09
Jul 2012

Also wenn ihr mich fragt: Diese komische Sache mit dem neuen Meldegesetz…

Themen: Neues |

Seit ein paar Wochen habe ich mich mit der Idee rumgeschlagen, eine neue Rubrik einzuführen: “Meinung”. Dabei geht es um einen Kommentar zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen, der zu lang für einen Tweet ist und den ich trotzdem loswerden möchte, ohne gleich einen ellenlangen Beitrag zu schreiben. Er soll euch zur Verortung meiner Position dienen und vielleicht auch als Diskussionsanregung.

Wohlan – es geht los mit dem Debakel, das sich “Meldegesetz” nennt. In 57 Sekunden (Debatte plus zwei Abstimmungen und Beschluss) während eines EM-Spiels von zwei Dutzend Abgeordneten abgenickt, von der Blogosphäre als indiskutabler Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung entlarvt, nun von allen Beteiligten zurück gewiesen wie das Weihnachtskätzchen, das zeitnah in der Mülltonne landen soll.

Hier findet sich eine knappe aktuelle Übersicht zum Thema.

Ich kann der allgemeinen Empörung nichts hinzufügen. Der Vorgang zeigt eine besonders hässliche Seite unserer parlamentarischen Demokratie, nämlich die ungute Verquickung von Partikularinteressen und politischer Ahnungslosigkeit. Jemand hatte ein gesundes Interesse daran, die entsprechende Änderung in letzter Sekunde in den Entwurf zu schmuggeln – und niemand sonst hatte die Kompetenz oder das Interesse, dies zu hinterfragen. Dass mit Petra Pau ausgerechnet eine Abgeordnete der Linken den Vorsitz bei dieser Durchstecherei hatte, ist ein hübsches i-Tüpfelchen.

Wie der SPIEGEL andeutet, wird das Gesetz nun, nachdem seine indiskutablen Folgen publik geworden sind, kaum den Bundesrat unbeschadet passieren. Es zeigt sich wieder einmal, welche Macht der aufmerksame Bürger hat – und welche Verantwortung. Der Politik zu vertrauen bedeutet, ihren Missbrauch hinzunehmen.

So weit, so gut?

Vielleicht bin etwas zu alttestamentarisch eingestellt, denn mir fehlt die klare Suche nach dem Schuldigen. Mir fehlt der Pranger. Mir fehlt die Strafe. Mir fehlen die Konsequenzen. Wer GENAU hat die Änderung in letzter Sekunde eingebracht? Wer hat sie formuliert? Wo ist die Rechtfertigung? Wo ist die öffentliche Auseinandersetzung?

Sämtliche Beteiligten schließen sich entweder heuchlerisch der allgemeinen Empörung an oder ducken sich weg.

Ich will wissen, ob es sich hier bloss um klientelfreundliche Schlamperei handelt oder um beinharte und erfolgreiche Lobbyarbeit bei Abgeordneten, die schon mal für die Zeit vorbauen wollen, in der sie wieder auf dem freien Arbeitsmarkt unterwegs sind.

Ich will wissen, ob der Zeitpunkt der Verabschiedung (EM-Spiel Deutschland – Italien) nur ein sehr bequemer Zufall oder eine bewusste Umgehung des parlamentarischen Diskurses war.

Und so wie ich “nach hinten” die Ursachen durchleuchtet sehen will, so will ich “nach vorne” klare Vorgaben, wie so etwas künftig verhindert werden kann. Es muss in meinen Augen eine neutrale, unabhängige, aber nichtsdestotrotz vom Staat finanzierte Community geben (gerne crowdgesourced), die neue Gesetze zeitnah im Sinne des Bürgers und nicht der Parteien sichtet. Es muss die Möglichkeit geben, fragwürdige oder wachsweiche Passagen (siehe auch LSG) kurzfristig der Öffentlichkeit zu Gehör und zur Diskussion zu bringen.

Für diese Rechte lassen wir uns auch gerne in die Pflicht nehmen.

In den 80er Jahren wurde angesichts diverser Korruptionsaffären der Begriff des “gläsernen Abgeordneten” geprägt, der alle seine Verpflichtungen und Einnahmen offen zu legen habe. Das wurde damals empört zurück gewiesen. Diese Einstellung hat sich, wie übrigens am anderen Ende des Spektrums der Widerstand gegen die Volkszählung, mittlerweile überlebt. Die Komplexität auch der alltäglichen politischen Arbeit erfordert Kompetenz und Kontrolle über die üblichen Mechanismen hinaus. Der “gläserne Abgeordnete” ist da nur der Anfang – der “gläserne Staat” ist möglich und wünschenswert. Ich will JEDES Gesetz zu seinem Urheber zurück verfolgen, jeden Steuereuro zu seinem Ziel begleiten können. Zumindest so lange, bis Politikern wieder zu trauen ist, dass sie das Allgemeinwohl im Sinn haben. Also für immer.

P.S.: Nur weil das anscheinend explizit gesagt werden muss – der Staat hat GAR KEIN Recht verdient, mit meiner Adresse zu handeln.



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Eule
Eule
9. Juli, 2012 14:53

Sowas gibt’s schon so ungefähr und nennt sich Abgeordnetenwatch. Dort steht zu dem Thema zu lesen, dass augenscheinlich der allseits beliebte Herr Uhl (CSU) sowie Frau Piltz (FDP) für die Verschärfung verantwortlich sind. Pointe am Rande: Ausweislich ihrer offiziellen Biographie ist Frau Piltz übrigens Mitglied des Datenschutzbeirats der Deutschen Telekom.

Davon abgesehen kann ich allerdings die plötzliche Aufregung über die Abstimmung selbst nicht ganz nachvollziehen, denn ein solcher Ablauf ist absolut nicht ungewöhnlich, egal ob Fussball-EM oder nicht. Das ist zweifellos kritikwürdig, taugt aber nicht für Verschwörungstheorien.

Torsten
9. Juli, 2012 14:53

Ungeachtet der wirklich kritikablen Merkmale dieses Gesetzes (und der bedeutenden Unterschiede zum ursprünglichen Entwurf) darf man nicht vergessen, dass hier gezielt der Sturm im Wasserglas veranstaltet wird und einige (für die Opposition) deutlich weniger glamouröse Tatbestände ausgeblendet werden.

Will sagen: Wo ist die Empörung über die ersten Lesungen im Bundestag (war da etwa auch Fußball)? Warum kritisiert man nicht zeitgleich die (nicht weniger problematischen) Meldegesetze auf Landesebene, die manchmal nicht einmal Widerspruchsrechte einräumen?

Siehe dazu auch http://goo.gl/1UOQp.

DerTim
9. Juli, 2012 15:16

Wie kann es überhaupt sein, daß so eine minimal besuchte Veranstaltung beschlußfähig ist?

Ich bin da ganz bei Dir: welches Interesse hatte die Person, die das vorgelegt hat so eine hanebüchene Gesetzesänderung einzubringen?

Und um etwas Polemik in die Diskussion zu bringen, fordere ich: während einer Großveranstaltung wie der Fußball WM/EM sollten gar keine Parlamentssitzungen stattfinden! Einfach während dieser Zeit Sommerpause machen, statt die Bürger mit so einem Sommerlochscheiß auf die Palme zu bringen 🙂

Eule
Eule
9. Juli, 2012 15:17

@Torsten:
2006 wurde als Teil der Föderalismusreform beschlossen, dass die Zuständigkeit für das Meldewesen von den Ländern auf den Bund übergeht. Das jetzt in der Kritik stehende Gesetz ist die Umsetzung dieses Beschlusses.

DMJ
DMJ
9. Juli, 2012 15:19

In der Tat, die Konsequenzenlosigkeit solcher politischer Sachen stört mich auch immer wieder. Überall hat man dafür gerade zu stehen, wenn man etwas fragwürdiges tut, nur in der Politik nicht? Das kann kaum angehen. Aber solange es so läuft, ist das Risiko, die Bürger zu hintergehen ja überschaubar und wird eingegangen werden.

Wortvogel
Wortvogel
9. Juli, 2012 15:22

@ Torsten: Genau das sage ich ja – es darf nicht wieder beim Einzelfall bleiben. Es muss institutionalisierte Kontrolle geben.

@ Eule: Und die Umsetzung ist in dieser Form nicht akzeptabel – your point being?

Eule
Eule
9. Juli, 2012 15:28

@DerTim:
Der Bundestag ist so lange beschlussfähig, bis die Beschlussunfähigkeit formell festgestellt wurde. Also selbst wenn da nur drei Leute im Plenarsaal sitzen: Solange nicht einer von denen einen Antrag auf Feststellung der Beschlussfähigkeit stellt oder ein Hammelsprung stattfindet (bei dem die Beschlussfähikgeit zwangsläufig geprüft wird), gilt das genauso als ob alle 620 Abgeordneten vollzählig erschienen wären.

Lutz
Lutz
9. Juli, 2012 15:29

Nach diesem Artikel von abgeordnetenwatch.de (http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/07/09/kurz-vor-der-halbzeitpause-wie-das-meldegesetz-im-schnelldurchlauf-den-bundestag-passierte) soll es sich namentlich um diese Personen handeln:

Lutz
Lutz
9. Juli, 2012 15:32

> Mir fehlen die Konsequenzen.
> Wer GENAU hat die Änderung in letzter Sekunde eingebracht?
> Wer hat sie formuliert?

Laut einem Artikel von Abgeordnetenwatch.de (http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/07/09/kurz-vor-der-halbzeitpause-wie-das-meldegesetz-im-schnelldurchlauf-den-bundestag-passierte) soll es sich namentlich um diese Abgeordneten handeln:

– Hans-Peter Uhl (CSU)
– Gisela Piltz (FDP)

Visi
Visi
9. Juli, 2012 15:33

Interessant zur Frage wie es zu der Änderung gekommen ist könnte noch dieser Link sein: http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/07/09/kurz-vor-der-halbzeitpause-wie-das-meldegesetz-im-schnelldurchlauf-den-bundestag-passierte/

Grüße

Dirk

Eule
Eule
9. Juli, 2012 15:34

@Wortvogel:
Das war als Antwort auf Torstens “Warum?”-Frage gedacht: Es wird nicht beides kritisiert, weil das eine der Ersatz für das andere sein soll.

(BTW: Kann es sein, dass ein Beitrag von mir im Spam gelandet ist? Waren ein paar Links drin.)

Torsten
9. Juli, 2012 15:35

@DerTim

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung halte ich Politiker in Anbetracht ihres Wochenprogramms nicht zwingend für überbezahlt. Trotzdem erwarte ich, dass doch mal etwas mehr Präsenz gezeigt wird, EM hin oder her. Als Freiberufler habe ich auch nicht jedes EM-Spiel geschaut oder schauen können. So eine Abstimmung fällt zudem ja nicht wie Manna vom Himmel. Nicht nur die Opposition hat hier ihre Präferenzen deutlich gemacht: Kicken in der Glotze ist wichtiger als Datenschutz.

Die Unterlippen, die jetzt in den Medien vor Empörung beben, müssen im Innenausschuss – wo das Gesetz vorher diskutiert wurde – über dem Sportteil der Bild-Zeitung gehangen und sich beim Lesen mitbewegt haben. Weil es sonst mit dem Lesen nicht klappt. Denken gibt es nur gegen Aufpreis.

Klaus
Klaus
9. Juli, 2012 15:35

“Vielleicht bin etwas zu alttestamentarisch eingestellt, denn mir fehlt die klare Suche nach dem Schuldigen. Mir fehlt der Pranger. (…) Wer GENAU hat die Änderung in letzter Sekunde eingebracht?”

Mir fehlt der Pranger auch. Abgeordnetenwatch hat ja schon mal damit angefangen:

http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/07/09/kurz-vor-der-halbzeitpause-wie-das-meldegesetz-im-schnelldurchlauf-den-bundestag-passierte/

“Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de stellten die Abgeordneten Hans-Peter Uhl (CSU) und Gisela Piltz (FDP) am 27. Juni, also einen Tag vor der Schlussabstimmung, im federführenden Innenausschuss einen Änderungsantrag zur Abstimmung. Dieser wurde von den anwesenden Mitgliedern von CDU, CSU und FDP gegen die Stimmen der Opposition beschlossen (…)”

Uli
Uli
9. Juli, 2012 15:38

Das Parlament arbeitet leider schon seit Jahren mit “zu Protokoll gegebenen” Reden, zum bersten vollgestopften Tagesordnungen und nächtlichen Pseudodebatten:
http://www.sueddeutsche.de/politik/neue-bundestags-geschaeftsordnung-das-parlament-als-farce-1.96920
http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2006/11/22/a0139

Das dieses System früher oder später einen ziemlich Bock schießen wird war zu erwarten, viel schlimmer ist aber die stetige Entmachtung des Parlaments und der Öffentlichkeit. Entscheidungen werden immer öfter in irgendwelchen geheimen Ausschüssen getroffen und die Abgeordneten (sofern überhaupt anwesend) nicken nur noch ab.

Dirk
Dirk
9. Juli, 2012 15:48

Zumindest gibt es eine Vermutung über die Quelle der Änderung, laut Abgeordnetenwatch sind es Hans-Peter Uhl (CSU) und Gisela Piltz (FDP). Quelle:
http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/07/09/kurz-vor-der-halbzeitpause-wie-das-meldegesetz-im-schnelldurchlauf-den-bundestag-passierte/

Da weiß man, wen man nicht wählen soll.

Torsten
9. Juli, 2012 16:08

@Dirk

Ohne die demokratische Willensbildung torpedieren zu wollen: Man wählt also lieber die Leute, die heute im Innenausschuss gegen eine Änderung stimmen, morgen aber lieber Fußball schauen als diese Änderung zu Fall zu bringen?

(…und bitte, wer sich über diese Regierungsvorlage ärgert, muss auch über diese Oppostion schäumen …)

Uli
Uli
9. Juli, 2012 16:38

Das der Uhl ganz schlimm ist weiß man aber schon lange, ich schäme mich regelmäßig das in meinem Wahlkreis (München-West) so eine Arschgeige gewählt wurde. Das der da mitverantwortlich ist passt perfekt in’s Bild was ich von ihm habe.

Schön ist in dem Zusammenhang auch folgendes Zitat:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Peter_Uhl#Staatstrojaner
“Das Land wird von Sicherheitsbehörden geleitet…”
“Es wird regiert von Sicherheitsbeamten…”

Wenn man sich ansieht was da abgelaufen ist könnte man das tatsächlich glauben.

Kai
Kai
9. Juli, 2012 16:42

@Torsten: „Will sagen: Wo ist die Empörung über die ersten Lesungen im Bundestag (war da etwa auch Fußball)?”

Der entscheidende Punkt ist die Tatsache, dass zum Beginn der Sitzungswoche am Montag noch die alte Version zur Abstimmung am Donnerstag stehen sollte, die den neuen Passus nicht enthielt. Dies wurde erst durch eine Tischvorlage im nicht-öffentlichen Teil des Innenausschusses geändert und wurde dann zumindest von der SPD nicht ausreichend kommuniziert. So beschreibt es zumindes MdB Ulrich Kelber:

https://www.facebook.com/UlrichKelber/posts/247980305319888

Sprich: Die ursprünglich von der Regierung eingebrachte Version war zustimmungsfähig und die Änderungen an der Vorlage wurden so kurzfristig eingebracht und durchgepeitscht, dass es übersehen wurde.

J. S.
J. S.
9. Juli, 2012 18:17

Was soll eigentlich die Aussage mit Petra Pau und dem i-Tüpfelchen? Was soll denn dieser Mist? Hier versucht man wieder irgendwie die Linke zu diskreditieren. Und wenn statt Petra Pau einer der anderen stellvertretenden Bundespräsidenten die Sitzung geleitet hätte, wäre dieser Absatz wohl obsolet und man könnte die Linke nicht bashen.
Was soll sie denn machen? Versetzt euch doch mal in ihrer Lage? Manche stellen sich das so einfach vor.
Und überhaupt gab es ja schon zahlreiche Entscheidungen in kleinem Kreis. Also nichts Neues.

Die Übeltäter ist ja wohl ganz klar die Regierungskoalition, bestehend aus CDU und FDP, und insbesondere Politiker aus CSU und FDP, die kurzfristig für die Verschärfung gesorgt haben. Das ist kritikwürdig, aber die Kritik an Petra Pau und an die Linke, die jedenfalls gegen dieses Gesetz gestimmt hat, ist unter aller Sau. Übrigens typisch für den Spiegel, die keine Gelegenheit auslässt gegen die Linke zu hetzen.

J. S.
J. S.
9. Juli, 2012 18:18

“Bundestagspräsidenten” meine ich natürlich.

Wortvogel
Wortvogel
9. Juli, 2012 18:24

@ J.S.: Tief durchatmen, lecker Tee trinken, vielleicht auch mal ‘ne halbe Stunde spazieren gehen.

“Übrigens typisch für den Spiegel” – ich bin nicht der Spiegel.

Klaus Müller
Klaus Müller
9. Juli, 2012 18:59

Ich habe eine Mail an den Bundestagsabgeordneten meines Wahlkreises geschickt und ihn gefragt, warum er bei dieser Abstimmung nicht an seinem Arbeitsplatz war. Mal sehen, ob und was er antwortet.

noyse
noyse
9. Juli, 2012 19:57

Die Schweinerei an sich ist ja, dass dieses gesetzt eben bis kurz vor Schluss ein Opt-in vorsah, also man explizit der Verwendung zustimmen musste. Aber in der Beschlussfassung nun plötzlich was ganz anderes drin stand. Das ist meiner Meinung nach der zweite Skandal.

Visi
Visi
9. Juli, 2012 20:40

@Peroy Das mit dem mehrfachen Link könnte durchaus daran liegen, dass einige Beiträge mit Link erst freigegeben werden mussten. Meiner wurde erst mit deutlicher Verzögerung angezeigt.

Gruß

Dirk

Marcus
Marcus
9. Juli, 2012 21:04
Howie Munson
Howie Munson
9. Juli, 2012 21:42

wieso wiederholt ihr ständig den link, der im ersten komentar steht??

aber ich find das super wie sich die regierungkoalition selbst vorführt, mit ihren Aussagen dazu wer was gewußt hätte…

da kann man die suboptimal Opposition auch verschmerzen…

Marcus
Marcus
9. Juli, 2012 22:07
Anderl
Anderl
9. Juli, 2012 23:30

Wurde eigentlich abgeordnetenwatch.de schon thematisiert?

Komsomol
Komsomol
10. Juli, 2012 00:04

Petra Pau ist Vizebundestagspräsidentin und in diesem Fall lediglich für den formalen Verlauf zuständig.
Sämtlicher Inhalt dieses mit Hilfe von Union und FDP verabschiedeten Gesetzes geht auf eben diese Parteien zurück. Die Oposition – also auch die Linke – hat geschlossen dagegen gestimmt. Ohne Erfolg.

Soviel zum vermeintlichen i-Tüpfelchen.

Howie Munson
Howie Munson
10. Juli, 2012 00:49

@Komsomol: das Versagen der Oposition besteht darin die Abstimmung überhaupt gemacht zu haben und nicht einfach die Beschlussfähigkeit in Frage zu stellen… waren ja keine 300 Leute von der Koalition da… sondern nur 17.

Bei der Herdprämie hatte man noch den Joker gezogen…

Lag halt daran, dass man die Änderungen nicht mitbekommen hatte und somit nur aus Prinzip dagegen stimmte, aber eben nicht es ernsthaft verhindern wollte.

Komsomol
Komsomol
10. Juli, 2012 01:24

Nein. Es braucht keine 300 Abgeordneten. Es muss lediglich die Beschlussfähigkeit des jeweiligen Ausschusses (meist 20 bis 40 Abgeordnete) gewährleistet sein. Das ist alles.

Howie Munson
Howie Munson
10. Juli, 2012 01:29

sehr schön auch wie die Nachtigall der CSU am Tag nach der Abstimmung darlegte, wofür das Gesetz gut ist:

Bislang gab es nur ein Melderechtsrahmengesetz. Das Melderecht war damit nicht ganz einheitlich. Nunmehr wird ein modernes Melderecht geschaffen. Dieses ist wichtig, damit der Verwaltung genügend aussagekräftige Daten zur Verfügung stehen.

Aber auch die Wirtschaft ist auf einen aktuellen Meldebestand dringend angewiesen. Hier hat sich die Koalition für praxisgerechte Lösungen entschieden, um einen Abruf der Daten nicht unverhältnismäßig zu erschweren und dabei doch die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen zu wahren.

Weiterhin ist für die Arbeit der Polizei die Wiedereinführung der Vermieterzustimmung zur Verhinderung von Scheinanmeldungen von hoher Bedeutung.

Dr. Hans-Peter Uhl

via https://netzpolitik.org/2012/sommerloch-potential-debatte-um-meldegesetz-geht-weiter/

Howie Munson
Howie Munson
10. Juli, 2012 01:37

Nein. Es braucht keine 300 Abgeordneten. Es muss lediglich die Beschlussfähigkeit des jeweiligen Ausschusses (meist 20 bis 40 Abgeordnete) gewährleistet sein. Das ist alles.

Das ist falsch.

6.

Dort heißt es: „Der Bundestag ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder im Sitzungssaal anwesend ist.“ Das war natürlich ganz offensichtlich nicht der Fall. Nun ist für die Versammlungsleitung völlig unerheblich, welcher Partei der amtierende Präsident angehört. Maßgeblich ist ausschließlich die Geschäftsordnung.

7.

Und die schreibt im Folgenden vor, wann und wie „Beschlussunfähigkeit“ festzustellen ist. In Kurzfassung: Auf Antrag einer Fraktion oder von fünf Prozent aller Abgeordneten. Einen solchen Antrag gab es nicht. Oder nach unklaren Abstimmungsmehrheiten. Die lagen nicht vor, so dass auch kein Hammelsprung gemäß Paragraf 52 anstand.

http://www.petrapau.de/17_bundestag/dok/120709_an_meldegesetz.htm

Frau Pau konnte den Antrag nicht selbst stellen, ihre Fraktion oder die Fraktion der SPD oder die Fraktion der Grünen schon…. die Fraktionführungen hatten aber die Änderungen verpennt, die eben vom Innenausschuß vorgeschalgen wurden.
Beschlossen wurde das Gesetz trotzdem vom Bundestag.
(nur bei EU-Regelungen ist der Fischereiausschuss gefragt…)

Komsomol
Komsomol
10. Juli, 2012 02:10

Falsch! Da es sich nicht um eine Grundgesetzänderung handelt, bedarf es nur der Mehrheit aller abgegebenen Stimmen (Art. 42 Abs. 2 GG). Es müssen also nur die paar Mitglieder des jeweiligen Ausschusses anwesend sein.

Im übrigen sind die von dir zitierten Stellen von Petra Pau selbst verfasst, die in dem restlichen Text genauer darlegt, warum das alles dem gewöhnlichen Prozedere im Bundestag entsprach.
Siehe:
http://www.petrapau.de/17_bundestag/dok/120709_an_meldegesetz.htm

Howie Munson
Howie Munson
10. Juli, 2012 02:48

es beschließt die mehrheit der Bundestages das Gesetzt, welches vorher im jweiligen Ausschuss bearbeitet wurde… steht auch genau so im von mir schon verlinkten Dokument welches du nochmal verlinktest…. unter punkt 2

2.

Ausgangspunkt war ein neues Meldegesetz. Es wurde von der CDU/CSU und von der FDP am 27. Juni 2012 im Innenausschuss und tags darauf im Plenum des Bundestags abschließend beschlossen, jeweils gegen die Stimmen der SPD, der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen. Das alles in großer Eile, machtvoll, ohne Not.

für Grundgesetzänderungen braucht man zwei-drittel JA stimmen aller Mitglieder des Bundestages und nun ist gut mit der Trollerei.

Komsomol
Komsomol
10. Juli, 2012 13:56

Ich mach’s mal ganz langsam: bei Gesetzen, die als Grundgesetzänderungen gelten, muss der Bundestag völlständig zusammentreten. Bei dem eben verabschiedeten Gesetz eben nicht, und wie Pau auch darlegt, gab es keine weitere Handhabe der Oppositionsfraktionen gegen das Gesetz in der 3. Lesung.

Frage am Rande: wer trollt hier eigentlich? Ende und aus. 🙂

jack
jack
10. Juli, 2012 14:42

“Es muss in meinen Augen eine neutrale, unabhängige, aber nichtsdestotrotz vom Staat finanzierte Community geben (gerne crowdgesourced), die neue Gesetze zeitnah im Sinne des Bürgers und nicht der Parteien sichtet. Es muss die Möglichkeit geben, fragwürdige oder wachsweiche Passagen (siehe auch LSG) kurzfristig der Öffentlichkeit zu Gehör und zur Diskussion zu bringen.”

Torsten, gar nichts dagegen, aber wieso sollte der durschnittliche Bürger mehr Ahnung von den Konsequenzen eines Gesetzes haben als die Abgeordneten, die in den entsprechenden Ausschüßen sitzen und im besten Fall einen Stab an Mitarbeitern haben, die ihnen zuarbeitet? Die repräsentative Demokratie beruht auf der Annahme, dass es “das Volk” in den Sachfragen nun einmal nicht besser weiß als die gewählten Abgeordneteten. Deine Forderung nach einer Seite, “die neue Gesetze zeitnah im Sinne des Bürgers und nicht der Parteien sichtet” ist verständlich, aber wieso gehst du davon aus, dass die Parteien nicht den Bürger vertreten? Wenn du wirklich denkst, dass diese nur Strohmänner der Wirtschaft sind, müßtest du doch konsequent gegen das Parteiensystem sein. Ich gehe mal davon aus, dass solch eine Website, die du forderst, vielleicht sogar mehr schaden als nützen würde, da sich schnell eine Öffentlichkeit formieren könnte, die sich dann in unendliche Empörung über das kleinste Detail hineinsteigern würde und den Gesetzesprozess damit unendlich verlangsamte. Es ist eben nicht unbedingt so, dass die Masse klüger ist als eine Anzahl von Experten.

sergej
sergej
10. Juli, 2012 19:03
Howie Munson
Howie Munson
10. Juli, 2012 20:21

@Komsomol: Frau Pau legt dar wieso SIE als Vorsitzende nicht handeln konnte:

Und die schreibt im Folgenden vor, wann und wie „Beschlussunfähigkeit“ festzustellen ist. In Kurzfassung: Auf Antrag einer Fraktion oder von fünf Prozent aller Abgeordneten. Einen solchen Antrag gab es nicht.

Die Fraktion HÄTTEN den Antrag stellen KÖNNEN, haben sie aber halt nicht….

eben wie es beim Betreunungsgeld (nochmal der obige Link auch schon gemacht wurde.

Also nochmal langsam: Frau Pau hat nur genau das gemacht, was sie machen muss als Sitzungsvorsitzende, deswegen ist da kein I-tüpfelchen, aber ansonsten haben sich weder Regierung noch Opposition mit Ruhm bekleckert.

@Sergej: von der Süddeutschen wüßte ich gern mal wieso täglich neue Gesetze verabschiedet werden müssen, ohne Rücksicht darauf, ob sie sinnvoll sind. (wie zum beispiel das Betreuungsgeld oder seinerzeit die Abwrackprämie und das Hotelwachstumsbeschleunigungsgesetz)

Wortvogel
Wortvogel
10. Juli, 2012 22:37

@ Komsomol / Howie: Von SPIEGEL online:

“Der Bundestag ist vor allem ein Arbeitsparlament. Es gibt keine Anwesenheitspflicht. Zwar besagt die Geschäftsordnung, dass der Bundestag nur beschlussfähig ist, wenn die Hälfte seiner Mitglieder präsent ist. Das aber kommt sogar eher selten vor und war natürlich auch beim Meldegesetz offensichtlich nicht der Fall. Trotzdem wird so gut wie nie nachgezählt, wie viele Abgeordnete eigentlich da sind. Die Missachtung der selbst gegebenen Regel ist Konsens zwischen allen Fraktionen, man spricht sich sogar untereinander ab, damit die Mehrheitsverhältnisse im Plenum gewahrt bleiben.”

Schlimm genug.

Was Petra Pau angeht – es gäbe auch jenseits der Geschäftsordnung genug öffentlichkeitswirksame Möglichkeiten, seinen Widerstand gegen ein Gesetz zu zeigen. Hätte ein Politiker der Koalition den Vorsitz gehabt, hätte mich der leblose Ablauf nicht gewundert. So wundere ich mich schon. Nicht mehr wollte ich damit sagen – auch wenn Komsomol so tut, als hätte ich Petra Pau zur Hauptschuldigen ausgerufen.

Schlomo
Schlomo
10. Juli, 2012 23:34

Dieser J. S., dieser geifernde Wähler der vom Verfassungsschutz beobachteten Mauermörderpartei(unredlich: “Die Linke”), der teilt sich, wahrscheinlich auch sein Bett mit Stalin und Mao.

Bitte entsorgen.

Wortvogel
Wortvogel
11. Juli, 2012 08:19

@ Schlomo: Du bist keinen Deut besser. Ball flach halten.

lindwurm
14. Juli, 2012 03:40

Was soll die Aufregung? Wir leben in einem System, in dem es nicht mal mehr offene Korruption braucht, da die Herren und Damen Politker ganz genau wissen, wie sie abstimmen müssen, damit sie nach der Politik das ganz große Geld als Vorstandsmitglieder derjenigen Konzerne machen, für die sie während ihrer politischen Karriere die Gesetze gemacht haben. Diese Art der Korruption ist legal und gilt als normal. Fragt mal den Schröder. Oder den Fischer. Die wissen heute nicht mehr, wohin mit all der Kohle, die sie von Gazprom, VW und Co dafür bekommen, Deutschland zum Niedriglohnland zu gemacht zu haben. Und wenn die Kohle nicht direkt vom Konzern kommt, kommt sie halt von “Think Tanks” usw, die dann schon mal 100.000 Euro bezahlen dafür, dass eine dieser Marionetten eine Stunde lang vorträgt. Solange Politik und Wirtschaft auf diese weise miteinander verbandelt sind, wird alles immer schneller Kalabrien werden. Lösungen? Wie wäre es damit: Wer in die (Spitzen)Politik geht, sollte sehr gut verdienen und den Rest des lebens abgesichert sein (sind sie ja eh, aber trotzdem) und dafür wird es VERBOTEN, dass die danach bei Konzernen oder deren Vorfeldorganisatoren anheuern dürfen.

Howie Munson
Howie Munson
15. Juli, 2012 22:33

von wegen “überaschend” erst in der letzten Sitzung des innenausschus ausgeabeiteter Zusatz:

Erstmals sei die Änderung bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs im Bundestag am 26. April öffentlich geworden. Damals habe der CDU-Abgeordnete Helmut Brandt versehentlich über den Absatz 4 gesprochen, obwohl dieser noch gar nicht im Gesetzestext stand, sondern nur Teil der unter der Hand vereinbarten Änderungen war. Der entlarvende Lapsus sei jedoch keinem so richtig aufgefallen, auch der Opposition nicht. Die Reden waren damals zu Protokoll gegeben und nicht im Plenarsaal gehalten worden.

und genau deswegen sind “nur zu Protokoll gegebene Reden” ein Witz, werden ja offensichtlich von niemanden rechtzeitig gelesen…

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Meldegesetz-Regierung-wusste-schon-lange-von-umstrittenen-Aenderungen-1641241.html