21
Jul 2017

Spocht ist Mocht

Themen: Diet Diary, Neues |

Ich habe es anderswo schon angedeutet – nach den letzten sechs Läufen hatte ich vor, eine Pause von fünf Tagen einzulegen, damit meine Muskulatur und meine Gelenke sich etwas erholen können. Leider wurde das torpediert, als ich gleich am ersten Ruhetag für eine Reportage auf das Nebelhorn musste. Bergwandern ist zwar eine schöne Abwechslung, aber ein Abend in der Badewanne wäre besser gewesen.

Danach folgt eine Phase brutaler Leibesschwere. Ich komme kaum aus dem Bett, meine Beine fühlen sich wie altgriechische Tempelsäulen an und meine Motivation ist =<0. So ist es auch kein Wunder, dass ich meinen nächsten Lauf mit mangelnder Energie und nur unter physischem wie psychischen Protest antrete.

10.7.2017:

Das war eine Pflichtübung. Nach vier Kilometern im Stadion breche ich ab, weil es mir einfach nicht gut geht. Es ist außerdem zu heiß und der Mars steht im falschen Aszendenten. Ich rede mich damit heraus, dass meine Zeit für die vier Kilometer gar nicht schlecht ist und ich meine neuen Adidas Durano-Laufschuhe einlaufen muss.

Ich schwöre mir außerdem, innerhalb der Woche die “fehlenden” zwei Kilometer nachzuholen. Strafe muss sein. Immerhin bessern sich nach dem Lauf meine Laune und meine Kondition. Also erneut einen Lauf am Sandbach in Angriff nehmen.

12.7.2017:

6 Kilometer geplant, 6 Kilometer geschafft. Das befürchtete Leistungsloch bleibt aus.

Abwechslung muss sein, also wieder zum Kurhaus für einen Lauf im goldenen Abendlicht. Der Plan ist, meinen ersten Lauf dort vom 22.6. zu schlagen.

14.7.2017:

Geschafft. 7:14 pro Kilometer statt 7:37. Aber es ist hart. Um nicht nach der Hälfte eine Dorfstraße laufen zu müssen, drehe ich schon am Ende der großen Hundewiese um und denke, dass eine Umrundung dieser auch ungefähr 6 Kilometer bedeutet, nach denen ich am Motorroller lande. Pustekuchen. Am Roller angekommen meldet mein System nur 5,35 Kilometer. Ich bin kaputt, will aufhören, dränge mich aber selbst, doch noch einmal um den Block zu laufen. Wieder am Roller: 5,85 Kilometer. Nein, so geht das nicht. Noch mal um die Bushaltestelle rum. Es sind die längsten 150 Meter meiner Jogging-Laufbahn. Aber es zählt, dass ich es durchgezogen habe.

Positiv ist zu vermerken, dass der Lauf doch recht üppige 48 Höhenmeter beinhaltet. Außerdem verblüfft es mich weiterhin, dass ich bisher weder heftigen Muskelkater noch Seitenstechen hatte. Mein Körper verträgt die Läufe besser als erwartet.

So, letzter Lauf der Woche steht an. Ich bin zwei Kilometer im Minus, wenn man die völlig willkürlich festgelegten 6 Kilometer als Maßstab nimmt. Ich beschließe, auf dem schönen Rheindamm zum Abend hin mit 8 Kilometern mein Karma und mein Laufkonto auszugleichen.

Es ist der perfekte Lauf. 22 Grad Außentemperatur, ich bin entspannt, die Sonne geht unfassbar spektakulär unter, von einem Ausflugsdampfer winken mir die Menschen zu. Vor allem aber: ich habe das so witzige wie lehrreiche Buch “What if…” von XKCD-Erfinder Randall Munroe als Hörbuch in den Ohren. Damit geht mehr. Mehr als eine Stunde, mehr als 8 Kilometer – sogar mehr als 10?

16.7.2017:

Boom goes the dynamite! 11 Kilometer gelaufen! Nicht schnell, aber extrem gleichmäßig und mit exzellentem Puls. Zurück am Roller bin ich erschöpft, aber nicht fertig. Diese Laufwoche habe ich nach einem enttäuschenden Anfang doch noch mit 3 Kilometern im Plus abgeschlossen.

Danke, Rhein, danke, Sonnenuntergang, danke, Randall Munroe.

Ein Lauf noch, dann steht die achttägige Reportagereise an. Wenigstens geht es in den platten Norden, da sollte es mir an Strecken nicht mangeln. Nach dem “beauty run” am Rhein beschließe ich, nach einem erheblich zu heißen Tag lieber keine Langstrecke mehr zu versuchen. Stattdessen: 3 Kilometer mit ein bisschen mehr Tempo.

Ich gehe mit Skepsis volles Risiko: ein “ghost run” gegen mich selbst vom 8.6.. Damals bin ich in 19:06 immerhin 3 Kilometer gelaufen, also satte 9,5 Stundenkilometer. Das war höllisch anstrengend und ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass ich diese Leistung bei schwülen 29 Grad noch mal abrufen kann. Außerdem habe ich seit der letzten Nacht Schmerzen in der linken Schulter und dem Nacken.

Andererseits: wenn ich mich nicht selber im Rücken spüre, werde ich es garantiert nicht schaffen. Also lasse ich von Runtastic einen virtuellen Opponenten setzen und starte mit schnellen Schritten. Das geht nur mit Schweinerock (danke nochmal an Jake).

18.7.2017:

Eine Minute schneller als vor 6 Wochen. Erstmals 10 Stundenkilometer über eine längere Distanz. Schnellster Kilometer, schnellste Meile, schnellster Durchschnitt. Aber der Preis ist hoch: der letzte Kilometer ist reine Quälerei, bei der ich permanent denke, wie wenig schlimm es doch wäre, auch mal abzubrechen. Ich laufe nicht mit Energie, ich laufe mit Willenskraft. Schön ist das nicht. Am Ende bin ich nach 3 Kilometern ausgepumpter als zwei Tage davor nach 11.

Die Pulswerte bestätigen die Pein:

Nun darf man das nicht überbewerten. Ich muss an meine Grenzen gehen, um sie langsam nach oben zu verschieben. Das liegt in der Natur der Sache. Und der rote Balken ist auch irreführend: Im Spektrum von 165-255 bin ich mit maximal 173 ganz im niedrigen Bereich geblieben, vom grünen aeroben Spektrum war ich selbst im dramatischen Finale gerade mal 15 Herzschläge die Minute entfernt. Und auch der Durchschnitt ist vom grünen Bereich gerade mal 3 Herzschläge die Minute entfernt gewesen. Ich habe generell einen niedrigen Puls: im Ruhezustand oft deutlich unter 70, nach oben sollte bei 180 Schluss sein. Auf jeden Fall steht da ein ärztlicher Test an.

Kein idealer Lauf zum Abbau von Kalorien, aber ein guter fürs Karma, weil er mir beweist, dass ich nicht nur Strecke kann, sondern auch Tempo.

Regelmäßig werde ich einen solchen Lauf allerdings sicher nicht absolvieren. Das entspricht nicht dem, was ich suche und was mir Spaß macht.

Donnerstag, es geht hektisch ab in den Norden. Eschede ist das Ziel. Ständig Stau und stockender Verkehr. Trotz bezaubernder Audiobeschallung bin ich kaputt und genervt, als ich nach sieben Stunden in dem kleinen Landhotel ankomme. Ich überlege, den für heute terminierten Lauf ausfallen zu lassen. Ich will mich einfach nur aufs Bett hauen, vielleicht einen Film schauen. Dann fällt mir auf: der Lauf würde mir vermutlich gut tun, den Kopf noch mal gerade aufsetzen. Also schmeiße ich nur kurz das Gepäck ins Zimmer und mich selbst in meine Trainingsklamotten.

Ein Lauf unter erschwerten Bedingungen, keine Frage. Ich kenne die Gegend nicht, es ist schwülheiß, im Moorgebiet wimmelt es von Bremsen und ich bin hundemüde. Ich nehme mir 6 Kilometer vor, den einfachen Standard. Ich lasse diesmal auch den Brustgurt im Zimmer, das ist mir in diesem Moment alles zu stressig. Los geht’s.

20.7.2017:

Es ist – Bremsen und Schwüle zum Trotz – eigentlich ein schöner Lauf. Waldwege, Pferde schauen mir zu, Natur noch und nöcher. Warum ich statt der 6 Kilometer fast 7 laufe? Weil ich auf ein Wanderschild stoße, welches den Weg zu einem Ausflugsziel weist – der Thielemannschen Eiche. Ich denke mir eher launig: die nehme ich noch mit.

Und das tue ich dann auch:

Was mir an dem Lauf besonders gefallen hat: ich bin gegen mich gelaufen. Ich wollte eigentlich nicht, alle Umstände sprachen dagegen – der perfekte Grund, es eben doch zu tun. Weil das Leben kein Ponyhof ist und ich nicht immer perfekte Konditionen erwarten kann. Damit muss ich umgehen lernen.

Dass ich diesmal sechs völlig verschiedene Strecken gelaufen bin, ist Zufall – und doch wieder nicht. Es war zumindest nicht geplant. Aber es hat sicher auch damit zu tun, dass ich mich schnell langweile und am Jogging nicht – wie viele “Kollegen” – die entspannende Monotonie schätze. Ich brauche Abwechslung.

Ab morgen geht die Arbeit richtig los – acht Reportagen in sieben Tagen. Nichtsdestotrotz werde ich versuchen, meinen Trainingsplan einzuhalten, ausgehend von immer neuen Hotels in mir unbekannten Gegenden. Da ist sie wieder, die Angst, irgendwann bei “Aktenzeichen XY” in einem Einspieler als Leiche aufzutauchen…



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Achim
Achim
21. Juli, 2017 08:52

Die Durano sind zwar Laufschuhe, aber sie sind mehr was für Gelegenheitsläufer und kurze Strecken. OK, noch sind die Strecken kurz, aber ich habe den Eindruck, du läufst zu oft für die Durano.

Daniel
Daniel
21. Juli, 2017 09:39

Ich glaube auch, dass du dir mit solchen Schuhen keinen Gefallen tust. Geh mal in einen richtigen Laufladen (nicht Intersport o.ä.) und lass dir da ein paar gute und für dich passende Schuhe verkaufen. Dann brauchst du auch keine Wechselschuhe mehr. Die sind dann zwar ein bisschen teurer, aber mehr braucht man ja zum Glück zum Laufen nicht..

Noch ein gut gemeinter Rat: Ein Erholungstag mehr pro Woche würde dir sicher gut tun. Ich denke, dass dein Trainingserfolg sogar eher besser wird wenn dein Körper mehr regenerieren kann. Drei Läufe pro Woche sind auch völlig ausreichend, ich laufe zum Beispiel erst vier Mal, seit ich mich auf einen Halbmarathon vorbereite.

Ansonsten: Viel Spaß und Erfolg weiterhin!

Frederic
Frederic
21. Juli, 2017 10:15

Auch noch ein Wort der Warnung von meiner Seite: Ich habe ähnlich wie du vor ein paar Jahren mit dem Laufen angefangen um Gewicht abzubauen. Mein Ziel war ebenfalls “Couch to 5k” und ich habe ebenfalls deutlich schneller Fortschritte als geplant gemacht und war dann am Ende bei 10km / Lauf, was ich 2-3 mal die Woche gemacht habe.

Dann bin ich allerdings umgezogen und ein paar Wochen nicht mehr zum Laufen gekommen. Als ich wieder eingestiegen bin, ging das von der Kondition her auch wieder – allerdings waren meine Gelenke und Bänder wohl noch nicht so weit. Ergebnis: Wiederkehrende Schmerzen im Knie, die in einer Entzündung mündeten. Und die hat dann wiederum auf den Meniskus geschlagen, den ich mir dann ein paar Wochen später angerissen habe. Jetzt kann ich gar nicht mehr Laufen gehen.

Lehre vom Ganzen: Nicht übertreiben, auch wenn es sich in dem Moment geil anfühlt und man seine eigenen Grenzen erkunden will. Lieber entspannt angehen, dann hat man auf Dauer mehr davon.

Daniel
Daniel
21. Juli, 2017 14:28

Nunja, wenn du beispielsweise Montag, Mittwoch und Freitag läufst, ergibt sich ein regelmäßiger Wochenplan mit einer zwei-Tage-Pause. Das ist für Körper und Motivation eigentlich ganz angenehm und lässt dich wahrscheinlich sogar schneller besser werden.

Ich möchte damit ja auch nicht sagen dass dein Training jetzt nicht funktioniert, aber behalt das mal im Hinterkopf. Wie viele Wochen läufst du jetzt eigentlich schon?