07
Jun 2017

Versandwahn: LIDL-Edition (Nachtrag)

Themen: Neues |

Dass ich kein Freund von Verpackungsverbrechen bin, sollte bekannt sein. Winzige Teile in riesige Kartons stecken und dann mühsam durch die Republik (oder gar über Kontinente) zu schicken, stößt mir gerade deshalb auf, weil ich viel online kaufe. Ich würde mir wünschen, dass es da insgesamt etwas individuellere Möglichkeiten gibt.

Es ist übrigens reiner Zufall, dass ich dieses Jahr mehr bei LIDL bestellt habe als bei Amazon oder Tchibo. Die hatten irgendwie immer gerade das, was ich brauchte – schick und zu überzeugenden Preisen. Dazu gehört einfache Sportkleidung ebenso wie der Nachbau eines aktuell echt angesagten Grillmodells.

Manchmal ist das trotzdem ein etwas zähes Erlebnis. So habe ich zwei Hemden bestellt. Die waren erstaunlich gut (angeblich von Seidensticker). Eines hatte aber einen Webfehler, weshalb es an der Manschette sofort aufriss. Ich machte ein paar Fotos davon und schicke sie an LIDL mit der Bitte um Ersatz (nicht Rückerstattung). Dann rief ich bei der Hotline an, wo man mich bat, das alte Hemd einzusenden. Man verstand aber mein Argument, dass es für LIDL keinen Sinn macht, eine Retoure zu bezahlen, wenn meine Bilder den desolaten Zustand des Hemds klar belegen. Also einigte man sich doch auf Ersatz ohne Rücksendung.

Zwei Wochen später kam eine Mahnung über die Kosten beider Hemden. Ich rief wieder die Hotline an. Der Mitarbeiter: “Jahaaa! Sie haben uns das reklamierte Hemd nie zurück geschickt!”. Ich erklärte ihm, dass mit einem seiner Kollegen vereinbart worden war, dass das auch nicht nötig sei. Das war aber im System nicht verzeichnet. Man versprach mir, es nachzutragen.

Eine Woche später kam eine neue Mahnung. In der Tat stellte man mir nicht das kaputte Hemd in Rechnung – wohl aber das zweite, unbeschadete Hemd, das ich weder reklamiert noch zurück geschickt hatte (drolligerweise trug ich es, als ich die Mahnung öffnete). Nächster Versuch bei der Hotline: tatsächlich, alles richtig so. Weil: Man könne nicht EIN Hemd stornieren, weil die Bestellung für ein Doppelpack gelte. Deshalb würde ich über PayPal die volle Kaufsumme ersetzt bekommen, müsse aber das korrekte Hemd dann erneut bezahlen.

Nicht sinnig, aber wenigstens irgendwie nachvollziehbar.

Nächste Runde: Letzte Woche habe ich ein neues Sportshirt und neue Laufschuhe bestellt. Kaum eine Stunde später fällt mir ein, dass ich in einer LIDL-Filiale vor ein paar Wochen einen ganz schicken Rollerhelm gesehen habe, der vielleicht gut zu meiner neuen Vespa passt. Also im Online-Shop nachgesehen – noch vorrätig!

(ich beziehe mich auf das Modell rechts)

Nun haben die Bestellungen bei LIDL einen kleinen Haken: egal, was man ordert, es kostet 4,95 Versandkosten. Super bei einem schweren Grill oder einer Balkongarnitur, doof bei einem Paar Socken.

Ich möchte für den Helm keine Versandgebühr zahlen, nachdem ich gerade Versandgebühr für die Laufschuhe bezahlt habe. Schließlich ist das Paket ja noch nicht raus. Also rufe ich LIDL in der Hoffnung an, die Bestellungen kombinieren zu können. Leider nein, sagt die nette Dame von der Hotline, nachträglich kombinieren geht nicht.

Alles verloren? Aber nein.

Die Mitarbeiterin schlägt vor, die Bestellung zu stornieren, das ist kostenlos. Dann einfach neu bestellen und den Helm zufügen. Sie bietet an, das mit mir am Telefon gleich zu machen. Coole Sache! Aber das Schicksal ist gegen mich und das Paket bereits als “gepackt” im System. Da kann man nicht mehr ran. Ich könnte es nur kostenfrei zurück schicken, was ich für pervers halte, wenn ich im Anschluss das gleiche Zeug noch mal bestelle. Drei Versandwege, um 5 Euro zu sparen – lass mal.

Ich möchte resignieren, aber die Dame von der Hotline hat eine Top-Insidertipp für mich: “Am Mittwoch Abend haben wir wieder eine Aktion, wo die Versandgebühr auf alle Produkte entfällt. Bestellen Sie doch einfach Ihren Helm dann!”

Sehr nett von ihr. Ich warte also zwei Tage und tatsächlich: Mittwoch von 18.00 Uhr bis 24 Uhr kann man mit einem Code die Versandkosten sparen. Ich packe also freudig den Helm in den Warenkorb und stelle fest: der Code gilt für Bestellungen ab 30 Euro. Kosten des Helms: 29,99 Euro. Mir “fehlt” ein Cent.

So leicht gebe ich nicht auf! Ich mache mich auf die Suche nach einem möglichst preiswerten “Beipacker” und stoße auf diesen Riegel für 65 Cent:

Mein Bestellwert liegt nun bei 30,64 Euro und der Versand wird mir erlassen.

Drei Tage später kommt der Helm. Passt sogar – sowohl mir als auch zum Roller. Sehr erfreulich. Aber so sehr ich auch im Paket wühle: kein Energy Cake. Steht auch nicht auf dem Lieferschein. Wo isser hin?

Es ist mir fast peinlich, wegen 65 Cent bei der Hotline anzurufen. Aber eine weitere nette Dame beruhigt mich: “Sie haben den bestellt, dann haben Sie auch ein Anrecht darauf”. Sie schaut im System nach: ja, der Riegel kommt noch. Separat. Weil er aus einem anderen Lager geliefert wird als der Helm.

Tatsächlich: Nach vier weiteren Tagen wird der Riegel als Päckchen per DHL geliefert – an eine Packstation, weil ich nicht zuhause bin. Ich darf also bis 18.00 Uhr warten und dann zur Packstation laufen, um den Riegel abzuholen. Der ist SO verpackt:

Ich esse ihn auf dem Rückweg.

Wir halten also fest: Die Bestellung des Riegels, weil ich 1 Cent unter Mindestbestellwert für den Helm gelegen habe, bedeutet für LIDL nicht nur, dass sie mir über 4 Euro Versandkosten erlassen müssen – es gibt nun auch noch ZWEI Produkte, die deshalb separat durch die Republik geschickt werden müssen. Das ist administrativer wie ökologischer Wahnsinn! Da wäre es mir lieber gewesen, ein Lagerarbeiter hätte sich den Riegel geschnappt, “merkt eh’ keiner” gemurmelt und ihn selber gefuttert.

Ein Button “Produkt bestellt, braucht aber nicht geliefert zu werden” wäre praktisch gewesen, so albern das in diesem Moment auch klingt.

Und es ist nicht das Ende der Geschichte.

Ich habe oben ja den Grill erwähnt. Es wird euch nicht wundern, dass ich keine Lust hatte, wieder fast 5 Euro Versandkosten zu zahlen. Ich erinnere mich daran, dass mir für das Abo des LILD-Newsletters neulich auch mal die einmalige Erlassung von Versandgebühren versprochen wurde. Ich suche gleich mal den entsprechenden Code aus den Untiefen meines Gmail-Accounts. Ah, da isser ja!

10 Gummipunkte für jeden, der ahnt, was nun kommt.

Kosten für den Grill: 49,99 Euro. Mindestbestellwert: 50 Euro.

Ich lege eine Tüte Chips für 99 Cent in den Warenkorb und klicke auf “kaufen”. Mein Verdacht ist, dass ich LIDL damit wieder doppelt strafe: sie müssen erneut zwei Artikel separat und kostenlos nach Baden-Baden liefern. Weil ich einen Cent unter dem Mindestbestellwert geblieben bin.

Liebe Leute von LIDL: Eigentlich brauche ich weder den Energy Cake noch die Chips. Ich bin eh auf Diät. Aber ihr habt mir in diesem Fall keine Wahl gelassen. Darum würde ich euch gerne eine Alternative vorschlagen, die uns allen helfen würde: aufrunden. Wie es in einigen Supermärkten für wohltätige Zwecke möglich ist. Dann könnte ich den Helm für 29,99 Euro bestellen, in dem ich “Mach’ 30 Euro draus, Alder” anklicke. Mindestbestellwert erreicht – und ihr müsst nur EIN Paket durch die Republik karren.

Den einen Cent? Schenke ich euch. Ich hätte euch auch 10 Cent geschenkt oder sogar einen Euro. Ihr hättet das spenden können. Dabei hätte ich allemal ein besseres Gewissen als beim Verzehr des Energy Cake…

Nachtrag: Rasenmäher, Sportshorts, Mottenkugeln und Insektenspray gleichzeitig bestellt. Kam in vier einzelnen Paketen über drei Tage verteilt.



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Thor
Thor
7. Juni, 2017 10:36

Ohjaa, das wäre eine echt gute Idee 😀

holmer
holmer
7. Juni, 2017 10:57

Ich schätze mal es gibt genügend Leute die dann halt nicht so einen Müsliriegel kaufen, sondern irgendwas teuers was sie auch nicht wirklich brauchen. Wenn die Strategie unter Strich nicht aufheben würde, dann würde Lidl das nicht machen. Sind ja keine Wohltäter.

Statt Blogposts zu schreiben sollte man vielleicht einfach nicht mehr bei solchen Anbieter bestellen, das wäre wohl effektiver.

Gerry
Gerry
7. Juni, 2017 11:17

@ holmer: Du hast das Prinzip des (B)bloggens (großes oder kleines B?) noch nicht verstanden. Torsten schreibt Blogposts, weil er es kann, weil er es will und weil der Großteil seiner Leserschaft sich über seine Posts freut. Nicht mit jedem kann Jeder etwas anfangen, aber dann ließ es halt nicht.

Statt Blogposts zu kommentieren, sollte man vielleicht einfach nicht mehr diesen Blog lesen, das wäre wohl effektiver.

comicfreak
7. Juni, 2017 11:21

Super Idee

holmer
holmer
7. Juni, 2017 12:14

@Thorsten, sorry für die Formulierung über das Bloggen. Da hätte ich wohl lieber noch mal drüber lesen sollen…

Aber die Sonderangebote sind ja dazu die Leute in den (virtuellen) Laden zu locken. Und mit der Preisgestaltung erzwingt man einen Kauf mehr also gewünscht.
Deine Adresse und der Umstand das du jetzt schon registriert bist dürfen den Wert des Riegels locker übersteigen.

Hauke
Hauke
7. Juni, 2017 14:40

Es gibt leider immer wieder solche Fälle, die einem die Logik-Ader anschwellen lassen…
Ich liebe Brettspiele. Und fast regelmäßig habe ich Gutscheine von Thalia.de in meinem E-mail Fach, die mich mit 15-20% Rabatt locken. Was liegt da näher, als sich mal für einen anstrengenden Tag/Woche zu belohnen?
Wg meiner Behinderung oder den Gutschein AGBs (warum?) scheidet eine Filialabholung aus. Also, wenn’s nur ne Kleinigkeit sein soll und MBW nicht erreicht: Thalia sagt mit Buch dabei ohne Versandkosten. 1€ ist das günstigste, Bestellung lohnt sich dennoch. Damit man nicht lange nach dem günstigsten Buch suchen muß, gibt es in einigen Foren schon einen direkten Link.
Ab wieviel kommt man in die Spiegel Liste ;-)? Solche Links gibt’s auch für EBooks, falls man nur die Kaufsumme um ein paar Cent steigern möchte. Ob die Autoren wissen, warum ihre Werke so gefragt sind?
Eine Bestellung bei Amazon (keine Versandkosten) habe ich leider mal zu schnell abgeschickt. Nach dem Bestellen entdeckt: Hey, doch Versandkosten! Alles durchgeforstet, dann gefunden. Der Partner berechnet VK ab einer Mindestmenge, also 1Stk ohne, ab 3Stk kostet es was!
Also Lebenszeit verschenkt mit Kundenservice (“Wenn’s ankommt schick ich’s zurück und bestelle 3×1!”). Trotzdem geärgert.
Allgemein: Als kleinen Bestellfortschritt würde ich es schon empfinden, wenn die Versandkosten mit in den Schwellenwert einberechnet würden.

Howie Munson
Howie Munson
7. Juni, 2017 17:14

hmm laut Webseite ist bei lidl jeden Mittwoch happy hour ohne die 4.95 für Versandkosten… Schade, dass sie keine Limos im 6×1,5 Liter Pack liefern. *duck*

Kuriso ist auch, dass sie Rasenmäher NUR online anbieten, dann aber zum beworbenen Preis Versandkostenpauschale UND einen variablen Versandkostenzuschlag von bis zu 29.95 haben wollen…

Sorry, sollen sie doch die Speditionskosten GLEICH auf den Preis draufschlagen.

DJ Doena
7. Juni, 2017 17:17

Amazon hat hier schon immer einen Näherungswert gehabt. Es reichen auch 29,60€ Bestellwert, um die 30€ portofrei-Grenze zu erreichen.

Aris
Aris
7. Juni, 2017 23:04

Ohne zu glauben, dass die Unternehmen durchaus darauf aus sind, ihre Versandbedingungen so zu gestalten, dass sie daran verdienen und dennoch den Kunden eine kostenlose Lieferung vorgaukeln:
Ich hab vor langer Zeit mal ein wenig in einen Logistik Bereich schauen können. Da hieß es, jede Bestellung, die nicht dem Standard entspricht und somit manuellen Aufwand in der Abwicklung benötigt, kostet in dem Augenblick ca. 45 DMark mehr (daran erkennt man, wie lang das her ist, vermutlich ist der Euro Wert heute aufgrund der Unterbrechung des IT-Prozesses deutlich höher).
Logistik Pauschalen dienen nicht dazu, die Kosten für den erhöhten Aufwand wieder rein zu bekommen, dazu sind sie vermutlich zu gering. Sie sind dazu da, den Kunden einen möglichst hohen Wert pro Bestellung abzunötigen. Und das zu Recht, weil die realen Logistikkosten (Versandkosten + Handlingkosten im Versandlager) kein Kunde zahlen würde.

Uli
Uli
8. Juni, 2017 10:03

Off Topic: Der Grill ist super, wir haben seit Jahren den Original “Lotus” und bei den Schwiegereltern auch schon mit dem Lidl Nachbau gegrillt. Gerade für den Balkon ist das Teil optimal.

TimeTourist
TimeTourist
12. Juni, 2017 13:21

Das hatte ich auch schon. Bei mir wurden meine Bestellung in zwei aufgeteilt. Die Rittersport kam in einem riesigen Karton. Allerdings durch Luftpolster geschützt!!
Ein Wahnsinn…. das glaubt mir bisher niemand.

DJ Doena
12. Juni, 2017 13:35

Das mit der Aufsplittung passiert bei Amazon inzwischen auch recht häufig.

Das liegt aber auch daran, dass Amazon inzwischen viel mehr Auslieferungslager hat als nur das in Bad Hersfeld am Anfang hat (fun fact: es war in Bad Hersfeld, weil es sowohl am Autobahnkreuz A4/A5/A7 lag, als auch nahezu am geographischen Mittelpunkt von DACH).

Ich hab schon britische DVDs von Amazon.co.uk bestellt, die in 20h nach Bestellung aus Bad Hersfeld geliefert wurden (ohne Prime).

Aus logistischer Sicht macht es für Amazon mehr Sinn 1 DVD aus Lager A zu schicken und 1 DVD aus Lager B, als 1 DVD von A nach B zu verschiffen, um dann nur eine Sendung von B an den Kunden rauszusenden.

Ich könnte mir vorstellen, dass andere Versender auch verteilte Lager haben und die gleichen Kalkulationen anstellen.

DJ Doena
12. Juni, 2017 15:24

@Torsten: Meine Antwort war mehr auf deinen Kommentar 15 vom 9. Juni gemünzt.

Howie Munson
Howie Munson
13. Juni, 2017 13:03

@:TimeTourist: oh das glaube ich sofort, ich hab schon ein Notenheft im Karton mit Lufpolstersäcken gesehen….. War auch nicht aus Esspapier. *g*