Wenn ich mich ernsthaft mit einer anderen Meinung auseinandergesetzt habe, tat ich das, indem ich einzelne Argumente kritisch beleuchtete. Kommt nicht immer gut an und bringt eine Menge Vorwürfe, beispielsweise der Arroganz, ein. Beschwichtigungen und Versuche des Einlenkens wurden als „passiv-aggressiver“ Stil vorgeworfen. Besonders negativ beeindruckt hat mich das, als das ein in meinen Augen witziger und intelligenter Diskutant vor etwa zwei Jahren tat, ohne dass ich irgendeine Chance hatte, ihm meine Position wirklich klarzumachen. Lange Vorrede, ich weiß. Aber keine Sorge: Jetzt wird´s noch länger. Weil aber dieses Thema mich persönlich betrifft und nach dem Scheitern meines Betriebes auch emotional trifft, will ich auf Deinen Kommentar detailliert antworten. Ich bitte Dich nur darum, mir zuzugestehen, dass es mir um die Sache an sich, nicht um Rechthaberei, um mich oder Dich persönlich geht.<blockquoteIch glaube, wir sind nur unterschiedlicher Meinung, was in dieses Erbe gehört (und was nicht)Meine Definition: Kultur ist die Gesamtheit der Lebensäußerungen des Menschen. Kulturelles Erbe sind die den jeweiligen Zeitgeist in besonderem Maße repräsentierenden Lebensäußerungen des Menschen. Der Wert kulturellen Erbes und seine Bedeutung erschließt sich dabei häufig erst in der Rückschau, wenn man in der Lage ist, das Ergebnis dieses Zeitgeschehens in größere Zusammenhängen einzuordnen und geschlossen zu bewerten.

Und genau deswegen bin ich froh, wenn man kulturelle Leistungen gar nicht erst bewertet.

Weil ich eine andere Meinung hätte als Du, bzw. eine andere als Deine existiert, bist Du froh, dass man kulturelle Leistungen nicht bewertet? Kann man kulturelle Leistungen bewerten? Ja, kann man. Es gibt allein schon rein handwerkliche Kriterien. 1. Beispiel: Einer meiner Neffen spielt in einer Heavy-Metal-Band. Ich habe mit Metal gar nichts, absolut gar nichts am Hut. Ich kenne maximal ein paar Bands mit Namen und das eine oder andere Stück. Das war´s dann auch schon. Weil die Band in unserer Stadt spielte und drei weitere Bands zu einer Konzert-Nacht eingeladen hatte, waren meine Schwester, meine Frau und meine 91-jährige Mutter auf dem Konzert. Niemand von uns Meatal-Head. Nach dem Konzert konnten wir uns tagelang wunderbar darüber unterhalten, welche Band welche Vorzüge hatte und waren uns vollkommen einig darüber, welche Band insgesamt die virtuoseste war, welche die ausgefeiltere musikalische Struktur etc. hatte. Beim Konzert konnte ich in den Pausen haufenweise Kommentare von langhaarigen, headbangenden Leuten hören, die sich vollständig mit meinem Eindruck deckten. 2. Beispiel: Ich arbeite jetzt als Musiklehrer in der Schule. Als eine Kollegin einen Rapsong heraussuchte, weil sie sich den 10.-Klässlern annähern wollte, entstand in der Klasse eine heftige Diskussion über die Qualität des Songs und des Sängers, die sich mit meinem Eindruck absolut deckte. So ist stark kritisiert worden, dass der junge Mann in den Gesangspassagen deutlich erkennbar Auto-Tune einsetzte, anstatt eine gute Sängerin oder einen guten Sänger diesen Teil übernehmen zu lassen. Also ja, man kann Qualität bewerten. Meine Musik in der Eilter Skiffle Company ist kein kulturelles Erbe, so toll ich das fand, so viel Spaß ich hatte, so gut wir auch gelegentlich waren. Ist es einfach nicht. Solche Bewertungen haben nichts mit mir persönlich zu tun.

Kultur ist für mich alles, was der Mensch auf künstlerischer Basis (er)schafft. Das schließt für mich eine fein konstruierte Fuge von Bach ebenso mit ein wie die “Bitch Bibel” einer popkulturellen Trash-Ikone.

Ja, beides ist Kultur. So, wie ich bei meinem Körpergewicht von 86 kg zu 64,5 kg aus Wasser bestehe. Und dennoch bin ich etwas anderes als etwa 7 Zehnliter-Eimer voller Wasser. Die Trash-Tante (zu einer Ikone reicht es bei ihr selbst da noch nicht) kann ein Buch veröffentlichen. Das ist dann da. Bachs Fugen sind nicht „da“. Sie müssen immer wieder neu erschaffen werden. Und der intellektuelle Anspruch sowohl in Produktion als auch in Rezeption sprengt jeden Maßstab im Vergleich. Ich habe eine Fuge (mit dazugehörendem Präludium) auskomponiert. Ist ganz gut geworden, wurde sehr gelobt. Und ist im Vergleich zu Bach bestenfalls doch nur ganz nett. Mir ist nicht klar, ob Du mit solchen Gleichsetzungen provozieren willst, um ganz offen zu sein.

Wenn dadurch Begriffe “missbraucht” werden und/oder gar ganze Kulturgüter untergehen, dann ist das nun mal so – es ist in meinen Augen Zeichen der menschlichen Kultur, dass sie sich durch Prägung stetig verändert.

Dieses Herumgeschreibsel soll also Werke Bachs verloren gehen lassen dürfen, weil es auch Kultur ist und damit ganz automatisch gleichwertig?

Solange dabei kein Wissen verloren geht, sehe ich da kein Problem.

Geht es aber. Es geht dann Wissen verloren. Im zweiten Weltkrieg ist eine ganze Generation der Schüler und Enkel-Schüler Liszts, Medelssohns etc. zugrunde gegangen. Interpretations-Schulen sind verloren gegangen, weil die vor allem jüdischen Musiker umkamen und oft genug weniger qualifizierte „deutsche“ Musiker ihren Platz einnahmen. Wissen ist mehr als reines Faktenwissen. Gerade in der Kunst, gerade in Kultur geht es um ein „Mehr“, das dem Faktenwissen und der reinen praktischen Fertigkeit aufgesattelt ist. Es gibt eine Folge in „Raumschiff Voyager“, wo der holografische Doktor auf einem Planeten dank seiner umfangreichen Musikdateien als Künstler auftritt und immer mehr künstlerisches Gespür entwickelt, mithilfe dessen er zu eigenen, immer kunstvolleren und sehr gefeierten Interpretationen kommt. Am Ende kann dann ein Bewohner höher und schneller singen als er. Zum Entsetzen des Doktors vollkommen zusammenhanglos und ohne inneren Sinn spult dieses Wesen Unsinn ab und wird dafür gefeiert, weil die Bewohner nicht erkannten, dass der eigentliche Sinn der Darbietungen des Doktors etwas anderes war als oberflächliche Virtuosität.

Man kann mMn kulturelles Erbe bewahren, ohne zeitgenössische (oder andere) Kultur wertend dagegen zu stellen.

Das muss ich einfach einen klassischen Strohmann nennen.

…was beiden kulturell (!) weder zum Vorwurf gemacht noch als Leistung angerechnet werden sollte, damit es, wie gesagt, nicht zu einer Bewertung kommt…

Ich verstehe also, dass man die Tüte Fertignudeln nicht mit dem Genie vergleichen soll und beide das gleiche „Recht“ auf Wert haben, weil sie einfach irgendwie da sind, obwohl Du die eine als Tüte Fertignudeln und den anderen als Genie kennzeichnest. Wenn also ein Schüler in meinen Unterricht kommt und einfach nur atmet, bekommt der von mir die gleiche Eins, wie der Schüler, der sich beteiligt, schlaue Beiträge liefert und seine Hausaufgaben macht, weil der erste Schüler so schön atmet. Verstehe ich Dich richtig?

… die dann schlußfolgernd behaupten will, was kulturell wertvoll ist (und was nicht).

Mir fällt auf, dass ich Dich deutlich danach gefragt habe, ob ich Dich falsch verstehe, dass Du meinst, wenn man etwas als wertvoll fördert, bedeute dies, alles andere wäre als wertlos bewertet. Du sagst, ich verstünde Dich falsch. Aber jetzt schreibst Du mit Klammern abgeschwächt zum wiederholten Mal genau das. Aber auch diese, Deine, Behauptung ist ein Strohmann: Wenn man Fördergelder vergibt, vergibt man sie an etwas, von dem man sich kulturelle Signifikanz verspricht. Das heißt einfach nicht, dass das, was man nicht fördert, keinen kulturellen Wert hätte. Niemand behauptet so etwas, niemand denkt so, das ist nicht der Sinn der Förderung.Man mag es glauben oder nicht: Ich war gut 30 Jahre im Kultursektor unterwegs, planerisch (Kulturamt) sowie als ausführender Künstler. Neid, Missgunst, Ellenbogengestoße und fiese Tricks, das alles ist mir begegnet. Aber niemand hat jemals gesagt oder geäußert oder klar gemacht: „Du bist Akkordeonist und leitest Akkordeon-Orchester, du bist deshalb kulturell weniger wert!“ In Gesprächen mit Musikern der „edlen“ Instrumente und bedeutungsvollen Sinfonie-Orchestern (wie etwa einem ehemaligen Konzertmeister des renommierten NDR-Sinfonieorchesters) wurde beispielsweise anerkannt, wie groß mein Publikum bei Konzerten war, und sogar meine Leistung als Dirigent gelegentlich. Mir sind auch Musiker begegnet, die privat HipHop hören. Es gibt natürlich auch arrogante Säcke. Aber wieso Du diesen Kulturclash sehen willst, erschließt sich mir nicht.

Marko
31. Mai, 2020 21:38
Reply to  Dietmar

Ich glaube nach wie vor, dass wir uns missverstehen. Ich bewerte Musik ja durchaus auch (wie ich ja auch schon sagte), nur bewerte ich sie ausschließlich nach musikalischen Maßstäben, nicht nach kulturellen. Das bedeutet natürlich, dass Du einen Schüler natürlich nach seinen Leistungen bewerten sollst, um auf Deine Frage einzugehen. Mir ist nicht ganz klar, in wie fern ich den Eindruck gemacht hätte, dies sei nicht nötig oder richtig.

Ich schrieb, Wissen solle nicht verloren gehen, Du antwortest, genau das passiert aber – und kommst dann mit einem Weltkrieg als Beweis. Ja nun, da hast Du natürlich recht, da geht dann Wissen verloren. Das bestreite ich nicht, und ich finde es auch nicht gut. Ich sage ja nur, dass, um bei meinen Beispielen zu bleiben, das Wissen um das Genie von Bach nicht verloren geht, indem man einer Katja Krasavice zugesteht, auf ihre Weise kulturell von Bedeutung sein zu wollen. Qualitativ ist die Kunst von ihr nicht gut (wir erinnern uns an meinen Fertignudel-Vergleich). Aber ich gestehe ihr trotzdem zu, dass sie sich in die zeitgenössische Kultur einbringen DARF, und ich finde es nicht gut, das naserümpfend zu bewerten. Nochmal: Ihre KUNST ist bewertbar, ihr Anrecht auf einen Versuch, kulturelle Wichtigkeit zu erlangen, ist es meiner Ansicht nach aber eben nicht. Bachs Genie wird dadurch nicht angekratzt oder vergessen.

“Aber wieso Du diesen Kulturclash sehen willst, erschließt sich mir nicht.” — ich sehe doch gar keinen Kulturclash? Mein Punkt ist doch eben genau das, was Du mit Akkordeonisten anbringst: Man sollte sie nicht kulturell bewerten wollen. Mir ist auch hier nicht klar, warum Du denkst, dass unsere Standpunkte verschieden sind. Irgendwie wirkt es auf mich, als würdest Du Dich – warum auch immer – ein bisschen an meinen Aussagen stören, um mir im letzten Absatz dann doch zuzustimmen. Und falls hier nun ich DICH falsch verstanden habe, so zeigt das (zumindest mir) noch einmal, dass wir uns, wie gesagt, offenbar missverstehen. Genau wie Du Dich sorgst, dass Deine durchdachten Kommentare belanglos “weggewischt” werden, so sorge ich mich gerade, dass ich mich vielleicht unglücklich ausdrücke. Jedenfalls gibt es in Deinem Text nichts, das ich “wegwischen” möchte. Nur irgendwie klingen Deine “Verstehe ich Dich richtig”-Fragen für mich immer ganz anders als das, was ich eigentlich sagen wollte – und das versuche ich dann zu erklären. Es tut mir leid, wenn Dir das als Antwort dann zu belanglos erscheint, ich mache das nicht mit böser Absicht.

Last edited 3 Jahre zuvor by Marko
Dietmar
31. Mai, 2020 22:09
Reply to  Marko

Ich sage ja nur, dass, um bei meinen Beispielen zu bleiben, das Wissen um das Genie von Bach nicht verloren geht, indem man einer Katja Krasavice zugesteht, auf ihre Weise kulturell von Bedeutung sein zu wollen.

“Das Wissen um das Genie von Bach” ist aber nicht das, was Kultur ausmacht. Es ist auch die Fähigkeit zur tätigen Auseinandersetzung mit dem Werk. Das kann aber nur erhalten werden, wenn der Kultursektor gefördert wird. Ohne Förderung ist es ihm nicht möglich, aus sich selbst heraus zu existieren. Die Idee, die Du vertrittst, soweit ich Dich verstehe, ist, dass sich die kulturelle Bedeutung selbst regelt und eben etwas verloren gehen darf, wenn es von anderem verdrängt wird, das für sich kulturellen Anspruch erhebt. Also hier als überspitztes Beispiel darf Krasavic Bach verdrängen, wenn Bach nicht gefördert wird und sich deshalb nicht halten kann. Sie darf natürlich so einen Quatsch veröffentlichen und natürlich ist das eine kulturelle Äußerung. Aber man kann auch bewerten, welche Qualität diese hat. Das geht ganz objektiv. Die Qualität ist nicht deshalb schlecht, weil sie keine Förderung erhält, man beurteilt sie auch nicht als schlecht, weil sie keine Förderung erhält. Wenn von zwei ähnlichen Projekten eines gefördert wird und das andere nicht, heißt das auch nicht, dass das nicht geförderte kulturell nicht wertvoll wäre.

AlphaOrange
AlphaOrange
2. Juni, 2020 11:44
Reply to  Dietmar

Bin vor etwa einem Jahr zufällig auf das musikalische Wirken von Katja Krasavice gestoßen. Von dem Kulturschock habe ich mich bis heute nicht richtig erholt und ich finde den Fertignudel-Vergleich eigentlich erst dann passend, wenn wir uns darauf einigen, den Inhalt der Nudelpackung pur zu essen statt zu kochen.

Und trotz dieser deutlichen Abscheu finde ich die Wertung kultureller Überlegenheit genauso schwierig wie Marko das in seinen Beiträgen tut. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Bewertbar finde ich in der Kunst höchstens die handwerklichen Komponenten. Davon, künstlerische Gesamtwerke gegeneinander aufzuwiegen, halte ich seit jeher nicht viel. Eine Meinung, mit der ich bei Musikliebhabern allerdings auch schon das ein oder andere Mal angeeckt bin.

Disclaimer: Dietmar, ich will dich nicht zu einer weiteren dieser Internet-Debatten herausfordern. Ich weiß selber, wie sowas ausufern kann. Wenn aus deiner Sicht alles gesagt ist: auch okay. Ich kommentiere trotzdem ein paar deiner Argumente, weil ich sie aus meiner Sicht diskussionswürdig finde.

Disclaimer 2: ich schreibe jetzt viel über Musik, habe aber keine professionelle Ahnung. Ich bin mir dessen bewusst und versuche tunlichst, mich nicht irgendwo aus dem Fenster zu lehnen, wo ich es nicht sollte.

Du schreibst “Die Trash-Tante … kann ein Buch veröffentlichen. Das ist dann da. Bachs Fugen sind nicht „da“. Sie müssen immer wieder neu erschaffen werden.”

Das ist ein Argument, das ich nicht verstehe. Zumindest nicht auf den zweiten Blick. Ja, du brauchst ein Orchester, um Bach zu interpretieren. Und das brauchst du immer und immer wieder aufs Neue. Du brauchst aber auch eine Katja Krasavice, wenn sie ihr Buch bei einer Lesung vortragen will. Beides kannst du zwischen zwei Buchdeckel oder auf CD pressen (sorry, ich weiß, das tut dem Klassikliebhaber gerade weh), dann ist es “da”. Das ist ein Argument, dass aus dem Medium heraus entsteht, welches dem Kulturgut maßgeblich zugeordnet wird, aber nicht aus der kulturellen Relevanz. Und auseinandersetzen kann man sich mit jedem Werk. Auch mit der Bitch Bibel.

Wenn wir klassische Kultur nicht weiter fördern, dann wird sie unweigerlich aus dem Bewusstsein zurückgehen und in der öffentlichen Wahrnehmung zu Teilen verloren gehen, da gebe ich vollkommen Recht. Ich sehe aber nicht, dass es unsere Aufgabe sein sollte, klassische Kultur als einen fixen Kulturkanon vor uns herzutragen. Damit wird ein Kultursystem zementiert, das allem Neuen grundsätzlich ablehnend gegenüber steht. Neues wird immer altes verdrängen, ob es uns gefällt oder nicht. Wir haben kein unendlich großes Kulturgedächtnis. Relevantes wird sich lange halten, irrelevantes verschwinden. Das sollten aber nicht ein paar privilegierte Köpfe bestimmen, sondern die Menge der Rezipienten, für die diese Kunst ja eigentlich auch gedacht ist. Kunst und Kultur darf kein in sich geschlossenes System sein! Und was die Durchsetzung von Relevanz angeht, würde ich mir bei Bach versus Bitch Bibel selbst ohne jegliche Kulturförderung keine Gedanken machen.

Wie schon ganz richtig erwähnt zeigt sich kulturelle Relevanz oft erst in der Rückschau. Deshalb finde ich es problematisch mit schein-objektiver Bewertung Kunst bereits im Jetzt abzustrafen. Du erwähnst – Achtung, jetzt wird es wieder kurz schmerzhaft – Autotune. Bewertest eine Autotune-Passage als minderwertig gegenüber gutem Gesang. Ich habe keine Zweifel, dass Autotune in vielen Fällen aus schlechtem Gesang bestenfalls mittel-schlechten Gesang macht. Aber letzten Endes ist es auch erstmal nur ein Werkzeug und als solches weder per se gut oder schlecht. Und kann zu großartigen Effekten eingesetzt werden.

Die Menschen schufen Instrumente, um Töne zu erzeugen, die ihre Stimmen nicht hergaben. Später entwickelten sie Synthesizer, um Töne zu erzeugen, die ihre Instrumente nicht hergaben. Heute entwickeln sie digitale Spielereien, um Klang und Stimme in einer Weise manipulieren wie es einfache Elektrik nicht hergibt. Und auch da kann unglaublich viel Handwerk, Arbeit und letztendlich auch Kunst hinterstecken. Niemand würde Instrumenten den kulturellen Wert absprechen, weil ihre Musiker nicht mehr singen können. Auch die Frühphase der Synthesizer gilt mittlerweile ziemlich klar als wertvolles Kulturgut.

Viele Kulturliebhaber neigen in meinen Augen dazu, stets die mittelbare Gegenwart stark abzuwerten, weil sie a) mit den gewohnten und persönlich favorisierten Stilen bricht, b) wie jede Epoche aus 99% minderwertigen Erzeugnissen besteht, deren Pendants älterer Epochen längst vergessen wurden, c) einzelne Aspekte früherer Techniken als Wertungsmaßstab herangezogen werden, die nicht auf neue Werke passen.

Summa summarum: den Einsatz einer Kulturelite, die über kulturelle Wertigkeit entscheidet, finde ich mindestens fragwürdig. Das Abwägen künstlerischen Wertes gegeneinander lehne ich ab. Handwerk lässt sich bewerten, aber man sollte sich bewusst sein, dass sich ein Maurer und ein Tischler auch nicht gut vergleichen lassen.

Auf die Förderung von Kunstinterpretationen, die sonst schon rein finanziell unmöglich sind (wie eben große Orchester) habe ich keine abschließende Antwort, da bin ich hin und hergerissen. Auf der einen Seite halte ich es da mit dem Kulturdarwinismus: Was nicht genügend Liebhaber hat, die bereit sind, ihr Vergnügen auch ausreichend zu bezahlen, hat keine Existenzgrundlage. Andererseits verdammen wir damit einen ganzen Kulturzweig, der in der heutigen Zeit überhaupt keine Chance auf Refinanzierbarkeit hat. Schwierig.

Dietmar
2. Juni, 2020 21:30
Reply to  Torsten Dewi

Okay, also Disclaimer: Ich habe schon zu viel von Dir gelesen, dass ich glauben würde, Du wolltest mit mir streiten. Will ich auch mit Dir nicht (auch weil mich die letzten Jahre so durchgerüttelt haben, dass ich mich selbst manchmal nicht mehr erkenne und an solchen Streitgesprächen keinerlei Interesse mehr habe). Ich will jetzt auch nicht Absatz für Absatz durchgehen und darauf reagieren, weil das irgendwie rechthaberisch rüberkäme, habe ich das Gefühl. Lieber will ich versuchen, Deine Gedanken allgemein aufzugreifen und meine Meinung darzustellen. Auf geht´s:

Deine musikalische Meinung ist valide, ob Profi oder nicht. Ich habe Profis erlebt, die absoluten Schwachsinn abgeliefert haben, wenn es um die Beurteilung von Werken ging, und davon bist Du Lichtjahre entfernt. Zum Beispiel wurde ich mal von einer Kollegin im landesweiten Kollegenkreis öffentlich ausgelacht, weil ich mein “Präludium und Fuge in G-Dur” als im Stil Bachs bezeichnet habe, was stimmt. Sie sagte mich auslachend, dass Bach sicher keine Oktavparallelen geschrieben hätte wie ich, denn die seien verboten. Hahaha. Ja, sind sie. Aber bei mir sind das auch keine Oktavparallelen. Bei mir ist eine Verdoppelung der Basslinie ausgeschrieben, die im Generalbass des Barock im Notenbild nicht erscheint, aber bei entsprechender Besetzung immer da und hörbar ist. Ich aber musste sie ausschreiben, weil Laienorchester und ihre Leiter das sonst nicht umsetzen können und ich die Besetzung, im Gegensatz zur barocken Generalbassnotation, genau vorgeben muss. Die “verbotenen” Oktavparallelen, die die Kollegin meint, sind fortschreitende Koppelungen im Satz, also beispielsweise zwischen Tenor und Bass. Verdoppelungen wie bei mir sind aber Koppelungen nur in der Bassstimme alleine durch die Größe der Instrumente (Violoncello und Kontrabass). Da klingen also keine Oktavparallelen im Satz, sondern der Bass bekommt eine tiefe Lage dazu. So etwas sollte ein Profi wissen. Das denken auch die Kollegen. Sie haut das also raus, lacht mich aus, ich habe keine Chance zu reagieren – und das Stück war tot. Kauft keiner, spielt keiner, weil jeder denkt, der Steinhaus, der hat keine Ahnung, was er da macht. Das (!) ist scheiße. Zu sagen, die Bachwerke sind genauso “da” wie das Buch, ist legitim und wird auch von manchen renommierten Musiker vertreten; mein Satzlehre-Dozent vertrat beispielsweise diese Meinung.

Ich teile diese Meinung nicht. Nur durch die tätige Auseinandersetzung, also dem kompetenten Spielen der Werke, gewinnen wir diesem immer neue Seiten ab. Ich spielte in meiner Spitzenzeit als Instrumentalist tatsächlich Bach-Werke auf dem Akkordeon (Inventionen, das “Italienische Konzert” auf Konzerten und als eines der Prüfungsstücke und die berühmte Toccata und Fuge in d-moll). Allein schon durch das Instrument erhalten diese Werke einen anderen Glanz. Oder die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis: Vivaldis “Vier Jahreszeiten” von Il Giardino Armonico ist etwas völlig anderes als von Karajan mit seinem Sinfonieorchester – und trotzdem das gleiche Werk. Die Stücke “leben”. Das ist ein ganz eigener Wert.

Dass wir kein unendlich großes Kultur-Gedächtnis hätten, mag sein. Muss ja aber auch nicht sein. Mozart ist heute eher bekannt als Salieri. Salieri war aber ebenfalls ein wirklich großer Meister! Seine Werke gibt es zum großen Teil noch und damit die Gelegenheit, sie zu entdecken. Wir entdecken bereits verschwundene Kulturen und “vereinnahmen” sie in unser kulturelles Bewusstsein. Mag sein, dass das nicht unbegrenzt ist. Aber meine Gedächtnisleistung ist das auch nicht. Hat mich aber nie daran gehindert, ein neues Stück zu lernen, in der Angst, ein anderes könnte aus dem Kopf fallen.

Diese Autotune-Geschichte habe ich erwähnt, weil der Schüler (es war ein einzelner, der das als Kritikpunkt anbrachte, um genau zu sein) anhand eines richtig erkannten objektiven Merkmals ein Qualitätsurteil abgab, was ich als Lehrer nur loben kann. Außerdem war das seine Antwort darauf, dass die Verteidiger des Rappers (Mero oder so? Ich schau das jetzt nicht nach. War jedenfalls gruselig. In meinen (!) Ohren. Aber ich muss ja auch Musik der heutigen Jugend machen, und mache das auch gerne, denn da gibt es auch Tolles.) meinte, er sei ein so toller Sänger und würde das auch selbst von sich behaupten; habe ich nicht geprüft, weil mich das nicht interessiert. Ich selbst habe gar nichts gegen elektronische Musik. Ich musste/durfte mich mit Karlheinz Stockhausen beschäftigen. Dieser, esoterisch reichlich durchgeknallter und selbstdarstellerischer, Komponist ist ein Vorreiter der elektronischen Musik. Bevor diese in den Mainstream Einzug hielt, hat Stockhausen schon Synthesizer malträtiert, dass einem die Ohren bluten. Ich selbst verwende traditionell zwei elektronische Instrumente in meinen Orchester, bzw. dem Orchester, das mir noch geblieben ist. Bei diesen Elektronien genannten Instrumenten geht es aber darum, eine möglichst genaue Imitation anderer Instrumente als Klangfarbe in den Akkordeon-Satz einzubinden, was Dank Sample-Klängen und der einzigartigen Lautstärken-Gestaltung durch die Instrumente auch hervorragend gelingt. Autotune bei Cher: Zum Niederknien. Einfach genial. Aber die kann auch singen. Autotune bei jemandem, der immer ein wenig daneben liegt oder die Töne nicht stabil halten kann, wie dieser Typ: Billig, schäbig, lächerlich, popanzig.

Ich werte die derzeitige Musikkultur nicht ab. Ich kann vielem nicht viel abgewinnen, das stimmt schon. Aber, wie ich hoffte an dem Beispiel meines, übrigens phantastisch, Gitarre in einer Heavy-Metal-Band spielenden Neffen deutlich gemacht zu haben, habe ich keine Schwierigkeiten, funktionierende Qualitätsmaßstäbe anzulegen und zu erkennen oder entwickeln, selbst, wenn das nicht “meine” Musik ist. Das gelingt mir auch beispielsweise mühelos beim Rap. Das ist nicht mein Problem und ich kenne viele “ernste” Musiker, die das Problem auch nicht haben. Dass es aber einen elitären Zirkel gibt, der das hat, das ist wohl wahr. Ich hatte viel Kontakt mit solchen Leuten. Besonders enttäuschend war in dieser Hinsicht mein Zusammentreffen mit der derzeit berühmtesten zeitgenössischen Komponistin klassischer Musik. Sie hat einige Stücke für Solo-Akkordeon geschrieben und ich die Aufgabe, zwei dieser Stücke in einem Akkordeon-Orchester-Werk mit Solisten zu verarbeiten. Diese Aufführung war die einzige des gesamten ihr zu Ehren gehaltenen Festivals, die sich nicht besuchte. Sie war erst wieder zu sehen, als “richtige” Orchester und Dirigenten auftraten und zugegen waren. Bei der abschließenden Festveranstaltung aller Dirigenten, Komponisten und Solisten war ich auch eingeladen. Die Vertreter der sinfonischen Musik blieben unter sich und klopften sich gewaltig gegenseitig auf die Schulter, Ann-Sophie Mutter und Eivind Gullberg Jensen schwebten alle möglichen Leute begrüßend wenige Zentimeter an mir vorbei. Ich glaube, sie wären auch durch mich hindurch geschwebt, so sehr war ich für sie Luft. Wie jeder Akteur war auch ich irgendwann dran, der Komponistin einen schönen Abend zu wünschen zu gratulieren und etwas Smalltalk zu machen. Die Reihe war also eindeutig an mir, ich begrüßte sie, sagte etwas Nettes, sie schaute mich an, als wolle der Klempner etwas von ihr, blickte Rat suchend zu ihrer Schulter zuckenden Begleiterin. Ich fühlte mich bemüßigt, Ihr zu erklären, dass ich derjenige war, der den Auftrag hatte, ihre Stücke für Akkordeon-Orchester zu bearbeiten und damit diesen vor allem jungen Laienmusikern zugänglich zu machen. Sie antwortete nicht. Der Blick, den sie mir abschätzend zuwarf, lässt sich am ehesten mit gelindem Ekel beschreiben. Ich zog mich kurz zurück, konnte weder einen Garderobe-Fehler noch irgendwelche Essensreste zwischen meinen Zähnen oder sonstwo entdecken. Sie fand das einfach nur unter ihrem Niveau.

Jetzt habe ich schon zu viel geschrieben, um noch auf die Finanzierungsfrage einzugehen. Ich bitte um Entschuldigung für die Textwand, Torsten!

Dietmar
2. Juni, 2020 21:31
Reply to  Dietmar

Wah! Ich wollte @AlphaOrange antworten! Wie habe ich das nur wieder fertig gekriegt?!

Dietmar
2. Juni, 2020 21:37
Reply to  Dietmar

Und ich kriege die Fehlerkorrektur nicht hin! Verdammt, nächstes Mal schreibe ich vor. Ist ja peinlich!

AlphaOrange
AlphaOrange
3. Juni, 2020 13:25
Reply to  Dietmar

Keine Sorge, hab den Kommentar schon richtig zugeordnet 😉 Auch wenn ich kurz etwas verwundert war, dass du schreibst, viel von mir gelesen zu haben. Bin auf Torstens Blog meist eher stiller Mitleser, nachdem ich das ein oder andere Mal das Talent bewies, mich in Diskussionen unglücklich zwischen die Fronten zu stellen.

Hab jetzt während des Lesens angefangen, eine Replik zu schreiben. Die wurde länger und länger, dann habe ich sie gelöscht. Zuviel Nitpicking, wo ich eigentlich fast alles sehr gut nachvollziehbar finde, was du schreibst und obwohl Laie mit leider sehr mangelhaften Musikverständnis extrem interessant!

Ich glaube, wir liegen einfach auf ähnliche Weise auseinander, wie du und Marko auseinander lagen. Wie du die (fehlerhafte) Bewertung deines Bach-Werkes beschreibst ist auch ohne die Details annähernd zu verstehen völlig nachvollziehbar und es ist offensichtlich, dass es ein Richtig und ein Falsch gibt und eine Bewertbarkeit. Für mich ist da einfach die Trennung von Handwerk und Kunst. Das was du beschreibst ist Handwerk. Man kann es gut oder schlecht ausführen und wer Ahnung hat, kann das auch beurteilen. Wo wir glaube ich einfach auseinander liegen: Was macht den kulturellen Wert aus? Handwerk oder Kunst oder in welchem Verhältnis?

Ich finde, man kann handwerklich perfekt arbeiten und es kommt nichts künstlerisch wertvolles raus. Ich glaube dir, dass dein Werk handwerklich gut war. Klang es auch gut, interessant, neuartig? Keine Ahnung. Ich denke, man kann handwerklich minderwertige Arbeit abliefern und dabei etwas schaffen, was die Leute lieben, im Gedächtnis behalten, variieren und in ihrer Kultur verankern, weil man einen Nerv trifft oder etwas Neues, etwas Ungewöhnliches geschaffen hat oder einfach glückliche Umstände erwischt.

Diesen kulturellen Wert möchte ich eigentlich nicht von Experten bewertet wissen, die sich so wie du es machst auf ihre handwerkliche, hier: musiktheoretische, Expertise konzentrieren. An Kultur hängt für mich viel mehr.

Wenn du auf die Finanzierungsfrage noch eingehen willst, ich würde das gerne lesen. Da dürfte klassische Musik im Bereich Kunst und Kultur ja einen Extremfall darstellen. Jedenfalls so lange man nicht auch noch die Architektur hinzuzählt: Warum haben wir eigentlich keine Kulturförderung zum Bau neuer Schlösser?

Dietmar
3. Juni, 2020 13:40
Reply to  AlphaOrange

Ich schrieb, “zu viel, dass ich glauben würde.” Ich wollte damit mehr über die Qualität als die Menge aussagen.

Wieder: Wenn ich noch ein wenig darf, schreibe ich heute Abend.

Dietmar
3. Juni, 2020 18:43
Reply to  AlphaOrange

Hm. Ich weiß nicht, wie ich mich klarer ausdrücken kann. Es ist nicht (!) so, dass mich auf meine Expertise konzentriere. Wenn ich Dich richtig verstehe, siehst Du es in etwa so, dass es handwerkliche Kriterien gebe und davon im Grunde losgelöst andere, wie etwa “Nerv treffen” etc. Das geht aber Hand in Hand. Diese künstlerische Ebene kann es ohne handwerkliches Können nicht geben. Einer meiner Dirigenten sagte oft, ich weiß nicht, wen er damit zitierte: “Kunst kommt von Können. Wenn es von Wollen kommt, ist es Wunst.”Traditionell sahen sich Musiker bis in die Romantik hinein als Handwerker und wurden als solche, oder als Dienstboten, gesehen. Haydn trug Zeit seines Lebens Livrees für verschiedene Dienstherren. Und trotzdem war er sich und die Musikszene voll dessen bewusst, welche Meisterschaft er hatte. Eigentlich alle seine Stücke hatten vor allem die Aufgabe zu unterhalten. Diese Loskoppelung von “Nerv treffen” und ins künstlerische Extrem entwickelte Handwerk ist eine Erscheinung, die sich im letzten Jahrhundert als Reaktion auf die Weltkriege entfaltete. Jetzt sitzen Experten und Laien “mit Geschmack” in Konzerten und analysieren sich zu Tode. Einer meiner Endgegner in meiner kleinen musikalischen Nische hat sich 1998 dazu verstiegen, ein Stück zu komponieren, das er “A Lady dies”. Weil “Intelligenz” mehr zählt als Geschmack, weil Kunstfertigkeit beweisen mehr zählt als intelligent unterhalten.Musikkultur bedeutet auch, dass aus dem bisher Gewesenen neues erwächst. Man verwendet Stilmittel, verarbeitet sie, zitiert etc.; im Grunde alles, was auch im Film gemacht wird. Wenn man die Wurzeln nicht pflegt, verdorrt die Pflanze.Zu meinen Stücken: Ich sehe mich nicht als genialen Komponisten. Was ich geschrieben habe, habe ich immer geschrieben, weil ich mich mit bestimmten Werken und Komponisten auseinandergesetzt habe. Ich habe also in gewissen Stilen nachkomponiert, um tiefer in die Musik einzudringen. Bei meinen Stücken geht es immer (!) darum, mit dem Stück zu unterhalten. Mein Präludium aus dem “Präludium und Fuge in G-Dur” ist auf einem Bassgang Bachs aufgebaut. Wenn man den ersten Teil der Triosonate G-Dur, BWV 1039 hört, hört man exakt die Basslinie, die ich in meinem Präludium verwende. Damit, weil das ein Generalbass ist, ist der harmonische Gang vorgegeben und identisch mit dem Original, alles andere, Stimmentwicklung, Stimmführung etc. ist regelkonform nachgeschaffen und neu komponiert. Ob es den Nerv trifft? Ich meine schon. Bei jeder Aufführung von mir gab es viel Zuspruch. Genial ist es nicht, aber schön, wenn Akkordeon-Orchester etwas Barockes spielen wollen. Aber, wie gesagt, dieses Stück spielt jetzt niemand.Original:https://www.youtube.com/watch?v=NapQViilAVAMeine Kreation (mit anschließender Fuge, die sich allerdings mehr an Scarlatti und Vivaldi orientiert) unter meiner Leitung:https://www.youtube.com/watch?v=x2ZY3l2k9js&feature=emb_logoNeue Schlösser bauen wir nicht, aber wir sind kreativ bestrebt, historische Bausubstanz zu erhalten, zu integrieren und zu zitieren.

Dietmar
3. Juni, 2020 18:57
Reply to  Dietmar

Ah, verstanden: Absätze gehen irgendwie nicht mehr und dann verschwindet der Wortzwischenraum nach den Satzzeichen! So, jetzt nur noch darauf achten: Subjekt – Prädikat – Objekt! Feinfeinfein. Dann wird das auch irgendwann wieder etwas mit den lesbaren Kommentaren von mir…

AlphaOrange
AlphaOrange
4. Juni, 2020 12:46
Reply to  Dietmar

Weiter sehr interessant. Ich habe in beide Stücke reingehört, mehr Kommentar darüber traue ich mir echt nicht zu.

“Kunst kommt von Können” habe ich auch schon gehört und halte es auch für eine absolut richtige Aussage. Ich hab bloß Zweifel an der Umkehrung. Aus ausreichend Können folgt nicht zwangsläufig Kunst oder gar Kultur.

Dabei belasse ich es mal. Möchte nicht, dass wir uns unnötig im Kreis drehen.

Dietmar
4. Juni, 2020 16:08
Reply to  AlphaOrange

“Aus ausreichend Können folgt nicht zwangsläufig Kunst oder gar Kultur.” Unterschreibe ich. Trifft den Nagel auf den Kopf.

Dietmar
2. Juni, 2020 13:07
Reply to  AlphaOrange

Ich finde Deine Antwort interessant und werde darauf gerne antworten. Aber das ist tagsüber immer etwas schwierig. Heute Abend. Eine wesentliche Anmerkung brauche ich nicht mehr bringen, denn das hat Torsten schon gemacht.

Dietmar
30. Mai, 2020 14:42

Andererseits – welche Entschuldigung hat Oliver Pocher?

Hatte der je eine zufriedenstellende für irgendetwas? Der geht mir ja vielleicht auf den Zeiger!

martzell
31. Mai, 2020 13:03

Nichts geleistet und kaum volljährig aber schon berühmt weil täglich Bikinibilder auf Insta hochgeladen ist heute möglich und sagt viel über die Mechanismen des Medienmarktes aus. Ob die Buchpreisbindung dagegen hilft scheint unklar. Vielleicht profitieren nur die großen Buchhändler, über geringere Kosten oder sogar Quersubvention wie Amazon. Andererseits würde die Zeitung mit den großen Buchstaben wahrscheinlich weniger gekauft wenn sie nicht so spottbillig wäre. Ich begrüße es wenn die kapitalistische Preisfindung reguliert wird. Bus und Bahn Tarife im Nahverkehr bleiben im Gegensatz zu Ubers Tarifen gleich, auch wenn ein Hurrikan die Bewohner aus New York City treibt und dadurch die Nachfrage steigt.

Allerdings ist eine Preisbindung nicht das beste Mittel, wenn weiterhin der Marktteilnehmer gewinnt der die Kosten zum Schaden der Beschäftigten oder der Umwelt minimiert. Statt den Preis sollte man weiterhin Produktionsbedingungen und Arbeitsbedingungen regulieren, das hat sich bereits bewährt.

Vielleicht siecht der deutsche Filme auch weil anscheinend hauptsächlich Problemfilme gefördert werden, meistens irgendwas mit Nazis oder DDR wo die Sonne nie scheint und alle immer traurig sind.

Bibel ist neben der christlichen Bibel auch einfach ein Ausdruck für ein Werk dass sich umfassend mit einem Thema beschäftigt. Es gibt viele Fachbücher die Bibel im Namen tragen: PR-Bibel, Mac Bibel, die sich so zum umfassenden Standardwerk erhöhen wollen. Eine Zensur sollte nicht stattfinden (durch wen und wer bestimmt die “niederen Zwecke”). Kritik, wenn beispielsweise Rammstein als Teaser sich als KZ-Insassen präsentieren, findet stets statt, wird allerdings von den Machern als gratis Reichweite genutzt und sollte den Kritikern bewusst sein.

Mich irritiert die Blockquote-Darstellung in deinem Text. Du zitierst dich selber, ohne Angabe wo dies bereits veröffentlicht wurde. Ich denke es ist dem Umstand geschuldet dass Blockhervorhebungen in Content Management System eher selten möglich sind. Hoffen wir mal dass Asciidoc, die seitherigen Skripte, wie Markdown oder Textile, verdrängt. Bis dahin hilft Einrücken, sofern möglich, oder Listenpunkt oder kursiv oder fett hervorheben.

Mit Erschrecken stelle ich gerade fest dass das Kommentarfeld einen Unterstreichen-Knopf hat. Unterstrichener Text der sich nicht anklicken lässt darf es aus Usabilitygründen nicht geben im Web. Und überall sonst ist unterstrichener Text eine sehr unschöne Art der Hervorhebung und findet sich deshalb nicht in professionell gestalteten Büchern, Magazinen etc.

Feivel
Feivel
31. Mai, 2020 18:38

Der Missbrauch von Begriffen wie Bibel und Koran für niedere Zwecke sollte zumindest klar eingeschränkt werden.

Da hast du mich erfolgreich getriggert, und ich beiße gerne an: Warum?

Hier gefällt mir das amerikanische Modell deutlich besser als das saudi-arabische. Einfach alles erlauben. Keine religiösen Grauzonen. Eine Religion mit mehreren hundert Millionen Gläubigen sollte sowas aushalten.

AlphaOrange
AlphaOrange
2. Juni, 2020 12:03

Geschockt vielleicht nicht, aber doch schwer verwundert, dass ausgerechnet du den Missbrauch des Bibel-Begriffs anprangerst, wo mir deine Standpunkte bei diesen Themen bislang manchmal etwas zu extrem in die andere Richtung gingen.Schon aus christlicher Sicht ist “Bibel” ein viel weniger bedeutsamer Begriff als sagen wir mal Jesus, Papst, Evangelion, Kommunion, etc. Ich würde “die Bibel” im christlichen Kontext auf eine Stufe mit “das Kreuz” stellen. Letztlich heißt der Begriff auch bloß sowas wie “Schriftensammlung” und würde darüberhinaus zB auch für die jüdische Bibel verwendet, ist also nicht einmal christlich-exklusiv.(Koran bedeutet auch erstmal bloß so viel wie “Lesung”, das Argument könnte man da also genauso anbringen)Und selbst wenn man den religiösen Kontext als so bedeutsam und schützenswert sehen würde: der ist doch schon längst ausgehöhlt. Man google einfach mal nach Garten-Bibel, Diät-Bibel, Küchen-Bibel, auch bei Waffen-Bibel oder Sex-Bibel wirst du fündig. Das ist ja schon lange ein stehender Begriff für (sich selbst so sehende) bedeutende Ratgeber.

Nachtrag: du prangerst ja auch die Bildersprache an, damit ist der Bibel-Begriff zumindest klar religiös konnotiert worden. Aber auch hier finde ich: die Darstellung des Heiligen oder des Predigers ist schon so lange so weit erweitert worden, dass die religiösen Empfindlichkeiten sich in Grenzen halten dürften.

Thomas G. Liesner
Thomas G. Liesner
2. Juni, 2020 14:53
Reply to  AlphaOrange

Der Bibel-Begriff wäre weniger störend ohne das Cover, in dem die Dame als Maria posiert. Da die Bildersuche sie auch als “sexy Nonne” zeigt, ist der Begriff hier wohl weniger als “Standardwerk” gemeint, sondern eindeutig an die christliche Bibel angelehnt. Das finde ich auch geschmacklos, unnötig und eher feige.

AlphaOrange
AlphaOrange
2. Juni, 2020 16:26

Ja, hab ich im Nachtrag (der mir dann den Beitrag etwas zerschossen hat – sorry für die fehlenden Absätze) versucht, noch einzufangen, nachdem ich mir das Bild nochmal angesehen hatte.

Geschmacklos sicherlich, aber nicht überraschend. Das scheint mir bei Krasavice Methode zu haben. Feige verstehe ich nicht. Ich würde es provokant nennen.

Und ohne das Teil gelesen zu haben oder auch nur einen Gedanken zu verschwenden da reinzusehen, gehe ich mal davon aus, dass das keine Neuinterpretation der Bibel ist, sondern, ähem, den Ratgeber-Aspekt ausfüllt. Die visuellen Anlehnungen sind ein reiner Werbegag. Auch das kann man sicher verwerflich finden, aber ich denke mal, erst war der Titel da, dann die Werbung.

Wer einen Blick reinwirft darf mich gerne jederzeit eines Besseren belehren ^^

Marko
2. Juni, 2020 20:10
Reply to  Torsten Dewi

Ach komm. Das wär natürlich zehn mal provokanter, aber wer soll das denn kaufen? “Bitch Koran” ergibt in Deutschland ökonomisch keinen Sinn. Zumal sich dann jeder gefragt hätte, warum das Teil nicht “Bitch Bibel” heißt…

Last edited 3 Jahre zuvor by Marko
Dietmar
2. Juni, 2020 20:22
Reply to  Marko

Ich weiß ja nicht. “Bitch Koran” würde in meinen Augen eine gewaltige Debatte entfachen, weil der Islam solche Inanspruchnahmen nicht annähernd so toleriert, wie das Christentum und sich genug Leute nicht islamischen Glaubens finden würden, dafür zu streiten, dass das so nicht geht.

Marko
2. Juni, 2020 20:33
Reply to  Dietmar

Hm. In meinem Umfeld würde man eher denken, die gute Katja würde mit einem “Bitch Koran” ein Buch für Moslems schreiben. Der Ratgeber-Status, den der Begriff “Bibel” verspricht, wäre komplett verfehlt.

Wobei in meinem Umfeld generell sowas keiner kaufen würde, weder als Bibel noch als Koran. Bibel aber hätte halt immerhin noch eine Art “Bitch für Dummies”-Stellenwert.

AlphaOrange
AlphaOrange
2. Juni, 2020 21:04
Reply to  Torsten Dewi

Und “Bedienung billigster Empörungsmechanismen” ist keine Provokation? Das ist provokant genug, dass selbst du dich darüber empört hast. Ob billig oder nicht ist zweitrangig.

Klar, “Bitch Koran” wäre provokanter und gewagter gewesen, aber eben auch völlig sinnfrei. Weder ist der Koran im deutschen Sprachgebrauch ähnlich konnotiert, noch ist Frau Krasavice Muslimin. Warum hätte sie ihr Buch so nennen sollen? Die Provokation scheint mir ja auch mehr der Marketing-Gag und nicht die Grundidee.

Thomas G. Liesner
Thomas G. Liesner
3. Juni, 2020 01:35
Reply to  AlphaOrange

Eine Provokation, die praktisch allen potentiellen Käufern am Arsch vorbeigeht, weil ein Einprügeln aufs Christentum ähnlich effektiv ist, wie dem toten Pferd noch die Sporen zu geben, ist rein technisch natürlich provokant, aber zahnlos und feige, da es wirksamere aber eben gefährlichere Ziele in dem Bereich gibt. Gute Provokation zielt auf Macht, nicht auf Machtlosigkeit.

Dietmar
3. Juni, 2020 06:24

Wenn die Provokation der Muslime hinreichend Aufmerksamkeit bekommt, ist sie brandgefährlich. Ich glaube, man muss nicht erklären, warum.

Schnupper
Schnupper
3. Juni, 2020 16:34
Reply to  Torsten Dewi

Stimmt, wo kämen wir denn da hin, wenn andere Meinungen stehengelassen würden.

Aber ich bin halt eine Wurst, die vor allem das Problem hat, dass der Hausmeister hier meine Kommentare nach Belieben umschreiben kann.

Dietmar
3. Juni, 2020 18:47
Reply to  Torsten Dewi

Mag Zufall sein, aber ich hatte zeitgleich mit dem Auftreten von Schnupper einen Trollbefall auf meiner Seite. Der zeichnete sich auch dadurch aus, orthografisch korrekt zu schreiben.

Dietmar
4. Juni, 2020 16:06
Reply to  Torsten Dewi

Auf den ersten Kommentar habe ich höflich geantwortet, jetzt landet alles von ihm ungesehen im Müll.

Dietmar
17. Juni, 2020 00:23

Lose an die Diskussion hier anknüpfend sagt dieser YouTuber das, was ich sagen wollen würde, hätte ich seine Fähigkeit, es zu sagen. Was er über Filmkunst und den Umgang damit sagt, kann man sehr gut erweitern:
 
https://www.youtube.com/watch?v=jXCAAZ8_fCM