05
Sep 2019

Fantasy Filmfest 2019 Tag 1, Film 2: Riot Girls

Themen: Fantasy Filmf. 19, Film, TV & Presse, Neues |

Kanada 2019. Regie: Jovanka Vuckovic. Darsteller: Madison Iseman, Jenny Raven, Paloma Kwiatkowski, Munro Chambers, Atticus Mitchell, Carson Maccormac

Offizielle Synopsis: Eine Welt, in der sich nach dem Aussterben aller Erwachsenen die Teenager im Ort Potter‘s Bluff verfeindet gegenüberstehen. Nachdem der Anführer der Eastside-Gang von den mit Baseballjacken ausstaffierten Titans in die Westside entführt wurde, kämpfen sich die titelgebenden Riot Girls Scratch und Nat zu seiner Rettung durch das Gebiet ihrer Rivalen. Showdown ist, wie könnte es anders sein, in der Turnhalle.

Kritik: Ein feminstisch-lesbischer Comic-SF-Streifen, bei dem ausnahmsweise nicht nur die Regie oder das Drehbuch, sondern auch fast alle technischen Aufgaben von Menschen ohne Penis übernommen wurden? Well, I’ll be…

Ihr seht mich hoch erfreut, dass der erste echte Midnight Movie des Festivals gleich am ersten Tag rausgefeuert wurde und das erzählerische Schneckentempo von THE LODGE wieder abfedert. RIOT GIRLS ist (wie die Regisseurin in einem Intro-Clip auch erklärte) eine Hommage an CLASS OF 1984, THE WARRIORS und GOONIES (ich würde auch noch STRASSEN IN FLAMMEN dazu rechnen). Und das ist nicht nur frech daher behauptet – das stimmt.

Mit wenigen, aber effektiven Mitteln zeichnet RIOT GIRLS das Bild einer Welt ohne Erwachsene, in der sich die überlebenden Teenager in arm und reich, in gut und böse aufgeteilt haben. Auch für die Post-Apokalypse gilt: it’s jocks vs. nerds. Die Prinzipien der Highschool sind zur Neuen Weltordnung geworden. In ist, wer drin ist. Und als Nats Bruder Jack in die Fänge der “Titans” gerät, ist die Konfrontation unausweichlich.

So weit, so gut. Drollige Fake-80er hatten wir in den letzten Jahren ja immer wieder mal. Aber RIOT GIRLS, wie der Titel andeutet, ist nicht damit zufrieden, die geliebte Ära von Zauberwürfel und BMX-Rädern einfach zu simulieren, als wären die letzten 35 Jahre nicht passiert. Stattdessen stülpt er den sattsam bekannten Figuren und Szenarien eine aktuelle Grundeinstellung über. RIOT GIRLS ist ein 80er Film, wie er ausgesehen hätte, wenn man in den 80ern schon die Attitüde des neuen Jahrtausends gehabt hätte.

Was das heißt? Im Grund geht es nicht nur um reich gegen arm, gut gegen böse, wie ich oben geschrieben hatte. Die “Titans” stehen für das “white male privilege”, für den gelebten Klassenunterschied, der sich als etwas Besseres begreift, als die unvermeidbare Elite, der sich alle anderen unterzuordnen haben. Und weil RIOT GIRLS genau diese Mechanismen aus Korn nimmt, muss hier ein Kerl von den lesbischen Mädels gerettet werden und der große Schlusskampf im Stil von KARATE KID verläuft ganz anders, als wir uns das vorgestellt haben.

Nun wäre ich der erste, der eine LGBTQ-Fantasie, die unsere geliebten 80er-Tropen dekonstruiert, in Grund und Boden kritisieren würde. Aber Regisseurin Vuckovic trägt ihr Anliegen mit Spaß und Herz vor, nicht mit Wut und Geplärre. Die Figuren sind samt und sonders plausibel, ihre kleinen Schwächen nachvollziehbar. Ein Hauch Comic durchzieht das Geschehen und ehrlich – wer nach dem Finale nicht zu den Eastside Kids gehören will, der kann nicht mein Freund sein.

Bonus für die Ansammlung unfassbar charismatischer Teenager-Darstellern, die echte 70er/80er-Gesichter spazieren tragen, wie ich sie zu lange nicht mehr gesehen habe.

Fazit: Grundsympathische Hommage an die CLASS OF 1984-Ära der 80er mit sensationell gecasteten Darstellern und LGBT-Untertönen, die gegen Ende die Erwartungen an das Genre durchaus clever ausbremst. 8 von 10 Punkten.

Philipp sagt: Nette Zeitreferenzen und tolle Schurken-Darsteller, die ach so heile Anarcho-Welt hat es mir aber schwer gemacht, mich auf den Film einzulassen.

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2 Kommentare
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Marsel
Marsel
10. September, 2019 02:57

Echt jetzt? Ich sah hier das dümmste Drehbuch seit langem verfilmt und die Plotholes waren so zahlreich und gewaltig, dass ich mit der inneren Buchhaltung gar nicht folgen konnte. Als der Typ am frühen Abend aus dem Bett gekrochen ist (um idiotischerweise zu dem Van zurückzukehren und sich gefangen nehmen zu lassen) und draußen plötzlich wieder hellichter Tag war, war der Film für mich eigentlich schon gestorben…

Marcus
Marcus
21. September, 2019 15:00

Witzig, spannend, herzerwärmend, wunderbar gespielt – viel besser werden Midnight-Filme beim FFF nicht. Anschauen, liebhaben. 9/10.