23
Feb 2014

Sexistischer Dreckskram

Themen: Neues |

Manchmal wundert mich schon, was alles unkommentiert im Radio läuft. Der Text von Frank Zappas “Bobby Brown” ist die erstaunlichste Form von Pornografie, die selbst zur Kinderstunde über den Äther geht.

Dass Männer sexistischen Müll singen und Frauen eigentlich ausschließlich “Baby”, “Babe”, “Girl” oder im Stile eines Eskortservice “Lady” nennen, ist ja nun wahrlich nicht neu (löbliche Ausnahme: “Woman” von John Lennon). Viel mehr hat mich allerdings immer fasziniert, dass Frauen Texte singen können, in denen sie ihr gesamtes Geschlecht verraten und sich als ebenso unterwürfig wie hörig deklassieren.

Doc Acula erinnerte eben z.B. an “Substitute” von Clout:

I’ll be your substitute
Whenever you want me
Don’t you know I’ll be your substitute
Whenever you need me

Eine Frau, die sich als Ersatz anbietet, falls die vom Mann angebetete Ische sich entscheidet, erfolgreich das Weite zu suchen.

Oder Blondies Klassiker “The tide is high“, u.a. gecovered von Atomic Kitten:

Every girl wants you to be her man
But I’ll wait my dear till it’s my turn
I’m not the kinda girl, who gives up just like that, oh no
The tide is high but I’m holding on
I’m gonna be your number one

Wieder: Er ist eigentlich prima versorgt, der Stecher des Viertels – sie stellt sich freudig hinten an.

Nächster Kandidat – “You’ll never stop me from loving you” von Sonia. Für einen Song aus der Schmiede von Stock/Aitken/Waterman erstaunlich stalker-ish und devot:

But you’ll never stop me from loving you
It doesn’t really matter
what you put me through

It doesn’t matter what you put me through? Bettelt die um Schläge?
Aber noch größere Pop-Legenden haben sich aus dem selben Antifeminismus-Topf bedient – Abbas Text zu “Take a chance on me” kann man eigentlich nur ironisch ertragen:

If you change your mind, I’m the first in line
Honey I’m still free
Take a chance on me
If you need me, let me know, gonna be around
If you’ve got no place to go, if you’re feeling down

Mich macht es angemessen fassungslos, dass darüber nie weiträumig diskutiert wurde. Sind das die Rollenmodelle, die wir Mädchen vermitteln wollen? Egal, wie scheiße der Typ ist, wenn du verknallt bist, darfst du ihm ruhig hinterher kriechen und dich demütigen lassen?
Es fällt auf, dass es in allen Songs nicht darum geht, ob die obsessive Liebe erwidert wird – im Gegenteil: Die Missachtung durch den Mann scheint Ansporn zu sein. “Bedenklich” ist da noch ein harmloses Adjektiv.

Mein persönlicher “Favorit” kommt leider auch aus der Ecke und erschließt sich erst in Kombination mit dem absurden Video – Agnetha von ABBA versuchte sich nach dem Ende der Supergroup an ein paar Solo-Songs. “I won’t let you go” wird der Androhung des Titels voll gerecht – die zarte Blondine macht sich der sexuellen Belästigung eines augenscheinlich desinteressierten Bodybuilders strafbar:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Die Texte aller Songs stammen übrigens (Überraschung!) von Männern, im Fall von “Substitute” und “The tide is high” handelt es sich sogar um Coverversionen von Songs, die ursprünglich für Männer geschrieben worden waren.

Bin ich mal wieder allein in meiner Empörung? Oder gibt es Songtexte, bei denen ihr vielleicht nicht das Radio, aber zumindest das Hirn ausschalten müsst, damit es nicht zu rauchen beginnt? Her damit.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

98 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Dr. Acula
23. Februar, 2014 18:07

Bei Bobby Brown wundere ich mich auch jedes Mal aufs Neue – das ist wirklich die Gnade der Sprachbarriere – 90 % der Leute, die da mitsummen, haben vermutlich Null Ahnung, worum’s in dem Song geht…
Für die Selbsterniedrigungslyrik a la “Substitute” hab ich keine große Erklärung. Es liegt wohl viel daran, dass die meisten der entsprechenden Texte von Männern geschrieben wurden, die da ihre eigenen Wunschvorstellungen reingelegt haben. Dass frau da allerdings beim Einsingen nicht sagt, eh, Keule, das ist ein BISSI daneben, versteh ich auch nicht. Die brauchen alle einen Crashkurs bei Alice Schwarzer 🙂

comicfreak
comicfreak
23. Februar, 2014 18:13

..bei deinen Beispielen hab ich damals ™ noch nichts verstanden, weshalb sie bei mir unter “Geräusch” fallen.
Gehirn ausschalten funktioniert bei mir spätestens bei sowas nicht mehr:
http://www.youtube.com/watch?v=UHMZSzHJR24

Wortvogel
Wortvogel
23. Februar, 2014 18:15

@ Acula: Das mit den männlichen Komponisten habe ich auch gerade noch nachrecherchiert und nachgetragen.

Wortvogel
Wortvogel
23. Februar, 2014 18:18

@ comicfreak: In der Hiphop-Szene ist der radikale Sexismus ja leider an der Tagesordnung – wird aber wenigstens auch diskutiert. Mich fasziniert es, dass im europäischen Milchtoast-Pop so niemand drüber spricht.
Der Song, den du verlinkt hast, ist natürlich bodenlos.

Proesterchen
Proesterchen
23. Februar, 2014 18:23

Sexistisch? Hahaha.
Kann mich nicht über Stuss in Songtexten echauffieren (da wird man nie fertig), nur über meine eigene Unfähigkeit bei Texten in meiner Muttersprache – wie von Dir angeregt – das Hirn auszuschalten.
Also, immer fleissig weiter singen!

Andi
Andi
23. Februar, 2014 18:37

Ich teile die Prämisse nicht. Musik ist doch nicht zur Volkserziehung da. Bei Rassismus, Schwulenhass, Aufruf zum Angriffkrieg etc. ist natürlich Schluss mit der Kunstfreiheit, aber darum geht es ja hier nicht.
Es gibt Menschen mit solchen Haltungen wie oben beschrieben im echten Leben, also warum nicht auch in der Musik? Ich betrachte sowas als Rollenprosa.

Laura
Laura
29. April, 2022 15:06
Reply to  Andi

Sehe ich anders. Die Rolle und die Darstellung der Frau ist ein offensichtliches, aber gern übersehenes Problem das von sexualisierung und Unterwerfung geprägt ist. Ich finde, Liedertexte spielen eine wirklich wichtige Rolle. Und wie man es so oft sehen kann wird diese oft nicht ernst genommen.

Wortvogel
Wortvogel
23. Februar, 2014 18:39

@ Und ich sehe das eben nicht so. Das ist ja auch völlig okay.

Andi
Andi
23. Februar, 2014 18:46

Sicher, da bin ich ein Freund von: Jeder nach seiner Facon.
Aber Kunst ist ja nun oft gerade deshalb interessant, weil sie an Grenzen geht, weil sie “aufregt”. Das war bei Baudelaire so mit seinen “Blumen des Bösen”, das ist bei Eminem so, das ist bei Rammstein so.
Die weibliche Selbstaufopferungshaltung z.B. in Lars von Triers “Breaking the waves” hat mich damals sehr aufgeregt. Aber das gibt es im Leben und der Film hat mich gezwungen, darüber nachzudenken.

Howie Munson
Howie Munson
23. Februar, 2014 19:02

Die brauchen alle einen Crashkurs bei Alice Schwarzer

naja die ist bei der BLÖD eingestiegen, somit auch nicht konsequent…
@Topic: naja ich versteh die englischen Texte eh nur wenn ich sie schriftlich vor mir habe… aber Schlager ertrag ich (unter anderen) aus ähnlichen Gründen nicht…
“1000 mal betrogen (…) Ich würd es wieder tun – Mit dir -Heute Nacht”

Wortvogel
Wortvogel
23. Februar, 2014 19:06

@ Andi: Diese Songs sollen aber nicht “an die Grenzen gehen”, sie sind das Gegenteil von Protest oder Provokation. Sie sollen die “normale” Haltung in Sachen Liebe illustrieren.
@ Howie: Schlager ist da natürlich ein besonders reiches Gebiet. Der von dir erwähnte Andrea Berg-Song würde auch prima in meine Liste passen.

drop
drop
23. Februar, 2014 19:19

Im Text von “Bobby Brown” geht es um einen Macho, dem im Lauf des Songs wortwörtlich die Eier entfernt werden. Ich finde es auch lustig, dass es im Radio läuft, aber deine Empörung verstehe ich nicht.
Nur weil ein Lied aus der Ich-Perspektive gesungen wird, heisst das nicht, dass man sich mit dem Subjekt des Songs gemein macht.
Und wenn sich weibliche Popstars als hörig und unterwürfig inszenieren, tun sie das, weil dafür gut gezahlt wird. Im Pop ist es doch wirklich nicht ungewöhnlich für Musiker, Rollen zu spielen bzw. Images zu erfüllen.

Andi
Andi
23. Februar, 2014 19:21

Die “normale” Haltung? Das sehe ich anders: Sie zeigen die konkrete Haltung dieser speziellen Sängerin. Andere Songs anderer Sängerinnen drücken was ganz anderes aus. Es gibt ja z.B. genug Songs von Frauen, die irgendwelchen Männern, die es nicht wert sind, einen Tritt geben.
Ich fände es jedenfalls grottenlangweilig, wenn ich in der Musik, in der Kunst überhaupt, nur noch “richtige” und korrekte Werke vorgesetzt bekomme, die moralisch einwandfrei sind. Was dann gleich die Frage aufwirft, wer nun definiert, was moralisch einwandfrei ist.
Da bin ich dann doch ein entschiedener Freund der Kunstfreiheit.

Christian
23. Februar, 2014 19:22

Saving All My Love For You – Ganz großartig geschriebener Song, wunderbare (Jazz-)Harmonik, mit dem Text komme ich nicht klar.
A few stolen moments is all that we share
You’ve got your family, and they need you there
Though I’ve tried to resist, being last on your list
But no other man’s gonna do
So I’m saving all my love for you
[youtube http://www.youtube.com/watch?v=ewxmv2tyeRs&w=420&h=315%5D

Speed Racer
Speed Racer
23. Februar, 2014 19:32

Für mich immer wieder erschreckend ist der Songtext von Milow’s
“You And Me (in My Pocket)”…
Einige Auszüge…
“…I wish you were a little bigger
Not just big but really fat
Doors you would no longer fit through
In my bed you would have to stay
I often wish that you had feathers
I’d keep you in a giant cage
All day long I’d sit and watch you
I’d sing for you and that would be okay…”
Er singt allen Ernstes darüber, dass er seine Angebetete so mästen will, dass sie nicht mehr durch die Tür passt bzw. sie in einen Käfig sperren will…
Und dann ist das ganze geradezu subversiv mit einer fröhlichen Europop-Melodie unterlegt!
Wi-der-lich!!!
Aber im Radio wird’s gerne immer als Gute-Laune-Song gespielt…
Wer sich sowas ausdenkt und dann auch noch öffentlich performt, hat doch nen ernsthaftes psychisches Problem, oder verstehe ich da irgendwas so falsch?

Earonn
Earonn
23. Februar, 2014 19:40

Na, da fragt euch mal, wie man sich als Frau bei solchen Texten fühlt… ^^
Meine persönliche Theorie: Liedertexte erzählen Geschichten. Und Geschichten sind nun mal interessanter, wenn sie einen Konflikt enthalten. Ist ja bei Filmen ganz ähnlich. Deutsche Schlager mit ihrem ‘Lie-hiiiieeebes-glüüüück’ kommen uns überzuckert vor. Tragische Liebe (verbotene Liebe, unglückliche Liebe) ist interessanter als heile Welt.
Und auch bei Filmen fragt man sich ja oft: welcher Depp hat dieses Drehbuch verfasst? Oder in diese Fassung geändert? Und wieso machen die Schauspieler das mit?
Die Antworten sind vermutlich auf Musik anzuwenden: Liedertexte werden manchmal von sehr talentierten Leuten geschrieben – und manchmal von ‘Durchschnittsschreibern’ auf eine echte oder eingebildete Zielgruppe hin geformt. Und viele Musiker beiderlei Geschlechts können sich vermutlich gar nicht weigern, das Lied zu singen: Verträge, die Drohung mit Rauswurf etc. – ebensowenig wie die meisten Schauspieler es sich erlauben können, die idiotischen Teile ihrer Rolle zu ändern.
Und warum hören wir uns den Müll trotzdem an?
Ich gestehe, die Musik überwiegt bei mir. Wenn ein Lied einen tollen Text hat, gibt das Extrapunkte. Aber für gute Musik kann ich tatsächlich über Schrotttexte hinweggsehen, zumindest bis zu einer gewissen Grenze (tschüß, Manowar).
Hm, vielleicht ist das der Grund, warum mich in den letzten Jahren Filmmusik immer mehr angesprochen hat, die ja meist instrumental ist.

rosch
rosch
23. Februar, 2014 19:44

In Ergänzung zu Speed Racers Kommentar: http://www.coffeeandtv.de/2011/04/13/taschenspielertricks/
An den Song musste ich auch gleich denken

DJ Doena
23. Februar, 2014 20:15

Ab 2:45 “Ein frauenfeindliches AC/DC Stück”
http://www.youtube.com/watch?v=qqRzWTEAb2A#t=2m45s

McCluskey
23. Februar, 2014 20:35

Ich werfe mal Tammy Wynettes “Stand By Your Man” in die Runde…
Sometimes it’s hard to be a woman
Giving all your love to just one man
You’ll have bad times, and he’ll have good times
Doin’ things that you don’t understand
But if you love him, you’ll forgive him
Even though he’s hard to understand
And if you love him, oh be proud of him
‘Cause after all he’s just a man.
Gleich mal der Gattin verklickern… 😀

Xenaris
Xenaris
23. Februar, 2014 21:15

Da würde ich gerne noch Stefanie Heinzmanns Duchburchslied mit einbrigen. So toll sie singt, der Text hat mich schon damals aufgeregt:
“…He lies and he cheats,
he loves and he leaves,
that’s just the way it goes.
But I do what I can,
I stand by my man.
I think he loves me,
I think he does,
I think he does,
He’s a mean man,
but it’s my man,
my man alone.
He’s a mean, mean one,
son of a gun,
keeps me by the telephone.
He’s a mean man,
my man,
my man alone…

Flossensauger
Flossensauger
23. Februar, 2014 21:17

Hm,
die Band Manowar hat in der aktuell veröffentlichten Neueinspielung ihrer 1988er CD “Kings Of Metal” den Song “Pleasure Slave” weggelassen.
Warum nur?

Raphael
Raphael
23. Februar, 2014 21:21

Dann steuere ich mal “Zweimal Nein heißt einmal Ja!” (aka “Vergewaltigungspolka”) bei.:
http://www.youtube.com/watch?v=HSxDYiaMatQ
(Hab ich das hier im Blog mal ursprünglich gefunden? Oder vielleicht bei Stefan Niggemeier? Google ist augenscheinlich ebenfalls vergesslich.)

har_
29. April, 2018 20:28
Reply to  Raphael

Hallo Raphael,
wenn Du dir mal die Seite ansiehst:
http://daten.dieweltistgarnichtso.net/tmp/video/zweimal-nein-heisst-einmal-ja.webm
Da hast Du ein echtes Video – Gruß Har_

Wortvogel
Wortvogel
23. Februar, 2014 21:34

@ Xenarius: Richtig, der Song von der Heinzmann ist mir damals auch übel aufgestoßen – gerade weil sie so auf taffes rock chick macht.

Lutz
Lutz
24. Februar, 2014 00:11

Mich stört das auch immer wieder. Das beste Beispiel ist für mich ebenfalls das bereits zitierte “You and me” von Milow.
Allerdings finde ich eine andere Stelle aus dem Text noch viel schlimmer als die, die Speed Racer zitiert:
“I wish you were a little slower
Not just slow but pa-pa-paralyzed
I could put you on a socket
And you could never run away”
Ihm wäre es also lieber, dass seine Geliebte gelähmt oder an eine eiserne Lunge angeschlossen wäre, nur damit er absolut sicher sein kann, dass sie nicht weglaufen kann.
Ich kann da auch nicht verstehen, dass Leute, wenn man sie darauf anspricht, sagen, dass sei ja nur ein Song und auf den Text achtet ja sowieso keiner. Mit der Begründung könnte man auch wieder “Deutschland erwache” im Radio spielen.
Was mir allerdings vollkommen abgeht, sind Frauen, die dieses Lied auch noch sooooooooo romantisch finden. Die haben dann vermutlich auch nichts besseres verdient.

Hanno Friedrich
24. Februar, 2014 01:14

Diese wertekonservativen Country- und Pop-Songs stoßen einem tatsächlich obergärig auf. Ich habe aber wirklich immer Schwierigkeiten, zwischen Ironie und Sexismus zu unterscheiden. Spielen die von Männern produzierten Projektionsflächen nicht gerade mit Klischees und führen uns wie Tanzbären an der Nase herum, weil sie wissen, mit welch rechtschaffener Empörung wir reagieren? Auf mich wirkt jede Provokation immer auch didaktisch. Und Acts wie Lilly Allen, Lady Gaga, Sugababes sind offensiv sexy und machen trotzdem jeden Mann zur Weißwurst. Vielleicht ist bei diesem ‘sexistischen Dreckskram’ die Machtausübung nur unglaublich subtil. Denn, seien wir doch mal ehrlich: bei einem starken Frauenwillen können wir Männer nur noch einpacken. Deshalb wurden doch überhaupt diese gewalttätigen Männermachtphantasien erst entwickelt.
Ich habe vor einigen Tagen von Kollegen ein paar mp3s einer Bremer Punkband auf den iPod geladen bekommen. Namen habe ich leider vergessen, irgend sowas Schlimmes wie ‘Fuckschlacht’ oder ‘Kackfest’, weiß nicht mehr genau. Weibliche Sängerin! Und da schlackern mir echt die Ohren. Wenn ich den Text richtig rausgehört habe, singt die Dame:
Ich glaube nicht, dass du mich liebst
Weil du dich einer andern gibst
Das habe ich vom Klaus gehört
Der hat mich neulich nachts gestört
Der ruft mich an zu jeder Zeit
Und sagt, komm mach die Beine breit
Das mach ich auch, weil der was kann
Der hat nen großen Pillermann
Dabei denk ich dann nur an dich
Ist mir egal, ich liebe dich
Der Peter, der ist auch ein Lieber
Bist du nicht hier, dann darf der drüber
Ich will halt nicht alleine sein
Und Dirk, der steckt ihn auch noch rein
Du sagst mir, du willst keine Bindung
Die Liebe ist ‘ne scheiß Erfindung
Gabi heißt die blöde Ische
Ich töt sie, wenn ich sie erwische
Und wenn ich im Gefängnis sitze
Leckt mir ‘ne Lesbe halt die Ritze
Das macht mich nicht an, das macht mir Angst. Weil’s eine Frau geschrieben hat und singt.
Beziehungen sind wahrscheinlich – leider – oft definiert durch Dominanz und Unterwerfung, und wenn die Frau sich ‘unterwirft’ und darüber Lyrics geschrieben werden, wirkt’s sexistisch. Andersrum ist es kein Thema. “Stand By Your Man” ist ja bis heute ein Riesenhit, vielleicht ja auch, weil viele Frauen in Texas oder auf der Schwäbischen Alb echt noch so denken. Aber wahrscheinlich hat die Mehrzahl von denen zu Hause trotzdem die Hosen an.

Baumi
24. Februar, 2014 03:55

@Hanno: Wobei der Unterschied ja ist, dass dieser Text genau solche Reaktionen auslösen soll. Das ist pure Provokation, damit sich brave Bürger echauffieren können.
Muss man nicht gut finden, ist aber zumindest ehrlicher und offensichtlicher als die vollkommen akzeptierte weibliche Selbstkasteiung im Mainstream-Hit.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 07:49

@ Hanno/Baumi: Ich denke auch, dass es auf “die Moral von der Geschicht” ankommt – im zitierten Punksong gibt es keine Frage, dass die Frau sich und die Verhältnisse scheiße findet. In den von mir oben zitierten Beispielen werden Unterwerfung und Hörigkeit aber nicht nur als normal, sondern gar als seligmachend dargestellt – sie sind das Angebot an den Mann, das alle anderen Probleme löst.
Bei “Stand by your man” handelt es sich in meinen Augen um einen Sonderfall – der Song soll offensichtlich Frauen trösten, deren Männer gerne mal nicht dem Klischee des Traumprinzen entsprechen. Obwohl die Frau Opfer bringt, wird sie dem Mann nicht unterworfen (after all, he’s just a man). Es geht um Romantik vs. Realität – etwas, das viele Frauen nachvollziehen können.

Proesterchen
Proesterchen
24. Februar, 2014 11:46

” In den von mir oben zitierten Beispielen werden Unterwerfung und Hörigkeit aber nicht nur als normal, sondern gar als seligmachend dargestellt – sie sind das Angebot an den Mann, das alle anderen Probleme löst.”
Und? Ist es zu viel verlangt zu glauben, dass es bei 3,6 Milliarden Frauen allein auf diesem Planeten zumindest ein paar gibt, die das genau so empfinden?
Für jeden anderen Quark finden sich ja auch Anhänger – mehr als 2 Milliarden Menschen glauben, dass der 2000 Jahre alte baby Jesus seligmachend ist, und bald 20 Millionen glaubten dasselbe letztes Jahr von Angela Merkel.
Kann es da wirklich wundern, wenn es Frauen geben sollte, für die Unterwerfung Glück ist? Und wenn sie es dort gefunden haben, warum nicht auch darüber singen?

Laura
Laura
29. April, 2022 15:11
Reply to  Proesterchen

Warum nicht drüber singen? Vielleicht weil man ein besserer Mensch sein könnte und diese Ideologie nicht weiter verbreiten sollte? Nur so eine Idee.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 12:05

@ Proesterchen: Ich glaube, du WILLST das nicht verstehen. Das hier sind von MÄNNERN geschriebene Songs, die MÄNNERPHANTASIEN wiedergeben. Und hündische Unterwerfung ist nie okay, auch nicht in kleinen Mengen – wenn Kinder täglich verdroschen werden, sagst du ja auch nicht: “Ein paar von denen werden’s schon mögen.”

Mencken
Mencken
24. Februar, 2014 12:39

Ich habe das Problem meist nicht, weil die Musik, die ich höre, größtenteils keine problematischen Texte aufweist.
Ansonsten stört mich das teilweise natürlich auch, ist aber nicht wirklich ein Problem, weil die fraglichen Gelegenheiten zu selten sind.
“Bobby Brown” halte ich allerdings auch für ein nicht ganz passendes Beispiel, umgekehrt dafür aber “Woman” von Lennon für ein derartiges Ärgernis, dass man Chapman fast verstehen kann.

marathonsschaatser
marathonsschaatser
24. Februar, 2014 12:49

Nein, du bist nicht alleine mit deiner Empörung. Ich höre – nicht nur, aber auch – deshalb so gut wie nie mehr Radio: Ich kann nun einmal Englisch, ich versteh nun einmal, was dort gesungen wird.
Und ich bin mir nicht sicher, ob es einfach nur mangelnde Englischkenntnisse sind oder die komplette Unfähigkeit, diesen Texten den mitunter enthaltenen Sinn überhaupt zu entnehmen, oder ob es eben doch viel mehr Menschen gibt, die einfach zu wenig denken, im Leben, beim Lesen, beim Fernsehen, beim Radiohören. Einfach zu wenig nachdenken.

radio_gott
radio_gott
24. Februar, 2014 13:32

Ich versuche ja auch schon seit jahren meine Mitmenschen davon zu überzeugen, dass Madonna in “like a prayer” von Blowjobs singt:
“When you call my name it’s like a little prayer
down on my knees, I wanna take you there”
Aber wir wissen ja: Kommunikation besteht aus 3 Komponenten: Quelle, Medium und Empfänger. Und wenn der Empfänger etwas komisch geeicht ist, kommt die Botschaft halt verdreht an… 🙂

Baumi
24. Februar, 2014 13:44

Ich hatte das ja gar nicht so gelesen, dass Du Zappa Sexismus vorwerfen wolltest. Sollte dem so sein, würde ich ihn davor aber auch in Schutz nehmen:
“Got a cheerleader here, wants to help with my paper
Let her do all the work and maybe later I’ll rape her
Oh God I am the american dream
I do not think Im too extreme
And I’m a handsome son of a bitch,
I’m gonna get a good job and be real rich”
Das trieft von Ironie und Gesellschaftskritik. Für mich ist ziemlich deutlich, dass Zappas Ansichten und die des Lyrischen Ichs hier nicht identisch sind. Anders sieht das bei wirklich sexistischen Machwerken aus, wie etwa “Candy Shop” von 50 Cent. (Link oder Zitate erspare ich uns hier.)
Nicht jugendfrei ist Zappas Text allerdings wirklich, insofern wundert’s mich auch, wenn der Titel zur besten Nachmittagsstunde gespielt wird.

Proesterchen
Proesterchen
24. Februar, 2014 14:06

“Und hündische Unterwerfung ist nie okay, auch nicht in kleinen Mengen”
BS. Für Dich ist das augenscheinlich nicht, was Du Dir von Deiner Beziehung erwartest.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 14:28

@ Proesterchen: Das ist falsch – es geht hier nicht um meine Erwartungen an eine Beziehung. Wenn eine Frau sich dem Mann unterordnen will, wenn sie gerne die Komplementärperson ist – ihr Bier. Aber hündische Unterwerfung, ein bedingungsloses “Mach mit mir, was du willst!” sind Zeichen einer gestörten, gebrochenen Persönlichkeit. Die braucht keinen Mann, die braucht einen Therapeuten.

Proesterchen
Proesterchen
24. Februar, 2014 14:44

Wer von Deinen Vorstellungen (genügend) abweichende Beziehungen pflegt ist also geisteskrank, oder zumindest therapiebedürftig?
Lass mich noch mal kurz im Kalender nachschauen, welches Jahr wir haben …

Laura
Laura
29. April, 2022 15:14
Reply to  Proesterchen

Du findest es also scheinbar gesund sich dem Patriarch als Frau zu unterwerfen? Darf ich raten welches Geschlecht du hast? Würde meinen du bist ein Mann der in diesem Patriarch Recht gut leben kann.. Aus dieser Perspektive gefällt einem unterwürfigkeit bestimmt sogar.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 14:45

@ Proesterchen: Das ist Kappes und das weißt du auch. Deiner Meinung nach gibt es also keine krankhaften und destruktiven Beziehungsmuster?

marathonsschaatser
marathonsschaatser
24. Februar, 2014 14:49

@Proesterchen
Ich weiß nicht, ob es dir auffällt (oder ob dir IRGENDWAS auffällt): In keinem der oben genannten Liedtexte geht es um sexuelle Unterwürfigkeit, die sich aufs Bett beschränkt. Nein, es geht um allumfassende Unterwürfigkeit, um das Sich-Ausliefern an einen Mann aus etwas, das man mit Liebe verwechseln kann, wenn man nur naiv genug ist. Ja, und das ist therapiebedürftig, und vor allem ist es haarsträubend, wenn Männer Frauen Lieder schreiben, in denen die Frauen sich zum Traum eines jedes armen Tropfs mit Herrschaftsphantasien herabwürdigen.

Proesterchen
Proesterchen
24. Februar, 2014 15:06

@Wortvogel
Meiner Meinung nach ist es nicht ausgeschlossen, dass es Menschen gibt, die durch Unterwerfung und Hörigkeit Erfüllung finden, ohne geisteskrank zu sein.
@marathonsschaatser
Wir haben offensichtlich unterschiedliche Interpretationen der im Beitrag zitierten Textstellen, aber immerhin sind wir uns einig, dass man daraus Schlüsse auf Texter, Darbietende, und das angesprochene Publikum ziehen kann.
Womit wir wieder beim Ausgangsthema sind: Machen sich hiesige Sender die Inhalte zu eigen, die sie im nicht-muttersprachlichen Bereich verbreiten? Und ist es nicht prima, dass wir in einem Land leben, in dem Blurred Lines 4 Wochen Nummer 1 war?

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 15:10

@ proesterchen: “Meiner Meinung nach ist es nicht ausgeschlossen, dass es Menschen gibt, die durch Unterwerfung und Hörigkeit Erfüllung finden, ohne geisteskrank zu sein.”
Nein. Ich sprach nicht von geisteskrank, sondern von gebrochen und hilfebedürftig.
Hörigkeit: “Als Hörigkeit bezeichnet man die zeitweilige oder andauernde Unterwerfung des eigenen Willens unter den Willen einer zweiten Person. Die Unterwerfung kann erzwungen oder mehr oder weniger freiwillig erfolgen. Die Basis dieser Art von Abhängigkeit kann sexueller oder auch nur psychischer Natur sein. In der Regel wird die Hörigkeit von Außenstehenden als missbräuchliche Nutzung des Abhängigkeitsverhältnisses wahrgenommen, z. B. in der Prostitution.”

Lutz
Lutz
24. Februar, 2014 15:20

@ Hanno Friedrich
Ich denke, dass gerade Ironie und Sarkasmus im Auge des Betrachters liegen. Was der eine unglaublich ironisch findet, sieht der andere einfach als Beleidigung.
Dabei muss man natürlich auch im Auge behalten, dass der Anteil der Menschen, die einfach nicht fähig sind, Ironie zu erkennen, doch erstaunlich hoch ist (das ist glaube ich eine der wichtigsten Erkenntnisse, die uns die Internet-Forenkultur gebracht hat). Diesen Menschen kann man einen Witz, der nicht eindeutig als Witz angekündigt, betitelt und nachbereitet wird, einfach nicht vorsetzen.
Mich stört an Ironie, dass sie ,wie es insbesondere im Musik-Business immer wieder vorkommt, oft als Schutzbehauptung genommen wird. Mein rotes Tuch ist dabei Rihanna, insbesondere bei “Rude Boy”. Ich finde es geradezu ekelhaft, wie Rihanna sich der sabbernden männlichen Fangemeinde anbiedert. Der Grad zwischen sexy und nuttig ist ja gerade in der Musikindustrie sehr schmal, aber Rihanna schafft es wirklich, neue Maßstäbe zu setzen.
Gleichzeitig wird dann aber betont, wie wunderbar ironisch doch der Text ist, weil sie sich ja als sexuell emanzipierte, selbstbewusste junge Frau zeigt, was ich, wenn man sich die Texte ihrer anderen um diese Zeit herum entstandenen Songs, besonders in Zusammenhang mit den realen Ereignissen in ihrem Leben, die man davon nicht trennen kann, stark bezweifle. Gleichzeitig zeigt ihre Bühnenshow bei diesem Song aber nichts andere als eine rattige und sich der Männerwelt anbiedernde Dumpfbacke.
Sicher sind die Textzeilen “Can you get it up?” und “Are you big enough?” ironisch, aber nicht in der Form wie Rihanna das darstellt. Es ist nichts, was den sabbernden Mann und seine Intention in Frage stellt, sondern ihn stattdessen noch anfeuert.

Andy Simon
Andy Simon
24. Februar, 2014 15:23

Bei der Gelegenheit wird ja seitens der Sängerinnen auch ein Gefühl des “ich bin hier für nichts verantwortlich” befördert. Leider haben gerade Sängerinnen an der Stelle angeblich keine Wahl und denken, “wenn ich das nicht singe, singt’s eine andere, und dann wird die berühmt”. Die Perspektive auf den Mann in all diesen Songs (“Substitute”, “Tide is high”, “Tomorrow never dies”) ist aber auch immer der Blick nach oben, auf das, was Frauen angeblich und tatsächlich suchen: den Mann, der Geld und Einfluss hat und gut aussieht. Den wollen halt viele haben, und angeblich ist es romantisch, dem hinterherzuheulen.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 15:33

@ Andy Simon: Mich stört bei den Beispielen besonders die Tatsache, dass es völlig irrelevant ist, ob der Mann die Frau liebt oder auch nur wahrnimmt. Wäre das Gefühl gegenseitig, würde ich über eine Unterordnung mit mir reden lassen. Hier ist das emotionale Prostitution.
@ Lutz: Jepp, Rihanna ist die Pest. Dass so etwas jungen Mädchen als Vorbild gelten soll, finde ich erschütternd.

Proesterchen
Proesterchen
24. Februar, 2014 16:19

“Nein. Ich sprach nicht von geisteskrank, sondern von gebrochen und hilfebedürftig.”
Ein und dasselbe.
Hörigkeit: “In der Regel wird die Hörigkeit von Außenstehenden als missbräuchliche Nutzung des Abhängigkeitsverhältnisses wahrgenommen, z. B. in der Prostitution.”
“Wahrgenommen?” Von wem denn? Und wessen Problem ist die Wahrnehmung dieser Person?
Ist doch super, wenn man Menschen mit anderem Lebensentwurf per Handstreich als krank oder Opfer definieren kann, um ihnen dann Hilfe anzubieten.
Ich dachte ehrlich, wir wären da ein wenig weiter.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 16:25

proesterchen:
“Nein. Ich sprach nicht von geisteskrank, sondern von gebrochen und hilfebedürftig.”
“Ein und dasselbe.”
Diskussion vorbei.

Jor
Jor
24. Februar, 2014 16:29

Ich denke auch Fremdsprache sei dank, wird so einiges in Englisch gespielt und gehört, was auf deutsch wohl nicht laufen würden.
Offspring – Self esteem
Hat mit damals ganz gut gefallen, da ein unterwürfiges Verhalten bei einem Mann besungen wird und gleich der Grund mitgeliefert wird “I’m just a sucker with no self esteem”.
Ein paar Fragen herum, kannte aber kaum einer der Inhalt des Songs.
Denke es geht auch ein bißchen um die Art wie man Musik hört. Aktiv mit Versuch den Text zu verstehen oder lasse ich mich im Auto einfach beschallen.
Und ich habe sicher schon genung Refrains mitgesungen, ohne dem Beachtung zu schenken, was da überhaupt zwischendurch gesungen wird.
Als Gegenbild zu Rihanna fand ich Katty Perry Lied Texte (zumindest die ich kenne) immer positiv. Part of me (auch wenn das Video eine Militärpropaganda ist), Fireworks und Eye of the Tiger.

Magineer
Magineer
24. Februar, 2014 16:42

Wobei ich interessant finde, dass Torsten oben John Lennon mit “Woman” als Frauenversteher anführt, selbiger sich aber nicht entblödete, einen der scheußlichsten Beatles-Texte überhaupt zu singen:
“Well I’d rather see you dead, little girl
Than to be with another man
You better keep your head, little girl
Or I won’t know where I am
You better run for your life if you can, little girl
Hide your head in the sand, little girl
Catch you with another man
That’s the end little girl.”
Ja, schon echt liebevoll, der Mann. 🙂
Generell finde ich aber Texte wie den oben angeführten von Tammy Wynette mit ihrer zeitlichen Einordnung fast entschuldbar, denn das konservative Rollenbild der Frau war in den 50ern und 60ern noch unabdingbarer Teil der Popkultur – von der religiös geprägten Country-Szene, in der “Stand by your man” entstand, ganz zu schweigen. Selbst in den 70ern hat Dolly Parton ja noch “Jolene” angebettelt, ihr nicht den Kerl wegzunehmen. Vom Selbstbewusstsein der frühen emanzipatorischen Bewegung ist da noch nicht viel angekommen.
Für mich ist das atemberaubendste Beispiel weiblicher Submissivität aber nach wie vor einer der größten Klassiker der frühen 60er, den ausgerechnet auch noch Carole King höchstselbst verfasst hat – ein sexistischer Song, von einer Frau geschrieben und von einer Frauengruppe interpretiert (und Dutzende Male gecovert): The Crystals mit “He Hit Me (It Felt Like A Kiss)”.
Der Song ist nicht mal fehlzuinterpretieren:
“He hit me and it felt like a kiss
He hit me and I knew he loved me
If he didn’t care for me,
I could have never made him mad
But he hit me, and I was glad.”
Da werden sich alle misshandelten Hausfrauen bestimmt ein Loch in den Bauch gefreut haben, wenn sie morgens das Radio einschalteten.

robert
robert
24. Februar, 2014 17:12

Fehlgeleitete Romantik gibt’s auf beiden Seiten. Aktuelles Beispiel ist da für mich “Disco 2000” von Pulp.
Das lyrische Ich singt von Deborah, die in der selben Straße aufgewachsen ist, und in die er seit Kindheitstagen verknallt ist:
I never knew that you’d get married
I would be living down here on my own
On that damp and lonely Thursday years ago
Oh, what are you doing Sunday baby?
Would you like to come and meet me maybe?
You can even bring your baby.
Also das ist für mich keinen Deut besser als die Selbstaufgabe, die der Wortvogel als sexistisch identifiziert.
Ich glaube ja eher, dass einige Probleme haben mit der Unterscheidung zwischen Liebe und Selbstaufgabe und ihr Romantikverständis “falsch” gepolt ist.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 17:18

@ robert: An dem Text ist nichts sexistisch – er ist ein Loser, der dem Mädel nachweint, das er nicht bekommt. Er schlägt ja nicht vor, sich für sie zu entleiben.
@ magineer: Ich sprach von dem Song, nicht von Lennon. Man könnte sogar spekulieren, ob die Liebe zu Yoko ihn von den sexistischen Beatles errettet hat.

robert
robert
24. Februar, 2014 17:32

und was genau ist da jetzt der große Unterschied zu dem ABBA text
If you change your mind, I’m the first in line
Honey I’m still free
Take a chance on me
If you need me, let me know, gonna be around
If you’ve got no place to go, if you’re feeling down
Die weint auch dem Typen nach, den sie nicht bekommen hat. Ich seh da ehrlich gesagt nicht den großen Unterschied. Oder anders gesagt: Die entsprechenden fiktiven Gestalten könnten auch den jeweils anderen Songtext singen.

Wortvogel
Wortvogel
24. Februar, 2014 17:44

@ robert: Ich sehe schon einen qualitativen Unterschied, ob man einer unerwiderten Liebe nachweint oder ob man einem Mann anbietet, auf ihn zu warten, bis er mal Zeit und Lust hast.

Magineer
Magineer
24. Februar, 2014 17:59

“@ magineer: Ich sprach von dem Song, nicht von Lennon. Man könnte sogar spekulieren, ob die Liebe zu Yoko ihn von den sexistischen Beatles errettet hat.”
———————–
Durchaus. Wobei man andererseits auch unterstellen könnte, dass ihn Yoko gezielt zum Plüschpantoffel umerzogen hat. Indizien gibt es für beide Standpunkte. 🙂
Mir ist an deinem Original-Beitrag noch aufgefallen, dass du “Tide” und “Substitute” als Beispiele von Männern (ursprünglich) für Männer verfasster Songs aufgeführt hast. Ist das nicht eine Anti-These zu dem Artikel? Ich meine, macht es die Texte weniger sexistisch, wenn sich ein Mann in einem Lied für eine Frau erniedrigt? Oder wäre das eine gänzlich andere Diskussion? Emotional müssten eigentlich die selben Mechanismen greifen …

robert
robert
24. Februar, 2014 18:10

Oh, what are you doing Sunday baby?
Would you like to come and meet me maybe?
You can even bring your baby.
Das ist definitiv mehr als “einer verlorenen Liebe” nachweinen. Aus dem Text geht nicht hervor, ob sie geschieden ist, oder nicht. Aber das impliziert schon sehr stark, dass er eigentlich alles tun würde für ein bisschen Aufmerksamkeit.
Außerdem wartet er ja genauso nur auf sie, obwohl sie wahrscheinlich nie Zeit und Lust hat: I never knew that […] I would be living down here on my own.

Xenaris
Xenaris
24. Februar, 2014 21:57

Sich für sie entleiben will allerdings der Herr Bruno Mars. Der singt davon, für sie seine Hand in eine Klinge zu halten, sich in eine Granate zu werfen und ihr seinen Kopf auf einer Platte zu schenken. Und ist dann ganz verzweifelt, dass sie nicht das Gleiche für ihn tun würde.

Baumi
25. Februar, 2014 00:51

Grandios unterlaufen wird die Idee weiblicher Stalker-Liebe übrigens in diesem Song – indem sie einfach auf die Spitze getrieben wird:
http://www.youtube.com/watch?v=d7bRoA1IXGw

hilti
hilti
25. Februar, 2014 00:54

@Magineer
Dein Beispiel He Hit Me (It Felt Like A Kiss) fällt eher in den Bereich fehlgeschlagener Versuch seine Botschaft rüberzubringen, wenn ich die allwissende Müllhalde richtig verstehe.

Hanno Friedrich
25. Februar, 2014 01:46

Lennon hat seinen Song selber nicht gemocht, es war sein “least favourite Beatles song”.
” I never liked ‘Run For Your Life’, because it was a song I just knocked off. It was inspired from – this is a very vague connection – from Baby Let’s Play House. There was a line on it – I used to like specific lines from songs – ‘I’d rather see you dead, little girl, than to be with another man’ – so I wrote it around that but I didn’t think it was that important.” Rolling Stone, 1970
“Just a sort of throwaway song of mine that I never thought much of, but it was always a favourite of George’s. It has a line from an old Presley song: ‘I’d rather see you dead, little girl, than to be with another man’ is a line from an old blues song that Presley did once.”
All We Are Saying, David Sheff, 1980
Da hat er halt mal als junger Mann während der Geburtsstunde der Popmusik einen misogynen Text geschrieben.

Mencken
Mencken
25. Februar, 2014 11:06

Naja, Lennon war ja generell kein sonderlich sympathischer Mensch und hat seine Frauen und Freundinnen regelmässig verprügelt, gedemütigt oder sonstwie mißhandelt, insofern ist das als Erklärung etwas dünn.
Bei “Woman” ist das Problem aber eher der “Nigger of the world” Vergleich. War schon bei Erscheinen daneben und ist im Lauf der Zeit natürlich nicht besser geworden.
Pulp halte ich nebenbei auch für ein verfehltes Beispiel, Cocker singt ja meist explizit aus der Perspektive neurotischer/beschädigter Personen und dies ist hier ganz eindeutig auch der Fall.

Baumi
25. Februar, 2014 11:32

Vor allem fehlt dem Pulp-Titel dieser “Ich werde ewig auf Dich warten und weiter leiden”-Aspekt. Der Erzähler sagt: “Ich krieg Dich auch nach Jahren nicht aus meinem Kopf, willst Du nicht mal vorbeikommen.” Dabei bleibt der Interpretation überlassen, was beim Besuch passiert. Ich habe “you can even bring your baby” immer als Hinweis verstanden, dass es nicht um Sex geht, aber das kann man natürlich auch ganz anders sehen.
Auf jeden Fall aber sagt der Erzähler nicht “egal we lange es dauert, ich werde hier sein und warten bis Du Dich endlich für mich entscheidest”, sondern es geht spezifisch nur um den aktuellen Moment. Das ist schon was anderes als in “Substitute” oder “Take a chance on me”, wo die Erzählerinnen sich ja komplett von den Launen des männlichen Gegenübers abhängig machen.
Aber natürlich gibt es auch Texte mit männlichen Protagonisten, die die gleichen Mechanismen anwenden, die der Wortvogel kritisiert. Das ist auch kein neues Phänomen, z.B. schrieb schon Schiller im 18. Jhdt. die Ballade “Ritter Toggenburg”. Inhalt lt Wikipedia:
“Das Gedicht erzählt die unerfüllbare Liebe des Ritters Toggenburg. Er schließt sich einem Kreuzzug an und erfährt bei seiner Rückkehr, dass seine Angebetete in ein Kloster eingetreten ist. Er lässt sich in Sichtweite ihrer Zelle als Einsiedler nieder. Er ist damit zufrieden, dass ihr Bild sich ihm in der Ferne zeigt. Die Ballade endet mit seinem Tod. Der Schluss lautet:
Und so saß er, eine Leiche,
Eines Morgens da,
Nach dem Fenster noch das bleiche
Stille Antlitz sah.”
Das ist genauso krankhaft wie die weiter oben zitierten Songs, und mit Sicherheit taugt der Ritter nicht als Vorbild.
Aber allgemein gelten Frauen nach den klassischen Rollenklischees eh als “das schwache Geschlecht”. Wenn dann ein Text kommt, der diese Vorurteile zementiert und abfeiert, stößt das halt übler auf, als wenn eine männliche Figur als unterwürfig bis zur Selbstaufgabe beschrieben wird.

DMJ
DMJ
25. Februar, 2014 16:26

Interessantes Thema!
An sich erzählt auch ein Song erstmal nur eine Geschichte, ob diese von einem guten oder schlechten Beispiel handelt, ist eine andere Frage, da Popmusik aber wenig hinterfragt wird (da eben vor allem über die Melodie konsumiert… da summt man auch schon mal zu einer Botschaft, die man eigentlich nicht teilt), dürfte hier die Missverständlichkeitsquote besonders hoch liegen. Also keine Einwände gegen das generelle Befremden.
Doch oft wird das lyrische Ich übersehen: Ja, viele Leute halten “Where the Wild Roses Grow” für ein schönes Liebeslied und übersehen, dass es von einem Mord handelt, andererseits würde vermutlich auch niemand sagen, seine Botschaft sei, wie toll ein solcher doch sei. Das Lied erzählt halt eine Gruselgeschichte, nicht, was wir uns zum Vorbild nehmen sollten. Klar – ein Extremfall. Die hier zentralen “Selbsterniedrigungssongs” gibt es tatsächlich zuhauf.
Aber, Magineer sprach es in #51 schon an, der Nachtrag sollte auch bedacht werden:
“im Fall von “Substitute” und “The tide is high” handelt es sich sogar um Coverversionen von Songs, die ursprünglich für Männer geschrieben worden waren.”
Im Grunde geht auch der heutige Popsong auf den mittelalterlichen Minnesang zurück, der so ziemlich immer das Thema hatte, dass der Sänger sich absolut in den Besitz seiner Dame begibt. – Dass der Grund dafür die damals rechtlose Position der Frau war, steht auf einem anderen Blatt.
Sänge also ein Mann, dass er auf seine Angebetete wartet, egal, wieviele Typen sie vor ihm hat, sähe man es allgemein wohl weniger als die Geschichte eines schlechten Vorbildes, das zur Selbsterniedrigung aufruft, als einer armen Sau, die ein unglückliches Los getroffen hat.
– Gerade die verträumte Melodie von “The Tide is High” könnte man auch als Zeichen der Versonnenheit im inneren Rückzugsort, an dem die traurige Hoffnung nicht aufgegeben wird, deuten.

Proesterchen
Proesterchen
25. Februar, 2014 16:32

“Sänge also ein Mann, dass er auf seine Angebetete wartet, egal, wieviele Typen sie vor ihm hat, sähe man es allgemein wohl weniger als die Geschichte eines schlechten Vorbildes, das zur Selbsterniedrigung aufruft, als einer armen Sau, die ein unglückliches Los getroffen hat.”
Genau, und das ist dann tatsächlich Sexismus.

DMJ
DMJ
25. Februar, 2014 16:34

Nachtrag: Ja… ich habe Baumis Beitrag #58 übersehen, als ich mein Posting schrieb. 😛

DMJ
DMJ
25. Februar, 2014 16:38

@Proesterchen:
Ist die Frage!
Wie gesagt, man kann es auch als Geschichte eines traurigen Falles interpretieren. Er/sie tut es nicht, weil es das richtige Verhalten seines/ihres Geschlechtes oder Rolle ist, sondern weil er/sie eben hoffnungslos verliebt ist. Eine tragische, unglückliche Figur, der nicht zu helfen ist und deren Leid das Lied beklagt.
Wie gesagt, das geht nicht bei allen beklagten Texten (“You and me” ist tatsächlich die Ballade eines gruseligen Psychokillers), aber bei manchen schon und da finde ich es eben interessant, wie unterschiedlich es von einem Mann und einer Frau aufgenommen wird.

DMJ
DMJ
25. Februar, 2014 16:44

Argh… dritter Beitrag in Folge, ich bitte um Verzeihung! 😛
Aber jetzt sah ich erst, dass sich Proesterchen ja nicht auf meine Deutung, sondern den von mir geschilderten Umstand bezog, ich daher also – statt es mit obigen Ausführungen totzuerklären – zustimme. 😉

heino
heino
25. Februar, 2014 17:17

Was mich immer völlig irritiert hat, ist die Tatsache, dass ich einige Frauen persönlich kenne, die in jeder Hinsicht geistig gesund sind, aber “Jeanny” von Falco für zutiefst romantisch halten, obwohl das eindeutig ein Lied über einen Sexualmord ist.

robert
robert
25. Februar, 2014 18:26

@mencken: Und dass das lyrische Ich einen an der Waffel haben soll, ist inwiefern ein Argument? Der WV hat ihn ja als Loser abgestempelt, ich würde das ähnich sehen. Und inwiefern Frau . . . ehrm Menschen geistig gesund sind, die “warten, bis sie an der Reihe sind” ist ja sowieso eine Diskussion an sich. Oder wären die Beispiele vom WV weniger sexistisch, wenn (noch mehr) draufstünde: “ich habe ein geistiges Problem”?
@Baumi: Naja, ich seh das anders. Er singt ja schon früher explizit: I never knew that you’d get married [and]
I would be living down here on my own.
Sie ist also (gleich wie er in “tide is high”) vergeben, aber er lebt noch immer einsam “hier”, Jahre später. Da den Sprung zu machen zu “und wartet nur auf sie” halte ich jetzt nicht für gewagt. Aber damit sind wir ja gerade dabei, dass er auf sie wartet, egal was ist. Sogar wenn sie schon ein Kind von einem anderen hat.

Mencken
Mencken
25. Februar, 2014 18:55

@Robert: Von “einen an der Waffel haben” war ja nie die Rede. In dem Lied trauert jemand alten Zeiten und verpassten Gelegenheiten hinterher und stellt fest, dass sein Leben (und das von Deborah) sich leider nicht so entwickelt hat, wie er sich dies einst erhofft hatte. Da kann man meinetwegen von einem Loser sprechen, wobei dies bereits fraglich ist (kann ja auch nur eine Momentaufnahme sein), aber mit Selbsterniedrigung, falsch verstandener Romantik usw. hat das nichts zu tun.
Baumi hat ja schon sehr schön erläutert, wie man das auch sehen kann (und ich bin da vollkommen auf seiner Seite), auf jeden Fall gibt es aber diverse Deutungsmöglichkeiten (kann z.B. ja auch eine gescheiterte Ehe implizieren und er stört sich nicht am Kind) und damit schon einen großen Unterschied zu den anderen genannten Beispielen.

Kuang
Kuang
25. Februar, 2014 20:59

Heinzmanns Text klingt ein wenig nach einer abgeschwächten Version von Billie Holidays Lied mit dem selben Namen.
http://youtu.be/5GdNZJgVaUg

Proesterchen
Proesterchen
25. Februar, 2014 22:35

He, hat Jor seinen Kommentar zurückgezogen?
Bei Katy Perry fälllt mir jedenfalls “Unconditionally” ein, doppelt wertvoll als schreiendes Beispiel gegen Adverben im Englischen und ein Text, den man nach Gemütsstand beliebig als hingebungsvoll oder Selbstachtung vermissen lassend lesen kann.

robert
robert
26. Februar, 2014 19:22

Scheinbar interpretiere ich den Text anders als ihr. Was ich eigentlich sagen wollte, war, dass es selbsterniedrigendes Verhalten auf beiden Seiten des Geschlechts gibt.
Das bessere Beispiel hat dann wohl Xenaris gebracht mit “Grenade” von Bruno Mars. Und dass einige der Lieder, die hier angeprangert werden, ursprünglich für Männder geschrieben wurden, zeigt mMn auch, dass Selbsterniedrigung geschlechtsneutral ist.

Baumi
27. Februar, 2014 00:59

@robert: Auf jeden Fall ist das keine reine Frauendomäne. Nur stößt es eben übler auf, wenn diese Lust an der Selbstunterwerfung ausgerechnet der Gruppe in den Mund gelegt wird, der nach klassischen Rollenklischees eh schon die Unterordnung zugedacht war. Kriegt dann ganz schnell was von “Frauen sind eben vom Mann abhängig, und sie wollen es ja auch so”
Das passiert bei männlichen Hauptfiguren nicht, weil der Selbstkasteier da nicht als prototypischer Vertreter seines Geschlechts sondern als Ausnahme von der Regel wahrgenommen wird. (“So sind Männer ja eigentlich gar nicht.”)
Und natürlich ist auch das diese Zuordnung eine Form von Sexismus, weil es die Kehrseite derselben Medaille ist und Männern eine bestimmte Rolle zuschreibt. Allerdings ist die Zuschreibung “Frauen sind schwächer und haben sich dem Mann unterzuordnen” deutlich undankbarer als das dazugehörige Klischee “Männer bestimmen, wo es lang geht”.

Dietmar
27. Februar, 2014 08:54

Wenn ich solche Texte wahrnehme, was ich nicht immer tue, ordne ich sie der Musik unter oder sehe sie als Aussagen eines fiktiven Ichs. Beispielsweise finde ich den Heinzmann-Song “Mean Man” absolut passend. Es gibt sie eben, die Frauen, die so leben. Bei Heinzmann ist sich diese Frau dessen bewusst, kann oder will sich nicht lösen. Das gibt es alles.
@comicfreaks Beispiel finde ich auch abstoßend. Aber: Das ist extatisches Gestammel. Möglicherweise auf einem sexuellen Höhepunkt. Wer sich da nicht dem Partner und der Bedürfnisbefriedigung widmet, hat verloren. Das sahen wir doch bei Dr. Manhatten. Wenn man die Liebesarien textlich ansieht, bestehen die auch nur aus mageren Aussagen.
Ähnlich wie bei “Candle in the Wind” für Diana: Völlig blödsinniger Text. Aber die nebeneinander gestellten Bilder sehe ich als Abbild des gedanklichen Chaos und den Versuch des Charakters Worte zu finden.
Und Sexismus kann sexy sein, wie man in der Postmodern Jukebox “Blurred Lines” sehen kann. Ich hoffe, es ist okay, wenn ich das noch einmal hier passend einbinde:
https://www.youtube.com/watch?v=Nz-OMn1o22Y

Stefan
28. Februar, 2014 11:23

Moin,
also “The Tide is High” stammt ursprünglich von den Paragons
http://www.youtube.com/watch?v=wrIP3DpYOV0
Die singen das aus männlicher Sicht, da stimmt das Weltbild dann wieder. 😉
Gut, muss Blondie halt nicht covern. Schaut man sich aber ihr Video (1980!) an, sieht man, wie bei 1:25 Darth Vader auftaucht. Sie schmachtet also in Wahrheit ihn an. Der hängt aber leider auf seinem Todesstern mit den Jungs und sehnt sich nach Blondie (schön, wie sich bei 2:15 der Todesstern in 2 Brüste verwandelt). Das ist also auch noch schwulenfeindlich!!

Peter Krause
28. Februar, 2014 18:52

Zu “Substitute” sollte man vielleicht auch noch wissen, daß der Song nicht nur von einem Mann geschrieben, sondern ursprünglich auch von Männern gesungen wurde, namentlich den Righteous Brothers.
Erstaunlicherweise hat das Einfluß auf meine Rezeption des Songs. Wieso eigentlich?

Jeff Kelly
Jeff Kelly
28. Februar, 2014 19:32

@DMJ, Ich finde Nick Cave als Beispiel für dieses Thema eher unpassend. Nick Cave steht ja gewissermaßen für das Morbide und nutzt die Tatsache, dass die Melodie und Musik diese lyrischen Themen konterkariert als Stilmittel. Mercy Seat, 15 feet of pure white Snow, Where the wild Roses grow. Das war ursprünglich mal vom New Wave und der Neo-Romantik inspiriert und die Songs ziehen ja gerade an Reibung zwischen Melodie und Text ihre Kraft.
Auch für Zappa ist das ja bei Bobby Brown ein Stimittel bei dem der Text durch die eingängige Melodie und die Struktur als Popsong nochmal gebrochen wird.
An blurred lines ist allerdings nichts ‘sexy’. ‘creepy’, schon eher, Dreck auf alle Fälle. Das das nicht ironisch gemeint ist verrät schon der Titel und der Text liest sich ohne die eingängige Pop-Melodie im Ohr auch eher als Klage darüber, das ja heute angeblich normales Balzverhalten schon problematisch wäre, da dann aber Sätze fallen wie ‘I(you) know you want it, I(you) know you need it’, wird relativ klar das dieses Balzverhalten wohl sehr übergriffig sein dürfte.
‘A bit rapey’ wie der Amerikaner sagen würde

DMJ
DMJ
1. März, 2014 16:19

Klar, für das Kernthema passt Cave nicht so wirklich – ich nahm ihn nur als Beispiel davon, wie oft Musik völlig unabhängig von ihrem Text konsumiert wird. Und in der Hinsicht ist “Roses” wohl ein recht bekannter Fall… obwohl das Video ja eigentlich bekannt genug ist. 😉
Aber was romantisch und was unangenehm ist, wird wohl eh nicht immer logisch entschieden. Ist ja auch kein logischer Lebensbereich.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=g0vwo_TvFPQ
(Ja, der Sketch schwächt sich enorm dadurch, dass er sich ausführlich selbst erklärt, aber wenn er mir gerade heute vor die Flinte kommt, muss ich doch drauf verweisen. 😉 )

Dietmar
2. März, 2014 09:01

@Jeff Kelley:

An blurred lines ist allerdings nichts ‘sexy’. ‘creepy’, schon eher, Dreck auf alle Fälle. Das das nicht ironisch gemeint ist verrät schon der Titel und der Text

Erst einmal ist blurred lines ein großartig produzierter Song. Hat meinen vollen Respekt. Der Text und wie er im Original präsentiert wird, das ist grenzwertig. Sehe ich auch so.
Aber sexy bezog ich ja auch nicht auf das Original sondern auf das verlinkte Video. Und da habe ich ebenfalls großartige Musiker und eine traumhafte Sängerin, die sich eben mit ironischer Haltung und sexy as hell über den Song hermacht.
Ganz im Gegensatz zu der stalkenden, sich selbst lächerlich erniedrigenden Agnetha mit albern versuchter Backfischerotik steht in meinem Beispiel da eine erotische junge Frau, die bewusst und gekonnt mit ihrer Ausstrahlung spielt. Die sieht man, sabbert still vor sich und weiß genau, die tut nur so.
So jemand darf alles singen.

Dietmar
2. März, 2014 09:17

@DMJ: Das ist exakt der Punkt. Im Grunde sollte man das das Brüderle-Phänomen nennen.
Kleine Anekdote: Eine damals 17-jährige Schülerin von mir hat sich etwas aufgebrezelt, um nach dem Unterricht auszugehen. Ich sagte etwas wie, du siehst ja umwerfend aus. Ihre gelassene Antwort: “Ja, aber für eine andere Zielgruppe.” 😀

Peter Krause
7. März, 2014 14:26

Ich muß erstmal zugeben, daß ich kein bißchen verstehe, was hier, auch mit mir, passiert.
Gleichberechtigung sollte ja eigentlich bedeuten, daß es mir schnurzegal zu sein hat, ob etwas von einer Frau oder einem Mann kommt.
Dennoch machen wir gerade hier Unterschiede, ob Tide is High oder Substitute von einer Frau oder einem Mann gesungen wird.
Ich staune dabei über meine eigenen Reaktionen darauf.
Tide is high, zum Beispiel, war für mich früher erstmal so ein La-La-Lied. Teilweise interessant, aber teilweise auch irgendwie falsch.
Dann kam Seeed, die mich ansonsten eigentlich kaum überzeugen können, aber mit ihrer Version von diesem Lied haben sie mich ganz tief am Schlafittchen gepackt.
Ich kann nicht beschreiben, warum, aber deren Version von dem Song löst bei mir starke Gefühle aus, und die sind eher angenehm. WTF?

martin Däniken
martin Däniken
16. März, 2014 16:07

Ich sehe diese frauen/schwulenfeindlichen Texte als Abstumpfungsmittell das sich mehr oder weniger bewusst darstellt.
Da alle es trällern ist es ok!
Wenn man sich sich Songs wie “Runaway” von Del Shannon unter dem Aspekt von Flucht vor männlicher Beherrschung anhört oder auch anderere Songs aus den 50er/60er Jahren kann man ein etwas anderees Bild von der Idylle und Harmonie dieser Zeit bekommen…

Peter Krause
21. März, 2014 02:40

Wenn ich zur Abwechslung zu den Halbwesen noch mal kurz dieses Topic wiederbeleben darf:
Mich würde interessieren, wie Ihr im hiesigen Zusammenhang Lady Gagas “Yoü and I” bewertet?
“Sit back down where you belong
In the corner of my bar with your high heels on”
Ich habe mich verliebt in diesen Song und fühle mich jetzt irgendwie schuldig.

Peroy
Peroy
23. März, 2014 12:09
Dietmar
23. März, 2014 21:13

Nix für mich: Fast alle anderen in meine Familie hörten und hören Metal. Das hat mich geschädigt.

Hoehrn
Hoehrn
28. April, 2014 19:02

Da sage ich nur: “Don’t merry her, fuck me!”
von the beautiful south glaube ich…

Autortzm
15. Juli, 2014 09:06

Tja. Sexismus ist genauso wie Rassismus eine üble Sache. Sie missbraucht nicht nur eine Gruppe (Schwarze = Sklaventum, Frauen = allzeit bereite Sexobjekte), sondern sie zerstört letztlich auch den “Nutzer” (die Weißen, die Männer).
Denn was für den Rassismus gilt, gilt erst recht für den Sexismus.
Woher kommen solche Erniedrigungen “natürlicher” Gruppen (Schwarze/Frauen)?
Neuerdings spricht mensch von gruppenspezifischer Menschenfeindlichkeit.
Die einen sind die Sieger – die anderen die Verlierer.
Die einen sind die Täter – die anderen die Opfer.
Die einen sind die Benutzer – die anderen die Benutzten.
Ist eben so.
Wirklich?
Das Thema Schwarze/Weiße ist durch einen schwarzen amerikanischen Präsidenten noch lange nicht abgehakt. Wenigstens wurde offiziell das Sklaventum verboten.
Bleibt die Gruppe der Männer und Frauen.
Kunst (z.B. Liedtexte) spiegeln den Massengeist wieder.
Und der Massengeist lautet: Männer sind männlich. Frauen sind fraulich.
Klar. Sagen uns doch die (volksverdummenden) Liedtexte, Religionen sowieso, und der größte Teil der Wissenschaftler.
Und was der überwiegende Teil der Wissenschaftler sagt (oder auch so manche Künstler in ihren Liedtexten), ist eben die “Lebenswahrheit” oder das “Wissen”.
Stimmt das wirklich?
Männer sind männlich? Frauen sind fraulich?
Dass dem nicht so ist und es sich lediglich um Gruppenlobbyismus handelt, kann nachgelesen werden unter:
http://www.thesen-zur-manipulation.npage.de nachlesen.
Ein Liedtext, eventuell zum Weiterdiskutieren:
http://www.youtube.com/watch?v=fgkw47HLxH8
Carmel – I’m not afraid of you

Goran
Goran
15. Juli, 2014 10:07

@Autortzm
Dir ist bewusst, dass Dein Post an unreflektiertem Rassismus und Sexismus schwer zu überbieten wäre?

Wortvogel
Wortvogel
15. Juli, 2014 10:28

@ Goran: Ich bin sicher, das schafft jemand. Erfahrung.

Dietmar
15. Juli, 2014 11:01

Der Thesentext ist jedenfalls in seinem parolenhaften, arrogant rechthaberisch erscheinenden Stichwortstil abstoßend.

Niklas Weber
Niklas Weber
23. September, 2016 14:52

Frank Zappa eine sehr gute Sänger, Bobby Brown große Melodie und Gesang http://lyricsmusic.name/frank-zappa-lyrics/sheik-yerbouti/bobby-brown.html

Thilde
Thilde
16. Januar, 2021 10:56

Gerade gefunden, das hier; besser spät als nie…
Ich suche schon lange nach einer umfangreichen Liste sexistischer Songs; nicht nur in Rap jeglicher Art, da sind die Beispiele ja nur zu häufig und offensichtlich.

Mich interessieren besonders subtilere Sexismen in Liedern – und die schockierende eine Zeile, die ganz klar macht, was der Songschreiber sich da gerade gedacht hat.
Meine Beispiele (mit relevanten Textauszügen), bei denen ich gerne zusammenzucke, wenn sie im Radio laufen:

Kenny Rogers, Don’t take your love to town

She’s leaving now ’cause
I just heard the slamming of the door
The way I know I’ve heard it slam 100 times before
And if I could move I’d get my gun
And put her in the ground

(2-Zeilen-Klarmacher: Über seine vergangenen Macho-Zeiten jammerndes Weichei, der gerne seine Frau umbrächte – wenn er nur könnte…)

Beatles, Run for your life

You better run for your life if you can, little girl
Hide your head in the sand, little girl
Catch you with another man
That’s the end, little girl

(Nicht so ganz Subtiles – geschrieben von John Lennon! Wenigstens hat er sich danach reformiert…)

Percy Sledge, When a man loves a woman

If she is bad, he can’t see it
She can do no wrong
And turn his back on his best friend
If he puts her down

(Noch ein Jammermann, der in diesem Lied davon ausgeht, dass die meisten Frauen “schlecht” sind. Wenn das Leid heißen würde “Wenn ein Mann einer Frau hörig ist”, wäre der Text in Ordnung…)

Brian Adams, Run to you

She says her love for me could never die
But that’d change if she ever found out about you and I
Oh but her love is cold
Wouldn’t hurt her if she didn’t know, ’cause
When it gets too much
I need to feel your touch

(Eine Affäre kann ja so spannend sein – deshalb wird auch die “kalte” Frau/ Freundin nicht verlassen.)

Schöne Isabella von kastilien

Kommst du nicht bald, mein Schatz
Brauch’ ich Gewalt, mein Schatz
Ich mach’ erst Halt, mein Schatz
Wenn du mich küsst und du wieder bei mir bist

(Offene Gewaltandrohung eines Stalkers.)

Eddie Grant, Dance with you baby no more

I don’t wanna dance, dance with you baby, no more
I’ll never do something to hurt you though
Oh, but the feeling is bad, the feeling is bad

( Offensichtlich muss er diese 2. Zeile erwähnen, weil er schon mal darüber nachgedacht hat…)

Adele, Someone like you

I hate to turn up out of the blue, uninvited
But I couldn’t stay away, I couldn’t fight it
I had hoped you’d see my face
And that you’d be reminded that for me, it isn’t over
Never mind, I’ll find someone like you

(Schlimme Stalkerin – jedesmal beim Hören des Songs sehe ich das panicking face ihres Ex vor mir, als er sieht, welcher Geist der Vergangenheit da vor seiner Tür steht…

Adele, Hello

I must’ve called a thousand times
To tell you I’m sorry for everything that I’ve done
But when I call, you never seem to be home

At least I can say that I’ve tried
To tell you I’m sorry for breaking your heart
But it don’t matter, it clearly doesn’t tear you apart anymore

Did you ever make it out of that town where nothing ever happened?
It’s no secret that the both of us are running out of time

(Stalkerin, die 2.: Sie weiß, dass der Ex mit der Sache abgeschlossen hat: Er geht nicht ans Telefon, wenn sie anruft, also leidet er auch nicht mehr, das spricht sie sogar aus – und trotzdem meint sie paradoxerweise, dass dieser Paarbeziehung die Zeit ausgeht…
Ein Seitenhieb darf auch nicht fehlen “Did you ever make it…”)

Dazu, dass ich als Frau einige dieser Melodien trotzdem gerne höre/ mitsumme, habe ich ein Buch gefunden, das ich mir anschaffen werde, vielleicht ist es auch für dich von Interesse:
Rhian Jones, Eli Davies, „Under My Thumb: Songs That Hate Women and the Women Who Love Them“ (2017)
Bleib gesund!

Dietmar
16. Januar, 2021 13:49
Reply to  Torsten Dewi

Thildes Text gelesen,
geärgert,
Tee gemacht,
zurück gekehrt,
Tee getrunken,
Deine Antwort gelesen,
stehend applaudiert,
beruhigt.

Ich werde alt und weise.

Last edited 3 Jahre zuvor by Dietmar
Thomas K.
Thomas K.
17. Februar, 2023 12:30

aus heutiger Sicht stimme ich zu: die meisten ABBA Stücke sind so aufgemacht, dass die Damen sich unterwürfig ihren Jungs an den Hals werfen. Andere Zeiten andere Sitten. Ob sie es freiwillig taten damals oder von ihren lovern gezwungen wurden oder durch die damals üblichen gesellschaftlichen Vorgaben gedrungen? Oder ob auch sie selbst das damals schon etwas als Satire und Überspitzung gesehen haben? dafür konnten sie auch mal flirten ohne gleich als VergewaltigerInnen angezeigt zu werden. Es war halt eine andere Stimmung damals als die Pille plötzlich “freie Liebe” möglich machte. Die Musik ist jedenfalls heute noch nett und wenn man sich die Texte übersetzt und nicht einfach weghört muss man eher lachen, was für Ansichten die damals hatten.