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Sep 2014

Fantasy Filmfest 2014 (36): Time Lapse

Themen: Fantasy Filmf. 14, Film, TV & Presse, Neues |

Time LapseUSA 2014. Regie: Bradley King. Darsteller. Danielle Panabaker, Matt O’Leary, George Finn, Amin Joseph, Jason Spisak

Offizielle Synopsis: Das WG-Leben zwischen dem in einer Schaffenskrise steckenden Maler Finn, seiner Freundin Callie und ihrem verpillten Mitbewohner Jasper gestaltet sich nicht immer leicht. Auf die ultimative Probe wird es jedoch gestellt als sie auf der Suche nach einem vermissten Nachbarn, seines Zeichens Wissenschaftler, in dessen Wohnung eine riesige obskure Maschine finden. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich das Ungetüm als eine auf das Wohnzimmerfenster der drei gerichtete Kamera, die jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit ein Foto schießt. Ein Foto, das – so stellt es sich bald heraus – Ereignisse, die exakt 24 Stunden später dort stattfinden, abbildet. Eine echte Zukunftsvision. Das eröffnet natürlich ungeahnte Möglichkeiten und Finn, Callie und Jasper erkunden mit einer gehörigen Portion jugendlichem Leichtsinn sofort Wege, aus diesem Vorsprung Kapital zu schlagen. Dass der mittlerweile von ihnen aufgefundene Nachbar offensichtlich einen sehr seltsamen Tod gestorben ist, kann zunächst verdrängt werden.

Kritik: Zeitreise-Filme sind immer tricky. Weil es halt verschiedene Theorien gibt und man schnell in einem Paradox landet, dass die ganze Story negiert. So spannend das Thema, so trügerisch der Aufbau – selbst “Terminator” ist im Grund genommen hanebüchener Unsinn, weil die Existenz des Teminators das Scheitern von Reese’ Mission beweist. Kann man auch wieder gegen argumentiere, ich weiß.

Um ein bekanntes Beispiel zu nehmen: Wenn ich in der Zeit zurück reise und meinen Großvater töte, werde ich nie geboren – kann also auch nicht in der Zeit zurück reisen und meinen Großvater töten, weshalb ich also doch geboren werden – weswegen ich dann in der Zeit zurück reisen kann… infinite loop.

Ein Weg aus diesem Dilemma ist die Einführung radikaler Restriktionen. “Time Lapse” versucht es damit, dass niemand wirklich in der Zeit reist. Die Protagonisten können lediglich sehen, was in 24 Stunden in ihrem Wohnzimmer zu sehen sein wird. Und auch das ist nur ein Anhaltspunkt, denn die Interpretation dessen, was sie sehen, ist nicht immer einfach.

Dummerweise ist diese Einschränkung auch der Grund, warum “Time Lapse” nie richtig in die Pötte kommt. Denn sie ergibt keinen Sinn. Wenn unsere Helden das Foto nicht sehen würden – wäre es dann trotzdem bindend? Warum versuchen sie nicht mit einer minimalen Änderung der Szenerie auszutesten, was passiert, wenn das Bild nicht exakt nachgestellt wird? Warum kaufen sie sich keinen fucking Funkwecker, um die Unsicherheit des analogen Weckers zur Bestimmung der Fotozeit zu kontern? Warum senden sie sich nur banalste Botschaften wie Sportergebnisse, statt mit Zeitungsschlagzeilen wirklich relevante Veränderungen in die Wege zu leiten? Woher bekommt eine ältliche Professorin eine Pistole? Warum wettet Jasper strunzdumm immer beim gleichen Buchmacher und wundert sich, dass der irgendwann drauf kommt, dass hier etwas nicht stimmen kann? Wieso ist es mittlerweile erlaubt, dass Protagonisten den elenden Trendnamen “Finn” tragen?

Die diversen inhaltlichen Patzer verderben die Folgerichtigkeit und damit auch die Spannung von “Time Lapse”. Unsere Protagonisten werden zu Sklaven des Bildes, nicht zum Schöpfer. Darüber hinaus dreht sich alles nur um Geld und die Frage, wer mit wem schlief – von der Geschichte einer Erfindung, die im Handumdrehen das Universum verändern kann, erwarte ich mir ein wenig mehr.

Was dann endgültig den Deckel drauf macht: “Time Lapse” ist zu offensichtlich ein Film, die Personen zu offensichtlich Figuren, die zu offensichtlich sorgsam geschriebene Dialoge aufsagen, um zu offensichtlich konstruierte Konflikte auszutragen. Wir glauben Finn den Maler ebenso wenig wie Callie die Journalistin. Wir glauben nicht mal die WG, in der sie leben. Das ganze Szenario wirkt so fake wie eine Holodeck-Simulation auf der Enterprise D.

mitteFazit: High Concept-SF, die aus der ansprechenden Idee nicht genug Saft pressen kann und sich über die Laufzeit in Twen-Melodrama und Logiklöchern verstolpert. Mehr theoretisch interessant als praktisch spannend.

Wenn ihr jetzt fragt, warum ich trotzdem noch den Wackeldaumen gebe – gleich kommt der Review zu “Extraterrestrial”…

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P.S.: So drollig wie absurd – John Rhys-Davies wird im Nachspann unter “Cast” ganz weit oben genannt, ist aber gerade mal auf einem Foto zu sehen.



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8 Kommentare
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goran
goran
3. September, 2014 12:23

“Gleich kommt der Review zu Extraterrestial.”

Oha, Dodge Nummer zwei?^^

John
John
3. September, 2014 12:28

“Wenn ihr jetzt fragt, warum ich trotzdem noch den Wackeldaumen gebe – gleich kommt der Review zu “Extraterrestrial”…”

😀

Dr. Acula
3. September, 2014 12:38

“So drollig wie absurd – John Rhys-Davies wird im Nachspann unter “Cast”
ganz weit oben genannt, ist aber gerade mal auf einem Foto zu sehen.”

Wait, what?

Howie Munson
Howie Munson
3. September, 2014 13:09

Warum senden sie sich nur banalste Botschaften wie Sportergebnisse, statt mit Zeitungsschlagzeilen wirklich relevante Veränderungen in die Wege zu leiten?

Vielleicht fehlt ja die Katze…
Allein gegen die Zukunft (“early edition”)

Mencken
Mencken
3. September, 2014 13:25

Ich dachte, bei Terminator war die Mission, die Mutter des Widerstandskämpfers zu schützen und die Geburt sicherzustellen. Da hat die Existenz des Terminators doch nichts mit zu tun.

Zum Film: Die Sportergebnisse machen doch Sinn, auf die Art kann man wunderbar Geld verdienen, wohingegen ein Eingreifen bei wirklich relevanten Themen eher schwierig werden dürfte. Finde den Ansatz, dass so eine Erfindung dann nur für triviale Dinge benutzt wird und man sich nicht mit den ganz großen Fragen beschäftigt, ohnehin ganz gut, erscheint mir zumindest ganz realistisch. Habe den Film aber auch nicht gesehen, mag sein, dass die genannten Punkte dort eher unglaubwürdig und/oder frustrierend wirken.

perseus
perseus
3. September, 2014 14:55

Mmh, wenn das so lese, dann wird der wohl immer noch besser gewesen sein als “Out of the Dark”, “so’n Scheissfilm” wie jemand beim Rausgehen gemurmelt hat.

Wobei man OotD auch noch gerade so den Wackeldaumen hätte geben können, halt als 0815 “Horror”film der 0815 Horrorfilme… wenn nicht das kitschige Ende und die noch kitschigere Abspannsequenz gewesen wären.

Thies
Thies
17. September, 2014 01:27

Im Prinzip fand ich den durchaus annehmbar. Vielleicht war nicht jede Handlung der Figuren nachvollziehbar, aber das Konzept wirkte auf mich sehr stimmig und die Konflikte innerhalb des Trios auch nachvollziehbar. Größtes Manko war für mich, dass man dem Film zu oft die Mühe ansah die Handlung auf Spielfilmlänge zu bringen – im Prinzip hätte man daraus auch eine 45-Minuten-Folge irgendeiner Mystery-Serie stricken können ohne das Erzähltempo deutlich zu drosseln. Und wenn man von Beginn an auf die Tube gedrückt hätte, dann wäre daraus vielleicht eine zahmere Folge von “Tales of the crypt” geworden.

Marcus
Marcus
22. September, 2014 11:04

Hmtja.

Die Grundidee ist super, und Langeweile kommt auch nicht auf.

Aber der Film macht fast nix aus dem, was ich für das Hauptthema halte: wenn ich von dieser Kamera wüsste und die Notizen des Professors gelesen und so interpretiert hätte, wäre ich schreiend davongelaufen. Denn wenn man wirklich nicht von den Bildern abweichen kann, ohne seine eigene Zukunft auszuradieren, wäre man, sobald man sich auf die Kamera einlässt, ihr Sklave. Freier Wille adieu. Ein perfektes Horror-Konzept, dass der Film nicht wirklich effektiv nutzt.

Und der Plottwist am Ende ist so unfassbar unlogisch…

6/10.