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Jul 2017

Hyperland Redux (10): „Defiance“: Science Fiction als Crossover-Multimedia-Experiment

Themen: Film, TV & Presse, Hyperland |

Originaltext April 2013:

Praktisch zeitgleich startet in diesen Tagen in mehreren Ländern eine neue Actionserie, die altbekannte Motive des Westerns in eine ferne Zukunft überträgt. Aus Indianern werden Aliens, aus Pferden Motorräder, und die Stadt St. Louis wird zum futuristischen Fort Alamo. Spannend ist „Defiance“ aber hauptsächlich deshalb, weil die Produzenten parallel zur Serie eine riesige Online-Welt geschaffen haben. TV-Episoden und Game sollen sich gegenseitig befruchten. Ob die Rechnung aufgeht, ist noch völlig offen.

Es ist ein mutiges Konzept, das steht außer Frage. Bisher schuf der Erfolg in einem Medium den Bedarf im anderen. Spiele basierten auf etablierten TV- und Kinolizenzen (Star Trek online) oder Filme auf etablierten Game-Lizenzen (Wing Commander). Mit „Defiance“ hoffen die Produzenten, das Henne & Ei-Problem zu lösen: Gamer sollen vor den Fernsehschirm gelockt und TV-Zuschauer zum Kauf des Spiels bewegt werden.

Zwei Welten – ein Universum

Und so spielen das Spiel und die Serie denn auch im gleichen Universum, präsentieren die gleichen Aliens, die gleiche Technologie. Während sich die TV-Helden im verschütteten St. Louis verschanzt haben, ballert sich der Gamer 2000 Meilen entfernt durch das zerstörte San Francisco. Trotz der räumlichen Distanz versprechen die Macher Rückkopplungen, Ereignisse in der Serie sollen in der virtuellen Welt spürbar sein und umgekehrt.

Schaut man „Defiance“ als Serie und als Spiel parallel, sieht es momentan allerdings eher so aus, als würden die Zugeständnisse an die jeweiligen Medien sich gegenseitig ausbremsen. In der 90minütigen TV-Pilotepisode geht es primär um Schießereien, Verfolgungsjagden und Horden von Alien-Kanonenfutter, weil komplexe Handlungsstränge und dichte Dialoge schlecht in eine Gamewelt passen. Dafür muss der Zuschauer sich gleich sieben Alien-Rassen und zwei Mutanten-Sorten einprägen, die auch in der Online-Version auf ihn warten. Das Spiel hingegen, technisch sowieso nicht ganz auf der Höhe der Zeit, wird nie so wild und extravagant, wie es das Thema eigentlich erlaubt – weil es sich damit zu weit von der Wirklichkeit der Serie, mit der es untrennbar verbunden ist, entfernen würde.

Probleme mit Reichweiten und Preisen

„Defiance“ überwindet auch die unterschiedliche Erwartungshaltung zwischen TV-Konsument und Gamer nicht: der Zuschauer will zuschauen, der Spieler will spielen. Passiver Konsum und interaktive Teilnahme sind seit jeher schwer unter einen Hut zu bringen.

Hinzu kommt, dass „Defiance“ z.B. in den USA mit Syfy bei einem recht großen Kabelsender läuft, der 98 Millionen Haushalte erreicht. Der deutsche Ableger kommt als Pay-TV hingegen nur auf eine Reichweite von 5 Millionen Haushalten und feiert einen Marktanteil von mehr als 0,5 Prozent schon als Rekord.

Nun kann Syfy sich keine Reichweiten zaubern, aber es überrascht, dass man nicht wenigstens für das Spiel die „free to play“-Route gewählt hat, um schnell einen kritische Masse an Usern zu erreichen. „Star Wars Old Republic“ und „Battlestar Galactica online“ haben es vorgemacht: kostenlose Spiele als niedrige Einstiegshürde, der Profit wird dann mit Bonus-Content im Spiel generiert. Bei „Defiance“ geht das nicht – wer nach der Pilotepisode neugierig geworden ist, muss mindestens 49 Euro für das Game ausgeben, für die „Xbox Ultimate Edition“ sogar satte 179.

Eine ganze Menge Kohle für bisher sehr wenig Kult.

NACHTRAG 2017: Die Serie wurde nach drei Staffeln mit nur 38 Folgen eingestellt – die Free TV-Premiere in Deutschland war bei Tele 5 ein derartiges Debakel, dass man sie nach vier Folgen (vorerst) abbrach. Das zugehörige Spiel gibt es immer noch, es wurde allerdings in der zweiten Jahreshälfte 2014 auf "free to play" umgestellt.



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5 Kommentare
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Heino
Heino
4. Juli, 2017 06:47

Ich hatte damals schon nach der ersten Folge keine Lust mehr, das war mir zu sehr mit allen nur denkbaren Klischees zusammen gezimmert.

invincible warrior
invincible warrior
4. Juli, 2017 06:51

Das Spiel laeuft aber auch unter ferner liefen. Zum Vergleich hat Herr der Ringe Online laut Steamcharts ca stabil 1200 aktive Spieler, dabei ist das Spiel quasi offiziel tot, da Entwicklung eingestellt wurde und seit 2015 keine Erweiterung mehr kam. Star Trek Online hat soweit ich weiss eine zufriedenstellende Menge an Spieler, aber die Info ist etwas aelter und wie ich sehe, nimmt die Spielerschaft auch ab, daher waren wohl 2500-3000 Spieler damals zufriedenstellend, ich weiss nicht, wie es bei den heute aktuellen 1600 Spielern aussieht. Urgestein Everquest 1 hat zur Zeit auch wieder 600 Spieler nach dem Release eines neuen Servers, der die beliebtesten Addons durchgeht.

Defiance jedenfalls hatte erst im Maerz eine neue Fraktion bekommen, erreichte da aber auch grade mal 900 Spieler und ist jetzt runter auf 600 von den durchschnittlich 800. Ist also nicht wirklich als gesund zu bezeichnen, kann sich aber wohl grade noch so finanzieren.

Staffel 1 der Serie lief uebrigens ohne grosse Programmaenderungen durch. Du verwechselst das mit der Premiere von Staffel 2, die wohl wirklich gruselige Einschaltquoten hatte. Die Staffel wurde erst paar Monate spaeter in der Nachmittagsschleife voll ausgestrahlt. Staffel 3 kam dann erst gar nicht mehr ins Programm.
https://www.dwdl.de/nachrichten/51639/tele_5_gibt_usserie_defiance_eine_zweite_chance/

TimeTourist
TimeTourist
4. Juli, 2017 11:17

Die Serie hatte mich prima unterhalten. Hätte gerne mehr gesehen. Zumindest gab es ein zufriedenstellendes Ende, was ja leider auch nicht immer von den Sendern zu erwarten ist.
Das Spiel war von Anfang an zum scheitern verurteilt. Miese Grafik und eine Story bei der ein Interessent Angst haben musste nicht folgen zu können, da kaum einer die Serie kannte.

Tante Jay
4. Juli, 2017 11:57

Kleine Korrektur. Gutes Storytelling und Gameplay müssen sich nicht zwangsweise ausschließen, erfordert aber eine Menge Arbeit.

Herr der Ringe Online sei hier hervorgehoben.

Die Maßgabe war, dass man so eine Truppe wie die Gesellschaft vom Ring nicht einfach losschickt und dann die Augen zukneift und *toi toi toi* sagt – nicht, wenn soviel auf dem Spiel steht.

Das Spiel bietet dann die Lösung eines recht großen Supportkreises, die allerdings nicht wissen, worum es geht. Dein Charakter ist immer wieder mal auf dem Weg, den Gefährten zu helfen, trifft sie auch ein paarmal und redet mit ihnen (in teils wunderschönen Szenen) und hilft z.b. den Elfen von Bruchtal, eine Spur zu finden, als sie in den Minen von Moria verschwunden waren. Die epische Questreihe ist nur das: Hilfestellung und Support für die Gefährten.

Ist leider nicht mehr von Europa aus spielbar, die lags sind zu heftig, aber was vermisse ich meine Elfe 🙁