22
Aug 2015

Das Leben beginnt bei 7 Grad

Themen: Neues |

Das Popmusik-Klischee “You’re gonna miss me when I’m gone” bezieht sich gemeinhin auf den aktuellen, aber angezählten Lebenspartner. Im weiteren Rahmen geht es dabei um Beziehungen. Beziehungen gibt es aber nicht nur in der Variante Mensch – Mensch, sondern auch Mensch – Tier, Mensch – Natur, Mensch – Kultur, und schließlich Mensch – Technik.

Ja, man kann Maschinen vermissen, bzw. die Möglichkeiten und Annehmlichkeiten, die sie darstellen. Die nachvollziehbarsten Beispiele dafür sind ganz allgemein der Strom, ohne den das moderne Leben praktisch nicht denkbar ist. Der Strom wiederum befeuert Telefon, Fernsehen und Computer. Der Wegfall von diesen Geräten ist der Wegfall von sozialer Teilhabe, von Interaktion, und wird als sehr schmerzlich empfunden.

gorenje-kuehl-gefrierkombination-rk6192ex Es gibt aber auch Geräte, deren Notwendigkeit man erst realisiert, wenn sie in der Praxis tatsächlich mal ausfallen. Weil sie so selbstverständlich und ins Leben integriert sind, dass wir sie nie in Frage stellen wie etwa WLAN oder den Handy-Empfang. Bei ihnen geht es nicht um den Kontakt mit der Außenwelt, sondern den Komfort nach innen, die Essentials des Cocoonings.

Um es kurz zu machen: Wir leben seit knapp zwei Wochen ohne Kühlschrank und diese Situation wird sich erst in frühestens einer Woche ändern.

Wie das passieren konnte? Easy. Wir haben unsere Küche nicht von Speyer nach Baden Baden mitgenommen. Die geht (samt Kühlschrank) nach München. Wir wollten uns sowieso ein neues, größeres Gerät anschaffen (siehe links). Bestellung über Amazon Prime sorgt ja auch gewöhnlich dafür, dass sich die Lieferung zeitnah takten lässt, wir rechneten also mit einem Ausfall der Kühleinheit von maximal drei, vier Tagen.

Nur: Bei Amazon war das Gerät nicht unmittelbar lieferbar. Und mehr als eine Woche warten wollten wir auch nicht. Also googelte ich weiter und fand das gleiche Modell bei Redcoon. Nägel mit Köppen – einen Kondenstrockner brauchten wir auch und durch die Bestellkombi sparten wir über 100 Euro zum Amazon-Preis. Zwar wurde auch hier eine gewisse Wartezeit eingeräumt, aber diese schien mit knapp einer Woche akzeptabel bemessen.

So weit, so gut.

Was nach einer Woche nicht kam, waren Kühlschrank und Trockner. Was kam, war eine “Verzögerungsbenachrichtigung!” von Redcoon:

“Leider verzögert sich die Auslieferung, denn der von Ihnen gewünschte Artikel ist kurzfristig vergriffen.

Mit der nächsten Lieferung rechnen wir am 28.08.15, haben Sie bitte noch etwas Geduld.”

Nun kann man den Mangel eines Trockners durch Wäscheständer und Sonnenlicht ausgleichen – der Mangel eines Kühlschranks hingegen lässt sich aber nicht so einfach kompensieren. Vor allem, wenn es draußen fast 40 Grad hat (im Winter ist der Balkon ja durchaus ein akzeptabler temporärer Gefrierschrank).

In Baden Baden wohnen wir zudem in einer reinen (wenn auch extrem hübschen) Wohnsiedlung. Mal eben nebenan frühstücken und Essen gehen ist nicht drin, die temporäre Verlagerung des Esskomforts von innen nach außen ist keine valide Option.

Und so haben wir gemerkt, wie elend das Leben ohne Kühlschrank ist. Kein einziges kaltes (ach was – kühles!) Getränk, keine Wurst, kein Joghurt. Das Frühstück mit Kaffee, Toast und Honig, Apfel und zimmerwarmem Orangensaft. Nichts kann aufbewahrt werden. Butter und Margarine müssen verdeckt gelagert werden, um den Aggregatzustand nicht von “weich” in “flüssig” zu wechseln. Im Supermarkt fallen 90 Prozent der angebotenen Leckereien wegen “können wir nicht kühlen” weg. Von Tiefkühlware ganz zu schweigen.

Ich bin zu alt für Ravioli aus der Dose!

Was vermisse ich ihn, den nächtlichen Gang zum Kühlschrank, das leise Schmatzen, wenn die Gummilippen den Innenraum freigeben, das sympathische Summen, das Vorfreude-Feuerwerk, wenn das Licht angeht und mir stolz die Leckereien preist. Oh Kühlschrank, du Schatztruhe der Schleckereien, du Füllhorn der Fischstäbchen, du!

Ohne dich ist es ein freudloses, genussloses und des modernen Menschen unwürdiges Leben.

Geht zu eurem Kühlschrank. Geht hin! Als stiller Knecht wacht er über euren Genuss, bewahrt Lebensfreude, spendet Glück in Form von konstant 7 Grad. Dankt ihm! Kniet vor ihm nieder! Er verdient es!



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G
G
22. August, 2015 13:37

“Ich bin zu alt für Ravioli aus der Dose!” – Klingt für mich ein wenig nach: “Ich bin ein Star, holt mich hier raus!” 😉

perseus
perseus
22. August, 2015 14:01

Zwieback mit Wasser, allerdings arbeitsfähig ist man da nicht wirklich.

Zeddi
Zeddi
22. August, 2015 14:41

Als EDV-Mensch hab ich natürlich einen Backup Plan – im Keller steht ein 2. Kühlschrank, eigentlich eher für Getränke gedacht 😉

Dietmar
Dietmar
22. August, 2015 18:11

Kuehlung durch Luftstroemung? Britta wirft die Kuehlware aus dem Fenster, Du faengst sie unten auf und bringst sie hoch. Wenn Ihr das hinreichend oft macht und Du auf der Treppe nicht troedelst …

comicfreak
comicfreak
22. August, 2015 18:21

..alternativ könnte er die Sachen auch wieder hoch werfen.. 😉

Und so ein kleiner mobiler “Bürokühlschrank”?
Den könntet ihr später ins Schlafzimmer stellen..

Wortvogel
Wortvogel
22. August, 2015 18:24

@ Comicfreak: Nein. Einer unserer Grundfehler war immer die Anschaffung von zuviel Kram. Den wollen wir nicht wiederholen. Wir stehen das durch.

@ Dietmar: Clever!

comicfreak
comicfreak
22. August, 2015 18:33

@ Wortvogel
..okay, ich weiß ja, dass du dich durch Widrigkeiten mit absoluter Todesverachtung durchbeißt, sobald du dich dazu entschlossen hast;
Dann drück ich mal die Daumen für Britta, dass die Sachen schnell kommen 😉

Kaio
Kaio
22. August, 2015 19:02

Ich freu mich schon auf den nächsten rant wenn am 28. vom Kühlschrank immer noch nichts zu hören war.

(Was auf keinen Fall bedeutet das ich euch das Wünsche, ganz im Gegenteil. Aber genau aus diesem Grund ist Versandhandel nunmal nicht das Mittel für alles.)

Exverlobter
Exverlobter
22. August, 2015 19:21

Meinen Kühlschrank hab ich vor 2 Jahren ausgesteckt. Spart Strom. Ich ernähre mich sowieso nur von Nudeln, Dosenkram und Instant-Tee. Einen Kühlschrank brauch ich eigentlich gar nicht.

vobac
vobac
23. August, 2015 08:39

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das passende und schöne Lied “Der Kühlschrank” von Stoppok hinweisen:
https://youtu.be/_qf0YTu6SR0

Wortvogel
Wortvogel
23. August, 2015 08:39

@ Exverlobter: “Ich ernähre mich sowieso nur von Nudeln, Dosenkram und Instant-Tee.” – hör auf damit. Du wirst einen hohen Preis zahlen.

Dietmar
Dietmar
23. August, 2015 11:28

@Exverlobter: Neenee, mach weiter!

*diabolisch lach*

Howie Munson
Howie Munson
23. August, 2015 16:22

@Exverlobter: Und du bist damit bei einen BMI von unter 25?
Könnte ich nicht (mehr).
200g Nudeln (700 kcal excl. Soße) machen mich nicht “subjetktiv satter” als 500g Pfannengemüse (400 kcal incl. Öl).

Dafür könnte ich wahrscheinlich mit meinen normalen Verbrauch von TK-Gemüse auch einiges “passiv” kühlen…. Müsste mit zwei Einkäufen in der Woche auskommen, wenn ich es geschickt plane… (wäre mir aber auch zu nervig, irgendwas muss man dann trotzdem jede Woche wegwerfen…)

Exverlobter
Exverlobter
23. August, 2015 18:19

Ja ich weiß, ist Faulheit. Großartig kochen ist nicht so mein Ding.