Superhelden-Overkill-Apokalypse
Themen: Film, TV & Presse |In den letzten drei, vier Jahren bin ich von einem großen Befürworter von Superhelden-Verfilmungen zu einem weitgehend schweigenden Kritiker geworden. Und heute will ich über die Gründe schreiben. Anlass ist dieser Teaser Trailer für eine NEUE Marvel X-Serie von Brian Singer:
Das sieht nicht schlecht aus, auch wenn der endgültige Trailer am 15.5. sicher eine bessere Einordnung zulässt. Trotzdem war meine Reaktion:
"fer fucks' seek, not anuther 'un!!!"
Ich brauche eigentlich gar nicht zu argumentieren – es reichen die Zahlen. Hier die 2017 in die Kinos gekommenen/kommenden Superhelden-Blockbuster:
- Logan
- Lego: Batman Movie
- Guardians of the Galaxy 2
- Thor 3: Ragnarok
- Justice League
- Wonder Woman
- Spider-Man: Homecoming
- Bloodshot
Dabei zähle ich nicht mal die Quasi-Superhelden-Verfilmungen wie "Power Rangers" oder "Transformers".
Kommen wir zu den aktuellen TV-Serien:
- Supergirl
- Arrow
- Legends of Tomorrow
- The Flash
- Defenders
- Inhumans (Pilotfilm kommt AUCH ins Kino)
- Gifted
- Preacher
- Iron Fist
- Gotham
- Agents of SHIELD
- Black Lightning
- Krypton
- Powerless
- Legion
- Cloak & Dagger
- Lucifer
- The Punisher
Die ganzen Trickserien und direct to DVD-Trickfilme lasse ich mal außen vor.
Ich habe sicher welche vergessen. Man erinnere mich in den Kommentaren.
Superhelden-Filme sind von Box Office-Gift in den 80er und 90er Jahren zum Box Office-Gold mutiert (pun intended). Allein das Marvel Universum hat auf der großen Leinwand in zehn Jahren über 11 Milliarden Dollar eingespielt. Je nach Berechnung ist das mehr, als Star Wars in 40 geschafft hat.
Ich beschwere mich nicht über die Quantität als solche – seit wann ist eine breite Auswahl schlecht? Ich muss ja nicht alles gucken. Aus der Masse kann ich mir die ganz persönlichen Rosinen picken und das ist… na ja, super. Auch die Qualität steht außer Frage: nie waren Comic-Adaptionen aufwändiger, besser getrickst und näher an den Vorlagen als heute. Es wird unter anderen Vorzeichen produziert: im Gegensatz zu den 80ern ist es keine Tugend mehr, Franchises für den Mainstream zurecht zu dummen. Stattdessen regiert der Ehrgeiz, Look & Feel der Comics möglichst exakt zu treffen. Und das gelingt erstaunlich oft.
Ich liebe Superhelden-Filme und Serien. Es gibt viele. Sie sind toll. Was zur Hölle ist also mein Problem?
Ganz einfach: mich treibt die Frage um, ob der Boom Hinweis auf ein größeres, kollektives Unwohlseins ist. Ob wir in Welten flüchten, in denen alle Probleme von muskelbepackten Übermenschen gelöst werden können, während die tatsächlichen Probleme der Menschheit ungelöst bleiben. Kino und Fernsehen scheinen sich völlig von der Abbildung irgendeiner erkennbaren Realität gelöst zu haben – und das gilt ja nicht nur für Superhelden-Verfilmungen. Auch "Game of Thrones", "Walking Dead" und diverse andere Kultserien sind perfekter Eskapismus. Perfekt. Aber Eskapismus.
In den 60er, 70er und 80er Jahren war das Fernsehen noch bemüht, Spiegel der Gesellschaft zu sein. "Lou Grant" zeigte die Welt des Tageszeitungs-Journlismus, "Die Waltons" ein Familienbild aus schwerer Zeit, "Eine amerikanische Familie" das Selbstverständnis des sich verändernden Suburbia. "Thirtysomething" thematisierte die wandelnden Lebensentwürfe der 80er, "Hill Street Blues" den oft frustrierenden Alltag im Revier.
Analog im Kino. "Kramer gegen Kramer" war der große Aufreger 1979/80, weil das Problem von Scheidungsvätern aufgebracht wurde. "Christiane F." dokumentiert den Horror Heroin.
Oft waren das Einblicke in Welten, deren Teil wir nicht waren – von denen wir aber annehmen konnten, dass sie tatsächlich existierten. Irgendwo. Erwachsene Themen, erwachsene Filme.
Das ist vorbei: Filme und Serien kreieren neue, artifizielle Welten, in denen zwar Menschen vorkommen, die aber ansonsten keine wirklichen Schnittpunkte mit der Realität mehr aufweisen. Hier wird für Ideale und Ziele gekämpft, die so universell wie generisch sind, teilweise leer und verlogen klingen: Freiheit, Gerechtigkeit, Zusammenhalt. So wenig konkret, dass jeder das Thema füllen kann, wie es ihm passt.
Natürlich gab es immer die Zweiteilung Drama/Blockbuster. Zur Zeit von "Christiane F." und "Kramer gegen Kramer" kamen auch "Flash Gordon" und "Poltergeist" ins Kino. Aber ich habe das Gefühl, dass die Balance weg ist, dass der Markt kippt. ALLES ist heute Blockbuster, ALLES ist kindliches Bombastkino, selbst im Fernsehen.
Dabei befruchten sich die Medien gegenseitig auf eine Weise, über die ich auch nicht glücklich bin: Das Fernsehen übernimmt vom Kino den Hang zum Spektakel, die Spezialeffekte und das "larger than life"-Prinzip. Das Kino schaut sich dafür vom Fernsehen die Serienkultur ab, etabliert Reihen und Figuren, an die wir uns gewöhnen und die wir immer wieder sehen wollen. Damit mauert sich das Kino ein, reduziert sich auf Gewohntes und vermeintlich Bewährtes. Tatsächliche Konfrontation mit neuen Ideen, neuen Konflikten, neuen Konzepten wird weder gesucht noch gewollt.
Und der Zuschauer? Passt sich an, wird zum begeisterten Teil des Systems.
Dazu passt die "binge watching"-Kultur. Statt Serien in den eigenen Lebensablauf einzupassen und brav einmal die Woche auf eine neue Folge zu warten, ordnen wir uns den Veröffentlichungen unter, verplanen Nächte und Wochenenden für die volle Dröhnung, die schnell die Gier auf Nachschub befeuert. Geil, ich kann so viel gucken, wie ich will! Geil? Wirklich? Hast du denn noch Eier im Kühlschrank und den letzten Strafzettel bezahlt? Wann hast du zuletzt mit deiner Mama telefoniert?
Ich will mich gar nicht als Schwarzseher outen, der in der neuen Superhelden-Kultur den vielbeschworenen Untergang des Abendlands aufziehen sieht. Aber angesichts von Brexit und Trump, von Erdogan und Kim Jong-un verstehe ich die Flucht in Märchenwelten – und kann sie doch nicht gut heißen.
Dabei sehe ich auch die präsentierten Welten ambivalent. Klar ist der starke Krieger, der Konflikte durch seinen mythisch überhöhten Anspruch an die Gerechtigkeit löst, ein klassisches Motiv aus Kindertagen, Aber es ist auch eine verkindlichte Weltsicht, in der Macht gegen Macht steht, in der jedes Mittel Recht ist und die Helden keine Legitimierung jenseits des "I am the chosen one" brauchen oder suchen. Ist die rechtschaffene Wut eines Superman die Flucht vor dem Trump-Amerika – oder ist es die perfekte Repräsentierung dieses Zeitgeistes? Sehen sich Machthaber wie Trump und Erdogan nicht selbst als Superhelden, die mit ihrem schieren "will to power" regieren und nach irdischen Maßstäben wie der Verfassung nicht beurteilt werden wollen?
Man wirft Comics gerne eine faschistoide Grundhaltung vor, und die Comics thematisieren das aktuell anhand von Captain America und Nightwing sehr explizit. Aber ist das wirklich eine Kritik am Zeitgeist – oder eine letztlich schädliche Anpassung an selbigen? Der Superman, mit dem ich aufgewachsen bin, hat seine Gegner nicht per Hitzeblick massakriert. Das war der hier:
Natürlich ist die Infantilisierung der Gesellschaft dabei ein wichtiger Faktor. Das Blockbuster-Kino scheint nur noch für 14jährige Jungs entwickelt zu werden und entwickelt dabei eine Sogwirkung, die alle anderen Zielgruppe mitreißt. Es MACHT aus anderen Zielgruppen geschmacklich und intellektuell 14jährige Jungs. Ich habe kein Problem damit, wenn man als 14jähriger Junge begeistert "Deadpool"-Comics liest und ein 14jähriges Mädchen die "Hunger Games"-Romane. Aber irgendwann wird man erwachsen, irgendwann muss man nach komplexeren Lösungen fragen, nach Antworten auf Fragen, die einen tatsächlich betreffen. DAS scheint "out".
Wir leben in einer Welt, in der Pubertät keine Phase mehr ist, sondern ein Lebensentwurf. Das sehe ich bei Facebook täglich, wo erschreckend viele Menschen nach dem Motto leben: "Wenn ich bis 50 nicht erwachsen bin, muss ich auch nicht mehr". Nein, MÜSSEN muss man nicht. Aber die Welt braucht Erwachsene, die sich vor Problemen nicht im Kinderzimmer verstecken, sondern sie angehen. Und vielleicht, nur vielleicht ist die Unterhaltungs-Megakultur nicht zufällig sehr gut darin, das zu verhindern…
Ich weiß, das ist alles sehr wirr. Ich schmeiße viele Aspekte durcheinander, denke Sachen nur an statt zu Ende. Aber das hatte sich so angestaut. Ich wollte das mal loswerden.
In short: Gut gemachte Superhelden-Verfilmungen sind eine tolle Sache. So wie Sahnetorten eine tolle Sache sind. Aber nur Sahnetorten ist scheiße und ungesund. Und den nächsten Satz denkt ihr euch selber.
Eure Meinung dazu?
Einen Overkill sehe ich genauso. R-Rated Filme wie Deadpool und Logan habe ich nicht im Kino gesehen, da mein 12jähriger Sohn hier nicht mit kann. Die werden dann im Heimkino nachgeholt – wenn man denn die Zeit dafür hat. Bei den ganzen Serien aber nicht immer ganz einfach. Arrow, Flash und die ganzen anderen CW-Serien habe ich abgebrochen, weil mir einfach die Zeit dafür fehlt (und die Qualität zu stark schwankt). Die Netflix-Marvels werden dagegen, da meist recht kurz, gerne gesehen (da ist meine Frau mit an Bord).
Ich bin gespannt, was nach Infinity War kommt – schließlich sind sämtliche Marvel-Filme eigentlich nur Vorgeplänkel für diesen riesigen Zweiteiler gewesen. Aber warum schau ich mir das Ganze überhaupt an?
An den Storys liegt es selten. GotG2 war unglaublich gut gemacht, witzig und temporeich – die Story passt aber wieder mal auf eine Karteikarte. Der einzige Marvel-Film mit einer wendungsreichen Story war Winter Soldier – da saß man zwischenzeitlich im Kino und dachte sich "Holy Crap ..". Ansonsten: Generische Origin-Storys, wie du ja auch oft ankreidest, halbscharige Fortsetzungen wie The Dark World und, wie bei Civil War, die Angst, wirkliche Konsequenzen wie den Tod eines Protagonisten in Kauf zu nehmen.
Viel mehr schaue ich mir Marvel Filme (DC kann man ja leider derzeit in die Tonne kloppen) an, um die Helden meiner Kindheit auf der Leinwand zu sehen. Thor fand ich schon in "Die Nacht der Abenteuer" toll, Hulk war der Dr. Kimble meiner Jugend und Spiderman das erste Poster, das ich mir damals als Kid an die Kinderzimmerwand gehängt habe. Als die erste Sam Raimi Verfilmung raus kam, war ich verzaubert, entzückt und habe den 1. Teil sicher schon über 10x gesehen. Nostalgie ist eben in.
Man erkennt an Filmen ja auch oft das politische Klima: Zombie-Filme als Konsum- und Politikkritiker. Alien-Filme, welche die Angst der Menschen vor dem Unbekannten aufgreifen. Und jetzt eben Superhelden, welche die Welt "einfach besser" machen, die starken Männer und Frauen in strahlender Rüstung, die dem grauen Trist des Alltags die Schärfe nehmen. Alles eine Frage seiner Zeit.
Da ich aktuell auf Tor Online dreimal pro Woche die Rubrik SFF-News verfasse, in der es um aktuelle Neuigkeiten gehen soll, die für Geeks und sonstige Phantastikfans interessant sind, komme ich nicht umhin, auch ständig die neuen Trailer zu den ganzen Marvel, DC und Star Wars-Filmen und Serien zu posten, und so langsam geht mir diese Franchiseflut und Dominanz tierisch auf den Sack.
Was den Eskapismus angeht, sehe ich es nicht ganz so streng. In den USA ist aktuell z. B. die Serie »This is Us« ein Riesenhit, gerade weil sie einen halbwegs normalen Alltag von Leuten zeigt, die unsere Freunde sein könnten. Auch »House of Cards« ist als Auseinandersetzung mit dem politischen Alltag in Washington recht erfolgreich. Phantastikformate können sich auch mit Problematiken aus unserem täglichen Leben auseinandersetzen. Im Bereich der Superhelden tun sie das allerdings nicht gerade oft. Da wird lieber auf die einfach Lösung (meist durch Gewalt) gesetzt. Deshalb sehe ich es nicht unbedingt als Problem an, dass gerade so viel Superheldenkram so erfolgreich ist, sondern dass der Superheldenkram so infantil und simpel daherkommt, und immer nach dem gleichen Schema ablaufend. Selbst die düsteren Formate, die so tun als wären sie erwachsener.
Es ist sicher kein Zufall, dass populistische Wahlentscheidungen (Trump, Brexit) gerade in Zeiten fallen, in denen solche Superheldenformate, in denen der übermenschliche Retter einfache Antworten parat hat, Hochkonjunktur haben (oder umgekehrt). Die Kino- und TV-Moden sind immer auch ein Spiegel ihrer Zeit (so wie der Western in den 50er und 60er Jahren) oder der Torture Porn zurzeit des zweiten Irakkriegs.
Als jemand, der mit Superheldencomics und den dazugehörigen Zeichentrickserien aufgewachsen ist, war ich anfangs (bei der Spider-Man-Trilogie von Raimi und der Dark-Knigth-Trilogie von Nolan) noch sehr erfreut, dass man die Comics technisch endlich so toll umsetzen kann. Inzwischen erschreckt mich das Ausmaß bzw. die Unausgewogenheit, mit der dieser Teil der Geek-Kultur inzwischen in meinem Umfeld präsent ist.
Ein ähnlicher Trend scheint es zu sein, alles zu rebooten und zu revivaln, was in vergangenen Jahrzehnten mal erfolgreich gewesen ist, ganz nach dem Motto Make America Great Again.
Ich stimme absolut zu, es ist Wahnsinn, in welchen Mengen Superhelden zur Zeit über die Leinwand flimmern, speziell das Kino inzwischen massiv in die Bombast-richtung abdriftet, weil nunmal das Fernsehen inzwischen einen besseren Job hinsichtlich Storytelling und Charakteraufbau macht, also bleibt Hollywood nurmehr die grosse Leinwand als Differenzierungsmerkmal.
Warum soll ich 12 Euro für ein Charakterdrama ausgeben, was ich genauso gut Monate später in meinem Netflix-Abo gucken kann?
Dann doch eher Iron Man vs Hulk im IMAX.
Aber im TV ist es doch dafür ein Schlaraffenland, oder nicht? Klar, auch viele Superhelden, aber dafür "House of Cards", "Fargo", "Mr Robot", "Big Little Lies", "Breaking Bad",….
Und Binge-Watching? Gibts da eigentlich tatsächlich nachweislich eine grosse Gemeinde, die sich am Wochenende regelmässig komplett wegsperrt und über einen Twitter/FB-Hype hinausgeht? Ja, ich gucke kaum mehr linear Fernsehen, dafür guck ich jetzt, wann ich will, und nicht wann es mir der Sender gestattet, was doch toll ist, oder?
Besorgniserregend ist natürlich eher der Ausmass der Perversionen hinsichtlich Recycling von Dingen, der 3.Spiderman in 8 Jahren als bestes/schlimmstes Beispiel.
"Wir leben in einer Welt, in der Pubertät keine Phase mehr ist, sondern ein Lebensentwurf. Das sehe ich bei Facebook täglich, wo erschreckend viele Menschen nach dem Motto leben: „Wenn ich bis 50 nicht erwachsen bin, muss ich auch nicht mehr“. Nein, MÜSSEN muss man nicht. Aber die Welt braucht Erwachsene, die sich vor Problemen nicht im Kinderzimmer verstecken, sondern sie angehen. Und vielleicht, nur vielleicht ist die Unterhaltungs-Megakultur nicht zufällig sehr gut darin, das zu verhindern…"
Danke dass das mal jemand so sagt. Wo das hinführt sieht man an der Vereinsamung junger Menschen insbesondere im Zusammenhang mit der Japan-affinen Jugendkultur die nicht mehr aus dem Zimmer herausgehen, außer zu einer Cosplay-Messe.Die nichts mehr weiter tun als Anime und Videospiel-Charaktere nachzuahmen, mit virtuellen Boyfriends und Girlfriends als App auf dem Handy und demnächst mit VR-unterstützten Sexpuppen zu kuscheln oder sich 50 neue Genders ausdenken um sich am Ende als "flauschiger Fuchs"-Otherkin zu identifizieren.
Das ist überhaupt nicht despektierlich gemeint, ich habe nichts gegen Ihre Interessen,diese Leute tun einem nichts, aber sie tun halt auch nichts.Zumindest nichts was mir Hoffnung macht dass die nächste Generation weiß, wie man die Probleme anpackt.
Wiewohl ich den Punkt der "oversaturation" mittlerweile deutlich erreicht habe und daher seit "Luke Cage" die Netflix-Marvel-Shows entspannt weglasse (wenn ich düster-depressiv haben will, kuck ich ’nen DC-Film), stimme ich dem Pessimismus nur im Bereich Kino zu. Da haben, sagen wir mal, gesellschaftlich-politisch wichtige Filme keinen Platz mehr im Multiplex, weil du halt als Kinobetreiber mehr Umsatz machst, wenn du in 10 Sälen Guardians 2 spielst als nur in 9 und in einem "Rules Don’t Apply". Kino ist total "event-infantilisiert". Ich lass mich da durchaus auch gern mal anstecken, denn wer sieht NICHT gern Starlord und Rocket Raccoon in 3D auf der IMAX-Riesenleinwand, aber sobald irgendwas auch nur entfernt nach "nicht nur popcorn" aussieht, landet das halt im Programmkino am Ende der Welt.
Im TV dagegen finde ich die Situation vergleichsweise rosig – es gibt zwar AUCH viel zu viele Superhero-Shows, aber eben auch genug Serien für denjenigen, der mal nicht Typen in Spandex sehen will, und nicht nur reinen Eskapismus bieten (auch und gerade bei amazon und Netflix).
Dass es aber grundsätzlich einen Zusammenhang zwischen dem Wunsch nach "einfachen Lösungen" und dem Erfolg von intellektuell eher nich' so herausfordernden Filmen gibt, würde ich bedenkenlos unterschreiben.
Mir sind es auch deutlich zu viele Superheldenproduktionen geworden, liegt aber einfach daran, dass ich nie ein großer Fan der Comics war und das Thema mittlerweile einfach uninteressant finde.
Tiefergehende Rückschlüsse auf den Zustand der Gesellschaft würde ich daraus allerdings nicht ableiten wollen.
Nur nebenbei: "Guardians" ist weder Serie, noch kommt er 2017 ins Kino, sondern wird hierzulande direkt auf Bluray veröffentlicht (wahrscheinlich, weil er so gut ist). Und ist überdies auch keine Comicverfilmung. Eine Bloodshot-Verfilmung ist geplant, kommt aber keinesfalls 2017 in die Kinos. Wenn man ganz genau ist: Preacher und Lucifer sind ja eigentlich auch keine Superhelden-Adaptionen und passen auch nur bedingt in die Aufzählung.
@ justus: Guardians war ein Hirnpfurz, richtig – habe ich entfernt. Ich meinte nicht mal den russischen Film, ich habe da schlicht was verwechselt. Bloodshot wird in diversen Listen noch geführt, es ist ja alles "ohne Gewähr". Preacher und Lucifer sind Comic-Adaptionen mit Figuren, die übernatürliche Kräfte besitzen – für mich reicht das. Die Grenzen sind fließend.
"Ich habe sicher welche vergessen. Man erinnere mich in den Kommentaren."
iZombie
Daredevil
Jessica Jones
Luke Cage
You’re welcome. 😉
@ Marcus: iZombie sehe ich primär als Horrorserie (Walking Dead habe ich ja auch nicht inkludiert) und die anderen drei Serien laufen 2017 nicht.
Ich weiß nicht ob vermeintlich "Erwachsenes" Serien und Filmprogramm wirklich besser ist. Das haben wir im TV ja parallel zu den Superhelden Sachen eh schon. Was wird denn immer als erwachsen und komplex abgefeiert? So Kram wie Breaking Bad, House of Cards, Sons of Anarchy, The Americans, etc. ist für mich alles Arschlochfernsehen. Anstatt Helden gibts da Arschlöcher zu sehen die 8 Staffeln mit jedem Dreck durchkommen nur um dann in den letzten 2 Folgen irgendwann alibimäßig noch zu scheitern. Ganz ehrlich da guck ich mir lieber irgendwelche Comicsachen an, da werd ich wenigstens gut unterhalten. Mehr für den Geist gibts da auch nicht, aber IMO auch nicht wirklich weniger. Aber wenigstens gibts ein bisschen was aufbauendes für die Seele und kein "Die Welt ist schlecht" Depri Gejaule.
Man wird nicht zum besseren oder intelligenteren Menschen in dem man nach Feierabend anderen Kram guckt. Man wird das höchstens in dem man allgemein weniger seiner Freizeit irgendwelchen Kram guckt und raus geht und sich im Verein oder in der Lokalpolitik oder in sonstigen Aktivitäten mit Menschen die einem wichtig sind irgendwie engagiert. Die zu Grunde liegende Fehleinschätzung von uns Nerds ist vielleicht einfach unseren Medienkonsum allgemein irgendwie für real life relevant zu halten. Aber vielleicht bin ich auch der, der falsch liegt und eine ganze Generation wird gerade zu naiven Vollidioten gehirngewaschen. Aber die Unterhaltungsmedien folgen IMO immer noch dem Zeitgeist in der Welt und nicht umgekehrt. Der Wunsch nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen rührt viel eher von der bekömmlichen Filterblase bei Facebook als davon dass der Böse bei Flash am Ende der Folge eine auf die Mütze bekommt. Ich sehe hier also höchstens ein Symptom und ganz sicher keine Ursache, und damit ist es für mich auch kein Problem.
Sorry jetzt bin ich selbst recht unstrukturiert von einem Gedankengang in den nächsten geflutscht, ich hoffe es war kohärent genug.
Ich bin der Sache noch nicht überdrüssig geworden, aber ich gucke inziwschen auch nicht mehr alles und breche auch Serien mal ab. Früher hab ich mich da eher durchgebissen. Heute kann ich damit leben, dass ich nicht weiß, wie etwas ausgeht.
So zog sich für mich Jessica Jones irgendwann in Staffel 1 so sehr, dass ich es eingestellt habe, David Tennant hin oder her. Von Luke Cage habe ich gehört, dass es extrem "identity politics" sein soll, also habe ich noch gar nicht reingeguckt.
Gotham und Agents of Shield konnten mich von vornherein nicht begeistern, hab ich also nie geguckt.
Das DC-Filmuniversum hat mich im Prinzip schon mit Man of Steel verschreckt, sodass ich die neueren Filme immer noch eingeschweißt auf Blu-ray rumfliegen haben, nachdem sie mal im Sale waren.
Arrow hab ich in Staffel 3 eher zufällig abgebrochen, aber was ich dann über das Ende der Staffel gehört habe und auch wie S4 gelaufen ist, habe ich eher keine Intention zurückzukehren.
Die anderen drei Flarrowverse-Serien kann ich aber noch ganz gut ab.
Lucifer mag zwar auf einem Comic basieren, ist für mich aber eher der Typ Serie "Cop mit merkwürdigen Partner", wie es schon Castle vor ihr und diverse andere davor waren.
Allerdings gucke ich ganz wenige Filme noch im Kino, Comic oder nicht. Das liegt aber eher an der Preispolitik mit IMAX und 3D usw der Kinos und weniger an den Filmen an sich.
Eher gehen mir die "Realserien" derzeit auf den Sack. Weil Admiral Chegwidden von JAG mitspielte, mal drei Folgen NCIS: LA geguckt. Reine Knallbummpengaction ohne Sinn und Verstand.
Dann die neueste Chicago-Serie, von denen ich Fire, P.D. und Med eigentlich mag. Nach knapp einem Dutzend Folgen ist mir jetzt schon mehrfach sauer aufgestoßen, welche Arten von Kriminalfällen wie erzählt werden und wie sogar die Charaktere zugeben, das sie das Gesetz um drei Ecken biegen, nur um den Bösewicht der Folge zur Strecke zu bringen. Falls es z.B. ein Ehestreit ist, ist bisher immer der Mann der Übeltäter gewesen. Frauen sind bisher nur Täter, wenn andere Frauen das Opfer sind.
Da guck ich doch dann lieber eine Serie über einen Hausmeister, der in einer übergroßen Sporttasche nach 1775 reist, um einen Freundin zu bekommen ("Making History")
hmm wie viele andere Trends (und 11 Milliarden sind ein guter Grund dem Trend zu folgen) wird auch dieser vorüber gehen
interessanter wäre die Frage, ob sich das Medium Film insgesamt verändert, und wohin hier wohl die Reise gehen wird
@Torsten: iZombie mag keine Superheldenshow sein, aber es ist eine Comicverfilmung mit einer Hauptfigur, die übernatürliche Kräfte hat. Nach deinen eigenen Kriterien laut Posting #8 reicht das. 😉
Und Daredevil & Co bekommen 2017 keine neuen Folgen, aber dass sie nicht laufen würden, finde ich schräg argumentiert. Abgesetzt sind sie ja nicht, und Abgrenzungen nach Fernsehsaisons machen bei Streaming-Exklusivtiteln keinen Sinn. Wenn du aber auf deinen Kriterien bestehst, dann fehlt wiederum THE DEFENDERS.
Aber das ist natürlich Nitpicking. Der Punkt hier ist: es gibt mehr solche Serien als je zuvor. 😉
Und wenn bloße Ankündigungen für 2017 reichen, fehlt doch nach aktuellem Kenntnisstand auch noch KRYPTON, oder? Okay, wir wollen die dämliche Grundprämisse alle am liebsten verdrängen, klar, aber trotzdem. 🙂
@ Marcus: Defenders, genau! DAS hatte ich im Kopf, als ich Guardians schrieb! Und ich wollte bewusst nur Serien, von denen es 2017 auch Episoden gibt. Krypton muss auch noch rein, keine Frage. Danke für die Ergänzungen.
Sehe ich ganz anders. Und doch stimme ich zu. 🙂 Die Gedanken eines ewigen Marvel-Fanboys: http://www.sitzkartoffel.de/?p=1047
Ich sehe da kein Problem, denn neu ist dieses Phänomen ja nun nicht. Wenn wir mal die von dir als Beispiel herangezogenen 80er näher betrachten, dann war auch da das vorherrschende Genre Action mit hohen Schauwerten und Muskelmännern, die einfache Lösungen propagierten (u.a. Schwarzenegger, Stallone, Norris, Dudikoff). Filme wie "Kramer gegen Kramer" waren auch damals eher die Ausnahme und Ronnie Reagan war nicht viel besser als Trump. Beides haben wir überlebt.
Bei den Serien sah es nicht anders aus. Regiert wurde damals die TV-Landschaft von "Ein Colt für alle Fälle", "McGyver", "A-Team", "Knight Rider" usw., die allesamt keine intellektuell stimulierende Ware darstellten. Anspruchsvolle Serien war da praktisch gar nicht vorhanden, bis "Twin Peaks" den Markt aufrollte.
Selbst im letzten Jahrzehnt sah das nicht viel besser aus. Einerseits Serien wie "Castel", "Mentalist", "Bones" oder andererseits Serien wie "CSI" mit den diversen Ablegern und Klonen, die das Programm beherrschten. Selbst heute ist das noch so, fast jeder Abend ist auf diversen Sendern mit diesen Serien gepflastert.
Letztlich ist das alles Mode und wird vorbeigehen, auch der Superheldenboom wird sich irgendwann totlaufen. Eskapismus gab es im Kino und TV immer, das hat die Menschheit nicht blöder gemacht, als sie es eh schon war.
Für mich persönlich bringt das mehr an Filmen und Serien, eigentlich genau diesen Rosinen-picker Effekt. Ich habe heute weniger Zeit als vor 10 Jahren überhaupt Produktionen anzuschauen und da mach ich eben nicht einfach den Fernseher an sondern suche mir gezielt was mir am besten gefallen könnte, notfalls wird es kurzer Hand abgewählt und was neues ausgesucht. Damals wie heute aber halte ich Unterhaltung per se für Eskapismus, ich schaue das ja um mich nicht mit meinem Alltag zu beschäftigen. Das sehe ich selbst so wenn ich Infotainment konsumiere, klar informiere ich mich da, aber seltenst hat das was ganz direkt mit meinem Leben zu tun und die bloße Information darüber ändert am Thema an sich auch erstmal nichts.
Zu der TV-Liste: Es fehlt in jedem Fall "Stan Lee’s Lucky Man", in der Machart eher untypisch, aber mit dem Marvel-Etikett und sogar mit dem obligatorischen Stan-Auftritt. "Lucifer" habe ich auch nicht als Superheldenserie empfunden, dann eher schon "Sense 8". Über "American Gods" kann man streiten, da wissen scheinbar sogar die Macher noch nicht genau, in welche Richtung es gehen soll.
Zum Thema "Eskapismus" – die Rolle hat das Fernsehen schon immer ausgefüllt; vielleicht nicht mit Superhelden, dafür mit fast makellosen Figuren, die fast genauso lebensfremd waren. Und die genannten Beispiele: "Die Waltons" zeigten ein sehr verklärtes BIld einer wenig verklärenswerten Zeit; "Hill Street Blues" hatte wenig mit der Polizeiwirklichkeit zu tun (oder genauer: Trotz ein paar realistischer Züge zeigte es eine Welt, in der Cops immer Recht haben und immer das Richtige tun, auch wenn es objektiv falsch ist – Verdächtige verprügeln etwa, in fast jeder Folge zu sehen). Wer auf so was steht, kann das immer noch haben – "Blue Bloods" geht genau in die Richtung. Wirklich lebensnahe Copserien wie "The Shield" haben dagegen keine Nachfolger gefunden, DAS kann man wirklich bedauern, den Rest muss ich nicht haben.
Kino hat das Problem, dass sich ein gewisses Anspruchsdenken verbreitet hat, dass ein Film, der viel Eintritt kostet auch teuer gewesen sein muss. Den gleichen Eintritt für Filme geringen Budgets zu zahlen scheinen viele Leute nicht mehr einzusehen. "Ne Komödie kann ich auch zu Hause gucken, im Kino will ich was sehen für mein Geld – ist schließlich teuer genug." Kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich das in den letzten Jahren gehört habe. Ich denke, das hängt neben den oft gesalzenen Kinopreisen hauptsächlich mit der heutzutage deutlich besseren Heimkinoausstattung zusammen. Denn: Eine Komödie oder noch viel eher ein leises Drama kann man heute tatsächlich auch gut zuhause gucken, sitzt gemütlicher und sauberer, hat keine Pappnasen neben sich sitzen, die sich versehentlich in den Film verirrt haben, und bekommt seine Snack-Box für einen Zehntel des Preises. Aus rein technischen Gesichtspunkten hebt sich Kino nur dann wirklich ab, wenn es ordentlich kracht.
Superheldenfilme tragen per se das Versprechen mit sich, ordentlich Schauwerte aufzufahren. Das weiß auch das Erlebnispublikum, wodurch sowas als Blockbuster nahezu eine sichere Bank ist. Ich glaube nicht, dass das sonderlich viel mit gestiegenem Eskapismus zu tun hat.
Ich teile aber dein Unbehagen, dass der Film-Superheld zu einem durchgestylten Modell des übermenschlichen Problemlösers geworden ist, der sich nicht mit ethischen Fragen belasten braucht, weil es in seiner Welt so etwas kompliziertes nicht gibt. Und ich stimme zu, dass sich das aus gesellschaftlichen und politischen Strömungen zu speisen scheint.
Im TV sehe ich das Gerne als normale Trendwelle. Der Erfolg im Kino befeuert hier einfach ein "me too!". Denn im Gegensatz zum Kino ragen die meisten Produktionen hier auch wirklich nicht als Zuschauermagneten hervor, sondern zittern sich in vielen Fällen von Saison zu Saison. Das Sci-Fi-Genre, der Archetyp des Eskapismus, liegt weiter tot am Boden. Der einzige Megahit im phantastischen Genre ist nach wie vor "The Walking Dead". Eskapismus? Meinetwegen. Aber wahrlich keine Welt, die einfacher und lebenswerter erscheint als die Realität, so bitter sie auch oft sein mag. Ähnliches gilt für GoT.
Zum Binge-Watching: Ich bin wahrlich kein Fan davon. Für mich hat Binge-Watching die Seriendiskussion zerstört, die ich früher viel und leidenschaftlich gepflegt habe. Klaus sah 3 Folgen, Helga nur den Piloten und der süchtelnde Torsten schon die ganze Staffel? Pech gehabt! Ihr könnt euch zwar über eine Folge unterhalten, aber Klaus muss sich ständig auf die Zunge beißen und Torsten wirft jeden zweiten Satz ein, dass das ja "sich noch ändern wird"/"aufgeklärt wird"/"keine große Rolle spielt". Und dabei immer wieder versichert, dass er auf keinen Fall spoilern möchte, es aber trotzdem tut. Das nur nebenbei.
Deinen Gedanken zum Binge-Watching kann ich gar nicht zustimmen. Ich kenne niemanden, der sich so dem Streaming-Plan unterordnet. Und erst recht niemanden, der dadurch alles um sich herum vergisst. Die ganz harten Binge-Watcher haben eine neue Staffel an ein bis zwei Tagen durch. Das merkt die Mama nicht mal, das in der Zeit das Telefon nicht klingelt. Wo man früher jede Woche einen bestimmten Termin geblockt hat, blockt ihn jetzt stärker konzentriert. Da sehe ich im Bezug aufs soziale Leben keinen Unterschied, vor allem keinen negativen. Würde höchstens zustimmen, wenn es dir um die Menge an Serien ginge, die mittlerweile produziert wird. Da heißt es dann tatsächlich: entweder hart aussortieren oder Freizeitaktivitäten aufgaben. Aber das wäre in wöchentlicher Taktung nicht wesentlich anders.
@ Heino/LHME: Ich habe das Gefühl, ihr blendet mehrere von mir angeführte Faktoren einfach auch. Natürlich gab es auch schon in den 80ern viel "mindless entertainment", gerade auch bei den TV-Serien. Aber die Masse und vor allem die permanente Verfügbarkeit sind ja das "Problem", so man es denn als eins sehen will. Magnum kam eben nur einmal die Woche, Enterprise auch. So war die Mischung zwangsläufig. Heute kann ein Serienfan seinen ganzen Tag mit Bonbon-Actionkram füllen. Hinzu kommt, dass die Serien bis in die späten 80er (gefühlt) eben doch auch erwachsener waren, mit erwachseneren Darstellern in erwachseneren Szenarios.
@ Teleprompter: Wie ich schon erwähnte – was in der Liste "fehlt", ist Auslegungssache. Als Fantasy-Serie basierend auf einem Roman gehört "American Gods" für mich nicht dazu, "Lucky Man" mangels Superheld auch nicht. Da gibt es kein "richtig" oder "falsch".
An alle: CW hat zugegriffen, darum habe ich "Black Lightning" nachgetragen.
Wieso hat der Held in Lucky Man keine Superkräfte ? Ob die jetzt auf einem magischen Gegenstand wie diesem Ring beruhen, auf Technik (Batman) oder Geburt, sollte eigentlich egal sein. In "Gotham" hat streng genommen auch keiner (oder kaum einer) Superkräfte, schon gar nicht die Hauptfigur.
Aber klar, ist alles Ansichtssache. Der Trend, klassische Krimis (wie eben Lucifer und Lucky Man) mit Superheldenelementen zu durchmischen, ist natürlich ohne den großen Boom der "vollwertigen" Superheldenserien nicht denkbar.
@ Teleprompter: Diese Diskussion ist so alt und so fruchtlos wie das Fandom. Wenn Batman ein Superheld ist, warum ist Luke Skywalker dann keiner? Ist Zorro ein Superheld? Tarzan? Rambo?
@Torsten:ich bin nicht auf jeden von dir angeführten Punkt eingegangen, weil das meiste schon von den anderen gesagt wurde. Dass die 80er nicht 1:1 mit heute vergleichbar sind, ist klar (schon allein, weil es nur 3 TV-Sender gab, bis RTL auftauchte), aber besonders bei den Action-Darstellern im Kino sehe ich zu heute kaum einen Unterschied. Schwarzenegger und Stallone z.B. waren mindestens so muskulös wie Cavill oder Evans, aber erwachsener fand ich sie keineswegs und ihre Art der "Problemlösung" war mindestens soe infach wie die von Batman oder Iron Man und in der Regel endgültiger.
Bei den Serien war das z.T. anders, aber die habe ich ja auch als Beispiel dafür angeführt, dass die Übermacht eskapistischen Fernsehens kein neues Phänomen ist.
Was die Verfügbarkeit angeht:klar, das war völlig anders und für mich, der ich Jahrgang 1970 bin, war TV damals noch nicht so wichtig, dass ich jede Serie hätte verfolgen müssen. Die mir wichtigen Serien verfolgte ich dafür aber mit Inbrunst.
Ich bin auch kein Binger, mir reichen 3-4 Folgen am Stück, dann schwenke ich meist auf etwas anders um. Und im Gegensatz zu vielen Bekannten aus dem Geekdom bin ich nach wie vor ein Freund linearer TV-Ausstrahlung, weil es für mich etwas besonders ist, mich einmal wöchentlich auf eine neue Folge einer geliebten Serie freuen zu können, anstatt die in einem Rutsch zu sehen und dann 1-3 Jahre auf neue Folgen warten zu müssen.
Deinen Pessimismus bezüglich der Auswirkungen besagter Filme/Serien teile ich nicht, weil ich das wie schon erwähnt für eine Modewelle halte, die sich in nicht allzu ferner Zukunft wieder gesund schrumpfen wird.
Ebenso denke ich nicht, dass man von dem Gelaber diverser Spacken auf FB auf den Geisteszustand einer ganzen Generation schließen sollte. FB verleitet bei der gewünschten Selbstdarstellung auch durchaus intelligente Menschen dazu, sich immer wieder in ein ungünstiges Licht zu rücken.
Torsten wollte, daß ich das auch nochmal hier post, also:
Ich sehe da ehrlich gesagt kein Problem, weder an der "Wust" von Superhelden-Serien, noch an der "Flucht" in Welten, in denen Superhelden "unsere" Probleme beseitigen.
Seien wir doch ehrlich – trotz aller Qualität und Hochwertigkeit der aktuellen TV-Serien, sind sie doch vor allem immer nur eins gewesen und geblieben: Ablenkung, Eskapismus.
Und jede (TV-)Generation hatte eine irgendwie geartete "Modeerscheinung", mit der reale Probleme zumindestens auf dem Bildschirm verarbeitet und beseitigt wurden. Man kann das doch besonders gut anhand "unserer" Jahrzehnte beobachten, der Siebziger, Achtziger und Neunziger Jahre. In den späten Siebzigern begann langsam ein Shift im Inhalt der amerikanischen TV-Kultur. Waren zuvor die klassischen Familienstoffe in der Überzahl, und Kriminalstoffe eher eine Randerscheinung, änderte sich das ganze mit der Kriminalitäts- und Gewaltexplosion in den amerikanischen Städten gegen Ende der 70er. Plötzlich schossen mehr und mehr und mehr Polizeiserien aus dem Boden, gleich so, als wolle man den Bürgern einen Gegenpol, ein Gegenbeispiel liefern, zu der in der Realität heillos überforderten echten Polizei. Während vor der eigenen Haustür die Mörder, Vergewaltiger und Diebe grösstenteils nicht geschnappt wurden, ereilte sie im Fernsehen immer der lange Arm des Gesetzes.
In den frühen 80ern, der Reagan-Ära, verlagerte sich das ganze dann mehr in den Bereich des Vigilantismus (wenn auch – bedingt durch die Zensurvorgaben der FCC – nicht allzu gewalttätig, á la eines Bernie Goetz). Während Gangs und die Crack-Epidemie die Inner Cities überfluteten, poppten im TV nahezu wöchentlich neue Charaktere auf, die abseits der Polizei für das Gute und den kleinen Bürger eintraten. Wir hatten Ex-Kriminelle/Richter mit Sportwagen, Privatdetektive auf Hawaii, Privatdetektive in Long Beach, britische Ex-Agenten, Stuntmen und Kopfgeldjäger, Vigilanten mit Corvettes, sprechenden Autos, Super-Motorrädern, Kampfhelikoptern, steckbrieflich gesuchte Ex-Spezialeinheiten, etc etc.
Und so schnell wie diese Welle kam (und hierzulande erschien sie uns ja länger, da bei uns alles über einen längeren Zeitraum herüberschwappte), ebbte sie auch wieder ab, da die Justizbehörden in den Staaten erst die (teils extrem korrupten) Polizeibehörden säuberten, und dann die Städte (wie zB Ed Koch in NY). Neben diesem, ich nenne ihn mal "Vigilanten Eskapismus", gab es jedoch noch eine andere Welle, die sogar bis in die Mitte der 90er andauerte: die Familien Sitcoms.
Beschäftigten sich Serien wie "The Equalizer" oder "Das A-Team" mit dem Wunsch nach Recht und Ordnung, den die Behörden nicht erfüllen konnten, so waren Shows wie "Die Cosby-Show" oder "Eine starke Familie" eine Flucht in die heile Welt der Familie, die im realen Amerika der damaligen Zeit "under attack" war. Die Scheidungsrate befand sich auf einem historischen Hoch, unzählige Familien wurden zerstört, und so flüchtete man sich in die scheinbar heile Welt der TV-Sitcoms. Egal was für Probleme die Leute da auch hatten, am Ende der 27 Minuten löste sich alles in Wohlgefallen auf. Besonders für Afro-Amerikaner boten "ihre" Serien, wie die Cosbys oder "Alle unter einem Dach" einen positiven Gegenentwurf zu ihrer Realität. Dort fanden sich intakte Familien wieder: Vater, Mutter, Kinder, mit Jobs, mit einer Zukunft – während die Realität für die meisten mit abwesenden Vätern, Drogen und Armut zu tun hatte.
Die Menschen haben sich immer vor den allgegenwärtigen Problemen in Scheinwelten im TV gefüchtet, in denen all diese Probleme entweder gar nicht erst vorhanden waren, oder Charaktere existierten, die diese Probleme erledigten. Und ähnlich sehe ich das heute bei den Superheldenserien.
Wir befinden uns in einer Welt, die zerbrochener ist, als je zuvor. Es gibt keinen klaren, "einzigen" Gegner wie noch in den 80er Jahren (den böse Russen).Terrorismus, religiöser Extremismus, Klimawandel, Hungersnöte… das sind alles Probleme, für die es – zumindestens auf den ersten Blick – keine einfache Lösung gibt. Aber man sehnt sich danach, man sehnt sich nach einer Art von Messias, der mit einem Fingerschnippen alles gut machen kann. Und in ebendiese Sparte stossen die Superheldenserien vor. Klar, es gibt dort kein wirklich omnipotentes Wesen, das alles zum positiven wenden kann (wäre ja auch meschugge, da die Serien dann nie über eine Folge hinwegkommen würden). Sie bieten aber Charaktere, die sich all diesen Problemen, diesen übermenschlichen Problemen und Ängsten stellen, und dagegen vorgehen. Und als solche erfüllen sie einen (momentanen) Zweck.
Wenn sich irgendwann der Fokus wieder auf nähere, intimere Probleme richtet, werden sich auch wieder die Sehgewohnheiten auf ein anderes Feld einstellen, und das Superheldengenre gesundschrumpfen.
Ach ja, und was Torstens Liste der kommenden Superhelden-Verfilmungen angeht: Ja, BLOODSHOT gehört da nicht rein, da eine Adaption des Stoffes (erstmal) nur Zukunftsmusik ist.
ABER: der Charakter wird dieses Jahr bereits sein Debüt feiern, und zwar in einer Webserie, mit der das Valiant-Universum eingeführt wird (neben Ninjak, The Eternal Warrior, X-O Manowar, Livewire, Roku, Archer & Armstrong und Timewalker)
https://www.youtube.com/watch?v=HQcLClgLfkg
"Statt Serien in den eigenen Lebensablauf einzupassen und brav einmal die Woche auf eine neue Folge zu warten, ordnen wir uns den Veröffentlichungen unter, verplanen Nächte und Wochenenden für die volle Dröhnung, die schnell die Gier auf Nachschub befeuert."
Zumindest bei neu erscheinenden Serien-Staffeln ist die althergebrachte Veröffentlichungspolitik (jede Woche eine neue Folge) immer noch mehr Regel als Ausnahme. Dass Staffeln in einem Rutsch rausgehauen werden, kenne ich eigentlich nur von Netflix-Eigenproduktionen.
"schon allein, weil es nur 3 TV-Sender gab"
Gar nicht wahr. Es gab fünf! DDR1, DDR2, ARD, ZDF und SFB. 😉
@Heino: Bin nun wirklich kein Reagan-Fan, aber das "und Ronnie Reagan war nicht viel besser als Trump" ist weit daneben. Trump ist einzigartig. Aber anders als er das gerne hätte.
@Dietmar:Trump ist definitiv eine Qualität für sich, aber ebenso wie er war Ronnie in meinen Augen ein Politik-Darsteller, der nur von seinem ihn umgebenden Stab lebte und die Welt an den Rand eines Atomkrieges brachte. Von seinen innenpolitischen Verfehlungen mal ganz abgesehen. Kann man anders sehen, ist aber meine Meinung:-)
Habe hier noch nie geschrieben, wollte zu diesem Thema aber ein sehr interessantes Video posten, welches gut in diesen Zusammenhang passt.
https://youtu.be/hER0Qp6QJNU
@ Stephan: Danke für deinen Tipp – das ist so ein Video, wo ich spontan die Bierflasche auf den Tisch haue, mit dem zitternden Zeigefinger auf den Bildschirm deute und erheblich zu laut verkünde: "DAS! Genau DAS!"
@ Dietmar: Der Fehler in der Gleichstellung Trump/Reagan liegt nicht in der Tatsache, dass beide Showmen waren. Der Fehler liegt in der Kompetenz für das Amt. Reagan war schon lange Profipolitiker, als er gewählt wurde, war in der republikanischen Partei perfekt vernetzt, wusste das "System Washington" für sich zu nutzen, war in seinem Streben immer dem Land, aber nie sich selbst verpflichtet. Man kann ihn gerne lächerlich finden – was nach der Propaganda gegen ihn in diesem Land eine verständliche Reaktion ist, die allerdings mal revidiert gehört. Der Vergleich mit Trump geht allerdings daneben. Trump ist Berlusconi.
Dass er das System zu nutzen wusste, bezweifle ich gar nicht. Dass er im Gegensatz zu Trump politische Erfahrung hatte, ist auch klar. Aber dass sein Streben nur dem Wohle seines Landes galt, halte ich für eher zweifelhaft. Und seine erschreckend auf Konfrontation ausgelegte Außenpolitik erinnert schon sehr an das Verhalten, das Trump pflegt.
@ Heino: Das sehe ich anders. Reagan war außenpolitisch ein Falke, aber er hatte ein Konzept, einen klaren Gegner, ein "endgame". Für Trump ist ALLES nur ein Schwanzvergleich.
Ja Reagan hat mit seiner A Time for Choosing Rede die Grundfesten eines marktliberalen Konservatismus wie keiner zuvor bis heute prägend definiert. https://www.youtube.com/watch?v=qXBswFfh6AY
Trump ist dagegen… ja keine Ahnung, eine Art Parodie einer Parodie, die sich ein Comedian ausgedacht hat.
Worüber ich nachdenke: Die Superhelden- wie auch Blockbuster-Monster Filme zeigen oft "Urban Warfare". Nun ja, in der Realität sind nun tatsächlich Terroristen mordend mit automatischen Waffen oder LKW durch die Städte gezogen – und wie in den Filmen haben wir wegen der Allgegenwart der Smartphones Bildaufnahmen von "ganz nah dran" – aber natürlich sind in der Realität keine Superhelden erschienen. So wirklich scheint das das Genre noch nicht zu tangieren.
Um Onkel Filmi noch zu ergänzen.
https://www.vox.com/2015/5/19/8577803/avengers-age-of-ultron-review-politics
Passt ungefähr ins gleiche Narrativ.
Und hier passen die Marvel Filme auch besser ins "Scheinwelt flüchten" Thema, weil sie einfach, im Gegensatz zu DC emofrei sind.
Und zu Trump:
Da ist der Berusconi Vergleich wohl wirklich am treffensten.
Der wurde ja bald nach dem Zusammenbruch des alten ital. Parteiensystems gewählt.
Die Diskussion erinnert mich an Craig Fergusons großes Statement.
https://www.youtube.com/watch?v=ROJKEwYEx8Q
@Vineyard: "…weil sie einfach, im Gegensatz zu DC emofrei sind."
Das ist auf derart vielen Ebenen so grundlegend falsch! Auch wenn alle Schafe das Gegenteil behaupten: Der Kaiser ist nackig.
Was ihr alle nicht auf der Rechnung hat oder evtll schon als selbstverständlich wahrnehmt…;-)
ist der asiatische Markt!!!
Ich bin nicht der Anime-Experte,bin mit Biene Maja,Captain Future aufgewachsen…
aber ich denke das man in Hollywood sieht- seit ein paar Jahren-das die Zuschauerzahlen in Asien Potential haben ,das abgegriffen werden kann/muss und die Geschichten dementsprechend angepasst werden(müssen).
Das die Storys noch für Westler noch geniessbar sind liegt daran das man noch?! Rücksicht nimmt!
@Martin:deine Aussage kann ich nicht nachvollziehen. Dass Hollywood besonders auf den chinesischen Markt schielt, ist bekannt und das weiß hier auch wohl jeder. IM Bereich der Superheldenfilme – und Serien sind zumindest mir da aber noch keine großen Anpassungen aufgefallen. Es gab mal von Marvel und auch DC Versuche im Animationsbereich, da Serien zu basteln, aber mehr ist mir nicht bekannt. Und Hollywood wird mit Sicherheit auch zukünftig mehr auf den amerikanischen und europäischen Markt schielen, da gerade die Superhelden von Marvel und DC hier viel bekannter als in Asien sind.
@ Martin: "Was ihr alle nicht auf der Rechnung habt" ist das deutsche Äquivalent zu "What you fail to realize" und wird grundsätzlich gefolgt von rechthaberischem, meist halbgarem Quatsch, den jeder weiß und der meistens nichts mit dem Thema zu tun hat. QED.
Passt wohl ganz gut in diese Diskussion:
http://io9.gizmodo.com/bill-maher-stupidly-blames-superheroes-for-trump-1795412629
@ Heino: Bill Maher hat absolut Recht. Die Sehnsucht nach einem Superhelden beschränkt sich leider nicht immer nur aufs Kino. In der Realität nennt man das dann einen Retter, einen Messias oder einen Führer.
Der einzig wahre Superheld ist immer noch Bicycle Repairman: https://www.youtube.com/watch?v=U01xasUtlvw