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Jul 2017

Hyperland Redux (11): Der Groschenroman als digitales Fastfood

Themen: Film, TV & Presse, Hyperland |

Originaltext Oktober 2013:

Privatfernsehen, Internet und Videospiele haben dem klassischen Romanheft vom Kiosk schwer zugesetzt. Die Verlage setzen auf neue Vertriebswege, um Jerry Cotton, Perry Rhodan & Co. einer neuen Lesergeneration nahe zu bringen. Als eBooks machen die Romane ihre Schwächen zu Stärken – und auch die Autoren sehen neue Chancen.

Endstation Altpapiercontainer?

Lange Zeit sah es nicht gut für den Groschenroman aus, der spätestens mit der Umstellung auf den Euro keine Groschen mehr kostet, sondern 1,60 bis 1,80 Euro. Seit den Hochzeiten in den 70er und 80er Jahren sind die Auflagen von üppig fünfstellig auf breiter Front in den vierstelligen Bereich abgesackt, die wenigen Ausnahmen sind Kultreihen wie „John Sinclair“, „Jerry Cotton“ und der unverwüstliche „Perry Rhodan“. Der Heftroman gilt seit 20 Jahren als Auslaufmodell mit leidenschaftlicher, aber schrumpfender Leserschaft.

Doch es regt sich was bei den Bergdoktoren, den Geisterjägern und den FBI-Agenten. Mit hochgerechnet gerade mal 70 Manuskriptseiten, einem geringen Preis und einem flüssigen, reißerischen Erzählstil bieten sie sich für einen neuen Markt an: als Ubahn-Lektüre und Wartezimmer-Zeitvertreib im eBook-Format. Können Kindle, Kobo und Konsorten den Heftroman retten?

Neues Geschäftsmodell, neue Gesichter

Wenn allerdings keine 20.000 Hefte mehr gedruckt werden müssen, wenn kein Vertrieb die Romane an den Kiosk bringen muss – wozu braucht es dann noch die traditionellen Verlage, die in der Regel den Löwenanteil des Gewinns einstreichen? Zumindest in der Theorie kann jeder seine eigene Heftserie bei Amazon einstellen, kann Autor, Verlag und Vertrieb sein. In diesem Sinne startete Markus Rohde, der seit Jahren für traditionelle Verlage wie Heel und Cross Cult arbeitet, im Juni 2013 den „Rohde Verlag“, der klassische Heftroman-Stoffe nur noch an digitale Kioske bringt.

Drei arrivierte Autoren u.a von Bastei Lübbe nahm Rohde mit – Claudia Kern, Christian Humberg und Andrea Bottlinger. Jeder Schreiber bekam den Auftrag für ein jeweils sechsteiliges „Serial“. Claudia Kern entwickelte die SF-Saga „Homo Sapiens 404“, Andrea Bottlinger den Cyberspace-Thriller „Beyond“ und Christian Humberg die okkulte Krimiserie „Gotham Noir“.

Zwar kann Rohde keine üppigen Honorare zahlen, aber dafür eine recht anständige Gewinnbeteiligung. Zudem haben die Autoren größere Freiheiten, das Arbeitsvolumen der eigenen Geschwindigkeit anzupassen – während „Gotham Noir“ und „Beyond“ vierzehntäglich erscheinen, entschied sich Claudia Kern dafür, ihren Sechsteiler in sechs Wochen an den Start zu bringen: „Es macht richtig Spaß, so viel Kontrolle über ein Projekt zu haben“. Damit kam sie aber auch schnell an eine Leistungsgrenze: „Man muss allerdings wirklich die Disziplin haben, den Erscheinungsrhythmus einzuhalten, sonst werden die Leser äußerst ungehalten“.

Rein rechnerisch sind die digitalen Heftromane ein cleveres Geschäftsmodell: 2,49 Euro verlangt Rohde für eine „Episode“. Wandelt man den Text in Standard-Manuskriptseiten um, bekommt man z.B. bei „Gotham Noir“ auf knapp 80 Seiten. Ein klassischer gedruckter Heftroman kostet trotz Druck und Vertrieb ein Drittel weniger – bei fast identischer Länge.

Die Groschenroman-Goliaths geben nicht klein bei

Schwierig bleibt für Rohde und andere Kleinverleger von kurzen belletristischen Stoffen im eBook-Sektor die Werbung, die meist über Mundpropaganda in Foren und Webseiten läuft. Und die Giganten der Branche schlafen nicht – sie brauchen keine neuen Romane zu produzieren, sondern scannen erstmal ihre in 50 Jahren gewachsenen Archive. Bei Pabel-Moewig ist man dabei, die über 3000 Abenteuer von „Perry Rhodan“ zu digitalisieren und auf Plattformen wie Amazon zur Verfügung zu stellen. Branchenprimus Bastei Lübbe peppt die eBooks von „Jerry Cotton“ mit multimedialen Elementen auf. Und die Liebesroman-Fabrik des Cora-Verlags spuckt längst auch erfolgreich digitale Versionen der immer gleichen Herzschmerz-Geschichten aus.

Auch wenn es im Zeitalter der eBooks keine großen Verlage mehr braucht, um zu publizieren – die „großen Alten“ haben immer noch den Feldvorteil.

NACHTRAG 2017: Die arrivierten Verlage setzen weiterhin auf die massive Digitalisierung ihrer Bibliotheken, auch wenn die Verkäufe dem Vernehmen nach noch verhalten sind. Die Serials von Markus Rohde wurden allerdings eingestellt: “Beyond” und “Gotham Noir” nach einer Staffel mit 6 Heften, “Homo Sapiens 404” nach vier Staffeln.



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Martin Däniken
Martin Däniken
21. Juli, 2017 00:27

Vielleicht ist die Kombination mit Online-Spielen keine Schlechte Idee…spielt man entsprechend werden Inhalte (Autoren Homestories,Making ofs,exklusive Stories ,Meet and greets usw)freigeschaltet.
Bei der richtigen Mischung von Improvisation und Professionalität und Liebe zum Sujet sähe ich schon Potential.