Fantasy Filmfest 2013 (14): The Body
Themen: Fantasy Filmf. 13, Film, TV & Presse, Movie-Mania 2013 |
SPANIEN 2012 / 108 MIN / SPANISCHE OMEU
Von: Oriol Paulo Mit: José Coronado, Belén Rueda, Hugo Silva, Aura Garrido u.a.
Darum geht’s: „Was haben wir hier?“, fragt der soeben von einer Reise zurückgekehrte Kriminalkommissar Jaime Peña die in der Pathologie versammelten Kollegen. „Wir wissen es nicht.“ Wie denn auch, wenn der diensthabende Wachmann kurz nach einem panischen Notruf ins Koma befördert wurde und eine tags zuvor eingelieferte Leiche sich vor ihrem Rendezvous mit der Knochensäge in Luft aufgelöst hat?! Eine clevere Firmenchefin, die virtuos und vergnügt auf der Klaviatur der Macht spielt, ein Ehemann auf Abwegen, Stromausfälle, fremde Handys und toxische Substanzen aus der hauseigenen Pharmaproduktion: für Peña wird es eine sehr lange, stürmische Nacht.
Gesammelte Gedanken:: Spanische Krimis sind nicht das, was man in Deutschland sehr oft zu sehen bekommt. Darum gönne ich mir solche Filme gerne auf dem FFF, weil sie zwar eigentlich nicht meinem Beuteschema entsprechen, aber hin und wieder positiv überraschen. “The Body” ist da keine Ausnahme.
Die Grundkonstellation ist nicht neu: Knurriger Kommissar verdächtigt schnöseligen Ehemann, seine reiche ältere Frau ermordet zu haben. Wir WISSEN, dass der Ehemann schuldig ist – mit dem Verschwinden der Leiche hat er allerdings nichts zu tun. Mittendrin außerdem: die völlig überforderte Geliebte des Mörders. In der deutschen Version wäre der Kommissar vermutlich Axel Milberg, Katja Riemann würde überzeugend die tote Unternehmerin spielen und Thomas Heinze wäre der ehebrechende Drecksack. Hannah Herzsprung als Geliebte? Passt.
Was zuerst auffällt, ist die Inszenierung von “The Body”. Obwohl es keinerlei okkulte Elemente gibt (was nicht wirklich ein Spoiler ist), arbeiten Regie, Musik und Kamera massiv darauf hin, es so aussehen zu lassen. Das Gewitter, knarrende Türen, dunkle Korridore, auftauchende und verschwindende Requisiten – es hat was von Edgar Wallace. Die Figuren könnten sich statt in einem Institut auch in einem Schloss auf einer einsamen Insel befinden. Die Schwärze der Nacht und die gesperrten Straßen sorgen für eine nicht nur faktische, sondern auch emotionale Isolation, ein Gefühl der Hoffnungs- und Endlosigkeit.
“The Body” versteht es außerdem meisterhaft, unsere Loyalitäten unsicher zu halten. Der Kommissar ist der Gute, der Mörder der Böse? Mag sein. Aber der Mörder hat die Leiche nicht gestohlen und wir entwickeln eine Sympathie für die perfiden Methoden, mit denen ihm das in die Schuhe geschoben werden soll. In komplexen Rückblenden erleben wir zudem die Dynamik einer Ehe, die auf Abhängigkeiten und Demütigungen basierte.
Vor allem aber: obwohl die Auflösung des Rätsels vollkommen logisch ist, kommt man nicht drauf. Man sitzt 100 Minuten im Kino und denkt “das geht doch nie alles zusammen!”. Und doch geht es. Sogar sehr stimmig. Der einzige Kritikpunkt, den ich am Finale anbringen kann, wäre dieser: uns sind zu viele Fakten vorenthalten worden, die es uns möglich gemacht hätten, auf DIESE Lösung selber zu kommen. Man muss sich also nicht kasteien, weil man es nicht hat kommen sehen.
Fazit: Ein im Stil von Gruselfilmen inszenierter Katz & Maus-Krimi, der ständig die Richtung wechselt, ohne dabei unübersichtlich zu werden. Auch wenn die Auflösung sich diverser Taschenspielertricks bedient, ist “The Body” allemal eine gute Zutat für die Rezeptur eines schmackhaften Festivals.
Ein Film… der das alte Landhaus und die Kerzenleuchter erfolgreich gegen ein forensisches Institut und Neonlicht eintauscht.
Addendum: Nach “The Body” wollte ich eigentlich ins Hotel und pofen. Aber die Filmversion des Mangas “Blue Exorcist” fing praktisch nahtlos an und da bin ich noch ein bisschen sitzen geblieben. Für einen separaten Review reicht’s nicht, weil ich den Streifen nur halb durchgehalten habe. Es wird zu sehr voraus gesetzt, dass man die Comics bzw. die Serie gesehen hat, die Charakter-Animation ist so schwach wie die Hintergründe üppig, Ghostbusters-Grusel verträgt sich für mich nicht mit japanischem Slapstick und irgendwie konnte ich zu dem zugegebenermaßen actionreichen Geschehen auf der Leinwand keine echte Verbindung aufbauen. Fans mag’s gefallen.
Das ist jetzt (nach “Odd Thomas”, aber über den wäre ich vermutlich irgendwann auch ohne FFF gestolpert) der erste, der mich wirklich interessieren würde.
Sehr interessant!
@Dr. Acula: Wie geht´s Dir? Ich hoffe, alles ist im Lack!
@Dietmar
Ging schon mal besser, aber auch schon wesentlich schlechter 🙂
Den will ich auch sehen, daher erstmal nur die Ampel zur Kenntnis genommen. Na dann…
*notier*
Klingt wirklich verlockend!
Insbesondere, da der einzige Kritikpunkt ja nichts exklusives ist, sondern sich schon so lange im Genre herumtreibt, dass Mr. Lionel Twain ihm ja extra ein Bankett (mit einer Leiche zum Dessert) widmete. 😉
Eben gesehen und ja, passt soweit alles. Mir persönlich hat das Ende allerdings etwas den Spaß am Film verdorben, weil es zwar von der Idee und Motivation her passt, man sich aber trotzdem fragt, wie der Mörder das hinbekommen haben soll. Guter Film mit leichten Mängeln in der Auflösung.
What he said. 8/10.