07
Aug 2012

Movie Mania 2012 (2): Foodfight!

Themen: Movie-Mania 2012 |

USA 2001-2012. Sprecher: Charlie Sheen, Hillary Duff, Eva Longoria, Wayne Brady, Christopher Lloyd, Harvey Fierstein, Chris Kattan u.a.

Story: Im Supermarkt erwachen des nachts die Werbefiguren der großen Marken zum Leben. Eigentlich könnte alles sehr schön sein für den smarten Dex Dogtective und die schöne Sunshine Goodness – wenn nicht eines Tages Lady X auftauchen würde, die Herrin über eine ganze Palette von No Name-Produkten, die langsam aber sicher die Gänge zwischen Tiefkühlkost und Kasse übernehmen…

Kritik: “Foodfight!”, der in diesen Tagen in Europa auf DVD vertrieben wird, kann man nicht ohne Background besprechen. Einen ersten Überblick gibt euch dieser lesenswerte Artikel aus dem “Animation Magazin”. “Foodfight!” ist demnach die späte Resteverwertung eines jahrelang vor sich hindümpelnden CGI-Projekts von Leuten, die es Pixar nachmachen wollten. Das ist umso erstaunlicher, da die Produzenten eine vorgeblich narrensichere Masche hatten, sich vom lästigen Boxoffice-Umsatz unabhängig zu machen: Über das Product Placement der Werbefiguren sollte das Budget mehr als refinanziert werden.

Ich weiß sogar ein wenig mehr, denn als der Film noch in der Pre Production war, habe ich das Studio Threshold Animation ein paar Mal in LA besucht. Damals hatte man gerade “Beowulf” (den mit Christopher Lambert, nicht den mit Angelina Jolie) fertig gestellt, arbeitete fleißig an der ersten Staffel der “Mortal Kombat”-TV-Serie und bereitete zwei CGI-Spieflilme vor: “Foodfight!” und irgendso eine Gremlins-artige Nummer, deren Namen ich vergessen habe. Beide Skripts stammten von Brent Friedman (“Dark Skies”) und Rebecca Swanson – und ich fand sie großartig. Witzig, einfallsreich, intelligent, frisch. Das waren Filme, wie Spielberg, Zemeckis und Dante sie zu ihrer besten Zeit gedreht hatten. Ich fürchtete nur, dass Threshold vielleicht nicht die Manpower und das finanzielle Backing hätte, dem Anspruch der Drehbücher gerecht zu werden. Die ersten Renderings, die man mir zeigte, waren entmutigend – statisch, unsympathisch und mindestens fünf Jahre dem aktuellen Stand hinterher.

Ich sollte Recht behalten.

“Mortal Kombat: The Series” wurde ein Flop, diverse interaktive Webprojekte von Threshold kamen nie auf den Markt, die Gremlins-Variante kam über CGI-Tests nie hinaus. Ich googelte die Firma und die Beteiligten über die Jahre immer mal wieder, gerade weil ich die Drehbücher und Brent Friedman mochte. Aber da kam nichts mehr. Außer bei “Foodfight!”, der irgendwann den Sprung in die IMDB schaffte und schließlich auch einen Voice Cast listete, der zwar in der B-Liga spielte, aber immerhin.

Nur: veröffentlicht wurde der Film nicht. Jahrelang gab es Gerüchte, wurden quasi-geheime Screenings behauptet, lobten “Insider” die angeblich bahnbrechende Technik des Streifens. Wie aus dem oben verlinkten Artikel hervor geht, war das alles nur Schaumschlägerei, bis Threshold in Konkurs ging und die Rechte an “Foodfight!” verhökert wurden, um Schulden abzutragen. Zehn lange Jahre ist es her, dass ich im Studio in Santa Monica die Test-Renderings gesehen und das Skript gelesen habe. JETZT ist der Film endlich auf dem Markt.

Und er ist scheiße.

Vielleicht ist das ein zu hartes Urteil. Vielleicht muss man die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass “Foodfight!” nicht schlecht, sondern nur unfertig ist. Der Film sieht in keiner Szene aus, als wäre er mehr als ein Rohschnitt, dem die Texturen und die Lichteffekte fehlen. Die Figuren bewegen sich so staksig wie Charaktere in “Die Sims”, es gibt weder animierte Haare noch erkennbare Partikeleffekte. Grundgütiger, die Previz-Animationen für die Effektsequenzen der “Avengers” sahen professioneller aus!

Aber selbst wenn man bei der wirklich lachhaft schlechten CGI noch Gnade walten lässt – die Story geht gar nicht. Von Brents witzigen Skripts ist nichts übrig geblieben (Regisseur und Produzent Kasanoff hat wohl diverse neue Fassungen verbrochen). Die Story ist löchriger als ein Schweizer Käse (die Sequenz, in der Sunny Goodness verschwindet, fehlt völlig), die Welt der Werbefiguren wird nie plausibel erklärt, es wimmelt vor Unstimmigkeiten und Widersprüchen.

Vor allem aber: das Skript ist zynisch und gemein. Es gibt Folter, Mord, Prostitution, Erpressung und jede Menge rassistische und sexistische Klischees. “Brand X” ist als Nazi-Armee so geschmack- wie verantwortungslos. Schlimmer noch: Die “Message” des Films soll wohl sein, dass nur überteuerte Markenprodukte etwas taugen, während No Name-Erzeugnisse (das behaupten die wirklich) giftig sind und süchtig machen! Mag sein, dass das dem Versuch geschuldet ist, sich die Werbe-Etats der großen Lebensmittel-Konzerne zu erschmusen, aber es wirkt an keiner Stelle ironisch oder smart, sondern nur verzweifelt und ekelhaft.

Kein Wunder, dass die angestrebten Partner wie Nestlé und Procter & Gamble dankend abgewunken haben – bekannte Markenfiguren wie Meister Proper sind nur noch im Hintergrund zu sehen. Alle Hauptcharaktere sind generisch – und damit eigentlich selber “Brand X”, was endgültig den Deckel drauf macht.

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Fazit: Ein unfertiger, seiner Zeit technisch hinterher hinkender und inhaltlich indiskutabler CGI-Totalausfall, der vor allem illustriert, auf welchem Niveau man heute NICHT mehr arbeiten darf.



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DMJ
DMJ
7. August, 2012 13:26

Klingt auf jeden Fall nach einem… ungewöhnlichen Film.
Das “No Name”-Problem fiel mir auch gleich bei der Inhaltsangabe auf, aber scheitern dürfte es (obwohl die Folter-Mord-Rassismus-Sache natürlich neugierig gemacht hat) einfach an der Technik. Solche CGIs sind in einer Vormittags-Kinderkanalserie vielleicht hinnehmbar, aber nicht in einem Film.

Mic
Mic
7. August, 2012 13:53

Ach du …

Das sieht aus wie Zwischensequenzen aus einem missglückten Videospiel. “Sam & Max” ohne Sam & Max und ohne Charme und ohne … Nee, das geht gar nicht.

Robert!
7. August, 2012 15:02

Und was läuft den bitte für Musik dazu?

dann lieber einen Kurzfilm alla Logorama:
http://vimeo.com/12026956

Da kommt auch keine Marke zukurz 🙂

Magineer
Magineer
7. August, 2012 19:51

Das ist wirklich schon zehn Jahre her? Oh Gott.

Damals fand ich die großformatigen Stills aus der Projektmappe gar nicht so schlimm (wobei ich mich nur noch bruchstückhaft erinnern kann), aber das war auch quasi in den Kinderjahren der 3D-Animation. Die Konzeptstills haben damals relativ unbekümmert 2D-Technik (Hintergründe, Deko) mit 3D gemischt (nur die Charaktere selbst). In der ersten Skriptfassung war das Branding zwar vorhanden, aber gar nicht so wirklich aufdringlich – eigentlich schade, was da jetzt draus geworden ist. Hatte ich komplett aus den Augen verloren; danke an den Wortvogel für das Ausgraben solcher Erinnerungen. 😉

Der Karsten
Der Karsten
7. August, 2012 21:29

Mein Gott ist das schlecht. Der Film läuft bestimmt irgendwann auf Super RTL. ^^ Da laufen ja immer so komische Billig CGI Filme… und Barbie. 😀

Ich frage mich, warum die “Stars” dort mitgemacht haben?? Viel Geld??

Peroy
Peroy
7. August, 2012 21:31

“Ich frage mich, warum die “Stars” dort mitgemacht haben?? Viel Geld??”

Wohl eher “Genug Geld für wenig Arbeit”…

G
G
8. August, 2012 00:54

Das sieht aus, als ob ein besoffener 12-jähriger versucht hätte, ein Spiel für den Nintendo 64 zu programmieren.