Inhaltsangaben zum Abschalten (redux)
Themen: Film, TV & Presse |Ich habe mir hier und hier bereits Gedanken über Inhaltsangaben gemacht, die weniger über den Film aussagen als über die prätentiöse Großmäuligkeit der Macher. Da geht es gar nicht darum, einem potenziellen Zuschauer die Story zu vermitteln, sondern nur darum, ihm die eigene Brillanz und die unübertreffliche Schwere des Projekts zu verdeutlichen.
Schauen wir uns zum Beispiel mal “Fractured” an, einen Thriller, der nach dem Plakat und der Besetzung mit Jake Busey und Eric Roberts bestenfalls im C-Bereich angesiedelt sein dürfte und zuerst einmal den Eindruck eines aus den 90ern geflüchteten Billig-Reißers macht. Aber mitnichten:
“”May Oster, played by Athena Lebessis, is a beautiful, pensive, somber woman in her mid twenties; a beautiful woman that discovers her boyfriend’s bloody scarf in her apartment following a black-out episode. This unearthed white scarf covered in crimson drives May to attempt suicide. May is taken to a psychiatric ward under the care and influence of Dr. Ballard, a fifty-eight year old psychiatrist/acclaimed author, played by Eric Roberts. May is immediately thrown into seclusion. Detective James Harding, played by Jake Busey, appears to question May about a horrific murder. This questioning thrusts May into narrating an in-depth story about an unnamed woman’s involvement with unsavory characters leading to multiple murders. Will May regain her sanity, restore her normal life and unravel the mystery of her true love? Only time will tell.”
Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll – bei der hilflosen Dopplung der “beautiful women” gleich zum Einstieg? Bei der poetisch gemeinten, aber leider sehr holperigen Formulierung “white scarf covered in crimson”? Bei der unbeantworteten Frage, warum May einen Blackout hatte, warum sie wegen eines blutigen Schals Selbstmord begehen will, warum sie deshalb in einer Gummizelle landet? Man könnte auch die Frage stellen, warum zur Hölle der Autor meinte, daraus dann eine von May im Voiceover erzählte zweite Erzählebene bauen zu müssen. Und am Ende geht es natürlich dann doch wieder (wenn auch hier etwas unerwartet und unpassend) um “her true love”…
Grundgütiger.
Nicht viel besser ist die Selbstbeschreibung des Films “Actress”:
“When Brandy decides to reclaim her life as an actor, the domestic world she’s carefully created crumbles around her. Actress is both a present tense portrait of a dying relationship and an exploration of a complicated woman, performing the role of herself as she faces the desires that exist outside of her home.”
I call Bullshit. Allerdings muss man einschränkend anmerken, dass “Actress” eine Dokumentation ist und dem Vernehmen nach gar nicht schlecht sein soll. Es ist nur diese selbstbesoffene Beschreibung, die mich nervt. Filme sollten Analyse der Kritik überlassen und sie nicht vorkauen.
Oder ist der Wortvogel da mal wieder zu streng?
..immer, wenn was “hehre Kunschd” ist 😛
Gilt auch bei Büchern. Regt mich jedes Mal länger auf, als es gedauert hat/hätte, den Film zu sehen/das Buch zu lesen.
Bei “Actress” sehe ich kein Problem mit der Beschreibung, “Fractured” geht natürlich gar nicht, wobei die Inhaltsangabe auf ihre Art allerdings auch irgendwo im C-Bereich angesiedelt ist.
Die besten Inhaltsangaben hatten aber damals die DVDs von Andreas Bethmanns X-Rated Label. Da war jeder Klappentext ein Meisterwerk
@ schmand: Das ist uns schon aufgefallen:
https://wortvogel.de/2010/03/ultimate-bizarro-movie-experience-artwork-that-will-blow-your-brain-1/