22
Aug 2017

Gastbeitrag: Rock & Rule

Themen: Film, TV & Presse |

Zur Ehrenrettung der Filmreviewer-Gilde ist es Udo Seelhofer (dessen neue Webseite ebenfalls von meinem IT-Meister Mad Mike Heissmann gestaltet wurde), der nicht wieder italienisches Gerümpel bespricht, sondern einen so obskuren wie charmanten Musik-Trickfilm, nämlich…

Rock & Rule von Clive A. Smith

Eine apokalyptische Zukunft. Die Menschheit ist längst ausgestorben, aber aus den in der Apokalypse entstandenen Rattenmutanten hat sich eine unserer Zivilisation nicht unähnliche Gesellschaft entwickelt. Angel ist die Sängerin einer aufstrebenden Punkrockband, welche die Aufmerksamkeit des Rock-Megastars Mok erregt. Dieser ist mit seiner weltweiten Talentshow auf der Suche nach dem nächsten großen Star. Angel und ihre Band müssen aber bald feststellen, dass Mok gar nicht der Sinn danach steht, ihnen musikalisch weiterzuhelfen. Er entführt Angel, mit ihrer Stimme will er einen Dämon aus einer anderen Dimension beschwören, um ein ewiges Leben in Ruhm und Reichtum zu erlangen. Der Rest der Band rund um den Co-Leadsänger Omar ist ihnen dicht auf den Fersen, sie wollen ihre Sängerin aus Moks Klauen befreien…

Rock & Roll und Neonfarben

Endzeitliche Science Fiction, Musik und eine rundum dreckige Welt: Wer Smiths „Rock & Rule“ aus dem Jahr 1983 sieht, fühlt sich unvermittelt an den zwei Jahre davor entstandenen Kultklassiker „Heavy Metal“ erinnert. Auf den zweiten Blick gibt es aber doch einige Unterschiede: Während „Heavy Metal“ nicht gerade mit Sex und Gewalt spart, richtet sich „Rock & Rule“ eher an ein junges Publikum (was man schon an der Altersfreigabe merkt). Dieser Mix wirkt im Film nicht immer wie aus einem Guss, der etwas kindliche Humor passt nicht immer zu den teilweise recht düsteren Bildern. Manchmal beschleicht einem beim Filmgenuss das Gefühl, dass sich „Rock & Rule“ mit Schwung zwischen alle Stühle setzt.

Das heißt aber nicht, dass das Ergebnis nicht absolut faszinierend wäre. Das liegt – neben den Performances von Blondie, Lou Reed, Robin Zander und Iggy Pop, auf die wir noch zu sprechen kommen – vor allem an der mit viel Liebe gezeichneten Welt. Klar, man merkt sofort, dass dieser Film nur in den 80er Jahren entstanden sein kann: Wenn man sich nicht gerade in albtraumhaften Bildern ergeht, regieren knallige Neonfarben das Geschehen. Am extremsten zeigt sich das in einer Nachtklubszene, bei der zusätzlich noch so viele Stroboskopeffekte eingesetzt werden, dass sie jeden Epileptiker auf die Intensivstation bringen (für die Musik in dieser Sequenz hat man übrigens Earth, Wind & Fire rekrutiert). Das übertrifft nicht einmal der in ca. tausend Formen erscheinende Dämon am Schluss, der in sämtlichen Farben des Regenbogenspektrums leuchtet.

Kommen wir nun endlich zu den Songs und Rockstars: Das bekannteste Lied ist wohl der Song, mit dem Angel am Ende den Dämon in die Knie zwingt. Dabei handelt es sich um eine frühe Version von „Maybe for Sure“ von Blondies 89er Album „Def, Dumb & Blonde“. Der Rest der Songs hat zwar nicht diese Qualitäten eines Megahits, sie funktionieren aber innerhalb des Films hervorragend. Hier hat Lou Reed mit seinem „My Name is Mok, thanks a lot“ ein absolutes Heimspiel (in dem Lied geht es darum, dass Mok sich für Gottes Geschenk an alle Musikfans hält. Ob Reed aufgefallen ist, dass er sich hier beinahe selber spielt?). Schade ist allerdings, dass der Film zwar immer wieder groß mit Iggy Pop beworben wird, dieser im Film aber gar nicht so viel zu tun hat (sein Auftritt als Dämon am Ende hat es aber zugegebenermaßen in sich). Für die gesangliche Leistung bei Omar, der männlichen Hauptrolle, ist Robin Zander, Leadsänger von Cheap Trick, verantwortlich. Dieser erledigt diesen Job recht passabel, hat aber neben Reed und Blondie durchaus Schwierigkeiten, sich zu behaupten.

Erwähnenswert ist außerdem, dass Blondie & Co nur für den Gesang engagiert wurden, die Dialoge wurden von anderen SchauspielerInnen übernommen. Hier ist allerdings überhaupt kein Bruch festzustellen, vor allem der letztes Jahr verstorbene Don Francks liefert als Mok eine großartige Leistung ab, genauso wie Susan Roman als Angel. Beider waren übrigens zwei Jahre zuvor in „Heavy Metal“ zu hören – so gibt es neben dem ähnlichen Stil noch eine Verbindung zu „Rock & Rule“.

Fazit zu „Rock & Rule“

Ich finde es immer noch schade, dass „Rock & Rule“ heute schon ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Der Film ist eine ziemlich wilde, neonfarbene Achterbahnfahrt, der man den manchmal zu infantilen Humor gerne verzeiht. Dazu kommen einige der besten Musiker und Sänger, die die damalige Zeit zu bieten hatte. Beim nochmaligen Ansehen der DVD ist mir mal wieder bewusst geworden, wie sehr es sich anbieten würde, aus diesem Film ein Musical zu machen. Das werde ich wohl nicht erleben (auch wenn „Queen- Das Rockmusical“ dem vom Feeling her recht nahe kommt). Den Film „Rock & Rule“ kann ich aber nur weiterempfehlen.

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G
G
22. August, 2017 19:38

Danke noch einmal für die Chance, für dich einen Gastbeitrag schreiben zu dürfen. Hat mir viel Spaß gemacht!! 🙂

Marco
Marco
22. August, 2017 22:06

Guter Post, flott geschrieben, zu einem Film von dem ich tatsaechlich noch nie etwas gehoert habe. Mal schauen, wo es den zu sehen gibt.

G
G
23. August, 2017 19:19

Freut mich, wenn ich jemandem den Film schmackhaft machen konnte. 🙂

Marcus
Marcus
23. August, 2017 21:19

“Dabei handelt es sich um eine frühe Version von „Maybe for Sure“ von Blondies 89er Album „Def, Dumb & Blonde“.”

Ich kann dir garantieren, dass Blondie 1989 kein Album dieses Namens veröffentlich haben, weil die sich nämlich 1982 aufgelöst und sich erst 1997 wiedervereinigt haben. Du verwechselst die Band hier offenbar mit ihrer Leadsängerin Debbie Harry.

“Erwähnenswert ist außerdem, dass Blondie & Co nur für den Gesang engagiert wurden”

Seufz. Abermals. Wegen Leuten wie dir haben die damals auf Konzerten Buttons mit der Aufschrift “Blondie is the name of the band” verteilt…

G
G
23. August, 2017 23:29

Ich werds überleben. 😉

noyse
noyse
24. August, 2017 09:03

“Ich werds überleben. ”
Find ich persönlich als Antwort auf die Benennung eines Fehlers eher uncool (auch mit Smiley)

G
G
24. August, 2017 14:32

Kann aber natürlich gerne korrigiert werden. 🙂 Hoffe, dass das Review ansonsten gefällt.

Marcus
Marcus
25. August, 2017 13:07

@G: Tja, wenn einer schon einen “pet peeve” von mir bedienen muss… 😉

G
G
27. August, 2017 09:56

Verstehe. 😉