B5 und die Angst vor der Kompetenz im Banalen
Themen: Film, TV & Presse |Ich habe mich vor drei Jahren schon mal über Schlampereien auf B5 ausgelassen – ähnlich wie der SPIEGEL scheint man entschlossen, bei trivialen Themen konsequent jede Form von Expertise zu vermeiden. Die Tatsache, dass man sich in der U-Kultur auskennt, könnte ja den Vorwurf provozieren, sich der E-Kultur nicht ausreichend zu widmen. Und darum hat dann gerne mal Donald Duck den Geldspeicher und Perry Rhodan ist ein Science Fiction-Autor.
Als ich am Samstag sehr früh von München in Richtung Speyer fuhr, ließ ich mich eine halbe Stunde lang von B5 berieseln – genau bis zu den "Multimedia-Tipps", die dem Sender so wichtig sind, dass er sie regelmäßig und auf breiter Front präsentiert: "Jeden vierten Samstag im Monat, um 6.25 Uhr und um 8.25 Uhr."
Satte 2 Minuten einmal im Monat früh morgens an dem Tag, an dem jeder ausschläft. Schon klar – warum sollte sich auch irgend jemand für Computerspiele interessieren? Und diese Einstellung spiegelt sich dann auch in der Kompetenz, mit der digitale Medien hier besprochen werden.
Bei "Assassins Creed: Black Flag" werden 70 Prozent von der Minute Sendezeit an knarzige Audioclips verschwendet. Kein Wort über das Genre des Spiel, über Grafik oder Spielqualität. Alles, was uns an "Urteil" zugemutet wird: "Alle "Assassins Creed"-Spiele waren bisher gelungen und der neueste Ableger macht hier keine Ausnahme. "
Keinen Deut besser: Die Besprechung von "Batman: Arkham Origins". Ein fetter, aber kontextfreier Audioclip und ein sichtliches Bemühen, JEDES Wort falsch auszusprechen: "Bähdmähn: Arkhamm Origns". Auch hier Hammerkompetenz bei der Beurteilung "Das Actionspiel erreicht nicht ganz die Qualität, der anderen Batman-Titel, ist aber immer noch ein sehr gutes Spiel". Blöd nur, dass der Autor im Fazit konsequent von "Batman: Arkham City" spricht, dem Vorgänger. Ein Fehler der hätte auffallen MÜSSEN – beim Manuskript, bei der Produktion, bei der Abnahme, bei der Übernahme auf die Webseite. Fehlanzeige.
Seit 15 Jahren wird beim B5 auch nicht hinterfragt, wie solche Spiele konsumiert werden – geradezu penetrant wird nur auf die PC-Varianten und deren Preis verwiesen. Xbox oder Playstation kommen im öffentlich-rechtlichen Universum augenscheinlich nicht vor.
Auf der Webseite des Radiosenders findet man noch eine dritte Besprechung, und zwar von "Battleworld Chronos". Die hat es nicht mehr "on air" geschafft, vermutlich wegen der Erwähnung des Begriffes Crowdfunding. So einen neumodischen Unfug kann man seinen Hörern ohrenscheinlich nicht zumuten.
Was versprechen die sich davon? So ist das doch eher Anti-Werbung.
@Gerrit: das denke ich mir bei 95% vom selbstgestalteten Programm (also abzüglich Musik, die nervt mich nur in ihrer Wiedeholungshäufigkeit, aber ich weiß wieso die läuft *g*) aller Radiosender…. Ein SD-Karten-Autoradio ist für mich mittlerweile unverzichtbar.
Schade, im ersten Augenblick dachte ich noch, es ginge um Babylon 5.
Brrrr, klingt ja schauderhaft :/
Toller J.J.-Artikel übrigens bei DWDL, danke dafür 😀
Ich hatte mich bis zum Ende des ersten Absatzes gefragt, wann Du denn endlich was über Babylon 5 schreibst….
Ist eben ein weiterer Beleg dafür, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht wirklich braucht und der vermeintliche Qualitätsunterschied gegenüber den Privaten größtenteils reine Behauptung ist. Immerhin recht realistisch, in der Zielgruppe dürfte sich tatsächlich niemand für das Thema interessieren.
Als in Berlin beheimatet, höre ich während der Arbeit inzwischen immer RadioEins. Weder Dudelmusik, noch nervende Moderatoren. Dafür gibts aber immer mal wieder sympathische, informative Interviews und Berichte (besonders toll war das Interview mit Hinnerk Schönemann, der dann spontan noch eine Stunde länger blieb).
@ Warrior: In Berlin ist RadioEins auch immer meine Wahl.
Es wird wohl noch eine Generation von Medienmachern wegsterben müssen, bevor Computerspiele als Kulturgut akzeptiert werden. Oder zwei.
Man hätte Assassins Creed 4 zumindest als Hoffnungsträger nach dem Tiefpunkt der Reihe verkaufen können. Oder erwähnen, dass Arkham Origins mit massiven Bugs zu kämpfen hat (besonders im Multiplayer). Aber dafür braucht es Liebhaber von PC-Spielen, die darüber auch berichten wollen und dürfen.
Zeit.de hat einige wirklich gute Texte über PC-Spiele, gelegentlich. 🙂 Sowas hier z.B. http://www.zeit.de/digital/games/2013-11/games-klassiker-archivierung
Na, die sind ja drollig! 🙂
Vor vielen Jahren, als der Sänger Engelbert noch bekannt war und den Nachnamen Humperdinck führte, was ihm auf Betreiben der Nachfahren des entsprechenden Komponisten dann verboten war, wurde in der "Bild" mal die Oper "Hänsel und Gretel" angekündigt. Da stand dann: "Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck ("Please release me")". Leider habe ich das nicht gelesen sondern nur im Radio auf NDR gehört. Das war aber durchaus vom Moderator ernst gemeint, also glaube ich ihm das.
Es gibt doch so einen Spruch mit Blinden und Farbe und so. Oder Dieter Nuhr ("Wenn man keine Ahnung hat …").
@Dietmar: wie jetzt, der hat "Hänsel & Gretel" nicht geschrieben?! Als nächstes erzählste mir noch, "Teenage Kicks" sei gar nicht von One Direction. 😆
Was ich auch sehr schlimm finde, ist die totale Abwesenheit von externen Links zu den Spielen, bspw. bei Battleworld Chronos der Link zur Homepage. Da merkt man noch mehr, wie egal den Machern die Zielgruppe ist. Vermutlich ist das eine vom Rundfunkstaatsvertrag vorgeschriebene Sendung, die mit dem absoluten Minimum an Einsatz und (Geld-)Mitteln zusammengekloppt wird. Sehr enttäuschend.
Ehrlicherweise sollte man allerdings auch anmerken, dass ja eigentlich niemand eine derartige Berichterstattung vermisst hat. Man regt sich drüber auf, wenn man davon erfährt, aber eigentlich kann es einem auch egal sein, weil man sich derartige Infos ohnehin anderswo besorgt.
Hinsichtlich Radio Eins (Berlin) stimme ich zu, wahrscheinlich der beste Radiosender in Deutschland.
@Mencken:
Natürlich ist es nicht so, dass ein dringender Bedarf schlecht befriedigt wird, aber auf irgendeine Art macht es das fast noch schlimmer. Da bietet man einen reinen zusätzlichen Service, der so jämmerlich schlecht ist, dass man ohne auch nicht schlechter dran war… dann sollen sie es doch gleich lassen. 😉
@ DMJ: So sehe ich das auch – es ist dieses peinliche Feigenblatt nach dem Motto "Wir bieten auch mannigfaltige Formate für ein junges und netzaffines Publikum".