10
Mai 2014

B-Film Basterds 2014: Badass bad taste (1)

Themen: B-Film Basterds, Film, TV & Presse, Neues |

Ahhh, endlich mal wieder schlechte Filme aus, in und für Nürnberg. Obwohl erst ein paar Jahre alt, ist das B-Film Basterds Festival für mich ein Pflichttermin, weil da wirklich die komplette Nerdliga zusammen kommt. Immer die gleichen teigigen, schlecht rasierten Gesichter in den mangelhaft passenden T-Shirts vom Vorjahr, immer die gleichen pubertären “ausziehen, ausziehen!”-Rufe, sobald eine knackige junge Aktrice ins Licht des Projektors geschoben wird. Fürwahr, das gute Leben, so sieht’s aus. Rücksturz in die Pubertät, ein paar Stunden wieder in den 80ern, alles kann, nichts muss.
Hätte ich vielleicht ein paar meiner Charles Band-Bücher mitnehmen sollen, um sie signiert unter die Meute zu bringen? Vielleicht. Aber die Schlepperei war mir zuviel und wie ich per Email im Bus erfahren habe, läuft der Wälzer international auch so richtig gut – mehr dazu dieser Tage.
Die Hinfahrt war diesmal anders als sonst, denn ich habe auf den Wagen verzichtet, der sonst eh nur hier auf dem kostenpflichtigen Parkplatz vor sich hin rostet (oder missbraucht wird, wenn man mich zum Krankentransport von Festivalgründer Doc Acula verpflichtet). Stattdessen habe ich von Mannheim aus einen Fernbus genommen. Geile Sache: 11 Euro, Bus nicht mal halb voll, viel Platz, WLAN, entspannte Fahrt – und der Busbahnhof liegt in Nürnberg direkt gegenüber von meinem Hotel und gerade mal 200 Meter vom Kino entfernt.
Und siehe: Der Doc hatte gerufen und alle waren sie gekommen, deren Namen ich mir nie merken kann und die ich deshalb immer mit einem jovial-begeisterten “Hi! Du auch wieder hier?!” begrüße. Das ist der Dings mit dem Dings, welche mit Dialekt, der Typ mit dem anderen Typ, und die drei, die auch immer da sind. Gute Freunde.
In diesem Jahr gab es wieder einen “soften” Einstieg, den Science Fiction-Kinderfilm “Der große Krieg der Planeten” von Kaiju-Legende Jun Fukuda:
der_grosse_krieg_der_planeten
Ich erinnere mich gut: Als Kind Anfang der 80er habe ich den auf dem Flohmarkt in Düsseldorf liegen sehen – auf Super 8. Ich hatte keinen Projektor und konnte angesichts der Bilder nur von den wilden Weltraumabenteuern träumen, die ich da verpasste. Tatsächlich gesehen habe ich den Film dann auch in den Video/DVD/YouTube-Phasen nicht.
Machen wir es kurz und schmerzlos: Unterhaltsam hirntot, miserabel getrickst, alle wirklich interessanten Sachen (“New York wurde total zerstört!”) passieren offscreen und der groß angekündigte Krieg der Planeten reduziert sich auf das piep-piep-piep-Lasergeballer zweier Raumschiffe, die schmerzhaft offensichtlich aus zentimetergroßen Modellen bestehen. Trotz oder gerade deshalb großartiges Festivalfutter, besonders wegen der deutschen Synchro, die aus ein paar Amerikanern fix ein paar Deutsche macht und uns so den “Astronaut Armin” schenkt.
https://www.youtube.com/watch?v=GeaPyrBgSoQ
Ein paar gute Einfälle (wie die Revolver-Torpedorohre) und ein asiatisches Schnuckelchen, das für eine künftige Eheschließung zwischen den Protagonisten hin und her geschoben wird, können nicht darüber hinweg täuschen, dass dieser Sternenkrieg eben doch nicht von Star Wars inspiriert war (er startete sogar zwei Wochen vor Lucas’ Film in den deutschen Kinos!), sondern von den juvenilen Kaijus der frühen 70er. Dass die Macher (vermutlich mitten in der Produktion) einen Trailer von “Star Wars” gesehen und hektisch versucht haben, Ähnlichkeiten zu konstruieren, merkt man eigentlich nur an diesem grandiosen, wenn auch verschenkten Zottelbär:
xsghdcaurv
Der kommt, der geht – das war’s auch schon mit Star Wars-Anleihen.
Auf jeden Fall ein massentauglicher Einstieg für das Festival, der mit vielen hämischen Kommentaren und großem Enthusiasmus begleitet wurde. Für das nächste Jahr würde ich mir dann aber endlich den “echten” ersten japanischen Star Wars-Abklatsch wünschen, den großartigen “Sternenkrieg im Weltall”, den der selige Norbert Stresau einst hoch, wenn auch fehlgeleitet in einem SF-Jahrbuch lobte:

YouTube

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Das ist Kino!
Nach einer kurzen Pause warnte ich Doc Acula, ob er sich mit Film 2 nicht ein Ei gelegt habe – “The Room” ist eine moderne Trashlegende, aber kaum jemand hat den Film gesehen. Sein Ruf basiert fast ausschließlich auf diesem, von Filmemacher Tommy Wiseau energisch bekämpften Review des Nostalgia Critic, den ihr euch in seiner ganzen Pracht gönnen solltet:
https://www.youtube.com/watch?v=gsgIq7cxhJk
Mehr zum Film kann man auch hier nachlesen.
Ähnlich wie bei “Manos – The Hands of Fate” (der auch noch laufen soll), befürchtete ich, dass “The Room” in voller Länge und ohne die einordnenden Kommentare vielleicht ein Schnarchsack vor dem Herrn sein könnte. Es ist schließlich ein Liebesdrama ohne Plot, ohne interessante Charaktere, ohne irgendeine Form von Entwicklung.
posterb1 Ich hätte mich nicht sorgen brauchen: “The Room” ist großes Popcorn auch ohne Monster, Roboter und Zeitreisen. Ein bizarres Vanity Project eines Mannes, der aussieht, als sei sein Gesicht nach einem schweren Unfall mühsam rekonstruiert worden. Kino aus der Film-AG der Behindertenwerkstatt mit Dialogen, die sich ständig im Kreis drehen und Sexszenen, die schwiemeligen Ratgeberspalten von Frauenzeitschriften entsprungen scheinen. Jede einzelne Szene Tritt so konsequent auf der Stelle, dass sie zum perfekten WTF-Moment kristallisiert. Es gibt keine Story, nur die seltsam unbeholfene Selbstbeweihräucherung von Tommy Wiseau, der sein ganzes cineastisches Schaffen auf die Aussage “Ich bin ein so guter Mensch, aber niemand liebt mich wirklich” ausrichtet. Diese Mischung aus verfilmter Psychotherapie und sprechender Tapete morpht in weit mehr als die Summe ihrer Teile – “The Room” ist unglaublich “quotable” und wir haben nach dem Ende noch gute zehn Minuten damit verbracht, Klopper über Klopper nachzuspielen. A good time was had by all.
So, und nun muss ich fix los – es wartet ein Brunch mit den Jungs im “O’Shea” und Tag 2 der gesammelten filmischen Grausamkeiten.



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Lars, too
Lars, too
10. Mai, 2014 11:57

Oh hai Mark.

Bluescreen
Bluescreen
13. Mai, 2014 23:21

Oh jawoll… “Message From Space”. Den hab ich als Blag damals in Gelsenkirchen-Horst im “Stern” gesehen. Das war, glaube ich, der erste SF-Film den ich auf der grossen Leinwand zu Gesicht bekam (*). Damals war der mir genau so gut wie “Krieg der Sterne”. Hey, ich war 10 Jahre alt oder so.
Wenn der Doc da mal was drehen könnte, täte ich bei dem Event wohl mit dabei sein. Nochmal schön in groß gucken 🙂
* Könnte aber auch “Angry Red Planet” gewesen sein.

Thies
Thies
17. Oktober, 2017 20:41

Kennt vielleicht schon jeder, aber zur FInanzierung von “The Room” hatte xkcd vor ein paar Jahren eine interessante Idee: