10
Feb 2019

Ein Schlachtfeld, fast vergessen: Vogel vs. Veldbusch

Themen: Film, TV & Presse |

Es ist lange genug her – nach 15 Jahren traue ich mich, einen der bizarreren Streitfälle zu rekapitulieren, in die ich jemals verwickelt wurde. Um es knapp zu sagen:

Mir wurde mal von Verona Feldbusch eine Beleidigungsklage angedroht.

Das ist richtig und doch falsch – weil nur die halbe Geschichte. Für die ganze Geschichte brauche ich ein wenig mehr Zeit und Platz.

Reisen wir zurück in die digitale Steinzeit. 2004. Vor iPhone, vor Facebook, vor YouTube und sogar vor dem Wortvogel. Wir hatten ja nix. Mangels eigener Online-Präsenz schrieb ich hin und wieder launige Beitrage für das Team-Blog Mehrzweckbeutel – die erste virtuelle Präsenz des mittlerweile etablierten und gepriesenen Medienfuzzis Mario Sixtus, den ich damals weniger aus gemeinsamen Projekten und mehr von gemeinsamen Kneipenbesuchen in meiner Düsseldorfer Heimatstadt kannte.

Ich war frech damals, keine Frage, zumal der Mehrzweckbeutel sich gerne eines süffisant-herablassenden Tons bediente. Und so war es (k)ein Wunder, dass ich nach der Lektüre eines SPON-Artikels eine kurze Meinungsäußerung unter dem Titel

„Der Name ist Pooth, Verona Pooth“

publizierte, die mit der Zeile begann:

“Gerade Menschen, die man verachtet, sollte man Respekt zollen, wenn es angebracht ist…”

Inhaltlich ging es darum, dass Verona Feldbusch verkündet hatte, nach der Hochzeit mit Franjo Pooth seinen Nachnamen anzunehmen. Das war insofern verwunderlich, da „Feldbusch“ eine etablierte Marke mit einem hohen Wiedererkennungswert war, Pooth aber (abgesehen vom etwas seltsamen Klang) praktisch unbekannt. Ein Schritt, von dem jeder Manager oder Marketingberater sicherlich abgeraten hatte.

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Ganz entgegen der Erwartungshaltung meiner Leser zollte ich dieser Konsequenz Respekt und auch der Tatsache, dass Frau Feldbusch/Pooth sich nach der Geburt ihres Kindes sehr öffentlich gegen das superschnelle Runterhungern der Extrapfunde ausgesprochen hatte. Sollte die gerne belächelte RTL2-Prominenz vielleicht erdiger sein, als ihr Image vermuten ließ?

So weit kein Problem. In meinem Eifer, eine möglichst große Distanz zwischen der verhassten Promisphäre und Frau Feldbusch zu verdeutlichen, griff ich allerdings auf eine Formulierung für Erstere zurück, die sicher nicht bös gemeint war, aber mit „rotzig“ noch freundlich umschrieben ist. Es fiel ein Begriff, der vielleicht an den Stammtisch gehört, nicht aber in die Sozialen Medien (die es als konkretes Konzept damals noch gar nicht gab).

Und so flatterte dem Herrn Sixtus knapp ein Jahr später ein mehrseitiges Schreiben eines Anwalts ins Haus. Tenor: Ich hätte Frau Feldbusch/Pooth in meinem (eigentlich respektvollen, nicht vergessen!) Beitrag in der von mir geächteten Sphäre verortet, sie damit verunglimpft und beleidigt. Abmahnung, Unterlassungserklärung, Schmerzensgeld, Anwaltsgebühren. Viel Ärger und ein solider vierstelliger Geldbetrag.

Was nun, sprach der Scheich?

Ich telefonierte ein paar Mal mit Mario Sixtus, der sich a) nicht verantwortlich fühlte und b) jedes Einknicken vor dem Anwalt rundweg ablehnte. Als Betreiber und Verantwortlicher des Mehrzweckbeutels hing er ja auch mit drin. Ich selbst wäre geneigt gewesen, die verlangte Summe runterzuhandeln und die Bezahlung als „Lehrgeld“ zu verbuchen. Es ließ sich ja auch nicht bestreiten, dass der fragliche Begriff gefallen und durchaus zu beanstanden war. Auf jeden Fall löschten wir den Beitrag fix und ließen unseren Anwalt einen Widerspruch aufsetzen. Tenor: der Beitrag sei in Richtung und Inhalt positiv gewesen und auch wenn man sich an dem monierten Wort stoße, so sei es nicht Frau Feldbusch/Pooth, die herabgewürdigt wurde.

Erwartungsgemäß wollte es die Gegenseite damit nicht bewenden lassen und kündigte noch einmal an, die Sache gerne von einem ordentlichen Gericht klären zu lassen. Das wollte ich aus diversen nachvollziehbaren Gründen vermeiden – auch deswegen, weil ich ja wirklich nicht vorgehabt hatte, Frau Feldbusch/Pooth zu beleidigen.

Nun war ich lange genug im „Business“, um zu wissen, dass solche Anwälte gewöhnlich autark arbeiten. Sie haben eine Vollmacht, nach der sie im Namen der Promis das Internet durchforsten und entsprechende Abmahnungen rausschicken. Der Klient selbst erfährt davon im Regelfall nichts. Und genau da sah ich meine Chance: Als Journalist sollte ich in der Lage sein, Frau Feldbusch/Pooth von meinen eigentlich hehren Absichten und meiner gleichzeitigen Zerknirschung zu überzeugen. Ich wollte ja auch nicht reingewaschen werden – eine Entschuldigung, einen großen Blumenstrauß und eine Spende an ein SOS-Kinderdorf war ich als Buße bereit einzupreisen. Außerdem: mit einer Schlammschlacht vor Gericht konnte Frau Feldbusch/Pooth ja auch nicht gedient sein.

Ich aktivierte also ein paar meiner Branchenkontakte und fand die Telefonnummer des Managers von Verona Feldbusch/Pooth heraus. Der schien mir ein geeigneter Mittelweg zwischen der Moderatorin und ihrem Anwalt zu sein. Allerdings hatte ich auch gehört, dass er mitunter ein echt harter Hund sein konnte. Dreimal durchatmen, zweimal räuspern, einmal anrufen. Tatsächlich bekam ich den Manager sofort an die Strippe. Mein erster Versuch, ihn mit meinem Problem zu konfrontieren, ging nach hinten los – ich konnte sein Schulterzucken durch das Telefon förmlich hören und er versteifte sich sehr schnell auf die Aussage, dass der Anwalt sicher wisse, was er tue. Außerdem würde ich die Beleidigung seiner Mandantin und guten Freundin sehr schnell bereuen.

So schnell wollte ich nicht aufgeben. Ich erklärte dem Manager mit ebenfalls erhobener Alphamännchen-Stimme, dass er sich zumindest und verdammtnochmal anhören könne, was ich zu sagen hätte, als da wäre: es täte mir leid. Ohne Abstriche. Ich hätte das SO nicht schreiben sollen. Es war ja nicht mal SO gemeint.

Stille am anderen Ende der Leitung. Das hatte er nicht erwartet. Und tatsächlich entwickelte sich daraus ein bestimmt viertelstündiges Gespräch über die vielen Probleme, die er als Manager mit Leuten habe, die der Meinung seien, man könnte über Prominente im Internet jeden Scheiß schreiben, inklusive Vergewaltigungsandrohungen und Mordabsichten. Ohne Anwalt wäre seine Mandantin vogelfrei und er sähe es als seine Aufgabe an, sie zu schützen.

Damit waren wir zumindest auf neutralem Territorium angekommen. Ich versicherte nochmal, dass es mir fern gelegen hätte, Frau Feldbusch/Pooth zu beleidigen und dass ich mir die Chance wünschen würde, das ohne anwaltliches Säbelrasseln zu klären (siehe Entschuldigung, Blumenstrauß, Spende). Der Manager winkte ab: sei schon in Ordnung. Ich solle dem Anwalt schreiben, dass ich mit ihm (dem Manager) gesprochen hätte und die Sache damit erledigt sei.

Freude allerorten. Allerorten? Nicht ganz. Der Anwalt der Gegenseite antwortete auf unser nächstes Schreiben mit einer Notiz, dass die Forderung von Verona Feldbusch/Pooth damit ad acta gelegt sei – aber nicht seine (beträchtlichen) Kosten. Die würde er gerne erstattet haben. Unser Anwalt hielt dagegen, dass es nicht im Interesse seiner Mandantin sein könne, diese leidige Angelegenheit in der Öffentlichkeit vor Gericht auszufechten – nur um eines Honorars willen. Es war das letzte Schreiben, das in dieser Sache abgeschickt wurde. Funkstille.

Ehrlich? Ich hätte in den Jahren darauf gerne die Gelegenheit gehabt, mich bei Verona (belassen wir es nun bei) Pooth persönlich zu entschuldigen. Weil ja – es war nicht bösartig gemeint. Weil aber auch ja – es klang bösartig. Und dafür muss man dann auch einstehen. Leider ist sie mir auf keinem Medienfest und bei keiner Premiere über den Weg gelaufen.

Und so erzähle ich auch heute noch am Stammtisch und auf Cocktailpartys (und jetzt hier), dass ich fast mal von Verona Pooth wegen Beleidigung verklagt worden wäre. Aber eben (und glücklicherweise) nur fast.



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MinkyMietze
MinkyMietze
10. Februar, 2019 17:30

Das Veldbusch im Titel ist hoffentlich ein Tippfehler oder?

Wortvogel
Wortvogel
10. Februar, 2019 17:32
Reply to  MinkyMietze

Nein.

Dietmar
13. Februar, 2019 23:14

Sehr coole Geschichte!