06
Sep 2019

Fantasy Filmfest 2019 Tag 2, Film 4: Shadow

Themen: Fantasy Filmf. 19, Film, TV & Presse, Neues |

China/Hongkong 2018. Regie: Zhang Yimou. Darsteller: Ryan Zheng, Sun Li, Deng Chao, Xiaotong Guan, Qianyuan Wang

Offizielle Synopsis: Zurück ins China zur Zeit der drei Königreiche: Hier trifft der oberste General des Königs von Pei geheime Vorbereitungen für eine bevorstehende Schlacht, die vor allem eines sein wird: richtig schön blutig.

Kritik: Schmeißt die offizielle Inhaltsangabe weg, die taugt nix. Wenn SHADOW was NICHT wird, dann vor allem eines: richtig schön blutig.

Wer meine Reviews seit Jahren liest, der weiß, dass ich mich mit chinesischen Historien-Epen schwer tue, vor allem, wenn sie weitgehend auf Martial Arts oder übernatürliche Elemente verzichten. Da geht es dann meistens um Regionalfürst Dings aus der Provinz Bums, der in der Dynastie Zicke den Herrscher Zacke mit Hilfe seiner Konkubine HeuHeuHeu stürzen will. Es wird viel auf Steinböden gesessen und Reiswein aus Schalen getrunken. Es regnet auch gerne und Leute latschen in Holz-Sandalen durch matschige Dörfer. Die Darsteller sehen alle irgendwie gleich aus, heißen Ping und Pong und Yin und Yang und King und Kong.

SHADOW ist ein konsequenter Höhepunkt des Genres, der auf alles verzichtet, was Zuschauer außerhalb der Zielgruppe reizen könnte. Die fast zwei Stunden Laufzeit bestehen zu ungefähr zwei Dritteln aus Leuten, die darüber diskutieren, ob man dieses oder jenes tun sollte, um den Status der befestigten Stadt (die wir nie wirklich zu sehen bekommen) zu ändern – was nicht wirklich nötig wäre, denn der geschlossene Frieden hält ja seit Jahrzehnten (es gibt keinen aktuellen Aufhänger, der einen Konflikt auslösen könnte oder sollte). Da werden Zwangsheiraten vorgeschlagen, klärende Duelle, heimliche Invasionen. Eine der Figuren hat einen Doppelgänger, der ihr genau NULL ähnlich sieht, und ab und an trainiert man mal und entdeckt, dass der feminine “Regenschirm-Stil” dem maskulinen “Schwert-Stil” überlegen sein könnte.

Schnarch.

Wenn es dann endlich, ENDLICH zu so einer Art Schlacht kommt, ist diese albern mit Gimmicks und Gadgets vollgestopft und erzeugt keinerlei Begeisterung – oder inhaltliche Katharsis, denn danach geht es wieder zurück in den Palast, weiter quatschen und auf Steinböden sitzen.

Wir sind für sowas einfach der falsche Kulturkreis.

Kann man sich an den perfekt komponierten Bildern besaufen? Bei mir hat es nicht funktioniert. Ich würde alternativ empfehlen, sich einfach ein paar Wallpaper von chinesischen Palästen und Tempel herunterzuladen. Ich bin auch nicht ganz sicher, ob es dem Entertainment zuträglich ist, dass SHADOW fast bis zur Farblosigkeit entsättigt wurde und nur Blutspritzer und Hauttöne erahnen lassen, dass hier kein Schwarzweiß-Film von der Rolle spult.

GAME OF THRONES ohne Action, Sex, Drachen oder Blondinen.

Das ist wirklich nur was für beinharte und schmerzfreie Asia-Fans.

Fazit: Ein bis ins schwarzweiße entfärbtes Hofdrama mit großen Bildern, aber einem kümmerlichen Soap-Plot, der westliche Zuschauer nicht mal durch nennenswerte Schlachten zu umgarnen versucht. 4 von 10 Punkten.

Philipp sagt: “Ich bin ja ein Fan von ostasiatischen Hofhaltungs-Historienschinken. Hier macht der Film vieles richtig, auch wenn die Untertitel ihn sichtlich sabotieren. Die Action-Szenen hingegen sind eher albern.”

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S-Man
S-Man
6. September, 2019 12:56

Danke, sehr schön umd treffend geschrieben, hab sehr gelacht.

Und damit 1000x mehr amüsiert als beim Nichteinschlafversuch während des Films.

Goran
Goran
6. September, 2019 14:22

Figur und Doppelgänger werden vom selben Schauspieler gespielt, oder beschwerst Du Dich über Bart und Haarlänge einer Figur, die sich seit längerer Zeit nicht mehr in der Öffentlichkeit bewegt hat?

Es gibt auch definitv einen aktuellen Aufhänger für den Konflikt, nämlich das Duell, das der Kommandant ausgemacht hat und der Verlust dieser Stadt steht auch permanent als Thema im Raum und besonders das Militär schreit ja bei der kleinsten Chance danach, den Krieg neu aufleben zu lassen.
Soviel stellt der Film auch klar.

Die Duellszenen lasse ich mir auch noch gefallen, aber bei der “Schlacht” geraten wir wirklich stark in die Parodieecke.

Wortvogel
Wortvogel
7. September, 2019 00:53
Reply to  Goran

Da hast du mich falsch verstanden – ich hielt die Vereinbarung eines Duells für grundlos. Hätte man den Commander provoziert und er hätte keine andere Wahl gehabt, hätte ich das als Einstieg gelten lassen. Und bei einem Doppelgänger sollte ich schon irgendwie erkennen können, dass die sich ähnlich sehen (auch wenn die eine Figur schwer gelitten hat).

Marcus
Marcus
21. September, 2019 15:05

Nicht gesehen, aber ich wollte lobend anmerken – die “zicke-zacke-heuheuheu”-Prosafigur in der Rezi ist großes Tennis. Chapeau!

Wortvogel
Wortvogel
21. September, 2019 15:13
Reply to  Marcus

Die Firma dankt.

Thies
Thies
26. September, 2019 03:20

Hamburg, Tag 5, Film 3
Ich war dem Film durchaus wohlgesonnen und vom Handlungsverlauf einigermaßen gefesselt, muß aber trotzdem feststellen, dass er mit ein paar Problemen zu kämpfen hatte. Die Stilisierung durch die reduzierten Farben erinnerte an die Frühwerke des Regisseurs dessen Bilder mit starken Kontrasten von rot, schwarz und gelb einen umgekehrten Look erzielten. Auf den internationalen Festivals wurden seine Werke, wegen ihrer Mischung aus strenger Schönheit und Gesellschaftskritik, damals regelmäßig ausgezeichnet, aber sie hatten mit seiner damaligen Ehefrau Gong Li auch immer ein starkes emotionales Zentrum. Das fehlt hier leider, dabei wäre es wie die Einführung in Texttafeln ausführt entscheidend für die Handlung. Auch die Rolle des Commanders wäre sicherlich mit einem charismatischem Darsteller wie Donnie Yen besser besetzt gewesen. Aber am Ende bleibt für mich nur die Feststellung, das ich im Gegensatz zum Wortvogels ein echter Fan des Genres bin und deshalb hauptsächlich beklage, dass der Regisseur von “Hero” hier deutlich unterhalb seines Könnens arbeitet.

Matts
Matts
29. September, 2019 11:26

Ok, meine Meinung von “Shadow” liegt doch um einiges höher. Dass Zhang Yimou, der für seine oppulenten Bildkompositionen bekannt ist, einen Film fast nur grau in grau dreht, ist sicher eine streitbare Entscheidung. Aber was er damit herausholt, fand ich immer noch sehr beindruckend, und es hat die ganze Exposition am Anfang deutlich erträglicher gemacht.
Insgesamt fand ich das ganze eine gute Mischung aus Intrigen und Action, wobei letztere auch so stylisch und gekonnt inszeniert ist, wie man es von dem Regisseur kennt …. bis auf die Regenschirm-Szene in der Stadt – die war wirklich ein bisschen dämlich.
Mein größter Kritikpunkt ist, wie sehr ich das Gefühl hatte, dass der Film nach dem großen Showdown, auf den so lange hingearbeitet wird, eigentlich vorbei sein müsste. Aber er geht dann für meinen Geschmack noch ein bisschen zu lange.
Letzten Endes steht “Shadow” für mich nicht ganz in einer Reihe mit “Hero” und “House of flying daggers” – aber sehr nahe dran!