19
Mrz 2016

Helmut Schmidt wirbt für den Kopp-Verlag?!

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Das klingt absurd. Nicht zuletzt deswegen, weil die olle Pfeife seit November 2015 unter der Erde raucht. Und dennoch:

schmidt

Da kann man schon mal verblüfft auf die Bremse treten und wie “häh?” gucken. Dann empfiehlt es sich allerdings, a) weiterzufahren, um den nachfolgenden Verkehr nicht zu behindern und b) mal ein bisschen zu recherchieren.

Mir half in dieser Situation, dass ich bereits wusste, dass Zbigniew Brzeziński (und ja, diesen Namen habe ich sicherheitshalber aus der Wikipedia kopiert) in den 70ern ein Berater von Präsident Carter war. Seine Tochter Mika ist Moderatorin bei MSNBC. Mit diesem Background war die Arbeitshypothese schnell aufgestellt, dass es sich bei “Die einzige Weltmacht” nicht um ein aktuelles Werk handelt, sondern eine Neuveröffentlichung.

Kurz mal nachgeschaut: Jawohl, das Buch ist von 1997 und erschien in Deutschland beim Fischer-Verlag mit einem Vorwort von Hans-Dietrich Genscher. Carter, Schmidt, Genscher, Brzeziński – alte Weggefährten aus der Zeit des Kalten Krieges.

Mittlerweile ist das Buch natürlich hoffnungslos veraltet – es kam vor 9/11, vor Bush, vor dem Internet-Boom. Es fabuliert von Amerika als der letzten Supermacht, die sich die Vormachtstellung in Eurasien sichern müsste, um eine Neue Weltordnung zu schaffen (ein Begriff, bei dem Koppioten ja regelmäßig wohlig Schauer über den Rücken laufen). Die Analyse des Moments mag noch stimmig sein, die empfohlenen Strategien sind es längst nicht mehr – Bücher wie dieses landen sehr schnell auf dem 1 Euro-Wühltisch der Geschichte. Oder, wie in diesem Fall, bei Kopp.

Wie ernstzunehmen solche belletristischen Polit-Schmöker sind, kann man auch an dieser Anekdote über Brzeziński aus dem Jahr 1995 ablesen:

“Von ihm soll auch der Begriff des „Tittytainment“ stammen, der besagt, dass in Zukunft 80 % der – dann arbeitslosen – Weltbevölkerung durch eine moderne Form von Brot und Spielen bei Laune gehalten werden müsse.”

In diesem Kontext muss das Zitat von Helmut Schmidt, das sich der Kopp-Verlag nun begeistert auf die Werbeplakate pinselt, gesehen werden – weder war es für die Werbung DIESES Verlages gedacht, noch würde Schmidt das vermutlich heute noch so unterschreiben. Wenn er könnte.

Werke des Kopp-Verlages muss man auch weiterhin weder lesen noch ernst nehmen.



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Marcus
Marcus
19. März, 2016 11:44

“und ja, diesen Namen habe ich sicherheitshalber aus der Wikipedia kopiert”

Macht nichts. Aus dem gleichen Grund hat Wikipedia ein Audiofile mit der korrekten Aussprache. 🙂

Sigur Ros
Sigur Ros
19. März, 2016 17:13

Zum Kopp-Verlang muss man echt keine Worte verlieren, was die machen ist unter aller Kanone, verkauft sich in Zeiten von AfD und Pegida aber eben leider gut. Am schlimmsten hieran finde ich jedoch, dass sie ihre Untaten mittlerweile anscheinend sogar auf großflächigen Plakaten bewerben, nachdem sie zuvor schon jahrelang regelmäßig Seiten in kostenlosen, aber auflagenstarken Zeitschriften wie ADAC Motorwelt und RTV gekauft haben.

Krischn
Krischn
19. März, 2016 18:41

“Werke des Kopp-Verlages muss man auch weiterhin weder lesen noch ernst nehmen.”

Puh, Gott sei Dank! Nicht, dass das eigene Weltbild noch Risse kriegt…

Teleprompter
Teleprompter
19. März, 2016 19:00

Das mit dem wohligen Schauer der Kopp-Leute bei den amerikanischen Allmachtsphantasien würde ich aber eher bezweifeln. Wenn ich diese rechtsgewirkten Verlags- und Infoseiten (Deutsche Wirtschaftsnachrichten etwas) so überfliege, herrscht bei vielen mittlerweile auch recht massiver Anti-Amerikanismus vor (spätestens seit die den Nahen Osten ins Chaos gestürzt und die Flüchtlingswelle mitverursacht haben). Putin ist The Man da, dem wird die Weltrettung zugetraut.

Sigur Ros
Sigur Ros
19. März, 2016 19:09

@Krischn: Netter Troll-Versuch, aber leider erfolglos. Wenn mein oder anderer Leute Bild von Kopp-Verlag Risse bekommen sollen, sollten dessen Leute vielleicht aufhören, so viel nicht ernstzunehmenden Unsinn zu fabrizieren und zeigen, dass sie an ansatzweise ernsthaften Journalismus Interesse haben. Ist aber offensichtlich nicht zu erwarten.

@Teleprompter: ich denke mal, dass Torsten das auch nicht so gemeint hat, dass die Kopp-Leute proamerikanisch sind, sondern eher, dass sie so antiamerikanistisch sind, dass ihnen bei Beschrieben der angeblichen Allmachtsphantasien der Amis einer abgeht. Natürlich waren die USA/EU in Rechtspopulisten/VTer-Kreisen schon immer Staatsfeind Nr. 1 und Putin, Mao, Castro & Co. die Guten.

Dietmar
Dietmar
20. März, 2016 00:00

@Krischn: Du meinst also, Wortvogel hätte ein Weltbild, das durch den Verlag zu erschüttern sei, wenn er das denn lesen würde? Du meinst also auch, dass der Verlag programmatisch ein Weltbild propagiert?

Zumindest ist es so, dass er tatsächlich gegen Wissenschaft, Gesellschaft und Vernunft anschreibt. Ich habe drei Bücher gelesen: In einem wurde, ohne jeden Beleg, dargestellt, dass es Evolution nicht gebe, in einem anderen, dass man keine Brille bräuchte, wenn man Augentrainig macht, im dritten, dass Krebs die Erfindung de Ärzte und Wissenschaftler sei und geriebene Aprikosenkerne jeder Chemotherapie überlegen seien, weil sie Krebs nicht nur kurieren, sondern verhindern.

Mein Weltbild wird dadurch nur dahingehend erschüttert, dass ich solch eine verantwortungslose Skrupellosigkeit für unfassbar halte.

Deshalb wundert mich diese Werbeaktion nun nicht. Leider gibt es das.

Sigur Ros
Sigur Ros
20. März, 2016 10:14

Don’t feed the Troll! Dass man mit Kopp-Jüngern nicht diskutieren kann, weil sie dazu nicht fähig sind, sollte bekannt sein. Ansonsten steht hier schon alles, was man zum Kopp-Verlag wissen muss: http://www.psiram.com/ge/index.php/Kopp-Verlag
Am Unfassbarsten finde ich, dass einstmals seriöse, angesehene Leute wie Eva Herman und Udo Ulfkotte so tief gesunken sind, dass sie da mitlachen.

Wortvogel
Wortvogel
20. März, 2016 10:40

@ Teleprompter: Wie Sigur richtig bemerkte – ich meine natürlich den Begriff “Neue Weltordnung”, bei dem jedem echten VT’ler einer abgeht.

invincible warrior
invincible warrior
23. März, 2016 04:20

@sigur ros: Wenn du deren Checks sehen wuerdest, wuerdest du es wohl verstehen wieso die Kopp dem Gang zum Sozialamt vorziehen.

Howie Munson
Howie Munson
24. März, 2016 18:10

@Sigur Ros: Naja Eva Hermann konnte in erster Linie seriös sprechen (recherchiert hat die ja nichts für den NDR) und das “Eva-Prinzip” erschien bei Goldmann bzw. “Das Prinzip Arche Noah” bei Pendo….

Danach war halt “Autobahn”…..
https://www.youtube.com/watch?v=_Dyzn4wQ4wE