09
Aug 2013

We are experiencing technical difficulties

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Hi miteinander,
ich bin nicht verschollen  – nur technisch kastriert. Während der Twitter-Kasten, der ja auch auf meine Facebook-Beiträge verweist, mittlerweile wieder funktioniert, ist es nun mein Macbook, das keinerlei Regung mehr zeigt. Eine erste Analyse läst auf einen Zusammenbruch der niegelnagenneuen SSD schließen. Wie es aussieht, hat die Speicherplatte einen ruppigen Dreitages-Trip durch die Ostgebiete (Schwerin, Stralsund, Rügen, Alt-Tellin, Berlin) nicht vertragen. Ich schreibe diese Zeilen auf einem aus der Rente gezerrten Dell-Notebook Baujahr 2003 ohne Akku und Motherboard-Batterie, das XP fährt und seit drei Jahren nicht aktualisiert wurde. Es ist… mühsam.
Zum Glück ist das alles kein Drama, weil ich dank Time Machine und Cloud eigentlich alles halbwegs aktuell gesichert habe. Wenn wirklich eine neue SSD eingebaut werden muss, brauche ich keine Stunde, um alles wieder in den Soll-Zustand zu versetzen. Aber grrr ist das trotzdem.
Um keine totale Langeweile aufkommen zu lassen, hier ein paar Zeilen zu Sachen, die ich in den letzten Wochen gesehen habe, zu deren ausführlicher Besprechung ich allerdings nicht gekommen bin.
World’s End: 5 Freunde versuchen 20 Jahre nach Schulende die legendäre “Golden Mile” ihres Heimatortes doch noch zu schaffen – den Trip durch 12 Pubs in einer Nacht. Der neuste Film des “Shaun of the Dead”-Teams fängt an wie eine Kneipen-Komödie mit dem Potenzial für aufdringliche “You can never go back”-Sentimentalität, dreht aber dann in Comic-Territorium ab, als die kleine Gruppe von Protagonisten feststellt, dass ihr ehemaliger Heimatort von Alien-Robotern übernommen wurde. Teilweise fein beobachtet und mit guten Dialogen und Gags angereichert, ist “World’s End” aber insgesamt zu besoffen von seiner eigenen Idee, die am Ende keine wirklich interessante Auflösung hat und zudem in einen Epilog mündet, der vermutlich auf dem Papier klasse klang, auf der Leinwand aber nur mäßige Begeisterung auslösen kann.  Trotzdem allemal eine Empfehlung für die Fans des Teams Wright/Frost/Pegg, besonders unter Alkoholeinfluss.
Worlds_End__3_
Luther 3. Staffel: Besser als die etwas mäandernde zweite Staffel. Zwei Zweiteiler, von denen besonders der zweite überzeugen konnte, auch wenn er teilweise in absurdes Theater abdriftet, das jeden Anflug von Realismus aufgibt. Die großartige Ruth Wilson als “Alice” ist mittlerweile eine Art Comic-Figur. Trotzdem wieder ein Knaller und es gibt Bonuspunkte für die Parallelen zum Ende der ersten Staffel. Wer beim Ende von Folge 3 nicht wütend verzweifelt den Fernseher anschreit, hat kein Herz.
Ripper Street: Phänomenal geschriebene, ausgestattete und gespielte Hardcore-Krimiserie, angesiedelt in London in den Jahren nach der Ripper-Mordserie. Eine perfekte Balance aus alleinstehenden Episoden und durchgehender Storyline. Die Plots sind dabei clever aus der Gegenwart importiert: Bauspekulation, Kriegsveteranen, Snuff. Ein echtes, unerwartetes Highlight.
Ripper-Street
Frankenstein/Dracula: Wir waren mal wieder im Theater, die LvA und ich. “Frankenstein” haben wir in so einer scheußlichen Mehrzweckhalle in Wolfratshausen gesehen, “Dracula” als Musical auf der kleinen Bühne am Prinzregenten-Theater. Währen die Shelley-Adaption mit einem Dali-esk abstrakten Bühnenbild, einem zu schwachen Baron Frankenstein und einer generell etwas zu blutleeren Dramaturgie eher enttäuschte, konnten die Absolventen der Musical-Hochschule durchaus überzeugen, auch wenn es sich natürlich nicht um eine Hochglanz-Produktion handelte. Andererseits war bei “Frankenstein” das Monster wirklich klasse interpretiert – ein groteskes, kalkweißes glatzköpfiges Wesen, das nackt über die Bühne stakst, als könne es seine vielfach gebrochenen Knochen nicht koordinieren.
Vampire: Wo wir gerade bei Vampiren sind – im Filmmuseum in Düsseldorf gibt es gerade eine sehr sehenswerte Ausstellung zum Thema “Vampire im Film”. Es sind Szenen aus klassischen Filmen auf winzigen Bühnen nachgebaut, überall werden Ausschnitte gezeigt, klige Texte erklären Zusammenhänge und haufenweise Requisiten und Kostüme aus Blutsauger-Klassikern gibt es auch zu bewundern. Wem das nicht reicht, der kann auch noch die allgemeine Ausstellung zur Geschichte des Kinos besuchen, die nicht minder interessant ist. Und das Black Box-Kino hat auch die entsprechenden Retrospektiven.
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Nibelungen-Festspiele: Die LvA meinte, sie hätte Karten für ein Stück über die Nibelungen gekauft, weil da Susanne Uhlen mitspielt (siehe weiter unten). Ich hatte keine Ahnung, dass sie damit Tickets für die Nibelungen-Festspiele in Worms meinte, die seit Jahren unter der Intendanz von Dieter Wedel vor dem Wormser Dom aufgeführt werden. Eine ziemlich mondäne Veranstaltung mit überteuertem Catering, das entsprechendes Klientel anzieht. Um es kurz zu machen: wir sind nach der ersten Hälfte in der Pause gegangen. Ich habe noch nie eine derart eitle, gleichzeitig aber kraftlose und zwischen Klassik und Moderne verreckte Inszenierung gesehen, die mehr über die empfundene Brillanz des Machers aussagt als über den Stoff selbst. Siegfried ein Würstchen, Kriemhild  (Cosma Shiva Hagen) singt “Born to die”, was wie ein abgelehnter Bond-Song klingt, das Bühnenbild einfallslos mit unnötigen Filmeinspielern angereicht – und natürlich gibt es keinen Drachen. Das wäre ja zu trivial. Neben Wedel in der Promi-Box: Wolf Biermann. Es war ein kurzer Weg von der Arbeiterklasse in die High Society, wie es scheint. Einziger Lichtblick: der eher als Comedian bekannte  Markus Majowski mit beeindruckender Bühnenpräsenz.
Warte, bis es dunkel ist: Ein moderner Theaterklassiker, der die leichteren Bühnen der Republik rauf und runter gespielt wird und den die meisten Zuschauer dank der Verfilmung mit Audrey Hepburn und Richard Crenna kennen, In der aktuellen Version werden die Rollen von Susanne Uhlen und Pascal Breuer gespielt – wir haben die Aufführung im Bayerischen Hof gesehen. Und es war wirklich gut. Die Uhlen ist ein absoluter Vollprofi, Breuer hat Charisma, Inszenierung und Bühnenbild konnten überzeugen. Wer gerne gute Krimis im Theater sieht, macht hier erwartungsgemäß nichts falsch.
Warte_bis_es_dunkel_ist_Uhlen_Breuer_ProbenfotoLaRocca
Als aktuelle Restaurantipps hätte ich “Spinne” in Neustadt an der Weinstraße anzubieten und den “Ratskeller” in Speyer. Beides nicht so teuer, wie es klingt – aber besser. Wer es eher mit US-Flair mag, sollte mal im “Road Stop Essen” vorbei schauen.



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Chabneruk
Chabneruk
9. August, 2013 11:36

Die Vampir-Ausstellung in Düsseldorf kann ich ebenfalls empfehlen! Mir hat sehr gut der nachgebaute Vampirjägerkoffer gefallen. Außerdem werden dort – neben nachgebauten Filmsets und ausgestellten Kostümen – auch sehr gut Informationen vermittelt, dank interessanter Themenbereiche. Und den Rest des Filmmuseums kann man sich auch durchaus anschauen 🙂

DerTim
9. August, 2013 15:44

Ripper Street ist klasse! Ich freu mich schon auf die Zweite Staffel.

Will Tippin
Will Tippin
9. August, 2013 23:08

Na also der Streit der Königinnen hätte sich noch gelohnt in Hälfte zwei. Fand die Inszenierung so lala, schauspielerisch war’s top. Nächstes Jahr tritt Wedel ab, dann übernimmt das Triumvirat Nico Hofmann / Thomas Schadt / Albert Ostermaier den Laden.

Dietmar
Dietmar
10. August, 2013 09:08

Theater: Bin ich extrem selten. Überschneidet sich zu sehr mit meinen Arbeitszeiten.
Luther: Muss—ich—sehen!
Ripper Street: Klingt ja mal extrem interessant!

DMJ
DMJ
11. August, 2013 16:44

Von den Nibelungenfestspielen habe ich auch eine Aufzeichnung gesehen (auch nicht ganz bis zum Ende, was aber nicht an mir lag, sondern weil es wegen Überziehens nicht auf meiner Aufnahme war). Mir schien es auch recht selbstverliebt und substanzlos. Man merkte die ständige Mühe an, jetzt bloß künstlerisch und anders zu sein, aber ein echtes künstlerisches Konzept (welches die Andersartigkeit gerechtfertigt hätte) fehlte irgendwie.
Zumindest die Kostüme waren nett, aber schon die Idee, non-linear zu erzählen und mit Siegfrieds Tod zu beginnen, um dessen schon bekannte Zusammenhänge dann nachzuliefern, war suboptimal.