Bilians bumsfidele Bettlektüre
Themen: Film, TV & Presse |Keine Sorge, ich werde die restlichen Reviews vom B-Film Basterds Festival noch nachreichen, aber es hat sich da was ergeben, das ist… na ja, “wichtiger” ist kaum der richtige Begriff. Aber ich will’s loswerden.
Es hat ja Tradition, dass die Basterds auch dem deutschen Schundkino huldigen, vom Amateur-Horror über den Sittenreißer bis hin zum volkstümelnden Schlagerfilm. So hatten wir letztes Jahr den soliden Alpenringelpiez “Ich kauf’ mir lieber einen Tirolerhut” gesehen, in dem u.a. die spätere Frau Heino mitspielte.
In diesem Jahr präsentierte uns Doc Acula mit “Betthupferl in Oberbayern” aka “Die Jungfrauen von Bumshausen” einen Streifen, der zwar noch die Mechanismen der harmlosen Alpenkomödie bedient, diese aber mit haufenweise (harmlosen) Nackereien anreichert. Ein seltsamer Hybrid, der die Spießigkeit von Opas Kino nicht mehr, aber die Freizügigkeit des Sexfilms noch nicht wirklich bedienen kann.
Beide Filme waren von Mainstream-Regisseur Hans Bilian, der in den späten 60ern erst auf Softcore, später dann auf Hardcore umsattelte. Es ist ein weiter Weg von “Übermut im Salzkammergut” bis “Drei Mösen auf Männerjagd”, sollte man meinen. Nicht für Bilian, der eigentlich Hans Joachim Hubert Backe hieß.
Und um Bilian soll es heute gehen.
Mitte der 90er, als sich seine Karriere dem Ende zuneigte, war er so freundlich, zwei schmale Taschenbücher mit dem Titel “Der Filmemacher” zu schreiben. Leider veröffentlichte er diese beim Kleinverlag Andreas Zettner, der sich auf schlüpfrige Literatur spezialisiert hatte. Das mag dazu beigetragen haben, dass die Bücher heute auch antiquarisch kaum zu bekommen sind. Es gelang mir vor ein paar Jahren, zumindest Band 1 für satte 20 Euro in gutem Zustand zu ergattern:
Klar sieht die Cover-Gestaltung eher nach einem Krimi-Reißer der 50er aus, aber dieser “Bericht” (Eigenbeschreibung) entpuppt sich als schamloser und zeigefreudiger Einblick in einen Bereich der Filmgeschichte, der jenseits von “Schulmädchen-Report” kaum Beachtung findet – die Flegeljahre des deutschen Pornofilms. Bilian weiß genau, was den Leser interessiert – über ihn selbst erfährt man ebenso wenig wie über seine frühen, “seriösen” Werke. Stattdessen geht es gleich mit dieser Regie-Anweisung in die Vollen:
„Sylvia, das war nix. Das müssen wir nochmal machen. Und, Schätzchen, bitte – wenn er deine Brüste berührt, dann muß man sehen, daß es dir dabei durch und durch geht! Und du, Rolf, du fäßt sie an, als würdest du eine Tomate auf ihre Festigkeit prüfen. Leg’ halt ein bißchen Schmalz in deine Fingerspitzen! Die Knospen müssen auf Anhieb auferstehen … So, – und jetzt Aufnahme!“
Wer sich dafür interessiert, wie hemdsärmelig und hemmungslos damals Schweinkram produziert wurde, findet hier ein offenes Schlüsselloch. Man muss allerdings mit einpreisen, dass Bilians Altherren-Attitüde mitunter ebenso sexistisch wie amoralisch rüberkommt. Er schämt sich nicht – das kann man positiv wie negativ sehen.
Das Buch “Der Filmemacher” hatte gerade ob seines Seltenheitswertes einen prominenten Platz in meinem Bücherregal. Es gab mir Herrschaftswissen in einem Genre, das den meisten Filmfans (gnädigerweise) verborgen bleibt. Und so konnte ich auch nicht anders, als bei den Basterds stolz darauf zu verweisen, dass ich vom Regisseur der gerade gesehenen Ferkeleien ein Buch daheim hätte.
Kumpel Andreas zückte sein Smartphone, tippte was ein – und zeigte mir ein paar Sekunden später einen Eintrag bei Amazon:
“Gibt’s als Ebook.”
Tatsächlich: Im März 2019 sind beide Bände digital neu veröffentlicht worden, und zwar für jeweils 4,99 Euro. Ich bin nicht sicher, ob ich mich ärgern soll, dass meine alte Taschenbuch-Ausgabe damit radikal an Seltenheitswert verliert – oder ob ich mich freuen soll, dass nun andere Leser diese spannende Lektüre aufs Tablet ziehen können.
Natürlich habe ich sofort beide Bände gekauft und ein kurzer Check von Band 1 hat verraten, dass dieser vollständig und anscheinend auch “unbereinigt” geblieben ist – Bilian nimmt auch posthum kein Blatt vor den Mund. Sehr zart besaitete Gemüter sollten vielleicht doch lieber bei der “Cinema” bleiben.
Ein wenig entgeistert haben mich allerdings die Cover, die sehr nach diesen selbst veröffentlichten Amateur-Pornos aus der untersten Schublade aussehen:
Es werden Erinnerungen an das Programm von Teleprogress wach…
Warum man aus dem Buchtitel den Plural gemacht hat und in der Beschreibung von einem “Roman” die Rede ist, erschließt sich mir nicht. Da wundert auch die amazon’sche “Verwandtschaft” nur wenig:
Trotzdem: Tolle Bücher ohne Maske und ich freue mich, dieser Tage endlich Band 2 lesen zu können. Es ist wichtig, dass auch solche Zeitzeugen-Biographien vor dem digitalen Vergessen bewahrt werden.
zumindest aus Österreich “derzeit nicht zum Kauf erhältlich” 🙁
Man kann die beiden Bücher als epub und ohne DRM (die man dann für den Fall, dass nur ein Kindle verfügbar ist, problemlos mit calibre konvertieren kann) z. B. bei beam-shop.de erwerben. Oder gibt’s da auch eine Ländersperre?
Danke für den Tipp!
Ist dieser schmale, halbtransparente Streifen in der Kernzone des Interesses bei den Damen auf dem neuen Cover ein Bildfehler oder Teil der neuen “Anti-Porno-Maßnahmen” bei Amazon ? Da findet man im Augenblick die wunderlichsten Dinge, da reihen sich Cover mit allen Details, die denen anscheinend entgangen sind, mit vergleichsweisen harmlosen Halbnackten, denen man Riesen-Pixel vor die Brüste oder sonstiges gekleistert hat. Fast wie im Japan-Softsex der 70-90iger.
In diesem Fall halte ich das schlicht für die künstliche Reflektion auf der Linse.
Ich hatte beide Bände damals nach langer Suche auf Filmundo ergattern können. Band 2 zu bekommen hatte deutlich länger gedauert. Der Band beinhaltet Billians Hochphase mit Patricia Rhomberg. Irgendwie scheint das die Leute am meisten zu interessieren.
Insgesamt recht launig geschrieben, lässt sich leicht weglesen. Man sollte nur kein Filmbuch erwarten, sondern eher eine Anekdotensammlung. Ausstattungstechnisch eine Enttäuschung. Keine Filmographie, keine Kapitel, null Struktur. Billian nennt nicht mal Jahreszahlen.
Klar, der hat das offensichtlich einfach runter geschrieben.
Von Bilian gibt’s noch etwas, ebenfalls bei Zettner erschienen – Und diesmal wohl tatsächlich ein Roman:
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=showFullRecord¤tResultId=%22Bilian%2C%22+and+%22Hans%22%26any¤tPosition=0
“Glut zwischen den Schenkeln” – das passt. Der alte Schlawiner.