13
Sep 2019

Fantasy Filmfest 2019 Tag 9, Film 1: Harpoon

Themen: Fantasy Filmf. 19, Film, TV & Presse, Neues |

Kanada 2019. Regie: Rob Grant. Darsteller: Munro Chambers, Emily Tyra, Christopher Gray u.a.

Offizielle Synopsis: Am einen Tag beste Freunde, am nächsten Todfeinde. Dabei sieht erst noch alles nach Friede-Freude-Eierkuchen aus, als Richard seine Freundin Sasha und seinen besten Freund Jonah auf einen Trip mit der Familienjacht einlädt. Der cholerische Richard wird jedoch den Verdacht nicht los, dass die beiden etwas miteinander haben. Auf hoher See kommt es zur Eskalation der Emotionen und zum Motorschaden. Eine Rückkehr ist unmöglich, die Eintracht dahin. Zwischen existentiellem Überlebens- und erniedrigendem Hahnenkampf drängt so manch streng gehütetes Geheimnis an die Oberfläche. Und das titelgebende Sportgerät wird eine verhängnisvolle Rolle spielen…

Kritik: Klar, statt in einer Waldhütte kann man Leute auch auf einem Boot einsperren, um die Konflikte hochkochen zu lassen. Da muss man nicht mal fürchten, dass sie weglaufen. Natalie Wood weiß, wovon ich rede. Will man gleich ganz böse werden, bringt man die Leute nur ans Boot, aber nicht ins Boot – siehe die OPEN WATER-Filme.

Gerade weil solche Szenarien meist dem geringen Aufwand geschuldet sind, tummeln sich in dem Subgenre (ich habe schon drüber gesprochen) viele Billig- und Jungfilmer, was statistisch die eher maue Qualität der Streifen erklärt. Ausnahmen wie DEAD CALM von Phillip Noyce sind genau das: die Ausnahme.

Darum hatten wir uns von HARPOON auch wahrlich nix erwartet. Drei Spacken auf einem Boot. Saufen, vermutlich vögeln, rumbrüllen und immer mal wieder in zunehmender Verzweiflung mit dem Schicksal hadern.

Das alles stimmt – und ist doch falsch.

HARPOON funktioniert, schlicht und einfach. Er macht richtig, was so viele Filme dieser Art falsch machen. Schon bei der Einführung der Charaktere setzt er die Konflikte, nach 10 Minuten sind wir auf dem Boot, 5 weitere Minuten geht es rund – und dann ohne Durchhänger bis zum bösen Ende.

Die Darsteller sind extrem überzeugend (besonders Munro Chambers, auch in RIOT GIRLS), aufgepeitscht, ohne nervig zu sein. Es gibt keinen klaren Protagonisten, was den permanenten Loyalitätswechsel des Zuschauers ermöglicht – und tatsächlich glauben wir jedes Mal, dass es nun doch wieder ganz anders, aber auf jeden Fall genau so war. Weil die Figuren so ambivalent sind, dass wir ihnen zwar vertrauen möchten, aber nicht können.

Keiner der Twists ist dabei unglaubwürdig oder schmerzhaft aus dem Hut gezaubert. Bei dem Trio haben sich jahrelang Wut und Lügen angestaut, die kommen nun raus wie bei einer Zwiebel, Schicht für Schicht. Irgendwann fragt man sich nicht mehr, wer das hier überleben wird – man fragt sich, wer das überhaupt verdient hätte.

Der schwarzhumorige Grundton hilft dem Film zusätzlich, sich nicht zu sehr in eine Sackgasse zu manövrieren. Ich bin generell kein Freund von Voiceovern, weil ich sie für eine erzählerische Krücke halte, aber hier fungiert der Erzähler als zynischer Erklärbär, was im Kontext des Films einen erfreulichen Abstand zu den Ereignissen schafft.

Wie man so schön sagt: kannste nicht meckern. Mache ich deshalb auch nicht.

Fazit: Ein gegen alle Erwartungen hoch spannendes und böses Kammerspiel auf hoher See, dem drei exzellente Darsteller zusätzlich Wumms geben. 8 von 10 Punkten.

Philipp sagt: “Anfangs hat mich der Erzähler aus dem Off gestört, aber in der Form ergibt er durchaus Sinn. Ansonsten nur: spannend, gut gespielt, taugt.”

https://www.youtube.com/watch?v=LuuZWfRnMG4

P.S.: NOT HARPOON – SPEARGUN!

Es ist ein Running Gag des Films, dass die titelgebende Waffe gar keine Harpune ist. Was im Deutschen weitgehend flach fällt, weil hierzulande auch die Speargun meist mit Harpune übersetzt wird. Es hat uns aber Spaß gemacht zu unterstellen, dass der Film mit dem Titel HARPOON (NO – SPEARGUN!) noch besser gewesen wäre.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen