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Mai 2017

Hyperland Redux (8): Kostenlose Games 2014: Hier werden Sie gemolken

Themen: Neues |

Originaltext Januar 2014:

Die Branche rüstet auf, immer mehr Spiele verzichten vorab auf einen Kaufpreis, um hintenrum mit Bonus Content und Einkäufen direkt im Spiel – und damit beim Spieler – abzusahnen. Extreme Beispiele wie „Angry Birds go!“ zeigen bereits, wo die Grenzen gezogen werden – nach oben offen.

Fun-Racer sind seit „Super Mario Kart“ ein beliebtes Genre für Gamer, die schnell einsteigen und viel Adrenalin investieren wollen. Das gilt auch für “Angry Birds go!“. Gute Grafik und packendes Gameplay überzeugen beim Kurztest. Aber schnell wird klar: Ohne teure Extras kommt man schwer voran, wer richtig auftrumpfen will, muss kräftig zahlen. Das fragwürdige „Highlight“: 45 Euro sollen Gamer in der Hitze des Gefechts für ein besonders leistungsfähiges Auto berappen.

Preisnachlass nach Feldversuch

Was unverschämt teuer klingt, ist laut Publisher Rovio eigentlich ein Schnäppchen – beim Vorab-Release des Spiels in Neuseeland kostete der „Big Bang Special Edition“ umgerechnet noch satte 75 Euro. Nach Kritik seitens der Spieler und der Presse sah man dann wohl bei 45 Euro die Schmerzgrenze erreicht.

Der Versuch, Gelegenheitsspiele und Online-Welten durch sogenannte „in game“-Verkäufe lukrativ zu machen, ist nicht neu. „Angry Birds go!“ ist allerdings ein Experiment, auf das die Branche mit Spannung schaut, weil hier ein Marktführer in dem Segment austestet, ob eine Monetarisierung über das erwartbare Maß hinaus möglich ist. Kongregate veröffentlich dazu harte Zahlen: DieTop Ten-Titel des Casual Games-Giganten machen die Masse ihres Umsatzes mit Kunden, die mehr als 100 Dollar ausgeben für Spiele, die als „kostenlos“ beworben werden.

Auf der Suche nach dem Wal

Die Strategie, Spiele nicht mehr über den Kaufpreis zu finanzieren, sondern abzuwarten, bis der Spieler bereits in der virtuellen Welt daheim ist, geht auf die „Flow“-Theorie von Mihály Csíkszentmihályi zurück. Sie besagt unter anderem, dass Gamer sich in eine Abhängigkeit des Spielflusses begeben, die ihre Entscheidungsfähigkeit beeinflusst und zu riskantem Verhalten reizt. Ergebnis: Es wird Geld ausgegeben, das dem Spieler in „nüchternem“ Zustand für den begrenzten Gegenwert zu schade wäre.

Besonders begehrt sind die „Wale“ – Spieler, die große Summen investieren, um längerfristig zu den Top-Playern zu gehören. Einer Untersuchung der Forschungsgruppe EEDAR zufolge rekrutieren sich diese wider Erwarten aus dem Kreis der männlichen Konsolenspieler, die offensichtlich gewohnt sind, für ihr Hobby besonders viel Geld auszugeben. Weibliche Spieler z.B. von „Candy Crush Saga“ zahlen zwar auch, aber nicht so kontinuierlich und üppig.

Eine Branche im Aufbruch

Bei den Spiele-Publishern herrscht mittlerweile Goldgräber-Stimmung: Auf Konferenzen und in Seminaren werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Monetarisierung präsentiert, es geht um Abo-Gebühren und Spieler-Eitelkeiten.

Am Ende hofft die Branche auf einen gesunden Mix, eine Kunden-Pyramide. Der Großteil der Spieler darf umsonst zocken, die Lust verlieren, weiter ziehen. Eine kleinere Schicht zahlt dann und wann kleinere Beträge, um besonders frustrierende Stellen zu überwinden. Die Spitze bilden dann die „Wale“, vergleichbar den in Las Vegas heiß umworbenen „high rollers“.

Ob die „Wale“ bedauernswerte Opfer raffinierter Suchtmechanismen sind oder einfach leidenschaftliche Gamer, die für ihr Hobby gerne auch tiefer in die Tasche greifen – diese Diskussion steht noch aus.

NACHTRAG 2017: Gerade im Tablet- und Smartphone-Bereich sind In Game-Käufe mittlerweile die Norm, auch wenn die Branche sehr schnell gelernt hat, es nicht so sehr wie im Fall von “Angry Birds go!” zu übertreiben. Im Computer- und Konsolenbereich ist “Counter Strike: Global Offensive” ein besonderes hässliches Beispiel, wie User mit Schnickschnack und teilweise illegalen Methoden abgezockt werden.



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invincible warrior
invincible warrior
11. Mai, 2017 05:59

CSGO wird taeglich von 700.000 Spielern gespielt und ja, der Handel mit Skins nimmt einen grossen Anteil an den Einnahmen von Steam/Valve ein. Aber Scammer kommen halt immer aus ihren Loechern, wenn sie eine Moeglichkeit finden. Valve macht aber auch viel um das Geschaeft moeglichst frei zu belassen (da sie ja pro Transaktion verdienen) und schuetzt das System auch. Der Wettskandal sorgte zB zu massiven Aenderungen in Valves Behandlung von solchen Seiten, indem die komplett fuer illegal erklaert wurden.
CSGO hat aber abseits der erhoehten Individualitaet keine Vorteile durch die Ingame-Kaeufe. Somit kann man das Spiel komplett geniessen, sobald man es gekauft hat. (kostet um die 20 Euro)