05
Sep 2019

Fantasy Filmfest 2019 Tag 1, Film 1: The Lodge

Themen: Fantasy Filmf. 19, Film, TV & Presse, Neues |

USA/GB 2019. Regie: Veronika Franz, Severin Fiala. Darsteller: Riley Keough, Jaeden Martell, Lia Mchugh, Alicia Silverstone, Richard Armitage

Offizielle Synopsis: Grace, die neue Freundin von Mia und Aidans Vater, muss um die Akzeptanz seiner beiden Kids kämpfen. Schon bevor wir Grace allerdings das erste Mal richtig zu Gesicht bekommen, haben die beiden Sprösslinge sie längst dämonisiert, zu einer Hexe, die ihre Mutter ersetzen soll. Als Grace schließlich ins Bild tritt, ist sie eine Seele von Mensch und sichtlich um die Gunst der beiden bemüht. Bald darauf wird das Trio von der Außenwelt abgeschnitten, ohne Strom in einer bitterkalten Waldhütte, und die Situation spitzt sich zu. Grace muss um ihr aller Überleben kämpfen – und um ihre geistige Gesundheit. Denn unter dem Misstrauen und der scheinbar ausweglosen Situation droht sie, nach und nach den Verstand zu verlieren.

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Kritik: Eine amerikanisch-englische Koproduktion (u.a. von Hammer mit einem süßen MCU-Logo), gedreht im französischen Teil von Kanada von österreichischen Regisseuren. Digitale Kino-Globalisierung oder gelebtes Multikulti?

Es lässt sich relativ leicht aufdröseln: Hammer arbeitet mit amerikanischem Geld, Drehorte in Rumänien stellten sich als zu ungeeignet heraus und das Duo Franz/Fiala war den Produzenten durch ICH SEH, ICH SEH aufgefallen.

Ehrlich gesagt: ich tue mich schwer mit dem diesjährigen Eröffnungsfilm. Die Grundidee ist durchaus solide: Grace und die Kinder sind in einer einsamen Location eingesperrt und der Zuschauer weiß über lange Strecken nicht, wer hier wem übel mitspielt. Es wird sogar die Möglichkeit einer externen Bedrohung ins Spiel gebracht oder die Idee, dass Grace sich die Ereignisse angesichts ihrer Krankheitsgeschichte nur einbildet.

Und da liegt dann auch das Problem: THE LODGE trifft an keiner Stelle eine konsequente Entscheidung, wessen Geschichte er erzählt, auf wessen Seite wir stehen sollen. Die Sympathien des Zuschauers hängen vollständig in der Luft, weil die Kinder als Protagonisten verdächtig sind und Grace unzuverlässig. Und das Finale löst zwar das “wie” auf, aber an keiner Stelle das “warum”. Sind die Bösen bestraft worden und die Guten davon gekommen? Wir wissen es nicht, weil gut und böse nie definiert wurden.

Ich bin ziemlich sicher, die Macher werden das als gewollten Bruch mit der Erzähltradition sehen oder als Reminiszenz an die vielen Grusler, in denen die Paranoia der Figuren keine konkrete Einordnung der Ereignisse erlaubt, aber für mich war das hier nicht spannend vage, sondern schlichte Drückebergerei des Drehbuchs.

Auch inszenatorisch hakt es ein wenig. Die 100 Minuten sind gefühlt SEHR lang, viele kleine Szenen drehen sich unnötig im Kreis, die ständige Verwendung von Symbolen und Andeutungen gibt sich bedeutungsschwer, fühlt sich aber auch schwerfällig und offensichtlich an (das Puppenhaus, die Puppe, die Ikone, das Kreuz). Die Regisseure spielen mit SEHR offenen Karten bei ihrer Erzeugung von Suspense. Das wird teilweise überinszeniert.

Und schließlich die Ereignisse, die ich glauben soll, aber einfach nicht glauben will – ein professioneller Therapeut/Autor lässt seine Kinder in einer verlassenen Schneelandschaft mit seiner gestörten Verlobten und seinen bockigen Kindern allein und was lässt er als “Bonus” da? Einen geladenen Revolver. So einfach DARF man es sich als Autor nicht machen. Und auch wenn ich verstehe, dass die Macher selber Horror-Fans sind: es ist kein sympathischer Insider-Gag, wenn eine Frau mit kleinen Kindern (!) DAS DING von John Carpenter schaut.

Visuell kann THE LODGE weitgehend überzeugen – kein Wunder, wenn man den Kameramann von Yorgos Lanthimos an Bord hat.

Kurioserweise hatte ich am Ende das Gefühl, dass Franz/Fiala echte Talente sind, deren Drang zur Überinszenierung und zur Dehnung sich nur noch ein wenig abschleifen muss. Dann könnten die beiden durchaus echte Highlights liefern.

Fazit: Tolle Aufnahmen und gute Darsteller in einem Too Slow-Burner, der sich ein wenig in Kleinkram verstolpert und nicht genau weiß, wessen Geschichte er eigentlich erzählen will. 6 von 10 Punkten.

Philipp sagt: “Ein bisschen langsam erzählt, aber ansonsten gut gelungen. Ich rechne dem Film vorallem hoch an, dass er sein Mysterium auflöst.”

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3 Kommentare
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Gregor
8. September, 2019 09:33

Oha. “Ich seh ich seh” fand ich ziemlich toll, der hatte aber dasselbe Problem, das dieser Film zu haben scheint: Die Inszenierung ist sehr arthousig, die Story aber nicht ganz so clever, wie Franz und Fiala meinen. Arthouse-Fans liessen sich von “Ich seh ich seh” beeindrucken, als Horrorfan hatte man den Film schnell durchschaut.

Thies
Thies
19. September, 2019 23:42

Heute Abend war Start In Hamburg und der Eröffnungsfilm erwies sich als “Mixed bag”. Anfangs fühlte ich mich durchaus in die Geschichte gezogen und die Konstellation der Figuren wirkte in der ersten Hälfte noch recht glaubhaft. Im Nachhinein muss man sich aber wirklich fragen, welcher Therapeut seine Kinder mit einer von diesen abgelehnten Frau in einer “Schwimm oder Stirb”-Situation alleine lässt. Aber da er nicht nur ein Verhältnis mit einer Patientin eingegangen ist, sondern diese sogar heiraten will, kann es mit seiner Eignung zum Psychologen wahrscheinlich nicht allzu weit her sein.

Einen Tag vorher hatte ich in einer Preview den Film “Midsommar” gesehen, der mit 150 Minuten Laufzeit sicherlich viel zu lang für seine recht simple Handlung war, sich aber dank einer geschickten Dramaturgie wesentlich kurzweiliger anfühlte als die 100 Minuten von “The Lodge”.

Tobi
Tobi
20. September, 2019 09:44

Ich habe nicht das Gefühl, einen Horrorfilm gesehen zu haben. Gänsehaut? Fehlanzeige. Nerv-Shredding? Hä?
Toller Cast, wunderschöne Hauptdartsellerin – zum Verlieben! Kamera künstlerisch wertvoll. Ansonsten hat der Film mich gar nicht abgeholt. Meine Stimmung nach dem Streifen. neutral. Nicht gut, nicht schlecht. Tja. Als Eröfnungsfilm des FFF gradezu ungeeignet, ausser man möchte das Publikum gleich am Anfang ruhig stellen…