03
Okt 2013

Tag der deutschen Scheinheit

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Ich könnte (endlich mal) über meine Erfahrungen bei Facebook schreiben. Oder über die Romantisierung der Prä-Internet-Ära, über die ich schon lange sinniere. Ich habe was über Nazi-Filmbücher auf Lager, ein paar Reviews, Betrachtungen zur einer Chemtrail-Demo in Berlin, Gedanken zu einer eBook-Reihe aus meiner Feder, etc.

Not today.

Das hier wird wir mal wieder so ein rausgehackter, undurchdachter und schwer privater Rant, der meine recht subjektive Perspektive zur Diskussion stellt. Oder nicht. Ist mir doch egal.

Die deutsche Einheit.

Ich wurde mehr als 20 Jahre nach der Teilung geboren. Als ich auf die Welt kam, stand die Mauer seit acht Jahren. Für mich – und die meisten Kids meiner Generation – gab es nicht zwei Deutschlands. Es gab zwar kurioserweise zwei Staaten, die beide "Deutschland" im Namen trugen und Abkürzungen wie BRD und DDR hatten. Ich habe sie nie als zwei Teile eines Staatengebildes gesehen. Wir – das war Deutschland. Die da drüben – das war die DDR, so eine Art verarmter, entfernter Verwandter mit lächerlichen Autos, aber ohne Devisen. Österreich war uns vertrauter als die DDR, sogar Holland. Da fuhr man hin, um Urlaub zu machen, um Spaß zu haben. Niemand fuhr in die DDR, um Spaß zu haben.

Ich erinnere mich an eine Tagesschau in den späten 70ern, in der Oppositionsführer der CDU, Helmut Kohl, die Wiedervereinigung Deutschlands als nicht zur Disposition stehenden Grundpfeiler der Politik bezeichnete – er wurde als tatsachenblind und ewiggestrig beschimpft, dass es krachte. Ich dachte damals: "Wiedervereinigung? Wie ist der denn drauf?"

Zehn Jahre später kam sie.

Ich habe die Wiedervereinigung (die ich so nicht nennen mag, aber dazu später mehr) von Düsseldorf aus erlebt, da war ich Zivi. Meine primären Informationsquellen waren damals der SPIEGEL und die Tagesschau. Ich war also wahrlich nicht "hautnah dabei". Mit meiner ersten Wohnung und meiner ersten Freundin setzte ich auch andere Prioritäten in meinem Leben.

Ich erinnere mich an die ersten Demonstrationen, über die berichtet wurde. Über die Proteste, die wir alle für Kleinkram hielten, der mit ein paar politischen Zugeständnissen und ein paar Warenlieferungen aus dem Westen wieder verebben würde. Stattdessen wurden die Unmutsbekundungen immer lauter, gingen auf die Straße, erfuhren etwas, von dem der Sozialismus ja ständig predigt: Solidarität.

Auch heute, 25 Jahre danach, bin ich nicht sicher, was die Leute, die aus der Nikolai-Kirche auf die Straße gingen, eigentlich wollten. Ein besseres, ehrlicheres Leben, klar. Aber was heißt das schon? Wollten sie die Einheit? Ich glaube nicht, dass jemand damals so weit dachte. Eine derart krasse Umwälzung der Umstände hält man so lange für unmöglich, bis sie geschieht. Müsste ich mich festlegen, würde ich vermuten, dass die Demonstranten damals ernst genommen werden wollten, dass sie die Erfüllung ihrer Wünsche einforderten, so unterschiedlich diese auch gewesen sein mögen. Mehr Freiheit, mehr Waren, mehr Mitsprache. Es sollte alles irgendwie besser werden.
ddr
Ich bin nicht stolz darauf, dass wir uns lange Zeit über die "Ossis" (die wir damals noch nicht so nannten) lustig gemacht haben. Es erschien alles so – albern. Die DDR war eine Diktatur aus alten, urdeutschen Beamten, kein furchterregender Schurkenstaat wie Chile oder Uganda. Selbst der Überwachungsapparat war eher von Pedanterie als von Boshaftigkeit geprägt. Das Volk erschien uns ebenso piefig wie seine Machthaber – hatten die sich nicht irgendwie auch verdient? Schließlich waren die Polen (die Polen!) schon vor Jahren an ihnen vorbei gezogen, was die Reformen anging.

Aber dann kam der Schneeballeffekt. Für jeden Bürger, der auf die Straße ging, gab es zwei, die sich entschieden, es morgen zu tun. Die Führung des Landes zeigte sich in der Krise als genau so unflexibel und bröckelig, wie wir es immer schon geahnt hatten. Die Versprechen, von denen ich vermutet hatte, dass sie dem Spuk ein Ende machen würden, wurden gemacht – und verpufften. Die Menschen wachten auf, erkannten eine Macht, die sie immer gehabt, aber nie eingefordert hatten. Mit der Möglichkeit, ungestraft alles fordern zu können, kam die Frage: was wollen wir eigentlich?

Zu dem Thema lesenswert finde ich dieses Essay von Klaus Bölling – von 1985.

Es ist viel geschrieben worden über den Schwenk der Chöre von "Wir sind das Volk!" zu "Wir sind ein Volk!". Ich glaube retrospektiv, dass die Einheit primär (west)politisch gewollt und über Konsum- und Freiheitsversprechen in die Protestbewegung gepflanzt wurde. Wenn man zynisch sein will: Land gegen Bananen. Ein gemeinsames Ziel, aber völlig unterschiedliche Motive. Es war die Chance für den Westen, den Kalten Krieg endgültig zu "gewinnen", den Warschauer Pakt zu brechen, eine neue Macht in Zentraleuropa zu installieren. Haben die Menschen in Berlin, Dresden und Leipzig das nicht gewusst – oder war es ihnen einfach egal?
zonen-gaby
Die Menschen im Westen, die nicht direkt mit den Geschehnissen konfrontiert wurden, sahen angesichts der Eskalation weitgehend fassungslos zu. Man muss sich klar machen, dass wir NICHT auf die Straße gegangen waren. Uns ging es gut, eine grundlegende Veränderung des Status Quo wurde zwar nicht abgelehnt, aber auch nicht gewünscht. Was hatten wir denn zu gewinnen außer dieser vagen Idee eines "geeinten Deutschland", das niemand unter 40 kannte? Es ist schon faszinierend, wie es der Politik und den Medien (allen voran SPIEGEL und BILD) gelang, auch die Wessis (wie wir damals noch nicht genannt wurden) in einen Einheitstaumel zu versetzen, der gänzlich undeutsch war und ist.

Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn wir uns damals nicht selbst so sehr in Frage gestellt hätten. Es war das Jahrzehnt der Atomkraftgegner, der Umweltzerstörung, der drohenden nuklearen Vernichtung, der tief sitzenden Überzeugung, dass wir vermutlich die letzte Generation sind, die in Freiheit und Wohlstand lebt. No future. Haut die Bullen platt wie Stullen. AKW neee. Die Wiedervereinigung versprach Veränderung, Aufbruch, Neuland statt Doitschland.

Silvester 1990, da habe ich mit meiner Vermieterin in meinem Münchner Zimmer gesessen und am Bildschirm die begeisterten Feierlichkeiten angeschaut. Da haben wir geglaubt, dass nun alles anders wird. Wie anders? Keine Ahnung. Anders halt. Deutschland ist jetzt wieder EIN Land! Was das heißt? Keine Ahnung.

Vielleicht hätte man die Sache anders angehen müssen, vorsichtiger, abwägender, maßvoller. Eine politische Partnerschaft, die der DDR ermöglicht, dringende Probleme erstmal selbst zu lösen, bevor man sich an die Einheit macht. Die politische und wirtschaftliche Struktur der DDR nutzen, um aufzubauen, was auch zum Westen passen muss. Das Land aus sich heraus zu der Demokratie machen, die es dem Namen nach doch angeblich war. Den Partner stärken, damit er mehr sein kann als Juniorpartner.

Genauso legitim kann man die Meinung vertreten, dass wir die DDR vor dem Kollaps bewahren mussten und sowieso spät dran waren. Dass nur die Wiedervereinigung eine der größten politischen und humanitären Katastrophen in Zentraleuropa seit Kriegsende verhindert hat. Dass nach der DDR Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei zusammengebrochen wären – ein Domino-Prinzip, das die Verantwortlichen nicht riskieren konnten.

Whatever. Wer damals dabei war, bekam den Eindruck, dass die Wende in der DDR keine steuerbare Entwicklung war. Kohl konnte Weichen stellen, aber nicht den Zug aufhalten. Man muss die Geschichte so akzeptieren, wie sie geschehen ist.

Machen wir uns nichts vor: es wurde keine Wiedervereinigung. Der Westen hat die DDR zu seinen Konditionen geschluckt, ihre Machthaber mit zeitlich begrenzter Teilhabe abgespeist und das Ost-Volk mit einem volkswirtschaftlich unverantwortlichen Umtauschverhältnis lange genug ruhig gestellt, um Helmut Kohl im Januar 1991 die erneute Macht zu sichern. Wir wurden belogen, als man uns sagte, das wäre gar nicht so teuer – die Menschen im Osten wurden belogen, als man ihnen sagte, sie wären gleichberechtigte Partner. Es war nicht die Wiedervereinigung von Brüdern – es war die Aufnahme des arbeitslosen Vetters, dem man ein Gästezimmer frei räumt und der sich ständig Geld leihen muss. So, wie der Eine nicht ständig für den anderen zur Brieftasche greifen will, will der Andere nicht ständig betteln müssen. Es war von Anfang an ein unfaires, unwürdiges System, das den arroganten Wessi und den jammerlappigen Ossi nicht entlarvte, sondern erst erzeugte. Weil es keine Gleichheit unter Ungleichen geben kann.
WIRECENTER
Ein paar Worte der Fairness halber.

Ich respektiere, dass die Politik erreicht hat, was sie wollte. Mit der Wiedervereinigung brach das marode System des Warschauer Pakts endgültig zusammen, die Nachwehen waren nicht vorhersehbar und sind auch nicht Teil des politischen Erbes Helmut Kohls.

Ich bezweifle, dass eine SPD-geführte Regierung 1988/89 die Chance erkannt und ergriffen hätte, die Einheit voran zu treiben. Vor allem aber kann niemand bestreiten, dass von 1990 bis 1995 alles versucht wurde, die DDR so schnell wie möglich auf West-Niveau zu hieven, um die sich schnell zeigende Unzufriedenheit auf beiden Seiten auszugleichen.

Wenn ich aber heute, 25 Jahre danach, auf das "Projekt Einheit" zurück schaue, dann frage ich mich, ob es das wert war. Nicht die Milliarden. Die sind "nur Geld". War es die Mühen wert, die Streits, die permanente wie latente Aggression zwischen den elf alten und fünf neuen Bundesländern? 25 Jahre, in denen doch nicht zusammen wachsen wollte, was doch eigentlich zusammen gehört? 25 Jahre, nach denen man weite Teile der Ex-DDR als menschenleer, lebensfeindlich und politisch an den rechten Rand verloren betrachtet?

Ich bin nicht frei von Vorurteilen, ich lebe und vertrete viele Klischees von Wessis und Ossis. In Diskussionen lasse ich mich zu der Aussage hinreißen, dass alles anders gekommen wäre, wenn man die Westdeutschen in einer gesamtdeutschen Volksabstimmung für oder gegen die Einheit hätte stimmen lassen. Ich finde, der Osten ist ein überraschend bodenloses Loch, in dem angeblich über 1400 Milliarden versenkt wurden (und das weitere 1000 Milliarden fordert), die primär der Westen erwirtschaftet hat. Manchmal ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass man von dem Geld ein komplett neues, blitzsauberes Land in der Größe der Ex-DDR hätte errichten können, mit Kitas, Wlan und Parkplätzen für alle. Ich halte die Ossis für antriebslos und undankbar, weil sie sich prima über unsere Arroganz beschweren können – während sie immer mehr Geld von uns fordern. Ich bin ein Kind der Zeit, ich habe ihre Phrasen gut gelernt.

Es gibt keinen Grund zu feiern, auch nicht an diesem Feiertag, an dem mehr über den angeblich schlechtesten RTL-Film aller Zeiten geschrieben wird als über die Einheit. Es ist in 25 Jahren nicht erreicht worden, was 10 Jahre hätte dauern sollen. In den neuen Bundesländern wird die DDR noch zu spüren sein, wenn sie länger vergangen ist, als sie je existiert hat. In 15 Jahren ist das schon so weit.

Es hat sich viel getan. Das kann jeder sehen, der tatsächlich mal durch die Uckermark fährt, durch Mecklenburg-Vorpommern, durch Thüringen. Gerade meine Reportagen in den neuen Bundesländern, im Erzgebirge und an der Ostsee, haben mir die Augen geöffnet. Schaut euch Dresden an, Leipzig, Schwerin, Stralsund!

Hat sich wirklich viel getan? Der politische Zwergenstaat DDR ist heute ein wirtschaftlicher Zwergenstaat, auch wenn die Karten Deutschlands seine Grenzen nicht mehr verzeichnen. Die Menschen haben zu wenig Arbeit, zu wenig Geld, zu wenig Chancen. Manche schauen neidisch zu uns, manche wütend, viele schauen gar nicht mehr. Wer kann, "macht rüber". Dem Rest bleibt lethargischer Frust, der in die falschen Arme treibt und gefährlich mit der "Früher war nicht alles besser, aber…"-Lebenslüge flirtet.

So macht sich Frustration breit, sicher nicht nur bei mir. Das hatten wir uns anders vorgestellt, damals, 1988/89, als David Hasselhoff sang, moonwashed Jeans angesagt waren und PCs noch die Größe von Reisekoffern hatten. Und vielleicht ist es genau das, was uns heute eint: Die Erkenntnis, dass wir alle von der Einheit nicht bekommen haben, was wir uns davon versprachen. Wir sind ein einig von Volk von Unzufriedenen, das sich über die Versuche der PARTEI, die Mauer wieder aufzubauen, leise amüsiert – weil das ja nicht geht.

Oder?

Ein kluger Mann hat mal gesagt: "Eine derart krasse Umwälzung der Umstände hält man so lange für unmöglich, bis sie geschieht". Das war ich. Weiter oben.

Happy Einheit.

P.S.: Einen schönen Artikel zum Thema findet ihr auch in dem wonnigen Blog VonGestern.

P.P.S.: In meinen alten Unterlagen habe ich auch noch einen TV Film-Pitch gefunden, der die Ost/West-Problematik als "What if"-Szenario begreift. Aber den gibt es erst zum Wochenende…



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Mr. Fox
Mr. Fox
3. Oktober, 2013 14:46

Kurz vor dem Zusammenbruch der DDR flohen meine Eltern mit mir in den "Westen", aus Angst, dass die vielen Repressionen des Staates, die sie bereits erlebt hatten, sich in Gewalt gegen die Demonstrierenden entladen würden. Als ehemaliger Soldat hätte mein Vater auf seine Landsleute schießen müssen und als die Proteste zahlreicher und der Ton rauer wurde, trudelte wie erwartet der Einberufungsbefehl ein.
Ich bin für meinen Teil heute sehr froh, dass ich wie jeder Deutsche, mich frei in ganz Deutschland, Europa und so ziemlich der ganzen Welt bewegen kann. Ich kann mir ganz unabhängig von meiner politischen Einstellung und dem dazugehörigen Engagement einen Job aussuchen der mir persönlich gefällt und studieren was ich möchte. Ich kann mir jederzeit eine Wohnung aussuchen, unabhängig vom Familienstand und meinem Parteibuch. Ein Auto kaufen dauert nun keine 15 Jahre mehr und mein etwaiger Wunsch, das Land zu wechseln, bedroht niemanden in meiner Familie.
Egal welche Bücher ich lese, Fernsehprogramme schaue und mit welchen Menschen ich rede – nichts davon führt aller Voraussicht nach direkt dazu, dass hinter meinem Rücken meine Wohnung durchsucht und verwanzt wird.
Ich kann offen jederzeit jedem sagen, was mir in diesem Land gefällt und was nicht. Und das alles finde ich wirklich gut. Diese Freiheiten klingen vielleicht ganz normal, aber dieser Feiertag erinnert daran, dass sie nicht so selbstverständlich sind und waren, wie wir heute glauben.

Anton
Anton
3. Oktober, 2013 15:43

Amen!
Kann mich Mr Fox nur anschließen.
Und das Gerücht, dass eine SPD-Regierung die Wiedervereinigung nicht dergestalt vorangetrieben – wie die CDU unter Kohl – hätte, halte ich für Unsinn.

Wortvogel
Wortvogel
3. Oktober, 2013 15:54

@ Anton: Es ist eine These, kein Gerücht.

flippah
flippah
3. Oktober, 2013 15:55

Auch ich bin ein Wessi, aber ich habe es deutlich anders erlebt. Wahrscheinlich, weil ich durch unsere große Verwandtschaft im Osten oft dort war. Im Spreewald gab es gefühlt keine Hochzeit, Beerdigung oder sonstwelche Familienfeier, bei der wir nicht eingeladen waren.
Entsprechend war mir, obgleich noch jung, die DDR sehr präsent. Durch den Umzug von München nach Hannover wurde das noch extremer, denn die Grenze war hier ja nur noch einen Katzensprung entfernt.
Entsprechend begeistert war – und bin – ich über die Wiedervereinigung. Und ich glaube, dass die Entscheidung, damals schnellstmöglich Fakten zu schaffen, richtig war. Das Zeitfenster für eine solche Änderung der Weltlage war nicht zwingend groß, wer weiß, ob es später überhaupt noch von den Siegermächten genehmigt worden wäre?
Und was das Geld angeht: anfang der 90er gab es weltweit eine Wirtschaftskrise. Nur ein Land hat davon nichts mitbekommen: Deutschland. Ausgelöst durch den Boom der Wiedervereinigung ging diese Krise komplett an uns vorbei. Schon das muss man einfach mal gegenrechnen.
Dann gibt es inzwischen im Osten einige Gegenden, die wirtschaftlich gesund sind. Ich denke da nur an Leipzig. Das trägt sich nicht nur, das wirft auch was ab. Und so wird es an anderen Stellen auch werden.
Bayern hat auch lange gebraucht, um durch den Länderfinanzausgleich aufgepeppelt zu werden, bis es jetzt eben seinerseits so wohlhabend geworden ist, dass es andere unterstützen kann. Ich glaube, dass es in Sachsen und Thüringen nicht mehr lange brauchen wird, bis auch diese Länder zu Nettozahlern im Länderfinanzausgleich werden.
Für mich ist der 3.10. daher (trotz des mE unglücklichen Datums, warum konnte man das nicht im Sommer machen, wenn’s schön warm ist?) ein besonders lieber Feiertag.

Tante Jay
3. Oktober, 2013 16:06

Torsten, perfekt auf den Punkt gebracht.
Und ich finde das gar nicht so unreflektiert.

DMJ
DMJ
3. Oktober, 2013 16:16

Tja-ha! Und ich kann überhaupt nichts dazu sagen, weil das Ende der DDR das erste war, was ich überhaupt jemals von ihr hörte. Daher ließ es mich auch relativ kalt. 😛

Mike
Mike
3. Oktober, 2013 16:29

Schöner, treffender Text…….nur eine Anmerkung: Für uns Ex-Westberliner waren die Westdeutschen schon vor der Wende "Die Wessis". Die Bezeichnung war nicht neu. Ich erinnere mich noch an angehende Berlin Besucher, die fragten, ob man nicht irgendwie um die DDR herumfahren könnte, um nach Westberlin zu gelangen (die Transitstrecken waren auch immer eine Herausforderung). Nun kann man in 2-3 Stunden an der Ostsee sein…..damals stapelten sich alle am Wansee.

Uli
Uli
3. Oktober, 2013 17:46

"Die Erkenntnis, dass wir alle von der Einheit nicht bekommen haben, was wir uns davon versprachen."
Ob wir in 25 Jahren wohl ähnlich über die EU sprechen? 1989 war ich noch im Kindergarten, aber wenn man sich Südeuropa so ansieht, scheint sich die Geschichte zu wiederholen.

Wortvogel
Wortvogel
3. Oktober, 2013 17:52

@ Uli: Das glaube ich kaum. Die EU hat sich als stabilisierender Faktor in Europo längst bewiesen, der Wegfall der Grenzkontrollen und die Einführung des Euro haben uns zusammen gebracht. Ob die EU am Ende scheitert (und welches Konstrukt tut das, historisch gesehen, nicht?), ist dabei nicht von Belang. Von den Anfängen über die EG bis heute war das schon ein guter Lauf.

Exverlobter
Exverlobter
3. Oktober, 2013 18:28

Kein Wunder, dass sich die Südkoreaner vor nichts mehr fürchten als einer potentiellen Wiedervereinigung.

LHME
LHME
3. Oktober, 2013 20:01

Enttäuschend.

Peter Krause
3. Oktober, 2013 23:42

Bin ganz bei Mr. Fox.
Was anderes. Anfangs schreibst Du: "Wir – das war Deutschland".
Und später, daß die Wiedervereinigung "den arroganten Wessi […] erst erzeugt" habe.
Arrogantes Verhalten entdeckt man bei sich selbst oft gar nicht.

S-Man
S-Man
4. Oktober, 2013 00:02

Hi, ehrlich gesagt glaube (und hoffe ich!) dass ich den Artikel nicht verstanden habe. Zu so später Stunde klingt der Artikel am Ende so, als würdest du gern die alten Zustände zurück haben wollen…
Vielleicht kannst ja mal die Idee des Artikels noch mal kurz zusammen fassen?

Tyram
Tyram
4. Oktober, 2013 00:03

Es hätte auch alles anders kommen können:
http://www.youtube.com/watch?v=IpodgUrmXjE
Ich bin froh, dass zu dieser Zeit nicht die SPD die Regierung innehatte. Kohl hat die Chance ergriffen, die in einem nur sehr kleinen Zeitfenster verfügbar war, und hat auch die Siegermächte mit seinem Zehn-Punkte-Programm überrumpelt.
Auch wenn nicht alles perfekt gelaufen ist, denke ich, kann man davon sprechen, dass die Wiedervereinigung geglückt ist. Es hat sicherlich viele Schattenseiten gegeben und es ist auch einiges schiefgelaufen. Trotzdem bin ich froh das es keine innerdeutsche Grenze mehr gibt und wir in einem freien Europa leben können (was keine Selbstverständlichkeit ist, wenn man mal die Geschichte Europas vor Augen hält).
Zu den Kosten der Wiedervereinigung sehe ich entspannter. Es wird so viel Geld für sinnlose Sachen ausgegeben (Bundeswehr-Drohne, Afghanistan-Einsatz, Nürburgring usw), da finde ich, dass es wesentlich besser war, Ostdeutschland aufzukaufen. Es hat auch über 45 Jahre gedauert bis Bayern ein Geberland wurde von daher warten wir mal, wie es in 20 Jahren ausschaut.

Wortvogel
Wortvogel
4. Oktober, 2013 09:13

@ Peter Krause: Mein kindliches Verständnis von "Wo wir leben, das ist Deutschland" als Wessi-Arroganz zu interpretieren, ist aber schon arg niederträchtig, oder?
@ S-Man: Ich möchte natürlich die alten Verhältnisse nicht zurück haben. Der Artikel hat auch keine Erkenntnis und kein Fazit. Er illustriert lediglich mein Erleben des Phänomens "zwei Deutschlands", mit dem ich aufgewachsen bin.
Ich wundere mich ernsthaft über den Mangel an Ironieverständnis einiger Leser.

radio-gott
radio-gott
4. Oktober, 2013 10:01

@Mr Fox: wenn Du tatsächlich glaubst, dass Du in diesem Land nicht verwanzt und überwacht wirst, weil Du mit den falschen Leuten sprichst oder nach den falschen Sachen gegoogelt hast dann träum mal schön weiter….

Howie Munson
Howie Munson
4. Oktober, 2013 11:38

@Radio-Gott: Leider demokratisch legitimiert, 67% der Wähler haben ja "nix zu verbergen" und daher wieder GroKo gewählt…
@S-Mann: Naja einige Bundesgesetze von 1988 waren wohl angemessener, aber das hat ja nur insofern mit der Wiedervereinigung zu tun, dass die Marktwirtschat heutzutage nicht mehr sozial zu sein braucht und Schnüffelleien "gegen Moslems und Perverse" salonfähig sind…
Man stelle sich vor wir hätten noch 14% Mwst., 56% Spitzensteuersatz, eine unverletzliche privatsphäre, sowie zugesichertes Bank- und Fernmeldegeheimnis.
@Tyram: Nur weil Lafontaine gesagt hat, das es wirklich teuer wird bedeutet das ganz sicher nicht, dass Russland weiterhin den Wartschauer Pakt zusammen gehalten hätte…. Selbst Polen und Ungarn sind mittlerweile in der EU und Nato, wieso sollte es dann noch zwei Deutschlands geben? Selbst beim Saarland konnte Frankreich das Protektorat nicht dauerhaft gegen den Bürgerwillen aufrecht erhalten. Lustigerweise wollte Adenauer (CDU) diese "kleine Wiedervereinigung" nicht so schnell…

Peter Krause
4. Oktober, 2013 17:53

@Wortvogel:
Ich hatte nicht den Eindruck, daß diese Denke auf Kinderköpfe beschränkt war. Man sagte und schrieb allgemein oft "Deutschland", wenn die Bundesrepublik gemeint war, so wie wir heute von Amerika sprechen, wenn wir die USA meinen, ohne uns viel dabei zu denken.

Wortvogel
Wortvogel
4. Oktober, 2013 18:36

@ Peter Krause: Die Verwendung des Begriffes "Deutschland" macht aus niemandem einen Angeber-Wessi. So wie die Verwendung von "Amerika" auch keine Arroganz gegenüber Südamerika darstellt.

R.v.A.
R.v.A.
4. Oktober, 2013 20:51

Die Wiedervereinigung war schon 1949 erklärtes Ziel. Es war in der Präambel des Grundgesetzes verankert. Der Abschnitt wurde dann 1990 geändert.
Dass es genau zu jenem Zeitpunkt aus weiteren Motiven forciert wurde, mag durchaus sein.

Anton
Anton
4. Oktober, 2013 21:24

@ Peter Krause: Die Verwendung des Begriffes “Deutschland” macht aus niemandem einen Angeber-Wessi. So wie die Verwendung von “Amerika” auch keine Arroganz gegenüber Südamerika darstellt."
Ich glaube die meisten, die "Amerika" sagen, meinen das eher in Bezug auf Kanada und mixen es mit den USA zusammen. Mexiko etc. wird meist immer auch so betitelt.

Wortvogel
Wortvogel
4. Oktober, 2013 22:07

@ Anton: Das sehe ich anders. Nach meiner Erfahrung fühlen sich primär Südamerikaner angefasst, weil sie genau so "Amerikaner" sind. Aber das sind nur empirische Erkenntnisse, das mag man auch anders sehen können.

S-Man
S-Man
5. Oktober, 2013 00:57

@wortvogel:
"Ich halte die Ossis für antriebslos und undankbar, weil sie sich prima über unsere Arroganz beschweren können – während sie immer mehr Geld von uns fordern."
Hm, ehrlich gesagt kann ich hier keinerlei Ironie feststellen, die ich ignorieren könnte. Ich finde das als Ossi halt recht fragwürdig als Statement und wollte daher sicher gehen, was du meintest bzw. ob ich das richtig verstanden habe. Zwar schreibst du später, dass sich hier einiges getan hat, aber ich finde halt keinerlei Punkt, wo dieser für mich krasse Satz relativiert wird. Ich finde es daher legitim nochmal nachzufragen, oder? 😉

Wortvogel
Wortvogel
5. Oktober, 2013 08:02

@ S-Man: Jetzt bin ich schon ein wenig baff. Der ganze Absatz ist klar gekennzeichnet als Sammlung von Klischees und Vorurteilen, die ich selber als falsch erkenne, von denen man sich aber nicht immer und in jeder Situation frei machen kann, wenn man so aufgewachsen ist wie ich. Schon der Satz nach dem Satz, den du zitierst, sollte das klar machen.
Deine Reaktion entspricht nicht weniger dem Klischee als meine Aussagen. Wenn ich das um der Diskussion willen überhöhe, könnte ich jetzt sagen: Klar, der Ossi fühlt sich sofort wieder angegriffen, weil er keinerlei Lässigkeit besitzt und jede Gelegenheit nutzt, sich zum Opfer zu verklären.
"Zwar schreibst du später" – eben. Den Text muss man im Kontext sehen und in der auch klar formulierten Absicht, in der er geschrieben wurde. Er will nicht ausgleichend und abwägend sein. Er ist die krude Sicht EINER Person, die auch zugibt, dass sie nicht immer frei von albernen Vorurteilen ist.

S-Man
S-Man
5. Oktober, 2013 09:35

Ja, und um dieses Klischee nicht zu bedienen frage ich lieber nach.
Ich verstehe ehrlich nicht warum du da so reagierst. Ich meine, warum ist es schlimm, mal einen Teil nicht verstanden zu haben. Ich meine, bevor ich hier krasse Gerüchte in die Welt setze oder mir ein falsches Bild von dir mache oder sogar irgendwelche Tiraden hier hinterlasse, versuche ich doch lieber, diesen Punkt richtig zu stellen.
Ja, vielleicht ist mein Ironiedetektor an der Stelle nicht einsatzbereit, hat vielleicht wirklich historische Gründe, aber es ging ja immerhin so, dass ich mir dachte: Passt nicht zum Bild, das ich vom Wortvogel habe. Also lieber mal nachfragen, man kann ja auch mal was falsch verstehen. War in diesem Fall glücklicher Weise so.
Wie gesagt: Ich frage lieber nach und stehe als kleiner Trottel da, der eben mal die Ironie nicht erkannt hat, als als großer Troll, der nicht nachgedacht und blödes Zeug geschrieben hat. Warum macht dich dass denn baff? Ist ja nicht böse gemeint 🙂 Ich wollte diesen einen Punkt für mich nur einfach geklärt und richtig gestellt wissen.

Wortvogel
Wortvogel
5. Oktober, 2013 09:53

@ S-Man: Ich sehe dich überhaupt nicht als kleiner Trottel (das solltest du ja mittlerweile wissen), auch nicht als doofen Ossi. Mein letzter Kommentar war AUCH nicht abwertend oder aggressiv gemeint. Ich bin nur ehrlich verblüfft, dass man einen Absatz, der so deutlich von beschämenden Klischees spricht, von denen man sich selber manchmal nicht frei machen kann, so sehr zum Charakterprofil umdeutet.
Mir ist wichtig, dass du mich – auch im persönlichen Gespräch – nicht so empfunden hast. Das sollte mehr wiegen als ein paar Zeilen in einem Blogbeitrag, den ich zum Einstieg schon als rausgehackten, undurchdachten und schwer privaten Rant bezeichnet habe.

S-Man
S-Man
5. Oktober, 2013 11:27

Gut, empfinde ich genauso 🙂 Dann haben wir alles geklärt *gg* Wenn ich dich anders empfunden hätte, würde ich nicht mehr mitlesen geschweige denn nachhakend kommentiert 😉 Alles gut also 🙂

Justicio
Justicio
3. Oktober, 2015 18:20

Das Wort Tag der Scheinheit ist mir gerade heute eingefallen! 🙂

Dietmar
Dietmar
4. Oktober, 2015 09:35

@Justicio: Schön. Eine Frage: Wozu?