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Mrz 2017

Hyperland Redux (3): Coaching Apps: Der Privattrainer aus dem Handy

Themen: Film, TV & Presse, Hyperland |

Originaltext Februar 2013:

Das frühe Leben ist geprägt von den Menschen, die uns antreiben, lebensfähig machen, von Dummheiten abhalten. Die Mutter, die uns aus dem Bett scheucht. Der Lehrer, der uns Hausaufgaben gibt. Der Vater, der uns das Rauchen verbietet.

Dem erwachsenen Mensch, besonders dem Single, mangelt es mitunter an Antrieb. Zivilisierte Trägheit macht viele von uns krank, fördert Diabetes und Fettleibigkeit. Es liegt eine tiefere Wahrheit darin, wenn so mancher seufzt: „Ich könnte sofort fünf Kilometer laufen, wenn ich erstmal vom Sofa hoch käme.“

Ein neues Leben – mit digitaler Effizienzerziehung!

Schluss damit! Eine neue Generation von Apps hilft nicht nur dabei, das eigene Leben aktiver und gesünder zu gestalten – die Helfer im Handy stehen auch virtuell hinter dem Kunden, triezen und loben ihn, feuern ihn an. Sie setzen auf Einschüchterung und Blamage, manchmal sogar auf nackte Angst. Und das Kuriose daran: sie funktionieren. Weil wir uns von virtuellen Zuchtmeistern genau so willig leiten lassen wie von Polizisten in der Mitte der Kreuzung.

So lässt sich der Tag ganz neu gestalten, mit Effizienz, Energie und ein paar digitalen Antreibern, die nur unser Bestes wollen. Sie kommen morgens nicht gut aus dem Bett? Der Snooze-Button des Weckers hat schon eine Delle im Plastik? Dann überlassen Sie das Wecken dem Smartphone und der App „Morning Routine“. Die hört nämlich nicht auf zu klingeln, bevor Sie aufgestanden sind und den Barcode z.B. der Bierflasche vom vorherigen Abend gescannt haben. Falls das noch nicht Motivation genug ist, verpetzt „Better me“ Sie eiskalt auf Facebook, wenn sie nicht rechtzeitig auf die Beine kommen.

Lauf, bevor dich die Zombies kriegen!

Früh aufstehen und Frühsport passen prima zusammen. Das in England entwickelte „Coucht to 5k“-Programm verspricht, Sie in nur 9 Wochen vom Stubenhocker zum 5 Kilometer-Jogger zu machen. Sie selbst müssen nur in Turnschuhen auf die Straße raus – das Programm sagt Ihnen mit freundlicher Stimme, wann Sie wie schnell laufen müssen und wann Pausen eingelegt werden können. So entfällt jede lästige Planung. Schwindeln ist übrigens schwierig, weil das Programm dank GPS genau weiß, wann und wieviel Sie tatsächlich laufen. Kommt alles in Protokoll!

Eine Stufe härter geht „Zombies, run!!“ das Problem an: durch den Kopfhörer erhalten Sie ständig Updates, wie nah ihnen eine Horde hungriger Zombies kommt, wo sie Haken schlagen müssen, wann nur ein schneller Sprint Ihr Leben retten kann. Man wird Teil eines Horrorfilms, der den Puls nicht weniger zum Rasen bringt als die Lauferei.

Wenigstens können Sie ja im Auto entspannen. Es sei denn, ihr Wagen hat eco:Drive von Microsoft – dann wird der Fahrstil exakt mitgeschrieben und hinterher am heimischen PC ausgewertet. Es folgt eine Benotung mit vielen Tipps, wie der tägliche Pendelverkehr verbrauchsärmer zu schaffen ist. Beim Elektrowagen Open Ampera ist die Erziehung des Fahrers noch spielerischer: im Hauptdisplay ist großer Ball auf dem Dach des Autos zu sehen. Entspannte Fahrweise und sanftes Bremsen helfen dabei, ihn nicht runter kullern zu lassen. Videospiele gegen Bleifüße. Effizienzerziehung nennt sich so etwas.

Fluppenfrei und Spaß dabei!

Raucherpausen bei der Arbeit? Brauchen Sie bald nicht mehr dank der App „Get Rich or Die Smoking“. Sie zählt Ihnen nicht nur vor, wie viel Geld sie pro nicht gerauchter Zigarette gespart haben, sondern schaltet für den Gegenwert immer wieder vorher festgelegte „Belohnungen“ frei, die Sie dann z.B. bei Amazon bestellen dürfen.

Und wenn Sie vom Coachingstress völlig geschafft wieder ins Bett fallen? Vertrauen Sie auf „Schlaf jetzt!“, die App, die sie so lange mit Musik bedudelt und mit Geräuschen einlullt, bis Sie einschlafen. Das merkt sie nämlich an Ihren Bewegungen.

Gute Nacht – morgen wird wieder ein anstrengender Tag!

NACHTRAG 2017: Der ganz große Trend der Fitness-Tracker scheint schon wieder vorbei, dafür wird die Technik immer unauffälliger in die alltägliche Hardware wie Handys und Smart Watches integriert. Man lernt: Auch die modernste Technik macht aus dem Couch Potato kein Sport-As. Ich werde es aber trotzdem demnächst mal wieder versuchen…

Benutzt einer von euch Coaching-Apps, um sein Laster in den Griff zu bekommen?



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6 Kommentare
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Marcel
Marcel
23. März, 2017 15:33

Nicht wirklich ne Coaching-App, die mir sagt, was ich tun soll, aber wenn ich laufen gehe muss Runtastic schon mitzählen. Ein nicht geloggter Lauf hat ja quasi nicht stattgefunden. Ich finde es durchaus motivierend, wenn man am Ende der Woche oder des Monats ne Abrechung bekommt, was man denn so geschafft hat.
Nicht ohne Stolz poste ich auch gelegentlich ein paar Milestones auf Facebook und sammle ein paar Likes ein. Das mag eitel sein, aber hilft mir durchaus mal den Hintern vom Sofa zu bekommen.

comicfreak
comicfreak
23. März, 2017 15:37

Crowley nimmt Zombie Run 🙂
Ich komm ja zu nix, weil ich permanent beschäftigt bin

Heino
Heino
23. März, 2017 17:04

Ich habe Runtastic auch eine Weile benutzt, das ging mir aber schnell auf den Keks, weil das Programm nicht sehr zuverlässig funktioniert und man pausenlos mit Nachrichten und Werbung zugeworfen wird. Daher bin ich letztes Jahr auf eine richtige Laufuhr umgestiegen. Ist deutlich teurer, aber sehr viel zuverlässiger und nervt nicht.

Jake
Jake
23. März, 2017 22:00

Ich laufe mit Pulsuhr. Runtastic nutze ich nur zum manuellen Nachtrag meiner sportlichen Aktivitäten.

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
24. März, 2017 15:01

Die meisten Apps gibt es ja eh nicht fürs Windows Phone, aber zumindest ein 360-Tage Trainingsprogramm ist installiert. Das enthält Standard-Übungen wie Situps und zählt fleißig mit, so dass man sich langsam steigern kann – wenn ich es jetzt nur initial anwerfen würde, denn nach einiger Zeit wird der Fortschritt zurückgesetzt (bzw. sind die Steigerungen für die müden Knochen kaum zu schaffen…)

Flay
Flay
25. März, 2017 17:06

Ich spiele regelmäßig Pokemon Go – der Hype vom letzten Jahr mag vorbei sein, aber mich motiviert das Spiel nach wie vor, regelmäßig rauszugehen – etwas, das weder Fitnessstudio noch Fitness-Apps je geschafft haben.