04
Jul 2014

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: Etikettenschwindel beim Thema Lebensmittel

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Ich lese die FAS gerne, aber zu selten. Immer wieder nehme ich mir vor, das launige Sonntagsblatt mit der bunten Themenmischung (so eine Art BAMS, für die man sich am Kiosk nicht schämen muss) zu abonnieren. Vielleicht auch deswegen, weil sie mich nostalgisch an “Die Woche” erinnert, die ich in den 90ern so begeistert verschlungen habe.

Diese Woche habe ich mich aber geärgert. Und zwar sehr. Weil es mit Zeitungen ist wie mit Joghurts – es sollte auch drin sein, was drauf steht.

Das hier ist die Titelseite vom letzten Sonntag:

fas1

Ein veganer Truthahn?! Das wollte ich mir mal genauer anschauen. Zumal mich interessierte, was die mindestens fünf (FÜNF!) Leute zu sagen haben, die laut FAS-Fotos für das Blatt furchtlos reingebissen haben.

“Wie schmeckt er? Wir haben Passanten probieren lassen.”

Der Artikel selbst ist auch nicht ohne – eine dreiviertel Seite mit einem ähnlich frankensteinesken Aufmacherbild:

fas2 Sehr ihr die immerhin fast zwei Zeilen, die ich euch grün markiert habe? Das ist die gesamte Textmenge, die sich mit dem veganen Truthahn beschäftigt. Es ist eine Erwähnung, dass es ihn gibt und was er kostet. Darüber hinaus: nix. Keine Infos, keine Geschmackstests, keine Passanten.

Hey, FAS! So geht’s nicht! Wenn ihr mir einen veganen Truthahn zeigt und auf dem Titel verkündet, ihr hättet Passanten probieren lassen, dann sollte das auch im Heft aufgegriffen werden! Und wenn dann der Artikel NOCH MAL mit dem veganen Truthahn aufmacht, dann gönnt uns wenigstens drei Zeilen, aus was der besteht und wieso man als Veganer gefälschtes Geflügel für Apothekenpreise kaufen sollte!

Ich schreibe hier ja auch nicht rein “Wortvogel hat Avengers 2 gesehen!” – und belasse es dann bei der Überschrift.

Ehrlich, wenn ihr nicht noch den tollen Artikel über die Katzen und die Tipps zur Haus-Steuerung per App für mich gehabt hättet – ich hätte das Geld für verschwendet gehalten. So kommt ihr mit der Verwarnung davon.



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milan8888
milan8888
4. Juli, 2014 12:46

Der Truthahn sieht aus wie ne deformierte Backerbse

Moss
4. Juli, 2014 12:54

Ich frage mich gerade mal wieder, warum die Hersteller vegetarischer und veganer Lebensmittel immer versuchen, irgend ein fleischhaltiges Vorbild nachzuahmen.

Gäbe es die veganen Sojapräparate in Form bunter Quader und Zylinder, wie sie die Crew der Enterprise (ohne verdammtes A, B, C oder D) aus dem Replikator zog, ich hätte sie schon längst mal probiert … von Kunstwürsten wird mir anders.

Howie Munson
Howie Munson
4. Juli, 2014 13:33

@Moss: Wenn man Soja wie Kartoffeln verkauft, kann man nicht den Preis von Fleisch erzielen…

Auf der anderen Seite gibt es auch einen Markt für alkoholfreies Bier, das wie billiges Pils schmeckt, vielleicht ist auch das eine Teilmotivation.

AlphaOrange
AlphaOrange
4. Juli, 2014 16:14

Veggie-Food in Fleischform (-farbe, -struktur, -aussehen, -geschmack!) irritiert mich als Vegetarier ebenfalls. Gerade bei sowas wie dem Truthahn da oben finde ich es einfach absurd und frage mich, was dahinter steckt. Vegetarier/Veganer mit Minderwertigkeitskomplex, die beim Grillfest “dazugehören” wollen und sich selbst schämen, kein Fleisch zu essen, sodass sie es soweit wie möglich verschleiern?
Das gilt natürlich nicht für sowas wie Fleischklöße oder Würstchen. Da hat man ja auch nur das Tier in eine praktische Form gebracht, dann kann man darauf auch beim Soja darauf zurückgreifen. Aber mir kann niemand erzählen, dass es irgendeinen praktischen Nutzen hat, Tofu in Truthahn-Form zu bringen.

Tim
Tim
5. Juli, 2014 00:20

Die FAS macht sowas regelmäßig und behauptet dann, war Ironie und du nur zu dumm.

perseus
perseus
5. Juli, 2014 00:36

“Aber mir kann niemand erzählen, dass es irgendeinen praktischen Nutzen hat, Tofu in Truthahn-Form zu bringen.”

Eine veganische Alternativversion von Mr. Bean läge nun im Bereich des Möglichen.

John Lenin
John Lenin
6. Juli, 2014 13:16

Ich bin Vegetarier und kann zu diesem Thema nur sagen: ich komme die meiste Zeit sehr gut ohne diese Fleischimitationen aus – aber hin und wieder schlägt meine Sozialisation mit Wurst und Braten und Leberkäs durch. Und dann freue ich mich, dass man mittlerweile vegetarische Schnitzel braten kann, die haptisch und geschmacklich so ähnlich funktionieren wie das Original, und dass man sie dann schön mit Knödeln, Blaukraut und Soß’ essen kann. Das ist ein Gimmick, aber eines, das mir das Vegetariersein hin und wieder angenehmer macht. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.

Mencken
Mencken
6. Juli, 2014 14:34

@Alpha-Orange: Wo ist denn das Problem? Wenn es Leute gibt, denen das hilft und die ihr Tofu lieber so essen, dann ist das doch vollkommen ok. Wie Hr. Lenin anmekrt, gibt es da ja durchaus auch noch dne Vorteil, dass man klassische gerichte auf diese Art auch mal ganz gut auf den Tisch bringen kann.
Mich (als Nicht-Vegetarier) nervt wesentlich mehr, dass das Tofu in Deutschland so miserabel ist, zumindest wenn man den direkten Vergleich mit Asien zieht.